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in der „Meißnerischen und Ungerrischen Region" j
sowie die „hohen Bergwerk int Schneeberg zu Ster¬
zingen", endlich war er 1537 als Leiter der metal¬
lurgischen Laboratorien in der Fucgerschen Berg¬
verwaltung in Billach, die dort im Lavanthal Gold
zu schürfen hoffte, tätig.
Bei diesen Reisen und während seiner Tätigkeit
als Arzt und Alchimist — das Wort hat bei ihm
nicht den zauberhaften Klang, wie sonst wohl in:
Mittelalter, wie er selbst sagt: „Viele haben sich der
Alchimev geäußert, sagen: es mach Silber und Gold:
so ist doch solches hie'nicht das Fürnehmen, sondern
allein die Bereitung zu traktieren, was Jugend und
Kraft in der Arznei sei" — fand nun Paracelsus,
und zwar als erster, den Begriff der „B e r g k r a n k-
h e i t". G e o r g i u s A g r i c o l a, aus dessen
Schrift « Oe re metallica » wir in den Kalendern
1923, 1926 und 1928 verschiedene Abbildungen mit
Würdigung seiner Bedeutung für die Geschichte des
Bergbaues gebracht haben, kennt diesen Begriff noch
nicht, ebensowenig kannten ihn andere, wie es aus
der Vorrede des ersten Druckes „des Paracelsischen
Buchs hervorgeht, dadiert „Dillingen 1567 durch
Samuel Architectus (Zimmermann)" *), in der es
heißt: „daß die alten Skribanten und Philosophen
wie Plinins, Aristoteles, Galan und Avicena keine
Abhandlung geschrieben hab«: von der Erz- bezw.
Bergsucht oder dergl. Krankheiten, die doch so schwer
und heftig sind, nimmt nüch Wunder. Dies zeigt,
daß sie von der Alchimie und von der Art und Wir¬
kungsweise der Metalle und Mineralia keine solche
Erfahrung hatten, wie der hochgelehrte Mann und
deutsche Philosoph Theophratus Paracelsus. Der
Herausgeber erachtet es daher als sehr notwendig,
diese Abhandlungen zu Nutz und Wohlfahrt in christ¬
licher Liebe zu veröffentlichen, damit einem jeden
Kranken geholfen werden möge." — Paracelsus hat
in der Tat in seiner Abhandlung:
„Von der Bergsucht oder Bergkranck / heilen drey
Bücher / inn dreizhen Tractat / Darinnen begryffen
vom Ursprung ond / herkamen derselbigen Kranck-
heiten /' sampt jhren warhafftigen / Persequatina ond
Euren",
die Berufskrankheiten der Berg- und Hüttcnleute
zum ersten Male zusammenfassend dargestellt. Er hat
im ersten Buche die „Geburt der gemeinen Lung-
sücht", auch die „B e r g l u n g s u ch t" beschrieben,
welche er auf die, in die Lunge eingeatmete „unter¬
irdische" Luft zurückführt: eine Krankheitserscheinung,
welche wir in der Form der chronischen Bronchitis
und der Staublunge auch heute noch vielfach beobach¬
ten können. Er kommt weiterhin im zweiten Buche
eingehend auf die Giftwirkungen der beim Schmelzen
der Erze entstehenden Dämpfe zu sprechen, wobei er
den Unterschied aufweist zwischen der akuten und der
chronischen Vergiftung: er deutet einige wesentliche
Symptome an und bringt auch Angaben über Haut-
leiden bei Salzarbeitern. Endlich im dritten Buche
beschäftigt er sich mit den durch das Quecksilber her¬
vorgerufenen Krankheiten. Er legt großen Wert auf
vorbeugende Maßnahmen sowohl im Betrieb selbst
(also das, was wir heute „G e w e r b e h y g i e n e"
nennen würden) als auch bei den Knappen und
*) Also erst nach dem Tode des Paraceli'uS nach dem hinter¬
lassenen Manuskript gedruckt.
