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Anzahl der in denselben zu verhandelnden Sachen dauern
sie meist von 10 Uhr morgens bis 6 oder 7 Uhr abends.
Hiermit ist die Tätigkeit des Landrates aber noch lange
nicht erschöpft. Als Organ der Staatsregierung hat er
vielmehr auch die Geschäfte der allgemeinen Landesoer-
waltung wahrzunehmen, sowie die gesamte Polizeiver¬
waltung im Kreise zu überwachen. Einen Begriff von
dem Umfange der Tätigkeit bekommt man, wenn man
bört, daß im Jahre 1910 an Briefen, Eingaben. Ver¬
fügungen und Erlassen insgesamt 40 499 Stück einge¬
gangen sind. Außerdem ist der Herr Landral als Poli¬
zeidirektor der Chef der Kgl. Polizeiverwaltung der
Stadt Saarbrücken.
Ein großer Apparat ist zur Verwaltung des Kreises
Saarbrücken notwendig und bei dem Wachsen der
Bevölkerung — in den letzten 5 Jahren hat der Landkreis
Saarbrücken um 18 000 Einwohner zugenommen —
kann man verstehen, wenn die Kreisverwaltung immer
schwieriger, verantwortungsvoller und wichliger wird,
so daß man wohl sagen kann, daß der Kreis Saarbrücken
seiner besonderen Verhältnisse wegen — wobei die
nahen Grenzen von Lothringen und Bayern und die
mitten im Landkreisgebiet nunmehr gelegene Großstadt
Saarbrücken, die einen eigenen Kreis bildet, sehr mit¬
sprechen — zu einem der schwierigsten und arbeits¬
reichsten, gleichzeitig für die Gesamtheit wichtigsten der
preußischen Monarchie gehörn
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Eine Wohltäterin der Menschheit im besten Sinne des
Wortes hat die Stadt Saarbrücken anfangs Juli 1911
durch den Tod der Frau Elisabeth Braun, geb.
Freiin von Stumm-H alb erg, verloren. Frau
Elisabeth Braun war die zweite Tochter des verstorbenen
Freiherrn von ©tum™
denken als das eines echt
deutschen, hervorragenden
Mannes "unserer engen
Heimat und unseres deut¬
schen Vaterlandes von
allen gutgesinnten Deutschen
stets hoch iu Ehren gehalten
werden wird. Mit ausge¬
zeichneten Eigenschaften des
Geistes und nicht minder des
Herzens begabt, wußte die
Verstorbene allen Ausgaben,
welche ihre vielen persön¬
lichen Beziehungen mit sich
brachten, vermöge der ihr
angeborenen Liebenswürdig-
keit und Milde ihres Wesens
in hervorragender Weise ge¬
recht zu werden. Im häus¬
lichen Kreise an der Seite
ihres schon vor Jahren ver¬
storbenen Gatten, der als
Rittmeister im 2. Garde-
Dragoner-Regt. stand, dem
sie eine ,wahre und gleich¬
gestimmte Gefährtin war,
und bei ihren beiden Söhnen,
von denen der eine Leutnant
im Garde-Dragoner-Regi¬
ment und der andere Student
der Rechtswissenschaft ist,
entfaltete Frau Braun, deren
Nachkommen durch kaiserliche
Gnade der Name Braun
von S t u m m-H a l b e r g beigelegt wurde, die liebens¬
werten Seiten ihres guten und edlen Herzens am tiefsten
und reichsten. In ihrem Familienleben, dem durch den
Tod des Gatten und des Vaters bitteres Leid nicht erspart
blieb, bewies sie auch am stärksten die Festigkeit ihres Cha¬
rakters, ihr unerschütterliches Gottvertrauen und ihre
wahre Frömmigkeit, aus denen sie Trost und neuen Le
bensmuk schöpfte. Wohlzutun und mitzuteilen war ihr
nicht nur göttliches Gebot, sondern es war ihr auch eine
wahre Herzenssache, Freude und Trost. Für jeden Müh¬
seligen und Beladenen, für alle, auch die Geringsten, hatte
sie stets ein warmes Herz und eine hilfsbereite Hand. Die
stille, größte Wohltäterin Saarbrückens, die
Bedrängten und in Not Geratenen jederzeit tatkräftig zur
Seite stand, die opferbereiteste Gönnerin einer großen
Anzahl von Wohltätigkeitsanftalten und Vereinen, denen
sie rege, selbsttätige Mitarbeit widmete, ist dahingegangen,
tief und aufrichtig betrauert
vou den Bürgern Saar¬
brückens, von vielen Witwen
und Waisen, von zahlreichen
verschämten Armen, dieihrer
mit Tränen nicht genug zu
danken wissen. Keine soziale
Einrichtung,'ckein Werk der
Menschenliebe ist in Saar¬
brücken ohne die Hilfsbereit¬
schaft dieser edlen Frau ge¬
gründet worden. KeineHütte
war ihr zu klein, keine Woh¬
nung war chr zu hoch gelegen
und zu armselig, wenn es
galt. Kranken und Hilfs¬
bedürftigen Hilfe zu,bringen
und sie selbst zu besuchen;
mit liebevoller Hingabe wid¬
mete sie sich der sorgfältigsten
Pflege armer und hilfsbe¬
dürftiger Wöchnerinnen und
deren Kinder. Für alle christ¬
lichen Werke war sie jederzeit
zu den größten Opfern bereit,
m schlichter Bescheidenheit,
nur im Stillen wirkend und
stets darauf haltend, daß ihr
Name der Öffentlichkeit nicht
genannt werde. Ihre hohen
Verdienste, die sie sich auf dem
Gebiete werktätigerNächsten-
liebe erworben hat, haben
bei allen, und es sind bereu
gar viele, jederzeit durch innige Dankbarkeit die schönste
Anerkennung gefunden, so daß sie die ihr zuteil gewor¬
dene hohe Auszeichnung als Dame des Luisen-
ordens mehr als irgend jemand anders verdient hat.
Sie hat sich in den Herzen der Saarbrücker ein Denk¬
mal für alle Zeiten gesetzt. Ihr Name wird als der
einer schlichten und einfachen, echt deutschen Frau, welche
mit Recht „wahre Wohltäterin der Mensch¬
heit" genannt worden ist, stets unvergessen bleiben
und hoch in Ehren gehalten werden!