griffen im Argonnenwalde (>u berichten, und die 9!ach
richten von dem deutschen Fliegerangriff auf Dün¬
kirchen, der einen Teil der Festungswerke und den
Bahnhof zerstört hatte, war der erste Neujahrsgruß
für unsere Gegner, der wie eine Bombe selber noch
auf die Reste ihrer Silvesterbowle fiel. Als eine
neue, recht unangenehme Ueberraschung für die „Herren
des Meeres" brachte bereits der folgende Tag die
Kunde von dem Untergang des englischen Linien¬
schiffes „Formidable", den ein deutsches Unterseeboot
torpediert hatte, wobei es sich, wie schon der Name
sagte, um ein Schlachtschiff erster Größe handelte.
Aber nicht nur vom Lande und vom Wasser her,
auch aus der Luft inachte sich der furchtbare Angriffs¬
geist der „deutschen Barbaren" in unangenehmer
Weise bemerkbar. Gerade in den ersten Tagen des
Jahres waren Lyon und Paris, Nancy und Calais
täglich, stündlich in banger Erwartung eines Zeppelin¬
angriffs. Die anfänglich so geringschätzig verlachte
deutsche Luftschiff-
gefahr führte zeit¬
weise zu vollstän¬
diger Panik in
den genannten
Großstädten,
deren sonst so
glanzvolle Be¬
leuchtung voll be¬
stimmten dlbend-
ftunben ab einer
ägyptischen Fin¬
sternis weichen
mußte.
Zu ganz beson¬
derer Heftigkeit
steigerte sich in
den ersten Wochen
des neuen Jahres
der Kampf im
Oberelsaß bei
Sennheim und
Steinbach, sowie
an der flandrischen
Küste zwischen
Vpern und Nieu-
port. Mit großer
Zähigkeit und
unter' schweren
Verlusten versuchten die Feinde immer und inaner
wieder, die 5)fcrltme zu durchbrechen. Stets aber
holten sie sich hier immer von neuem blutige Köpfe.
Der Kampf nahm hier auf beiden Seiten oft furcht¬
bare Formen an. An der ganzen Länge der Front
dauerte der Artilleriekampf oft tage- und wochen¬
lang, fast ohne Unterbrechung. Die französischen und
englischen Bundesgenossen samt ihren vielfarbigen
Anhängern, die mit ihrem exotischen Gepräge einem
Zirkus oder einer Menagerie Ehre gemacht hätten,
mußten stets von neuem in ihrer ganzen Furchtbar¬
keit die planmäßige und gewaltige Kraft deutscher
Angriffe über sich ergehen lassen.
Die völlige Ergebnislosigkeit der englischen und
französischen Angriffe auf die festgefügten deutschen
Linien ließ die feindliche Heeresleitung — um daheim
in ihren Ländern dem immer mehr um sich greifenden
Gefühl der Enttäuschung und Entmutigung entgegen¬
zuarbeiten — wieder zu allerlei Beschwichtigungs¬
versuchen ihre Zuflucht nehmen, unter denen Zukunfts¬
pläne von gewaltigem Umfange eine Hauptrolle
spielten. Man sprach tu Frankreich und England
mit bedeutendem Augenzwinkern nun schon wochen¬
lang von der „großen Offensive", die der Generalissimus
Joffre plane. Diese Offensive war das Morgen- und
Abendgespräch auf den Boulevards von Paris wie
in der City voit London. Man erwartete von ihr
eine völlige Wendung des Krieges.
Was war's mit dieser neuen Offensive?
Schon ani 20. Dezember 191-4 hatten die Deutschen
bei einem gefallenen französischen Offizier einen vont
17. Dezember datierten Heeresbefehl Joffres gefunden;
in ihm hieß es nach den üblichen Verkleìnerungs-
versuchen unserer bisherigen Erfolge: „Die Stunde
des Angriffs hat geschlagen. Nachdem wir die
deutschen Kräfte in Schach gehalten haben, handelt
es sich darum, sie zu besiegen und unser Land end¬
gültig von den Eindringlingen zu befreien. Soldaten!
Mehr als jemals rechnet Frankreich auf euren Mut,
eure Energie und euren Willen, um jeden Preis zu
siegen. Ihr habt schon gesiegt an der Marne, an
der 2)fer, in Lothringen und in den Vogesen. Ihr
werdet zu siegen verstehen bis zum schließlichen
Triumph!"
Lange Zeit wartete man vergebens auf die
Wirkung dieses mit echt französischen Phrasen ge¬
schmückten Manifestes. Aber am 14. Januar 1915
gab der Generalstabsbericht des deutschen Haupt¬
quartiers in seiner monumentalen Kürze eine würdige
Antwort darauf. Er meldete den völligen Zusammen-
bruch der mit so vielem Geschrei in die Welt hinaus¬
posaunten Offensive des französischen Oberfeldherrn.
Unter den Augen des deutschen Kaisers war eine der
glänzendsten Waffentaten des ganzen Krieges ver¬
richtet worden. Nordöstlich Soissons hatten deutsche
Truppen die Höhen von Vreqny erstürmt und sie
völlig vorn Feinde gesäubert. Fm strömenden Regen
und tief ausgeweichten Lehmboden wurde bis in die
Dunkelheit Graben auf Graben im Sturm genomnten
Der Kronprinz mit seinem Stab. Sofphotograph T. Zacobi, Metz.