Hüttenleuten, auf Diät und so weiter. Schließlich aber
hat er erkannt, daß die erwähnten metallischen Gifte,
Säuren und Alkalien aber nicht nur töten, sondern
auch heilen können und gibt daher ein System ihrer
Anwendnng als Heilmittel. Allerdings wurde gerade
letzteres sehr bekämpft, besonders die Verwendung von
Quecksilber- und Antimonpräparaten; z. B. durch
eine 100 Jahre lang in Kraft gebliebene Verordnung
des Pariser Parlaments von 1566 und eine gleich¬
artige der Universität Heidelberg. —
Natürlich ist bei den Schriften des Paracelsus, der
ja nur Erzgruben im Auge hat, weder von der
Kohlenstaub-Gefährdung, noch auch von den Ver¬
giftungen durch Grubengase die Rede; machen wir
daher einen Sprung um mehrere Jahrhunderte und
kommen zu einem weiteren Jünger des Äskulap, der
als ' „der Arznei- und Wundarznei-Doktor und
adjungierter Bergarzt" Ende des 18. Jahrhunderts
im Ruhrkohlengebiet seine Kunst ausübte.
Im Kalender für 1929 haben wir in dem Aufsatze:
„Heilkünstler und Kurpfuscher. Eine kulturhistorische
Plauderei", des deutschen komischen Heldengedichts,
der „Jobsiade", gedacht, der Darstellung von „Leben,
Meinungen und Taten von Hieroninms Jobs, dem
Kandidaten".
In dem zweiten Teil heißt es bei der Schilderung
der segensreichen Tätigkeit des Pfarrers Jobs:
„auch Kortums Gesundheitsbüchlein für Bergleirte,
Verteilte er, sowohl gestern als heute...".
Mit diesen Reimen gedenkt der Dichter Kortum
seines Sohnes, der selber gleich ihm Arzt zu Bochum
war. Aus dessen weitverbreitetem „G e s u n d -
heitsbüchlein für Bergleute, Dort-
m und 1798", das sich allseitiger Beliebtheit er¬
freute, wollen wir hier noch einiges zitieren.
Kortum meint:
„Das größte Gliick des Menschen besteht in Tugend
und Gesundheit, weil diese beiden allen Erdengütern
vorzuziehen _ sind. Denn wer tugendhaft ist, das
heißt: wer seine Pflichten gegen Gott, gegen andere
Menschen und gegen sich selbst immer so genau, als
möglich ist, erfüllt, der wird von allen Rechtschaffenen
geliebt und hat stets ein vergnügtes Herz, selbst wenn
ihm im Aeußern viele Sachen mangeln; und wer
gesund ist, der kann alle nötigen Verrichtungen des
Körpers mit Leichtigkeit und Beständigkeit leisten,
ohne dabei Schmerzen oder etwas Widriges zu emp¬
finden; er ist folglich im Stande, in seinem Berufe
sich die nötigen Bedürfnisse zu erwerben, ohne an¬
dern lästig zu sein."
Er lehrt dann gleich Paracelsus:
„So gibt es auch besondere Stände und Hand¬
werke, welche eigene Krankheiten haben, die bei
andern Ständen und Handwerken nicht so oft vor¬
kommen. - Die Vornehmen, die Gelehrten, die sitzen¬
den Künstler, die Soldaten, die Ackersleute, die
Schiffer, Müller, usw. haben alle ihre eigenen
Krankheiten, welche aus der besonderen und eigenen
Lebensart derselben entstehen.
Auch die Bergleute sind nicht allein oft den
Krankheiten überhaupt ausgesetzt, sondern sie haben
auch viele eigene Krankheiten, welche bei anderen
Menschen nicht so oft bemerkt werden. Es kanü zwar
auch ein Bergmann eben die Krankheiten bekommen,
welche bei anderen Menschen möglich sind, aber seine
Bergarbeit setzt ihn besonders mancherlei Krank¬