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Gelehrte, wie Tycho Brahe
und Melanchthon, unter
ihrem Einfluß standen.
Mit der allgemeinen An¬
erkennung des Kopernika-
nischen Weltsystems trat
sie niehr und mehr in den
Hintergrund zugunsten
ihrer Schwester, der
„A st r o n o m i e", der
Stern künde, die gleich
jener uralt ist. Schon un¬
ter Fohi, um 3400 vor
Christus, soll man in China
angefangen haben, die
Laufbahn der Sterne zu
beobachten. Seit 2500 vor
Christus sind uns chinesi¬
sche Beobachtungen über¬
liefert, von: Jahre 2296 die
erste Kometenbeobachtung,
im 22. Jahrhundert vor
Christus beschäftigten sich
die chinesischen Gelehrten
bereits mit der Vorausbe¬
rechnung der Sonnenfin¬
sternisse. Auch die Inder
und Ägypter betrieben die
Astronomie eifrig, und die
Chaldäer stellten bereits statistische Tafeln für die
Vorausberechnung der Laufbahnen auf. — Es würde
zu weit fiihren, hier von den Fortschritten unseres
Wissens zu sprechen, das namentlich seit der Erfin¬
dung des Fernrohrs einerseits, der Entwicklung der
mathematischen, physikalischen und chemischen Wissen¬
schaft andererseits außerordentlich gewonnen hat. ..
Aber seltsam, je mehr die menschliche Kultur, oder
hier sagen wir richtiger wohl: Zivilisation, fort¬
schreitet, desto mehr wird der Einzelne dem Wissen
seiner Voreltern entfremdet, desto mehr glaubt er,
daß dazu ein Spezialstudium gehöre, das nur wenige
durchführen könnten. Während die sogenannten
wilden oder nur halbzivilisierten Völker am Himmel
noch sehr gut Bescheid wissen, erlischt diese Kenntnis
bei uns schon auf dem Lazhe mehr und mehr, und der
Städter vollends weiß sich unter den Sternen fast
gar nicht mehr zurechtzufinden. Gewiß, den Großen
Bären, den kennt wohl jeder, aber wenn es sich schon
darum handelt, einen der anderen Planeten zu fin¬
den, da versagen die meisten. Nun ist es aber für
jeden, der sich in etwa für die Gesetze des Kosmos
interessiert, unerläßlich, wenigstens die hauptsäch¬
lichsten der Sternbilder und die prächtigsten der Fix¬
sterne zu kennen. Denn wie kann ich beispielsweise
vom Mars zu meinen Kindern reden wollen, wenn
ich ihnen denselben nicht einmal am Himmel zu
zeigen weiß.
Unter den Sternen unterscheidet man seit dem
Alterturn die Planeten, die „Wandelsterne", die
als Geschwister unserer Erde gleich ihr sich um den
Mittelpunkt unseres eigenen 'Systems, die Sonne,
drehen, und die F i x st e r n e. Natürlich bewegen sich
auch die letzteren, von denen unsere Sonne durchaus
nicht einer der größten ist; aber bei ihrer Bewe¬
gung erleiden ihre gegenseitigen Stellungen
keine Veränderungen. Wenn wir sie beobachten,
ist es uns gerade so, als
wenn alle diese Lichtfunken
am Firmamente festsäßen
wie an der Innenwand
einer ungeheuren Hohl¬
kugel, die sich um uns
drehte. Diese Beobachtung
ist, wie gesagt, schon in
uralter Zeit gemacht wor¬
den, und davon rührt auch
der lateinische Name «stel-
lae flxae», angeheftete Ge¬
stirne, her.
Diese Tatsache erleichtert
das Sichzurechtfinden am
Nachthimmel sehr, da die
Sternfiguren selbst allzeit
dieselben bleiben und nur
im ganzen ihre Stellung
zum Gesichtskreise verän¬
dern, aus- und untergehen.
Das geschieht derart, daß
die gleiche Stellung in je¬
dem folgenden Monate
zwei Stunden früher er¬
reicht wird. Dieser jähr¬
lichen Veränderung des
Firmamentes tragen die
bekannten, überall käuf¬
lichen „drehbaren Sternkarten" Rechnung, die durch
Einstellen eines Schiebers die Himmelsstellung für
jede Zeit des Jahres sofort ermitteln lassen. Hasten
wir aber erst die zur Zeit der Beobachtung gerade
sichtbaren Fixsterne, dann ist es uns auch leicht, die
Planeten zu finden.
Natürlich (um kein Mißverständnis aufkommen zu
lassen) wäre es falsch, nun zu glauben, daß man
ohne eine solche Karte am Himmel nichts finden
könnte; sie bewahrt den Anfänger lediglich davor,
solche Sternbilder finden zu wollen, die zu dem
Zeitpunkt der Beobachtung für ihn gar nicht sichtbar
sein können, und erleichtert ihm das Suchen. — Aber
man hüte sich davor, nun an einem Abend den ganzen
Himmel auf einmal kennen lernen zu wollen. Des¬
wegen geben wir hier zwei kleine Kärtchen bei, die
man dem ersten Studium zugrunde legen kann.
Am sichersten geht man dabei von einem leicht auf¬
zufindenden Sternbilde aus. Da kommt zunächst der
allbekannte Große Bär oder Himmels¬
wagen in Betracht. Von ihm aus finden wir
leicht den P o l a r st e r n, wenn wir, wie aus
unserem Kärtchen zu ersehen, die beiden Hinterräder
des Wagens durch eine Linie verbinden und diese nach
rechts (im Sinne eines im Wagen Sitzenden) etwa
aufs Fünffache ihres Abstands verlängern. Die Linie
stößt dann auf einen ebenfalls recht hellen Stern,
der, wie uns zunächst scheint, einsam dasteht, und
durch seine Stellung, etwa 50 0 über dem Nordpunkte
des Horizonts, unzweideutig als der Polarstern zu
erkennen ist. Wenn wir genauer zusehen, entdecken
wir dann, daß er doch nicht allein steht, sondern eben¬
falls zu einem Sternbild gehört, dem Kleinen Bären
oder Wagen, dessen Deichselspitze er bildet. Das war
uns nur deshalb nicht gleich aufgefallen, weil
im Gegensatz zum Großen Bären die Verbindung
zwischen den beiden Hinterrädern und der Deichsel-