Full text: 56.1928 (0056)

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Hans Peter. 
flus öer ^Geschichte einer Kindheit/' 
Von Heinrich Zerkau len. 
"SfjS ls Kaspar Peter und Lene Fall Mann und Frau 
wurden, war der Julitag voller Lindenduft 
und Schwalbenjauchzen. "Kaspar Peter war 
zwar nur ein Schuhmachermeister, und seine Lene 
brachte auch nicht viel mehr mit in die Ehe, als ein 
paar leuchtende Augen und rüstige Hände. Und doch 
war es eine Königshochzeit. 
Eine Festreise konnten sie sich 
nicht leisten, aber am ersten 
Abend machten sie Arm in Arm 
einen weiten Weg zum kleinen 
Städtchen hinaus. Auf dem Feld 
standen die Garben schon in Bün¬ 
deln gebunden und hinter jedem 
lugte der Mond hervor, schüttete 
all sein weißes, gläubiges Licht 
auf die beiden, daß sie wie in 
lauter Glanz und Strahlen 
gingen. 
Kaspar Peter wußte das alles 
gar schön auseinander zu setzen, 
wie es in ihm aussah. Und wenn 
die Lene das auch nicht gleich ver¬ 
standen hätte, sie hätte es schon 
an seinem Gesicht ablesen können. 
Ein Tag ging wie der andere 
vorbei. Die Lene war praktisch 
und vernünftig und der Kaspar 
allemal voller Stimmung und 
stiller Zärtlichkeit. Als das Städt¬ 
chen eines Morgens zum ersten 
Mal eine Schneekapuze wieder 
übergezogen hatte und der Förster 
so langsam durchs Revier ging, 
um die diesjährigen Weihnachts¬ 
bäume sich auszusuchen, da war 
wohl schon durch Kaspar Peters 
niedrige Schusterstübe manchmal 
ein Rauch gefahren, aber beide 
hatten sich viel zu gern, als daß 
die kleinen Auseinandersetzungen 
gelegentlich sie nicht eigentlich sich 
doch nur näher brachten. Es war 
halt eine gute Mischung und vor 
allem, sie hatten beide etwas von 
Herzen lieb: unsern Herrgott! — 
Es war an einem windigen 
Märzabend, so um die Faschings¬ 
zeit herum. 
Es ging schon tief in die Nacht, 
und im „Linderchof" wurde eben 
der Kehraus gemacht. Nacht¬ 
wächter Möller hatte Feierabend 
geboten, und da er schon einige 
Steinhäger auf ihre Echtheit ge¬ 
prüft hatte, hielt er eine lange 
Rede und zum Schluß ließ er den 
Kaiser hochleben. Das tat Möl¬ 
ler immer, denn er war Veteran 
von 70 her. 
Mit ,,Hans Peter, die Geschichte einer Kindheit", lassen 
wir zum ersten Male im Bergmannskalender einen neueren 
rheinischen Dichter, Heinrich Zerkaulen, zu Wort kommen. 
Zerkauten ist ein echtes Bonner Kind, ein frohgemuter, 
humorvoller Rheinländer, ein Mensch, der das Herz auf 
dem rechten Fleck hat. Diese fröhliche Geschichte hatte der 
liebenswürdige Poet übrigens seinen Eltern zur silbernen 
Hochzeit geschenkt. 
Rom - Inneres der sixttnischen Kapelle.
	        
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