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und Verwaltung ausübten. An der Malstätte
(Malstatt) hielt der Graf etwa drei mal im
Jahr das Gericht ab, an dem alle Freien des
Gaues teilnahmen. Der Gaugraf hatte aber
auch den Heerbann zu stellen, der aus den
waffenfähigen Freien des Gaues bestand. Diesen
Heerbann mußte der Graf im Namen des
Königs, wenn Kriege waren, aufbieten und an¬
führen. Die königlichen Einkünfte (Steuern,
Abgaben) wurden von ihm erhoben, wovon er
ein Drittel behalten durfte. Außerdem erhielt
der Burggraf vom König ein Gut als Lehen.
Der Graf wurde von dem König eingesetzt, der
natürlich für dieses Amt nur angesehene und
wohlbegüterte Männer ernannte. Schon im 7.
Jahrhundert bildete sich nach einer Verfügung
des Königs Chlotar II. die Gewohnheit heraus,
daß nur Eingesessene und im Gau Wohnhafte,
Gaugrafen werden konnten, und daß jeweils der
SohndemVaterinderVerwaltung derGrafschaft
folgte. Im 11. Jahrhundert wurde die Erblichkeit
dieses Gewohnheitsrechts rechtlich anerkannt. Da¬
mit wurde der Anfang zur Dauerherrschaft eines
Geschlechtes über ein bestimmtes Gebiet gemacht.
Der Gausitz Saarbrücken war eine feste
Burg mit Hofgütern, und zum ersten Mal
wird sie in der Geschichte in einer Ur¬
kunde des Kaisers Otto III. irrt Jahre 999
erwähnt, als Geschenk des Kaisers an den
Bischof Adalbert von Metz. Aber in jenen un¬
ruhigen Zeilen waren die Kirchenfürsten selten
in der Lage, solche Burgen und ihre Güter selbst
zu bewirtschaften und zu schützen. Deshalb er¬
nannten sie dafür Vertreter, denen sie die Burg
und die dazugehörigen Güter zu Lehen gaben.
Der geeigneteste Lehensmann war natürlich der
Gaugraf, der infolge seines Ansehens und seines
Vermögens, und infolge seiner obrigkeitlichen
Stellung der natürliche Beschützer solcher Bur¬
gen war. So finden wir als ersten Gaugrafen
und Bewohner der Feste Saarbrücken, Graf
Sigebert im Jahre 1080 in einer Urkunde ge¬
schichtlich verzeichnet. Graf Sigebert hatte ver¬
mutlich seinen Stammsitz auf der Burg Skiva,
dem späteren Montclair. Dieses Geschlecht
regierte bis 1274. In diesem Jahre starb als
letzte dieser Herrscherfamilie die regierende
Gräfin Mathilde, deren Ehemann ein Herr
Simon, Herr von Commercy war. Von den
vier Kindern aus dieser Ehe erbte der Sohn
Simon IV. die Grafschaft. Commercy, die Hei¬
mat dieses Hauses, ist heute ein Städtchen von
etwa 6000 Einwohnern, zwischen Toul und
St. Mihiel an der Maas gelegen. In frühester
Zeit schon finden wir in der Geschichte die
Grafen von Commercy als Gau- und Lehensgra¬
fen der Könige von Frankreich, und der Herzöge
von Lothringen genannt. An die Geschichte
dieser Familie in Commercy erinnert nur noch
ein schönes Schloß aus dem 17. Jahrhundert,
das heute als Schule dient. Die Grafen von
Commercy verwalteten neben der Grafschaft
Commercy von 1274 bis 1381 auch den Gau
Saarbrücken als Gaugrafen und Lehen des
Bischofs von Metz. Einer der
bedeutendsten unter ihnen
war Johann II., der von 1342
bis 1381 regierte. Unter
seiner Herrschaft dehnte sich
das Lehen Saarbrücken be¬
deutend aus, und als im
Jahre 1381 seine Tochter Jo¬
hanna als Nachfolgerin ihres
Vaters die Regierung der
Grafschaft Saarbrücken über¬
nahm, hatte das Gebiet der
Grafschaft Saarbrücken einen
beträchtlichen Umfang, mit
fester Grenze angenommen.
Johanna war mit dem
Grafen Johann von Nas¬
sau aus der Walramischen
Linie verheiratet, jenem Ge¬
schlecht, dessen Heimat die
Burg Nassau an der Lahn
Außenansicht des Amphitheaters in Orange.