57
schiedensten Warenhäuser und die für amerikanische Ver¬
hältnisse so wichtigen Schuhputzer haben ihr Heim in
den Wolkenkratzern aufgeschlagen.
Großer Wert ist selbstverständlich auf die Fundamen¬
tierung derartiger Riesenbauten zu legen, da das Ge¬
wicht außerordentlich geschickt verteilt werden muß. Ge¬
wöhnlich werden diese Wolkenkratzer auf Betonpfeilern
fundiert, die so tief mittels Caissons in die Erde hinein¬
getrieben werden, bis sie auf den Felsuntergrund kommen.
Caissons sind Stahlzylinder, in die unter ungeheurem
Druck Beton hineingefüllt wird. Falls man nicht in
genügender Tiefe auf Fels stößt, wird ein Betonbett
hergestellt, in das dann die Caissons verankert werden.
Die Hauptschwierigkeit macht die Verankerung der Stahl-
gebäude in den Caissons. Ist diese einmal geschehen,
geht die übrige Arbeit außerordentlich schnell vorwärts.
Nach Vollendung der Fundamente beginnt die Aufstellung
des eigentlichen Stahlgerüstes.
Die Anlage der großen Neuyorker Wolkenkratzer hat
eine neue Kategorie von Arbeitern herangebildet, die
zwischen Himmel und Erde ihre Tätigkeit verrichten.
„Sky-Workers" nennt man in Neuyork diese Leute. Sie
sind eine unerschrockene Gesellschaft, die die Furcht nicht
kennen, gewöhnt, über ungeheuren Abgründen auf kaum
fußbreiten Stahlplanken zu balancieren und dort ihre
Tätigkeit zu verrichten. Wenn man die City in Neuyork
durchwandert, und einen dieser himmelanstürmenden Ge¬
bäuderiesen im Bau sieht, so erblickt man in schwindelnder
Höhe auf den Pfeilern des Eisengerüstes diese Leute,
die nicht größer erscheinen als Ameisen. Je höher das
Das höchste Gebäude der Welt: Das Woolworthgebäude
(30 Etagen unten, im Turm 26, zusammen 66 Stockwerke).
Das zweithöchste Gebäude (46 Stockwerke) in Neuyork:
Das Haus der Metropolitan-Lebensversicherungs-Gesellschaft, das
durch seine im 27. Stockwerk angebrachte kolostale und nachts
erleuchtete Uhr besonders populär in Neuyork ist.
Stahlgerüst wächst, um so sorgsamer muß der Wolken¬
kratzerarbeiter vorgehen, da von seinen Bewegungen oft
das Leben fall der gesamten auf dem Bau arbeitenden
Mannschaft abhängt. Der gewöhnliche Sterbliche kann
sich kaum ein Bild davon machen, welche Tätigkeit auf
den schmalen Stahlgerüsten herrscht. Rotglühende Nieten
fliegen hin und her, Gitterpfeiler werden aufgerichtet,
zusammengeschraubt und mit Hilfe von Kranen in die
richtige Lage gebracht. Die größte Vorsicht muß ob¬
walten, damit keine Werkzeuge oder glühende Bolzen
hinunterfallen, da sie durch die Fallgeschwindigkeit wie
Geschützkugeln wirken. Wie das Gebäude der Metro-
politan-Lebensversicherungs-Gesellschaft gebaut wurde,
fiel ein kaum 2 Kilo schwerer Bolzen vom Dach her¬
unter, traf das Dach eines Straßenbahnwagens und
schlug dieses glatt durch.
Die Wolkenkratzerarbeiter arbeiten stundenlang auf
einer kleinen, kaum fußgroßen Plattform, während zu
ihren Füßen ein jäher Abgrund von mehreren hundert
Fuß Tiefe gähnt. Mit der einen Hand klammern sie
sich am Gerüst fest, das im Winde hin und her schlvankt,
mit der anderen schlagen sie die Bolzen ein; oder sie
hängen über einem Pfeiler, der ihre einzige Stütze bildet,
während sie die Stahlplatten, die heraufgezogen werden,
mit der Hand an den richtigen Platz dirigieren.
Die Höhe macht diesen Leuten absolut nichts aus.
Gefährltcher für sie sind dagegen Stürme und Gewitter,