Full text: 66.1938 (0066)

vorwärts! Nach harter, schweißkostender 
Arbeit von über einer Stunde hatte ich den 
Bossonsgletscher überwunden und festen Fuß 
unter mir. Das Wandern in Schnee und Fels 
begann. 
Die Gefahr des Ausgleitens war nicht 
mehr so groß, dafür mußte jetzt sehr stark 
angestiegen werden. 
Ich wunderte mich nicht wenig, als ich beim 
Betreten einer Moräne in einer Höhe von 
über 2000 Meter von Vergfchafen begrüßt 
wurde, welche mir die schweißigen Hände 
leckten und mich bis zum Einstieg in den 
Fels begleiteten. Die Tierlein erfreuten mich 
in dieser stillen Bergeinsamkeit, wo ich sonst 
kein Lebewesen zu Gesicht bekam. 
Der nun zu begehende Fels war vorzüg¬ 
lich und ließ sehr rasches Steigen zu. Bei fast 
senkrechtem Aufstieg gewann ich leicht an 
Höhe. Höhe gewinnen ist des Bergsteigers 
Sieg und die einmal gewonnene Höhe beim 
Anstieg zu halten, ist doppelter Gewinn. 
Die Mittagssonne stand hoch und der leere 
Magen forderte sein Recht. Im Schatten 
einer Felsenspitze, inmitten von Schnee und 
Eis, um mich Berge und blauer, strahlender 
Himmel, schmeckte das rasch bereitete Mahl 
besser, als das beste Gedeck an einer Festtafel. 
Ein guter Tropfen Wein belebte die Lebens¬ 
geister und ließ ein richtiges Eipfelglück auf¬ 
kommen. 
Mit Hilfe eines langen Zwirnfadens als 
Auslösevorrichtung machte ich rasch ein Selbst¬ 
bildnis mit der Kamera und brach das Mit¬ 
tagslager ab. 
Der Nachmittag brachte mir die letzte Ta¬ 
gesetappe, einen sehr steilen Aufstieg über 
eine verschneite Wand, bis zu der bewirt¬ 
schafteten Hütte „Les grands Mulets" in 
3050 Meter Höhe. 
Hierbei bekam ich im linken Oberschenkel 
infolge Ueberanstrengung Muskelkrampf, 
schonte das Bein auf Kosten des anderen, 
um dafür auch dort den Krampf zu kriegen. 
Hätte ich nicht schon von Ferne die Hütte 
entdeckt, wäre meine Lage sehr bedenklich ge- 
Der Verfasser bei der Mtlagsrast im Schnee 
Aufn.: Maschinensteiger Wöffler, Grube Camphausen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.