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Wirt mit seinen Leuten ruhig schlafen; sein Gewerbe
wurde nicht gestört.
Zu all diesen Helfershelfern kamen noch die kleinen
Bauern, deren Besitz etwas isoliert gelegen war. Auch
einige Postmeister machten mit," um mit ihren
Familien in Sicherheit leben zu können. Manche von
ihnen bezogen auch einen Anteil an der Beute.
Wie oben schon gesagt, beraubte Schinderhannes
niemals die armen Leute; die Beutezüge seiner
Bande suchten ihr Opfer nur unter den reichen Händ¬
lern und zuntal unter den Juden. Grade aus diesem
Grunde war Schinderhannes beim Volke so beliebt.
In der Zeit um 1789 herum waren die Juden im
Rheinlande nicht gut gelitten. Die Menschen der da¬
maligen Zeit waren recht engherzig; man hatte die
unglücklichen und verachteten Juden in besondere
Stadtteile zusammengepfercht. Auch durften sie nur
bestimmte Gewerbe ausüben und in die Korpora¬
tionen nahm man sie nicht auf. Meist blieb ihnen also
nur der Handel als Erwerbsquelle übrig. Viele waren
Hausierer, die von Tors zu Tors zogen, um ihre
Waren anzubieten. Andere waren Gütermakler, die
Bauernhöfe an- und verkauften. Am meisten profi¬
tierten sie aber durch das Elend anderer Leute. Wenn
ein kleiner Geschäftsmann oder ein Rentner Geld
nötig hatte, an wen wandte er sich in seiner Not? —
nur an den Juden. Dieser gab die benötigte Summe,
verlangte aber als
Garantie, lvie er
sagte, Wechsel, deren
Wert die Darlehns¬
summe erheblich
überstieg. Wenn
nun der Verfalltag
herannahte, und
der Schuldner die
Wechsetsumme nicht
bezahlen konnte,
dann drohte der
Jude, sein ganzes
Hab und Gut zu
verkaufen. Um sich
Luft zu schassen,
war der Schuldner
gern bereit, alle Be¬
dingungen zu unter¬
schreiben, die der
Wucherer ihm vor¬
schrieb. Diese Be¬
dingungen waren
natürlich mehr als
drakonisch; die durch
den Wechsel aner¬
kannte Summe ver¬
doppelte und ver¬
dreifachte die wirk¬
liche Schuld. Am
Verfalltage konnte
natürlich meist der
Schuldner den
hohen Wechsel nicht
einlösen und der
Jude ließ seine
Habe unter den
Hammer bringen.
Gänzlich ruiniert
mußte dann der Unglückliche alles verlassen, was
ihm gehört hatte.
Sicherlich kamen solche Fälle, wie ich sie eben ge¬
schildert habe, nicht gerade oft vor; aber diese wenigen
Fälle reichten hin, um den Haß gegen alle silbischen
Händler aufzustacheln, ohne daß das Volk den ehr¬
lichen Kaufmann vom grausamen Wucherer unter¬
scheiden konnte. Daher freute sich das Volk außer¬
ordentlich, wenn Schindcrhannes die Juden mi߬
handelte und schließlich glaubte man, den Juden
gegenüber sich alles erlauben zu können.
Und dennoch benutzte Schinderhannes die Dienste
manches Juden für seine Zwecke. Seine „Baldower"
(Auskundschaster) befanden sich gerade unter den
Hausierern und den kleinen Händlern, die im ganzen
Lande herumkamen und somit der Bande Bücklers
die genauesten Ausschlüsse über das Vermögen der
Leute geben konnten, deren Beraubung vorgesehen
war. Ferner lieferten diese Leute auch die Nachrichten
über die Gesinnung der Bewohner und über die
Stärke der Polizeikräfte, die sich in der Nachbarschaft
befanden.
Wenn der Raub vollzogen war, verwandelten sich
diese Kundschafter oft in Hehler, die ihren Vorteil da¬
bei fanden, die geraubte Ware zu einent Spottpreise
an sich zu bringen, um sie in entfernt gelegenen Dör¬
fern oder Städten mit großem Gewiitn zu verkaufen.
Die Banditen
ließen diese Hau¬
sierer frei verkehren,
da sie solcher Ver¬
mittler auf alle
Fälle bedurften;
denn ohne diese
hätten sie gar nicht
gewußt, was sie mit
den geraubten Wa¬
ren anfangen soll¬
ten. Sie hätten also
ihren Raub auf
Gold- oder Silber¬
geld oder auf Ge¬
schirr aus Edel¬
metall beschränken
müssen. Die Volks¬
masse kannte natür¬
lich nicht die enge
Verbindung des
Banditenhäuptlings
mit Mitgliedern
einer Volksrasse, die
sie verabscheute.
Schinderhannes
war also beim Volke
beliebt. Wir haben
schon oben angedeu¬
tet, daß er ganz
gern den guten
Geist spielte.
Eines Tages
ntußte sich ein jun¬
ges Mädchen aus
einer Stadt an der
Nahe in eine Ort¬
schaft begeben, die
man nur durch