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Wie das Milchschaf. Schon deshalb müßte feine Ver¬ 
breitung mit allen Mitteln gefördert werden. Die 
Anschaffungskosten find allerdings hoch, doch hat man 
davon sofort Nutzen, da man neumelke oder hoch¬ 
tragende Tiere anschafft. Bezieht man hochtragende 
Tiere, so hat man sofort Lämmer. Im anderen Falle 
aber solche sicher im nächsten Jahre, und die beiden 
Lämmer bezahlen gut und gern die Anschaffungs¬ 
kosten des Muttertieres. Außerdem aber hat man die 
Wolle und den Dünger; in der Hauptsache aber täg¬ 
lich ungefähr 2 Liter allerbeste Milch, welche besser 
als die beste Kuhmilch ist. Vor allem ist die Schaf¬ 
milch sehr fett. Man kann aus ihr sehr leicht Butter 
machen. Zu einem Pfund Butter genügen 10 bis 
11 Liter Schafmilch. Der Schafkäse ist ganz hervor¬ 
ragend gut und gilt als Delikatesse. Die berühmte 
Brinfc und der Liptauer Käse, ebenso Gorgonzola 
und Roquefort sind reine Schafkäse. 
Die Unterbringung eines oder mehrerer Milchschafe 
bereitet keine große Schwierigkeiten. Man kann sie 
in jedem Stalle und Schuppen halten. Sehr warm 
wollen sie es gar nicht haben, da die dicke Wolle sie 
gegen Kälte schützt. Vorteilhaft ist es, Milchfchase 
in einem Verschlage des Hühnerstalles zu halten. Ich 
hielt sie so und hatte im Winter stets Eier, weil der 
Hühnerstall durch die. Schafe warm gemacht wurde. 
Der Dünger ist der denkbar beste Dung für Garten 
und Feld. Nach Schasmist wachsen alle Gemüfearten 
und Obstsorten besonders gut. Die weltberühmten 
großen Brüsseler Weintrauben werden meist mit 
Schafmist getrieben, die Weinbauern schieben diesem 
die Wirkung zu, ganz besonders große Beeren und 
Trauben zu veranlassen. Auch Obstbäume, die man 
mit Schafmist düngt, tragen reichliche und hervor¬ 
ragend schöne Früchte. 
Um drei bis vier Schafe und zwei Lämmer zu füt¬ 
tern, muß man zirka 1 Morgen, also 2500 Quadrat¬ 
meter Grasstäche haben. Man kommt aber mit 
weniger aus, wenn die Tiere viel Beifutter aus dem 
Gemüsegarten und Küchenabfälle erhalten. Auch spart 
man sehr Weideland, wenn man Wegeränder mit 
den Schafen abweiden kann. In Belgien sieht man 
allenthalben an den Wegen angebundene Milchfchase 
weiden. Im Winter muß man für jedes alte Schaf 
3 Zentner Heu, 5 bis 6 Zentner Futterrüben und 
etwas Kleie haben. Sehr gut ist, wenn die neumelken 
Tiere täglich etwas Hafer erhalten. Auch das Streu¬ 
stroh legt man den Tieren erst zum Durchfressen vor. 
Sie holen alle feinen Teile heraus und der grobe 
Rest wird dann eingestreut. Im Sommer und Herbst 
kann man vorteilhasterweise auch Laub von Bäumen 
und Sträuchern füttern. Hat man nicht genügend 
Weideland, dann kann man solches anlegen oder aber 
man kann auch ein Stückchen Land mit Luzerne an¬ 
säen, die man dann grün abmäht und verfüttert. 
Luzerne gibt sehr große Mengen, jährlich drei bis 
vier Schnitte, allerbesten Futters. Die Milchschafe 
find sehr groß, fast doppelt so groß als Landschafe, 
haben keine Hörner und sind in der Regel weiß. Die 
Tiere sind außerordentlich gutmütig, die Lämmer ein 
reizendes, harmloses Spielzeug für Kinder. Das 
Melken der Tiere ist sehr leicht, sie geben willig die 
Milch. Auch buttern läßt die Milch beziehungsweise 
der Rahm sich sehr gut. Die Butter ist ganz weiß. 
Natürlich kann man sie durch den Saft einer gerie¬ 
benen Mohrrübe schön buttergclb färben. Allerdings 
einen Fehler hat die Butter: sie ist nicht sehr haltbar. 
Das Milchschaf trägt 154 Tage. Einjährige Tiere 
werfen meist nur ein Lamm, mehrjährige wenigstens 
zwei Lämmer. Diese kann man vier bis sechs Wochen 
saugen lassen. Die Belgier aber machen es prak¬ 
tischer, sie lassen das Lamm überhaupt nicht an die 
Mutter, sondern tränken es aus einem Topfe mit 
frischgemolkener warmer Milch. .Auf die Weise hat 
inan auch bald Milch, und das lästige Abgewöhnen 
der Lämmer fällt fort. Nach vier Wochen ersetzt man 
langsam nach und nach die Vollmilch durch Mager¬ 
milch und Mehl oder Haferschleimsuppe und geht 
später zur Tränke mit klarem Wasser über. Will man 
fette Lämmer, so gibt man ihnen täglich etwas Hafer. 
Sowie die Tiere einige Wochen alt sind und zu 
fressen anfangen, kommen sie auf die Weide. Dort 
ernähren sie sich bald ganz allein. Will man ein Schaf 
zur Zucht erhalten, so läßt man es im Alter von 
sieben bis acht Monaten decken. Die Böcke werden in 
Ostfriesland meist schon im Alter von zehn bis zwölf 
Atonalen geschlachtet. In Belgien hält man sie 
länger. In jedem Dorf ist gewöhnlich ein Bock oder 
mehrere. Jeder Bock deckt 100 bis 150 Mutterschafe, 
manchmal auch noch mehr. 
Das Milchschaf gedeiht nur bei möglichst diel Auf¬ 
enthalt im Freien. Im Stalle verkommt es. Auch 
ini Winter kann man es auf schneefteien Weiden 
Hessen lassen. 
Beim Weiden ist das sogenannte Tüdern beliebt, 
das heißt man läßt die Tiere angebunden an einem 
langen Strick oder einer Kette weiden und wechselt 
täglich mittags den Platz, so daß die Tiere stets zu
	        
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