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Behörden nicht benutzt werden kann. — Ferner ist
die Frau auf dem Gebiet der Staatsangehörigkeit
noch in ihren Rechten beschränkt. Wenn z. B. eine
deutsche Frau einen Ausländer heiratet, so verliert
sie die eigene Staatsangehörigkeit und erwirbt die¬
jenige des Mannes; hieraus folgt, daß sie dann z. B.
nicht mehr als deutsche Beamtin tätig sein kann.
Außer den persönlichen Wirkungen der Ehe wer¬
den aber insbesondere die vermögensrecht¬
lichen Wirkungen einer Umgestaltung bedür¬
fen. Die Schlüsselgewalt der Frau ist das
alte Recht, nach außenhin im Rahmen ihrer häus¬
lichen Tätigkeit Geschäfte mit Wirkung für und
gegen den Mann abzuschließen. Nach jetzigem deut¬
schen Rechte kann der Mann diese Gewalt willkür¬
lich beschränken und entziehen; er kann dieselbe sogar
erneut beseitigen, wenn das Vormundschaftsgericht
die grundlose Entziehung aufgehoben hat.
Im Familiengüterrecht müßte gleich¬
falls die Frau eine freiere Stellung beanspruchen
können. Nach dem heutigen gesetzlichen Güterstande
erhält der Mann die Verwaltung und
Nutznießung des eingebrachten Frauen¬
guts, während die Frau nur ihr Vorbehalts-
g u t selbständig verwalten darf. Die Frau kann
also ihre Löhnung, ihr Gehalt oder ihren Verdienst
während der Ehe" frei verwenden, weil der Arbeits¬
erwerb der Frau während der Ehe zum Bor-
behaltsgut gehört. Dagegen wird der Erwerb vor
der. Ehe „eingebrachtes Gut", das der Mann ver¬
waltet.
Auch die Ehescheidung müßte im Wege der
Reform bedeutend erleichtert werden. So kann und
darf z. B. ein Interesse des Staates an der Aufrecht¬
erhaltung einer Ehe nicht mehr bestehen, wenn der
eine Teil zu sehr unter dem Druck einer Zerrüttung
der Ehe leidet. Während das deutsche Recht nun
heute einen Scheidungsgrund nur in schuld¬
hafter Zerrüttung des ehelichen Lebens erblickt,
sollte künftighin auch die unverschuldete Zer¬
rüttung einen Scheidungsgrund abgeben. Bisher
waren ferner vor der Scheidung getroffene Verein¬
barungen über die vermögensrechtlichen Beziehungen
der Ehegatten zueinander sowie über die Rechte an
den Kindern ungültig, wohingegen man heute
einführen will, daß solche Regelungen gerade vor
der Scheidung getroffen werden sollen. Denn da¬
durch kann man unerträglichen Lebensverhältnifsen,
wie sie noch häufig nach der Scheidung eintreten,
vorbeugen.
Im Auslande sind manche der besprochenen Ände¬
rungen bereits im Gebrauch. Es würde demnach
zweckmäßig sein, bei einer Umgestaltung des deut¬
schen Eherechtes möglichst viele solcher für gut befun¬
denen Bestimmungen auch bei uns einzuführen,
wenn erwiesen ist, daß dieselben sich bewährt haben
und in den Rahmen der deutschen Verhältnisse
hineinpassen. Denn es ist auch für den deutschen
Gesetzgeber zu empfehlen, das Gute zu nehmen, wo
er es findet.
TI. Tie Haftung des Gastwirts für eingebrachte
Sachen.
Vielfach herrscht Unklarheit darüber, inwieweit der
Gastwirt für die Sachen der von ihm zur Beherber¬
gung aufgenommenen Gäste im Falle von Diebstählen
und dergleichen haftbar ist. Grundsätzlich ist die
Haftpflicht des Wirtes durch das Gesetz
festgelegt. Dieses bestimmt, daß der Gastwirt einem
Gast den Schaden ersehen muß, den letzterer durch
Verlust oder Beschädigung der von ihm eingebrachten
Sachen erleidet. Hierunter fallen nicht nur Gegen¬
stände, die der Gast dem Wirt oder dessen Leuten
übergibt, oder die er an einen ihm angewiesenen Ort
bringt, sondern bei Fehlen besonderer Anweisungen
auch Sachen, die sich an einem Ort befinden, der als
zur Aufbewahrung der Sachen bestimmt anzusehen
ist, wie z. B. Schränke, Kleiderständer usw. in den
Gastzimmern.
Gegenüber der Schadensersatzpflicht des Wirtes
bestehen aber auch Pflichten des G a st e s, bei
deren Verletzung der Gastwirt nicht haftbar ist. Ins¬
besondere darf der Gast, seine Familie oder Beglei¬
tung nicht dcH Schaden selbst verschuldet haben. Er
muß also bei der Unterbringung seiner Sachen die
notwendige Sorgfalt beobachten. Auch wenn infolge
höherer Gewalt oder infolge der natürlichen Beschaf¬
fenheit der Gegenstände ein Schaden eintritt, ist der
Gastwirt nicht ersatzpflichtig. Wenn in einer G a st -
wirtschaft, etwa Anschläge angebracht sind, nach denen
die Haftung ftir Garderobe usw. abgelehnt wird, so
ist dies nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bedeu¬
tungslos und rechtlich unwirksam.
Einer besonderen Regelung ist die Haftung
.für Geld, Wertpapiere, Schmuck und
sonstige Wertsachen unterworfen, insofern,
als hierfür Schadensersatzansprüche höchstens bis zum
Betrage von 1000 Mk. geltend gemacht werden kön¬
nen. Sind jedoch solche Wertsachen dem Gastwirt
zur Aufbewahrung übergeben worden,
so ist er unbegrenzt haftbar, wenn er weiß,
daß es sich um wertvolle Sachen handelt. Das gleiche
gilt auch, wenn er die Aufbewahrung solcher Gegen¬
stände ablehnt. Ebenso besteht eine unbe¬
grenzte Ersatzpflicht, wenn der Wirt oder
seine Leute den Schaden verschulden.
Wenn ein Gast den Verlust oder die Beschädigung
einer von ihm eingebrachten Sache feststellt, so hat
er dem Gastwirt davon unverzüglich Anzeige
zu machen, da s o n st der Anspruch auf Schadens¬
ersatz und die Haftpflicht erlischt, falls die
Gegenstände nicht ausdrücklich dem Gastwirt zur Auf¬
bewahrung übergeben waren.