33
Geheimer Bergrat Sello.
Zur Jahrhund
Kein Bergbeamter ist seit dem Bestehen unserer
staatlichen Saargruben durch langjährige und Überaus
erfolgreiche Tätigkeit mit dem Saarbrücker Stein¬
kohlenbergbau und seiner Entwickelungsgeschichte so
innigst verwachsen wie der ain l7. Mai 1874 zu Saar¬
brücken verstorbene Geheime Bergrat und frühere, d. h.
der erste, Bergamtsdirektor Leopold Sello.
Geboren am 25. Oktober 1785 zu Sanssonci bei
Potsdam, hat er mehr als ein halbes Jahrhundert in
bergmännischer Tätigkeit
verbracht, unermüdlich p - ^
schaffend im Interesse des
Bergbaues: wenn einer, !’
so hätte er an seinem
Lebensabend mit den
Dichterworten sich rühmen
können:
„Auf und ab bin ich ge¬
fahren
Oft viel hundert Lachter
tief
In den fünfzig langen
Jahren,
Die als Bergmann ich
durchlief!" —
Fast diese ganze lange
Zeit seines bergmänni¬
schen Wirkens, über ein
Menschenalter hinaus, hat
er mit kräftiger Hand den
Steinkohlenbergbau
des preußischen lZtaa-
tes in der Umgebung
von Saarbrücken ge¬
leitet. Bereits im Jahre
1816, unmittelbar nach
der Übernahme der
Saarbrücker Lande
durch Preußen, wurde
er von Tarnowitz in Ober¬
schlesien, wo er bis dahin
Mitglied des Kgl. Berg¬
amts gewesen, zum Dir ek- £ , . ,
tor der Saarbrücker
Bergamts-Kommis- '
sion und des bald darauf
zu Saarbrücken errichteten Kgl. Bergamts berufen.
Er fand einen Bergbau vor, der eigentlich noch in
voller Kindheit und zudem unter öer jahrelangen
Fremdherrschaft arg in Verfall geraten, und bei dem
eine regelmäßige Verwaltung überhaupt kaum vor¬
handen war. Hier galt es mit Kops und Hand zu
schaffen, den Bergbau zu organisieren und zu verbessern
und die altbewährte preußische Verwaltung trotz aller
Schwierigkeiten zur Durchführung zu bringen.
Am 20. Mai 1816 hatte Sello unter diesen schwie¬
rigen Verhältnissen das Amt als Bergamtsdirektor
übernommen. Ununterbrochen hat er von da ab —
während mehr als 41 Jahren — bis zum 1. Oktober 1857
dem Saarbrücker Bergbau seine eifrige Tätigkeit
gewidmet. Von welchem Erfolge diese Tätigkeit ge¬
wesen, davon geben heute noch' Zeugnis nicht allein
die zahlreichen Grubenanlagen der Kgl. Werke bei
Saarbrücken, die er zum Teil selbst neu geschaffen und
ert-Erinnerung.
zu deren späterem großartigen Aufschwung er den
Grund gelegt, sondern auch 'eine Reihe im Interesse
der Gruben, des Bergmannsstandes und des ganzen
Landes von ihm ins Leben gerufener Einrichtungen
aller Art, die im Wesentlichen— wenn auch inzwischen
den geänderten Verhältnissen der Zeit neu angepaßt —
gegenwärtig noch segensreich fortbestehen.
’ In den' letzten Jahren seiner amtlichen Tätigkeit
war es ihm noch vergönnt, wenigstens den Beginn der
durch mühevolle Arbeiten
i vorbereiteten neuen Ära
des Saarbrücker
Steinkohlenbergbaues
und den großartigen
Aufschwung desselben
durch die Eröffnung
der Saarbrücker Ei¬
senbahn zu erleben.
Mit dem 1. Oktober
1857 hatte sich Sello in den
wohlverdientenRuhestand
zurückgezogen. Obwohl
von Natur durchaus nicht
einer besonderen kräftigen
Gesundheit sich erfreuend,
hat er sich doch noch bis in
sein hohes Alter durch ein¬
faches und regelmäßiges
Leben eine seltene körper¬
liche Rüstigkeit und die
volle geistige Frische be¬
wahrt.' Mit regem In¬
teresse verfolgte er den
weiteren Aufschwung des
so lange von ihm geketteten
Bergbaues. Auch dem
Gemeindeleben seiner
Adoptivvaterstadt
Saarbrücken und der
politischen Entwickelung
Preußens und des deut¬
schen Vaterlandes war bis
zuletzt seine volle Auf¬
merksamkeit und seine
-yUM- . i lebendige Teilnahme zu¬
gewandt. In patriotischer
Aufopferung übernahm er 1860—1866 trotz seines hohen
Alters die Vertretung des Wahlkreises Saarbrücken-
Ottweiler-St. Wendel im preußischen Abgeord¬
netenhause, wie er denn auch seit langen Jahren
dem städtischen Gemeinderate Saarbrücken als eifriges
Mitglied angehörte. Ein nicht nur wissenschaftlich und
praktisch gebildeter, ausgezeichneter Bergmann und
Beamter, sondern auch ein Ehrenmann im öesten Sinne
des Worts, hat Sello während seines Lebens ffich
wiederholt der ehrendsten, äußeren Anerkennung zu
erfreuen gehabt. Der König ehrte ihn nicht minder für
seine treu geleisteten Dienste durch Verleihung von Orden
und Titeln, wie ihm seine Mitbürger ihr Vertrauen und
ruhmvolle Auszeichnung erwiesen durch wiederholte
Wahl in die Gemeinde-und Landesvertretung.
Im Jahre der 100 jährigen Erinnerung sei dieses
hervorragenden und verdienstvollen Mannes in treuem
Gedenken und unvergänglicher Dankbarkeit gedacht.