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Der Hof des Justizpalastes in Rouen.
Hände für eine gewisse Zeit, und auch die schließ-
liche Rückkehr zum Mutterlande Frankreich ist
noch keine Gewähr für Frieden.
So streben denn mächtige Fürsten dort auf
und bauen sich schier unbezwingliche Horste. Von
der Hohe ihrer stolzen Wälle herab beherrschen
sie das Land ringsum und bieten sogar dem Kö¬
nige selber Trotz. Aus diesen wirren Zeiten stam¬
men die vielen Burgen, und selbst die späteren
Schlösser, als die Ritterschaft schon zum ruhigen
landbauenden Provinzadel geworden war, behal¬
ten ein etwas kriegerisches Aussehen, wie Fontaine-
Henri beweist! — Daneben wachsen stolze Städte
selbstbewußter Bürger, recken in Dieppe, Lou-
viers, Evreux, Lües prächtige Kirchen ihre go¬
tischen Türme und Pfeiler gen Himmel, als ihrer
aller Krone die Kathedrale von Rouen. Und dann
St. Michel, welch Wunder zu schauen!
So ist die Normandie ein Land voller archä¬
ologischen Reichtümer, ein Ziel der Touristen, und
daneben ein Ziel der Erholungssuchenden durch
ihre zahlreichen berühmten Badeorte, Deauville,
Trouville, Houlgate-le-Treport, Dieppe, Cabourg
und manche andere.
Schauen wir uns jetzt kurz einmal unsere Bil¬
der an:
Da ist zunächst Rouen, «la reine de la
Normandie», die „Königin" des Landes. Eine
Stadt voller alter Erinnerungen, voll reicher
Freuden für den Liebhaber der alten Geschichte.
Victor Hugo, der große französische Dichter, der
stets groß war im Prägen bedeutsamer Bezeich¬
nungen, nannte sie « la ville aux cent clochers »,
die Stadt mit den hundert Glockentürmen. Und
das ist auch heute noch der erste Eindruck von
Rouen: eine vieltürmige Stadt. Vor allem ist
da die Kathedrale zu nennen, die Krone,
möchte man sagen, der nordfranzösischen Gotik,
ein überaus bedeutender Bau in der Geschichte
der christlichen Kunst. Sie stammt aus dem 13.,
die Fassade aus dem 15. Jahrhundert. Diese zeigt
drei Tore, überragt von turmartig nach oben
strebendem Maßwerk, mit reichem Figuren¬
schmuck. Die runde Fensterrosette der Mitte ist
durch die Spitzbogen des mittleren Portals mit
den darüber sich im spitzen Winkel erhebenden
Giebel und Wimperg teilweise verdeckt, bildet also
nicht in dem Maße den Mittelpunkt der Fassade,
wie wir es sonst von der französischen Gotik
kennen. (Es genügt, hier in diesem Zusammen-
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