149
den Kabel mit bis zu 600 Doppeladern von 0,6 mm
Stärke verwandt.
Auch das Problem der mehrfachen und gleich¬
zeitigen Benützung einer Leitung ist gelöst, wenn
es auch beim Ferngespräch nicht im gleichen Maße
Anwendung finden kann, wie bei der Telegraphie;
auch können dieselben Leitungen gleichzeitig für Tele-
phonie und Telegraphie dienen.
Die Verbindung der Teilnehmer geschieht durch
das jedem Leser wohlbekannte „Amt". — Hier waren
früher und sind heute noch an kleinen Orten K l a p -
penschränke, wie Wohl jeder sie schon gesehen hat,
in Gebrauch. Ihre erste Verbesserung war die in
Amerika seit 1879 erfolgte Einführung von Vielfach¬
umschaltern, die es jeder Bearntin — die Erfahrung
hat weibliches Personal als für den Dienst am ge¬
eignetsten erwiesen — ermöglichen, von ihrem Platze
aus ohne Vermittlung einer zweiten mit allen an
das Amt angeschlossenen Leitungen Verbindungen
herzustellen. Die Klappensignale sind dabei durch
Glühlampen ersetzt. Die größte Ver¬
besserung kam dann mit der Einführung
des Zentralbatteriesystems, welches die
Magnetinduktoren und Mikrophonbatte¬
rien der Teilnehmerstationen entbehrlich
macht. Dabei lassen technische und
wissenschaftliche Gründe es zweckmäßig
erscheinen, nicht mehr wie 10.000 An¬
schlüsse zn einer Zentrale zu vereinen,
so daß Weltstädte in der Regel mehr
wie ein Zentralamt haben (z. B. Paris,
Berlin, Frankfurt a. M.). Zwischen
den einzelnen Ämtern sind dann beson¬
dere Vermittlungsleitungen angelegt.—
Desgleichen besitzen alle Großstädte be¬
sondere F e r n ä m t e r. Die neueste
Verbesserung ist der Simultanschalter,
der selbsttätig den Anruf einer jeweils
freien Beamtin zuweist (Abb. 3).
Trotz der vorstehend geschilderten Ver¬
vollkommnung bleibt der Fernsprech-
berrieb einer Großstadt außerordentlich
umfangreich und kostspielig, da er (ab¬
gesehen von den Unterhaltungskosten)
große, gut beleuchtete und ventilierte
Säle für die Umschalteinrichtungen und
zahlreiches Personal — eine Telepho¬
nistin kann bei lebhaftem Verkehr etwa
100 Anschlüsse bedienen — erfordert. Es
war daher seit langen Jahren das Be¬
streben der Techniker, durch autonia-
t i s ch e s Z u s a m m e n s ch a I t e n der
Leitungen infolge der Betätigung des
Anrufs die V e r m i t t l u n g s st e l l e
entbehrlich zu machen.
Die ersten brauchbaren Fernsprecher
dieser Art führte die amerikanische Firma
Strowger 1893 auf der Weltaus¬
stellung in Chicago vor. Trotzdem sie
aber int Laufe der Jahre zahlreiche Ver¬
besserungen erfuhren — besonders die
Wählscheibe mit den runden Aus¬
schnitten und den Ziffern 0—9, die durch
mehrfaches Drehen gemäß der Zahlen¬
folge der Rufnummer jede gewünschte
Verbindung ermöglicht — gelang es
i ihnen doch zunächst noch nicht, die bisherige Betriebs¬
art für größere Netze zu verdrängen, da der rein
I mechanische Betrieb sich teurer stellte als die mensch-
! lische Arbeitskraft. Dieser Fehler wurde durch die
j Ingenieure Mellinger und K e i t h behoben,
die einen einfachen und billigen Vorwähler schufen,
ausgehend von dem Gedanken, daß ja doch erfah¬
rungsgemäß höchstens 10 % der Teilnehmer gleich¬
zeitig sprechen wollen. — Der wirtschaftliche Vorteil
gegenüber dem Bernkittlungssystem wird um so
größer, je höher die Zahl der Teilnehmer und Ge¬
spräche ist. Die Anrvendung des Zentralbatteric-
systems förderte den Vorteil noch mehr. Anderer¬
seits aber kann man bei diesem System auch wieder
früher dezentralisieren als bisher, wo, wie gesagt,
10.000 Anschlüsse als untere Grenze galten, und so
an Leitungskosten sparen, ohne daß diese Ersparnis
durch Mehrerfordernis an Personal illusorisch würde
(Abbildungen 4 bis 8).
Für kleinere Netze mit gcringerent Verkehr hat sich
Abb. 7. Detail aus Abb. 6 (Gruppenwähler).