Full text: 53.1925 (0053)

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Dann wollte ich nach der Heimat zurück, die Eltern 
besuchen und für mein Geld auf die Steuermanns- 
fchule gehen. Natürlich ging das nicht so schnell, 
wie ich gehofft hatte; aber endlich kam doch der 
große Moment, der mich dem Ziel meiner 
Wünsche näherbringen sollte. In einer Julinacht 
des Jahres 1879 rannte nämlich unser Kanonen¬ 
boot die englische Fregatte Renown bei Gibraltar 
in den Grund. Die Fregatte hatte außer einem 
Ablösungstransport auch die Löhnung für die in 
auch an die Ausführung des Planes gefchritten. 
Unfer Kanonenboot wurde genau über die Stelle 
gelegt, wo nach Berechnung unserer Navigations¬ 
offiziere das Wrack der Renown zu finden fein 
mußte. Vorher hatte man mich noch über den Auf¬ 
bewahrungsort der Schiffskasse genau unterrichtet. 
Sie war, wie das dazumal auf verschiedenen 
Schiffen Sitte war, auf dem Achterdeck festge¬ 
schraubt. Für mich bedeutete das einen großen 
Vorteil; denn ich brauchte nun nicht den befchwer- 
Dle Saar bei Mettlach. 
Gibraltar stationierten Beamten und Soldaten an 
Bord. Es handelte sich um eine große Summe, 
die nun auf reichlich dreißig Meter Tiefe im Sand 
des Meeresbodens ruhte. Eine Bergung der in¬ 
haltreichen Schiffskasse schien bei den damaligen 
Hilfsmitteln unmöglich; um aber nichts unversucht 
zu lassen, setzte die Admiralität eine hohe Beloh¬ 
nung für die Wiederbeschaffung der Kasse aus. 
Als einzigem Bewerber um den Preis wurde mir 
die Bergung anvertraut. Es fehlte nicht an war¬ 
nenden Stimmen, die mich von meinem Vorhaben 
abhalten wollten; aber ich verstand mein Hand¬ 
werk gut und befaß einen tüchtigen Posten Unter¬ 
nehmungsgeist. 
An einem sturmfreien Vormittag wurde denn 
lichen Versuch zu wagen, in das Innere der 
Fregatte einzudringen. 
Als ich mit Taucheranzug, Beil und sonstigen 
Werkzeugen genügend ausgerüstet war, erhielt ich 
von dem Kommandanten unseres Schiffes noch 
eine Reihe guter Ratschläge mit auf den Weg — 
und dann konnte ich tauchen. 
Noch einmal grüßte ich das Sonnenlicht; dann 
stieg ich mit einem Stoßgebet über die Verschan- 
zung die kurze Leiter hinab, die ein Stückchen in 
die gründunkle Tiefe führte. Eigentliche Angst 
fühlte ich nicht; nur eine seltsame Erregung, weil 
das Gelingen meines Vorhabens zugleich die Er¬ 
füllung meiner kühnsten Hoffnungen bedeutete. 
Schon nach kurzer Zeit spürte ich festen Boden
	        
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