Full text: 43.1915 (0043)

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Geheimer Bergrat Sello. 
Zur Jahrhund 
Kein Bergbeamter ist seit dem Bestehen unserer 
staatlichen Saargruben durch langjährige und Überaus 
erfolgreiche Tätigkeit mit dem Saarbrücker Stein¬ 
kohlenbergbau und seiner Entwickelungsgeschichte so 
innigst verwachsen wie der ain l7. Mai 1874 zu Saar¬ 
brücken verstorbene Geheime Bergrat und frühere, d. h. 
der erste, Bergamtsdirektor Leopold Sello. 
Geboren am 25. Oktober 1785 zu Sanssonci bei 
Potsdam, hat er mehr als ein halbes Jahrhundert in 
bergmännischer Tätigkeit 
verbracht, unermüdlich p - ^ 
schaffend im Interesse des 
Bergbaues: wenn einer, !’ 
so hätte er an seinem 
Lebensabend mit den 
Dichterworten sich rühmen 
können: 
„Auf und ab bin ich ge¬ 
fahren 
Oft viel hundert Lachter 
tief 
In den fünfzig langen 
Jahren, 
Die als Bergmann ich 
durchlief!" — 
Fast diese ganze lange 
Zeit seines bergmänni¬ 
schen Wirkens, über ein 
Menschenalter hinaus, hat 
er mit kräftiger Hand den 
Steinkohlenbergbau 
des preußischen lZtaa- 
tes in der Umgebung 
von Saarbrücken ge¬ 
leitet. Bereits im Jahre 
1816, unmittelbar nach 
der Übernahme der 
Saarbrücker Lande 
durch Preußen, wurde 
er von Tarnowitz in Ober¬ 
schlesien, wo er bis dahin 
Mitglied des Kgl. Berg¬ 
amts gewesen, zum Dir ek- £ , . , 
tor der Saarbrücker 
Bergamts-Kommis- ' 
sion und des bald darauf 
zu Saarbrücken errichteten Kgl. Bergamts berufen. 
Er fand einen Bergbau vor, der eigentlich noch in 
voller Kindheit und zudem unter öer jahrelangen 
Fremdherrschaft arg in Verfall geraten, und bei dem 
eine regelmäßige Verwaltung überhaupt kaum vor¬ 
handen war. Hier galt es mit Kops und Hand zu 
schaffen, den Bergbau zu organisieren und zu verbessern 
und die altbewährte preußische Verwaltung trotz aller 
Schwierigkeiten zur Durchführung zu bringen. 
Am 20. Mai 1816 hatte Sello unter diesen schwie¬ 
rigen Verhältnissen das Amt als Bergamtsdirektor 
übernommen. Ununterbrochen hat er von da ab — 
während mehr als 41 Jahren — bis zum 1. Oktober 1857 
dem Saarbrücker Bergbau seine eifrige Tätigkeit 
gewidmet. Von welchem Erfolge diese Tätigkeit ge¬ 
wesen, davon geben heute noch' Zeugnis nicht allein 
die zahlreichen Grubenanlagen der Kgl. Werke bei 
Saarbrücken, die er zum Teil selbst neu geschaffen und 
ert-Erinnerung. 
zu deren späterem großartigen Aufschwung er den 
Grund gelegt, sondern auch 'eine Reihe im Interesse 
der Gruben, des Bergmannsstandes und des ganzen 
Landes von ihm ins Leben gerufener Einrichtungen 
aller Art, die im Wesentlichen— wenn auch inzwischen 
den geänderten Verhältnissen der Zeit neu angepaßt — 
gegenwärtig noch segensreich fortbestehen. 
’ In den' letzten Jahren seiner amtlichen Tätigkeit 
war es ihm noch vergönnt, wenigstens den Beginn der 
durch mühevolle Arbeiten 
i vorbereiteten neuen Ära 
des Saarbrücker 
Steinkohlenbergbaues 
und den großartigen 
Aufschwung desselben 
durch die Eröffnung 
der Saarbrücker Ei¬ 
senbahn zu erleben. 
Mit dem 1. Oktober 
1857 hatte sich Sello in den 
wohlverdientenRuhestand 
zurückgezogen. Obwohl 
von Natur durchaus nicht 
einer besonderen kräftigen 
Gesundheit sich erfreuend, 
hat er sich doch noch bis in 
sein hohes Alter durch ein¬ 
faches und regelmäßiges 
Leben eine seltene körper¬ 
liche Rüstigkeit und die 
volle geistige Frische be¬ 
wahrt.' Mit regem In¬ 
teresse verfolgte er den 
weiteren Aufschwung des 
so lange von ihm geketteten 
Bergbaues. Auch dem 
Gemeindeleben seiner 
Adoptivvaterstadt 
Saarbrücken und der 
politischen Entwickelung 
Preußens und des deut¬ 
schen Vaterlandes war bis 
zuletzt seine volle Auf¬ 
merksamkeit und seine 
-yUM- . i lebendige Teilnahme zu¬ 
gewandt. In patriotischer 
Aufopferung übernahm er 1860—1866 trotz seines hohen 
Alters die Vertretung des Wahlkreises Saarbrücken- 
Ottweiler-St. Wendel im preußischen Abgeord¬ 
netenhause, wie er denn auch seit langen Jahren 
dem städtischen Gemeinderate Saarbrücken als eifriges 
Mitglied angehörte. Ein nicht nur wissenschaftlich und 
praktisch gebildeter, ausgezeichneter Bergmann und 
Beamter, sondern auch ein Ehrenmann im öesten Sinne 
des Worts, hat Sello während seines Lebens ffich 
wiederholt der ehrendsten, äußeren Anerkennung zu 
erfreuen gehabt. Der König ehrte ihn nicht minder für 
seine treu geleisteten Dienste durch Verleihung von Orden 
und Titeln, wie ihm seine Mitbürger ihr Vertrauen und 
ruhmvolle Auszeichnung erwiesen durch wiederholte 
Wahl in die Gemeinde-und Landesvertretung. 
Im Jahre der 100 jährigen Erinnerung sei dieses 
hervorragenden und verdienstvollen Mannes in treuem 
Gedenken und unvergänglicher Dankbarkeit gedacht.
	        
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