Full text: 41.1913 (0041)

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Die Kultur der Ackerfelder hat infolge dieser Ma߬ 
regeln während Wilhelm Heinrichs Regierung um die 
tälfte, die der Wiesen um ein Viertel zugenommen, 
a ein Teil der Felder noch Gemeinbesitz war und 
infolgedessen , _ 
schlecht bebaut 
wurde, *) weil jeder 
zeitweilige Inhaber 
sich vor kostspieligen 
oder zeitraubenden 
Verbesserungen 
scheute, so gebot der 
Fürstdie Verteilung 
solcher gemeinen 
Felder unter die 
Gemeindemit- 
glieder. Sodann 
gestattete er 1764 
die Teilung der bis 
dahin unteilbaren 
Vogteien oder 
Stammgüter mit 
der Bestimmung, 
daßderjenigeUmer- 
tan, welcher ein 
Haus besitze und 2 
Gulden Steuer 
jährlich entrichte, 
in den Genuß des 
Gemeinderechts 
eintreten, alle 
andern aber fron¬ 
bare Hintersassen 
bleiben sollten. So¬ 
mit war fleißigen 
und strebsamen 
Leuten Gelegenheit 
geboten, vorwärts 
zu kommen. Strenge 
hielt der Fürst da¬ 
rauf, daß das vor¬ 
handene Ackerland 
auch ausgenützt und 
nicht brach liegen 
gelassen wurde; un- 
besätes Ackerland 
sollte von den 
Meiern (Bürger¬ 
meistern) gegen 
einen an den Eigen¬ 
tümer zu entrich¬ 
tenden Fruchtzins 
versteigert werden. 
In dieser Zeit fing 
man auch an, die 
Kartoffel in aus¬ 
gedehntem Maße 
anzupflanzen. Nach 
einer alten Nach¬ 
richt soll ein Bauer 
von Bischmisheim 
im Jahre 1696 die 
ersten „Grumbeeren" (Grundbirnen) in einer Schachtel 
von Frankfurt mitgebracht und dem Pfarrer Beltzer 
davon mitgeteilt haben, der sie nach und nach vermehrte; 
nach einer anderen brachten die ersten Arbeiter des 
*) In Rußland ist es heute noch so. 
1685 gegründeten Dillinger Werkes, die aus der Gegend 
von Lüttich stammten, diese Frucht mit in unsere Gegend. 
Jedenfalls gelangte dieses Nahrungsmittel zur Zeit 
Wilhelm Heinrichs zur allgemeinen Wertschätzung; 
schon im Jahre 1747 
wird der Kartoffel¬ 
zehnte erwähnt, und 
zehn Jahre später 
war der Anbau 
dieser Frucht bereits 
allgemein. 
Auch den O b st- 
b a u suchte Wil¬ 
helm Heinrich zu 
fördern. Niemand 
sollte einen Obst¬ 
baum umhauen, 
ohne zuvor einen 
anderen an passen¬ 
der Stelle gepflanzt 
zu haben. 1765 ge¬ 
bot er, an den 
Landstraßen Obst¬ 
bäume, an feuchten 
Stellen aber Stock- 
weiden und Pappeln 
8' 4» setzen; auch auf 
2; Feldern, Allmenden 
s (Gemeindewiesen) 
* und Weiden sollten 
ö Fruchlbäume in 
:g mäßiger Zahl ge- 
H pflanzt werden. 
^ Jeder Bürger oder 
» Gemeindemann 
sollte sofort und 
I künftig jeder neu 
I in die Gemeinde 
„a Eintretende auf 
£ dem Gemeindegut 
2 Obstbäume und 
jedes folgende Jahr 
2 wettere im Bei¬ 
sein und nach An¬ 
weisung der Forst¬ 
jäger anpflanzen. 
Zur Erleichterung 
dieser nützlichen 
Einrichtung sollten 
aus dcn fürstlichen 
Waldungen junge 
wilde Obstbäume 
umsonst verabfolgt 
werden; die fürst¬ 
lichen wie die üb¬ 
rigen Gärtner wur¬ 
den angewiesen, 
Baumschulen anzu¬ 
legen und veredelte 
Bäumchen um bil¬ 
ligen Preis an die 
Untertanen abzu¬ 
geben. Ein jeder Bürger sollte für den Anwuchs der 
von ihm gesetzten Bäumchen sechs Jahre lang haften 
und jeder Baumfrevler empfindlich gestraft werden. 
Den Maulwürfen und Spatzen wurde der Krieg erklärt 
und auf ihre Vertilgung eine Belohnung gesetzt, das 
Ablesen der Raupennester bei Strafe geboten.
	        
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