Full text: 43.1915 (0043)

Förderung von zwei Kohlenqualitäten, nämlich von 
Gas- und Fettkohle. 
Die vorhin erwähnten Anfänge des St. Ing - 
berterBergbauesim18. Jahrhundert verdienten 
wohl zunächst'die Bezeichnung Bergbau sehr wenig. 
Es waren Kohlengräbereien,'die, ohne System 
betrieben, eine regellose Wühlerei darstellten. Manche 
längst überwachsene Halde und verschüttete Tagerösche 
im Forste des Eisenwerks St. Ingbert erinnern noch 
an jene Zeit. 
Bezeichnenderweise erhielt sich der Ausdruck 
„Kohlengräber" für die Bergleute des Bezirkes 
bis in die 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts. 
Verhältnismäßig früh, schon im Jahre 1838, 
ging man dann unter Beibehaltung des bisher ge¬ 
führten Stoüenbetriebes zum Tiefbau über. 
Dem Stollen A, der bei 245 m über N. N. die 
Flöze durchörtert, entsprechen in den Tiefbauen seit 
1890 vier Hauptquerschläge. Der Hauptquerschlag 
der I. Tiefbäusohle liegt 34 m unter Stollensohle A, 
während die drei anderen Hauptquerschläge seigere 
Abstände von je 60 m haben. 
>: Auf der Achse 
des Stollen A, 
bezw. der 
Hauptquer¬ 
schläge, stehen in 
einem Abstand 
von 500 m die 
zwei Förder¬ 
schächte Nr. II 
und III,die beide 
bis zur lV.Tief 
bausohle abge¬ 
teuft sind und 
von Tag 250, 
bezw. 316 m tief 
sind. Sie haben 
rechteckigen 
Querschnitt und 
stehen in Holz. 
Die Ausrichtung des Gruben selbes ist 
nicht einheitlich durchgeführt. Erst in neuerer Zeit 
wurden teilweise die großen streichenden Längen 
östlich und westlich der Hauptquerschläge durch soge¬ 
nannte Teilungsquerschläge in einzelne Bauabteilungen 
zerlegt. 
r Die Bauabteilungen sind ^größtenteils mittels 
Bremsberge vorgerichtet. Die Stapelschächte können 
sich nur zögernd Eingang verschaffen. 
Der Abbau erfolgt von den Bremsbergen, bezw. 
Stapeln aus meist gruppenweise mittels Ortsquer¬ 
schlägen. Die flachen Höhen zwischen den einzelnen 
Sohlen von rund 100 m sind dabei meist 5—8 mal 
unterteilt, je nach Kohlenbeschaffenheit, Flözmächtigkeit 
und der Möglichkeit der Beschaffung fremder Berge. 
Als Abbauart ist durchweg Strebbau mit ab¬ 
gesetzten Stößen in Anwendung.' Es wird nur mit 
Versatz gebaut und zwar mit eigenen oder fremden 
Bergen. Dank ihrer vielseitigen Anpassungsfähigkeit 
ist die verwendete Abbauart in den verschiedenen 
Flözen ganz individuell ausgebildet. 
Der Verhieb ist meist schwebend, nur selten 
veranlaßt das Streichen der Schlechten zu streichendem 
Verhieb. Die Kohle ist vielfach sehr hart, so daß 
verhältnismäßig oft auch im Flöz Schießarbeit ange¬ 
wendet werden muß. Die Bohrarbeit in der Kohle 
erfolgt meist von Hand mittels Drehbohrer und Hand¬ 
bohrmaschine, selten mit Hilfe von Bohrhämmern. 
Abbauhämmer haben sich wegen der Härte der Kohle 
nicht bewährt, doch haben sich in einigen Flözen 
Schrämmaschinen stoßender Wirkungsart' mit gutem 
Erfolg eingeführt. Gesteinsbetriebe werden ausschlie߬ 
lich mit Bohrhäntmern vorgetrieben, wofür ein aus¬ 
gedehntes Rohrleitungsnetz für Druckluft angelegt ist. 
Die Ausbildung mancher Flöze führte zum Scheiben¬ 
bau, der teils als Scheibenrückbau, teils als unmittelbar 
nachfolgender Scheibenbau ausgebildet ist. Mechanische 
Abbaufordereinrichtungen konnten sich bislang wegen 
des zu starken Einsackens (30—35") noch nicht einführen. 
Die Flöze neigen allgemein wenig zu Gasentwicke- 
lung; manche so wenig,'daß auf ihnen in den oberen 
Sohlen mit offenem Geleucht gearbeitet werden kann. 
Die Kohlenstaubentwicklung wird teils durch das viel¬ 
fach feuchte Nebengestein verhütet, teils tritt der Staub 
in so geringen Mengen auf, daß eine systematische 
Berieselung vermieden werden kayn. 
Trotz der geringen Schlagwettergefahr gestaltet sich 
die Wetterführung nicht ganz einfach, da aus 
den oben er- 
wähnten Grün¬ 
den die Betriebe 
erheblich ver¬ 
zettelt sind. Als 
Wettersohle 
dient die erste 
Tiefbausohle, 
von wo die 
Wetter durch 
einen Pelzer- 
ventilator 
von 3000 Lbm 
Leistung ange¬ 
saugt werden. 
Die einziehen¬ 
den Schächte, 
bezw. Schächt- 
chen sind über 
das ganze Grubenfeld verstreut. Die Führung der 
Wetter ist also prinzipiell zentral; doch bringen es die 
für das Nachholen früher stehen gebliebener Flöze 
notwendigen Tagschüchtchen mit sich, daß zeitweise 
mancher Teilstrom auszieht, und man kann so hier 
die in größeren Tiefbaugruben ganz vergessenen 
Unannehmlichkeiten der 'Witterungsumschläge im 
Frühjahr rmd Herbst für die Wetterführung noch 
genügsam erleben. 
Die S o n d e r b e w e t t e r u n g erfolgt größtenteils 
mittels verzinkter Blechlutten und P'reß'luftgebläse: 
für größere Betriebe bienen Ventilatoren, die mit 
schnellaufenden Preßluftmotoren oder Elektromotoren 
direkt gekuppelt sind. 
Die Wasserhaltung hat mit stark schwankenden 
Wasserzuflüfsen zu rechnen, sie bewegen sich zwischen 
7,5 und 2,0 cbm minütlich. Bis vor kurzem wurden 
sie von einer unterirdischen Dampfwasserhaltung, einer 
vierfach wirkenden, liegenden Verbundmaschine mit 
einer Normalleistung von 2,8cbm/Min. bewältigt. Als 
Reserve diente eine Gestängepumpe aus dem Jahre 1863, 
die mit stehendem Zylinder und Balancier arbeitete und 
bis Sommer 1914 noch schätzenswerte Dienste leistete. 
Jetzt werden die Wasser durch eine elektrisch ange¬ 
triebene Kreiselpumpe gehoben, während die unter¬ 
irdische Dampfwasserhaltung in die Reserve einrückte. 
»tnapvilvansttaurrnhaus fet. Iugvrrt. 
(Architekt Mich. Müller, Kaiserslautern.)
	        
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