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Berg (vornehmlich als Ersatz für Ansbach und
Bayreuth), sodann die Lande der ehemaligen
geistlichen Kurfürstentümer Cöln und Trier,
sowie der freien Reichsstädte Cöln und Aachen,
Teile von Luxemburg und Limburg, das Fürsten¬
tum Arenberg und viele ehemalige pfälzische,
mainzifche und rheingräfliche Besitzungen. (Diese
neuen rheinischen Besitzungen ivurden mit den
älteren zunächst in der Provinz Jülich-Berg-
Cleve und dem Großherzogtum Niederrhein zu¬
sammengefaßt, später in der einen Rheinprovinz.)
Aber während die Stunde der Befreiung
von der französischen Herrschaft für die Länder
rechts vom Rhein schon bald nach der Völker¬
schlacht bei Leipzig geschlagen hatte, mußten die
Bewohner der linken Rheinufer noch
eine lange und schmerzvolle Zeit des
Hangens und Bangens durchmachen. Auch
hierbei hatten sich die Befürchtungen des alten
Blücher bewahrheitet, daß die Federn der Diplo¬
maten verdarben, was das Schwert der Krieger
gewonnen hatte. Was insbesondere die Saar-
lande in jener Zeit, da man rechts vom Rhein
aufatmete nach langer, schwerer Knechtschaft,
Schweres erduldet, als man sie im Augenblicke
der höchsten, seligsten Hoffnung dauernd vorn
Herzen des deutschen Mutterlandes reißen wollte,
das gehört zu den traurigsten Erinnerungen
dieser Lande.
Lassen wir in diesem Erinnerungs¬
jahr die Ereignisse in gedrängter Kürze
noch einmal an unserm geistigen Auge
vorüberziehen. Als Blücher in der Neujahrs¬
nacht 1814 bei Caub mit seinen Heeres-
masfen den Rhein überschritt, hielten auch die
Bewohner der Saarlande die Stunde der Be¬
freiung für gekommen. Am 10. Januar war
der alte Marschall Vorwärts auch in Saar¬
brücken angekommen, von den deutschgesinnten
Bewohnew mit Jubel begrüßt. Da bei der
Annäherung der Preußen die französischen Auf¬
sichtsbeamten die Saarstädte verlassen hatten,
ernannte der preußische Generalkriegskommiffar
Ribbentrop zum Chef der Zivilbehörden den
bisherigen Vizepräsidenten des Tribunals Haupt
mit dem Titel eines Unterpräfekten, während
zur Ausübung der militärischen Aufsicht der
preußische Kapitän von Plotho zum Platzkom¬
mandanten von Saarbrücken ernannt wurde.
Der Handelsverkehr mit dem rechten Rheinufer
wurde freigegeben und die Beamten angewiesen,
denselben nach Kräften zu fördern, damit der
allgemeine Wohlstand wieder gehoben werde.
Das Deutsche wurde wieder als Amts- und
Gerichtssprache eingeführt, der Unterpräfekt hieß
jetzt Kreisdirektor, der Maire von Saarbrücken
verivandelte sich in jeinen Bürgermeister und
der Munizipalrat in einen Stadtrat. Die Be¬
amten, welche bis dahin „odeissanee aux con-
stitutions del’Empire et fidelite a l’Empereur“
geschworen hatten, mußten den hohen verbün¬
deten Mächten den Eid leisten und in deren
Namen alle Amtshandlungen vornehmen.
An die Spitze der Gefamtverwaltung der
drei Departements Rhein und Mosel, Don¬
nersberg und Saar aber trat ein Mann,
dessen Name als furchtloser, feuriger Patriot
durch ganz Deutschland einen hellen Klang hatte:
der Generalgouverneur des Mittelrheins,
Justus v. Grüner, der Freund und Mitarbeiter
Steins an der Befreiung Deutschlands. 1809
Polizeipräsident von Berlin, seit 1811 als Ge¬
heimer Staatsrat an die Spitze der gesamten
höheren Polizei gestellt, machten die ihm eigen¬
tümliche Mischung von geschäftlicher Gewandt¬
heit und Schlauheit und sein leidenschaftlicher
Patriotismus ihn zu einem gefährlichen Gegner
der französischen Umtriebe, aber auch für die
reaktionären Elemente am Hofe zu einer ver¬
dächtigen Persönlichkeit. Als Preußen'im März
1812 gezwungen war, sich mit Frankreich gegen
Rußland zu verbünden, nahm Grüner feinen
Abschied und ging nach Prag zum Freiherrn
vom Stein, der dort sich mit dem Plan einer
im Rücken der französischen Armee zu organi¬
sierenden deutschen Volkserhebung beschäftigte
und Grüner, nachdem er sich selbst nach Ru߬
land begeben hatte, mit der Ausführung dieses
Gedankens beauftragte. Der französischen Re¬
gierung war jedoch dieser Plan nicht verborgen
geblieben, und, um sich zu decken, veranlaßte
das preußische Kabinett selbst die österreichische
Regierung dazu, Grüner verhaften zu lassen:
! er wurde nach der Festung Peterwardein ge¬
bracht, von wo er erst im Herbst 1813 ent¬
lassen wurde. Grüner erhielt im November 1813
die Verwaltung des Großherzogtums Berg und
vertauschte sie im Februar 1814 mit den:
Generalgouvernement des. Mittelrheins.
Es war ein Glück, daß bei dem schweren
Mißgeschick, das die Saarlande treffen sollte,
sie gerade diesem großzügigen und unternehmen¬
den Patrioten unterstellt waren. Er erließ am
26. Februar 1814 einen Aufruf an alle
Männer und Jünglinge des Mittelrheins
! zum freiwilligen Kampf für das Vater-
j land. Und er hatte sich in der Anhänglichkeit
der Bewohner nicht getäuscht. Auch die 2Öjährige