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heilen und Zufällen aus, wovon andere Menschen
weniger angefochten werden."
Er redet weiter von den Unfällen, nämlich:
„Bon den Krankheiten, welche von
den äußeren Gefahren entstehen.
Der Bergnlann ist sehr leicht äußerlichen Ver-
lehungen bloßgestellt. Dergleichen sind allerlei Zer¬
quetschungen, Verrenkungen der Glieder, Knochen-
brüche und Wunden, welche vom Fallen, Stoßen,
Hauen, Schlagen, Drücken usw. entstehen. Viele
dieser Verletzungen geschehen unvermutet und ohn-
geachtet aller angewandten Vorsicht: die mehrsten
llnglücksfälle könnten aber verhütet
werden, und der Bergmann ist an ihnen meisten¬
teils selbst schuld. Sie würden viel seltener geschehen,
wenn der Bergmann sich die nötigen Kenntnisse
' seines Faches mit Ernst erwürbe, mit den möglichen
Gefahren bekannt machte und dabei die gehörige Vor¬
sicht gebrauchte. Er muß bei der Arbeit sich nicht mit
fremden Gedanken beschäftigen; er muß denjenigen,
welche mehr Erfahrungen haben und die Gefahren
besser als er kennen, gehörig trauen und ihre Erin¬
nerungen sich zu Nutzen machen; bei etwa vorkom¬
menden Gefährlichkeiten muß er schnell gute Ent¬
schlüsse zur Rettung fassen lernen und übrigens mit
Vertrauen auf den göttlichen Schutz seine Berufs¬
arbeit treu und munter verrichten. Diese sind die
besten Regeln, welche ich überhaupt zur Verhütung
der so gewöhnlichen traurigen Unglücksfälle und
Verletzungen geben kann."
Er gibt dann kurze Anweisungen für Notverbände
und dergl., für den Transport des Verletzten, für
Blutstillung, Wundbehandlung, alles einfach und klar
dargestellt und unter Betonung der Notwendigkeit
des alsbaldigen Zuziehens des Arztes. Auch die son¬
stigen Krankheiten, die Bergleute häufig befallen,
namentlich Bruchleiden, Skorbut und so weiter, be¬
handelt er ausführlich und gibt zum Schluß eine
eingehende Darstellung der Maßnahmen bei „Er¬
sticken vom bösen Wetter". — Auch er predigt also
Ichon die „U n f a l l v e r h ü t u n g", gleich wie sie
heutigen Tages die wichtigste Aufgabe der gewerb¬
lichen Hygiene darstellt, und wie sie den Gegenstand
der Maßnahmen unseres saarländischen Oberberg¬
amts, derer wir an anderer Stelle gedenken, dauernd
bildet.
I. Zur Frage der Reform unseres geltenden Ehercchtes.
Das deutsche Eherecht bedarf einer llmgestaltung,
veranlaßt durch die neue deutsche Reichsverfassung.
Diese hat den Grundsatz in sich ausgenommen, daß
Mann und Frau gleichgestellte Personen sind; ein
stärkerer Niederschlag dieser Idee fehlte aber bisher
im bürgerlichen Recht, so daß eben neuerdings eine
Änderung dieser Rechtsbestimmungen ernsthaft
erwogen wird.
Im Eherechte Deutschlands trat bisher im Gegen¬
satz zu den Gesetzgebungen anderer Länder die
Leitungsgewalt des Mannes noch sehr
deutlich zutage. Zwar bezieht sich im deutschen
bürgerlichen Gesetzbuche das ehemännliche Entschei¬
dungsrecht nur auf die gemeinsamen Eheangelegen¬
heiten, aber für die heutige Zeit, in welcher die Frau
sehr oft zwecks' Vergrößerung des wirtschaftlichen
Einkommens einer Berufsarbeit außer dem Hause
nachgehen muß, bedeutet dieses Entscheidungsrecht
schon eine starke Beschränkung. So hat der Mann
öeu Wohnort der Familie zu bestimmen, was der
berufstätigen Frau und damit ihrer Familie sehr
nachteilig sein kann. Manchmal besitzt die Frau
heilte eine gleichwertige Berufsausbildung wie der
Mann, lind muß trotzdem ein festes Anstellungs¬
verhältnis oder einen eigenen Geschäftsbetrieb ver¬
lassen, wenn der Mann an einen anderen Platz ver¬
zieht, weil er vielleicht am alten Wohnorte beruflich
kein Glück hatte. Aber auch sonst hat der Mann
nach der heutigen Gesetzgebung noch großen Einfluß
auf das Berufsleben seiner Frau. Er kann
ihr z. B. jede Berufsarbeit umersagen und sogar die
Verpflichtungen seiner Frau gegenüber ihrem Arbeit¬
geber lösen, wenn „ihre Tätigkeit die ehelichen Inter¬
essen beeinträchtigt". Schon, wenn die Frau durch
ihren Beruf davon abgehalten wird, ihrer Haus-
frauenpslicht nachzugehen, wird dies nach Entschei¬
dungen der Gerichte schon den Interessen der Ehe
zuwiderlaufen. — Ferner hat an sich zwar die Haus¬
frau das Recht, die Wirtschaft zu leiten, aber selbst
dieses Recht wird nach deutschem Gesetz noch durch
das Entscheidungsrecht des Mannes in häuslichen
Angelegenheiten beschränkt. — Noch zwei weitere
persönliche Ehewirkungen müßten für die beruflich
selbständige Ehefrau längst umgestaltet worden sein:
— Zunächst: Die berufstätige Frau, welche sich vor
der Ehe den Ruf der Tüchtigkeit erworben hat, will
in vielen Fällen auch nach der Ehe ihren Mädchen-
nainen noch in Erscheinung treten lassen. Man findet -
zwar häufig heute die Führung eines solchen
Doppelnamens, aber dieselbe entbehrt jeder gesetz¬
lichen Grundlage, so daß ein solcher Name vor den
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