sehr erschwert wurde und es zu vielen weitläufigen
Streitigkeiten kam, durch welche auch die Untertanen
in Mitleidenschaft gezogen wurde». Wilhelm Heinrichs
Bestreben ging dahin, diese Besitzungen und Gerecht¬
same allmählich an sich zu bringen.
Tie vielfach streitigen Grenzen wurden durch Ver¬
träge der fürstlichen Regierung mit den benachbarten
Territorialherren festgelegt. So wurden mit dem König
von Frankreich, mit den Grafen von der Leyen, mit der
Abtei Wadgas¬
sen, mit den
Herren von For-
bach, mit Loth¬
ringen, Kurtrier,
Pfalz -Zwei-
> brücken, den
fl Herren von
Kerpen, der Ab¬
tei Fraulautern
und den Herren
vonHagen zahl¬
reiche Grenzre¬
zesse u. Verträge
geschlossen.Doch
die Hauptbedeu¬
tung des Fürsten
Wilhelm Hein¬
richliegt auf oem
Gebiete der in¬
neren Entwick-
lungdesLandes.
Infolge der
Kriegsstürme,
die mehr als
ein Jahrhun¬
dert lang mit
kurzen Unter¬
brechungen un¬
sere Gegend
heimgesucht hal¬
ten, war das
Land verarmt
und bot einen
düsteren, un¬
wirtlichen An¬
blick. Städteunö
Dörfer waren
wenig bevölkert.
Unscheinbare
und ärmliche
Wohnungen
verrieten die
traurige Lage
der Bevölker¬
ung, in stumpfer
Gleichgültigkeit lebten die Bewohner dahin. Die
ländliche Bevölkerung war an die Scholle gefesselt,
aber auch den Städtern fehlte es an Tatkraft und
Unternehmungsgeist. Aus dieser Stumpfheit suchte
Wilhelm Heinrich seine Untertanen zu wecken, und es
gelang ihm, auf allen Lebensgebieten einen Aufschwung
herbeizuführen.
Da der Ackerbau die ursprünglichste Quelle des
Wohlstandes ist, so setzte hier die Tätigkeit Wilhelm
Heinrichs vornehmlich ein. Konnte er auch nicht daran
denken die Leibeigenschaft und die Frondienste der
Bauern aufzuheben, weil dadurch eine große wirtschaft¬
liche Umwälzung herbeigeführt worden wäre, so suchte
er doch ihre Lage auf mannigfache Weise zu bessern.
Ter Betrieb des Ackerbaus stand auf einer niedrigen
Stufe. Mit Ausnahme des Köllertales galt das Land
als raun und unfruchtbar. Es wurde hanptsäclilich
Korn und Hafer gebaut, auch etwas Gerste; Weizen,
glaubte man, gedeihe nicht. Daneben wurde Hanf,
Flachs, Mais (Welschkorn) und Tabak gezogen. Tie
Felder waren jedoch nicht nach Fluren oder Gewannen
abgeteilt, die großen Waldungen nahrncn den größten
Terl des Bodens
ein. DadasVieh
fast beständig
auf der Weide
war, so fehlte
es an Dünger,
und man ließ
deshalb den
Acker so lange
brach liegen, bis
er wieder er¬
tragfähig war.
Daneben
herrschte der
Rodereibetrieb:
Hecken und
Busche wurden
abgebrannt,
ausgerodet und
das Land
besäet, hierdrrrch
wurde aber der
Bestand der
Waldungen
vielfach gefähr¬
det. Um das
Ackerland zu
vermehren,
überließ Wil¬
helm Heinrich
den Untertanen
Grundstücke, die
zu Waldungen
nicht taugten,
zum Ausstocken,
erlaubte die An¬
lage von eigenen
Kalköfen zum
Düngen der
Felder und ge¬
währte Stein¬
kohlengries zum
Kalkbrennen
aus den herr¬
schaftlichen
Gruben zu bil¬
ligem Preise. Er bestimmte, daß ein jeder Bauer sein
Ackerland in 3 bis 4 Fluren teilen und rationell bewirt¬
schaften sollte; in jeder Meierei, (Bürgermeisterei) wurden
ein oder mehrere erfahrene Landwirte bestellt, die darauf
zu achten hatten. Die Felder sollten zur ersten Saat
mit Kalk und zu den beiden folgenden mit Mist oder
Asche gedüngt werden. Die Wiesen wurden durch Ab¬
zugsgräben verbessert; das Weiden des Viehes nach der
Heuernte wurde untersagt und das Verbot schließlich
auf die Zeit vom 1. April bis Mitte September aus¬
gedehnt, damit reichliches Heu und Grummet zur Stall-
fütterung vorhanden wäre. Die schädlichen Nachtweiden
wurden aufgehoben und das dafür benutzte Land verteilt.
Fürstin Sophie, geb. Gräfin von Erbach, Gemahlin des Fürste» Wilhelm Heinrich.