Full text: 53.1925 (0053)

Geschichte des Hau der Keydter Gebietes 
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Berginspektion III liegt in einer Gegend, 
J / die ehemals ganz von einem Wald bedeckt war, 
den man Köllerwald benannte. 
Bor 1789 war das eine verwilderw Gegend, die bei 
Verfall der gallo-romanischen Zivilisation in den Zu¬ 
stand der Barbarei zurückgekehrt schieil. Wenn man 
nach den Überresten von Gebäuden und Straßen 
urteilen soll, die man an sehr vielen Stellen aufge¬ 
funden hat, war die Gegend zur Zeit dieser Zrvili- 
salion bevölkerter als heute. Aber der Wald deckte 
bald seinen schützenden Mantel über die vielhundert¬ 
jährige Erde und damit auch auf die Ruinen einer 
vergangenen Zivilisation. Der Landstrich verwilderte 
nun, was der Legendenbildung Vorschub leistete. Hie 
und da sieht man im Köllerwald noch Ruinen der 
vergangenen Zeilen, hauptsächlich aber in der Um¬ 
gebung der Ritterstraße. Hwr hat sie das Volk mit 
dem Namen „Ritterschloß" belegt. 
An diesem Orte, so teilt uns die Sage mit, erhob 
sich ehemals ein festes Schloß, das von Rittern be¬ 
wohnt war, die den Krieg und den Raub über alles 
liebten. Sollte das stimmen? Anscheinend sind Reste 
friiherer bedeutender Bauten vorhanden, aber es ist 
wenig wahrscheinlich, daß sie aus der Raubritterzeil 
herstammen. Die Ausgrabungen der Jahre 1840 und 
1843 haben bestätigt, daß die zu. Ritterstraße ge¬ 
fundenen Reste der gallo-romanischen Zivilisation 
angehören. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß das 
Straßennetz zu den glänzenden Zeiten dieser Zivili¬ 
sation dichter war und daß die Gegend des Köller- 
waldes selbst eine größere Bevölkerung hatte als 
Das Verwaltungsgebäude der Berginspeklion III zu 
heute. Dann kamen die mächtigen Einfälle feindlicher 
Völker, die alles zerstörten. 
Danach kam die Periode der Feudalherrschaft, die 
unmittelbar aus der vorhergehenden Periode des all¬ 
gemeinen Durcheinanders geboren wurde. Merk- 
wiirdig ist dabei, daß jegliche Erinnerung an die gallo- 
romanische Pracht verschwunden scheint, und daß die 
Volkssage keine Spur mehr davon enthält. Dafür 
nahm sie aber die Taten der Ritter in sich auf ttnd 
verherrlichte sie übermäßig; allüberall glaubte matt 
die Merkzeichen ihrer Anwesenheit zu verspüren. So 
ging es auch zu Ritterstraße, die zweifelsohne der 
Rest einer römischen Heerstraße ist. 
Neben dem Ritterschloß befindet sich eine Brunnen- 
quelle, die man „Rösselbrunnen" nennt. In seinem 
tiefen Wasser soll ein goldenes Kalb liegen, sagt die 
Legende. 
Ehemals, erzählt sich bas Volk, setzte sich eine Frau 
vor die Ruinen des Schlosses. Plötzlich sah sie an Stelle 
der mit Efeu und Moos bedeckten Kalksteine ein herr¬ 
liches Schloß vor ihren Augen. Aus_ einem der 
Fenster hing eine goldene Kette herab, eine Kette so 
schön und so fein gearbeitet, daß es eine Lust ohne¬ 
gleichen war, sie zu betrachten. Die Frau zog und 
zog'an der Kette, die nachgab; je mehr sie zog, ein 
desto größeres Stück der Kette blieb iwrig. 
Während sie so mit der Kette beschäftigt war, kam 
eiir Mann vorüber. Er sah, daß die Frau damit be¬ 
schäftigt war, etwas herunterzuziehen; aber das herr¬ 
liche Schloß und die gleißende goldene Kette waren 
für ihn unsichtbar. Und er redete die Frau an. 
— He, Frau, was 
machst du denn da? 
Bist du toll? 
— Was, erwiderte 
sie, siehst du nicht das 
Gold, das ich vor mir 
liegen habe; komm 
lieber her und helfe 
mir, Faulenzer. 
Aber kaum hatte sie 
diese Worte ausge¬ 
sprochen, als Schloß 
und Kette verschwun¬ 
den waren? Nichts war 
mehr zu sehen als die 
Ruinen und zu Füßen 
der schwatzhaften Frau 
ein großer Haufen von 
Kieselsteinen. 
Wenn nun auch vor 
1789 der zwischen dem 
Köller- und dem Sulz¬ 
bachtal liegende Land¬ 
strich unbebaut war, so 
waren anderseits die 
Täler selbst doch bevöl- 
Von der Heyd!. kcrt, grade so wie das
	        
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