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Funde aus der Höhlenperiode und geographische Lage der bedeutendsten dieser Höhlen in Frankreich. 
(Photo: Publications Pierre Laiitte, Paris.) 
Sin Dag in pèrigorà vor 15000 fahren. 
Von Jean Fourgons. 
Immer mehr interessieren sich die Menschen für die 
prähistorische Zeit, für das Leben und Treiben jener Menschen¬ 
wesen, die vor vielen Jahrhunderten auf der Erde gewandelt 
haben. In Frankreich gibt es, 10 Meilen von Pörigueux 
entfernt, in der alten Grafschaft Psrigord — in dem male¬ 
rischen Tal der VSzere, das jetzt viel von Touristen besucht 
wird — eine Gegend, die den Paläontologen der ganzen Welt 
teuer geworden ist, weil sie eine reiche Ausbeute an prähisto¬ 
rischen Andenken — Knochen, Waffen und Werkzeugen — 
geliefert hat: das ist die Gegend bei Les Eyzies, deren 
2 Fundstätten von Moustier und Madeleine der prähistorischen 
Wisienschaft zwei Namen der nach ihnen genannten Perioden 
geliefert haben. Die eine dieser Höhlenperioden — öpoque 
magdalenienne — gibt den Stoff zur nachfolgenden Er¬ 
zählung ab. Der Verfasser hat die PSrigorder Höhlen oft 
untersucht und einen wissenschaftlichen Befund darüber auf¬ 
gestellt. So fällt es ihm also leicht, uns einen Tag dieser 
prähistorischen Menschen in voller Glaubwürdigkeit zu schildern, j 
ohne der wissenschaftlichen Forschung nennenswerten Zwang 
anzutun. 
* 
* * 
us sein Blätterlager ausgestreckt und in eine 
Decke aus Mammuthaut eingewickelt, träumt 
Aahr, der Bildhauer, von der Jagd. Plötzlich 
ruft ihn ein Sonnenstrahl, der durch die Aste herein¬ 
bricht, die seine Unterkunft abschließen, in die Wirk¬ 
lichkeit zurück. Er erhebt sich und wirft einen Blick auf 
den schönen Fries, mit dem seine Höhle geschmückt ist. 
Dieser Fries stellt Pferde dar und Aahr ist es, der 
sie gezeichnet hat. Auf einem Felsen mit flachen Wän¬ 
den hat er mit seinem Feuersteinhammer breite und 
tiefe Einschnitte gemacht und die Umrisse seiner 
Bilder ausgekratzt, um so das Vorspringen der Mus¬ 
keln anzudeuten, die Einfügung der Glieder zu kenn¬ 
zeichnen und die Mähne herauszubilden. Langsam und 
nlit Inbrunst hat er, gleichsam wie ein Priester bei 
einer rituellen Handlung, dieses lebenswahre Bild 
geschaffen. Auf dem Hintergrund der Höhle hebt sich 
die Figur kräftig ab und Aahr ist stolz auf sein Werk. 
Die staunLnerregende Arbeit hat ihm in seinem 
Lande eine hohe Wertschätzung eingetragen und man 
hat ihn zum Häuptling des Stammes vom Cap Blanc 
ernannt, dessen Pferde durch Aahr zum Symbol ge¬ 
worden sind. Jeder weiß ja, daß die Abbildung dieser 
Pferde eine untrügliche magische Gewalt ausübt, und 
daß Aahr, der ebensoviel Zauberer wie Künstler ist, 
durch eine geheimnisvolle Beschwörung der Bilder 
in seinen Jagden die glücklichsten Erfolge erlangt. 
Schnell steht er auf und begrüßt die Seinen, die auf 
dem überhängenden Felsen, wo er seine Höhle am seit¬ 
lichen Hange eines kleinen Tales eingerichtet hat, mit 
den verschiedenartigsten Tätigkeiten beschäftigt sind. 
In einer Ecke sitzt sein Weib auf einem Stein am 
Feuer; sie hält ihr jüngstes Kind auf den Knien und 
wacht über eine Forelle, die zwischen zwei flachen 
Steinen schmort. Um sie herum sind seine Gefährten 
beschäftigt, mittels feiner Nadeln und Renntiersehnen 
Kleidungsstücke auszubessern, indessen seine Söhne 
Tierhäute schaben, um sie später zu trocknen. 
Aahr hat sich dafür entschieden, heute auf der Jagd 
mit seinen Freunden vom benachbarten Stamme der 
Combarellen zusammenzutreffen. Da er wie gewöhn¬ 
lich seine eigenen Stammesangehörigen mitnehmen 
will, gibt er ihnen mit seiner Knochenpfeife ein 
Zeichen. Dann macht er sich fertig und erwartet sie. 
Der Köcher aus Ochsenhaut und der stark gespannte 
Bogen wird festgemacht. In einem anderen Behälter 
befinden sich eine Anzahl Wurfspieße, deren Knochen¬ 
spitzen mit Schilf befestigt und gut geschärft sind.
	        
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