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-^W»' Ein Königsgrab an der Saar. »>#—
ändert man fciarabwärts, so erblickt man der
Eisenbahnstation Serrig gegenüber aus der
linken Saarseite auf einem steilen Felsvor-
sprunge eine Kapelle, die sogenannte Klause, in welcher
der blinde König Johann vou Böhmen, aus dem
Hause Luxemburg, begraben liegt. Die Grabstätte wird
wegen ihrer schönen Lage in dem gerade hier sehr ro¬
mantischer! Saartale von Ausflügler» viel besucht.
Den Namen Klause erhielt die Stätte von einer
Einsiedelei, die dortselbst im Jahre 1600 von einem
französischen Franziskanermönche angelegt wurde, und
die bis zum Ausbruch der französischen Revolution
stets von einem Einsiedler besetzt war. In dem Felsen
erdlickt man noch die ausgehauenen Wohnungen dieser
Mönche, doch sollen nach einer andern Lesart diese
Wohnungen frühere römische Wachtstuben gewesen sein,
was auch sehr leicht anzunehmen ist, da der nahe¬
gelegene Ort Kastei römischen Ursprungs ist und auch
in einer Wiese bei Serrig heute noch ein Römergrab
gezeigt wird.
Im Jahre 1833 wurde die Klause dem damaligen
Kronprinzen und späteren König Friedrich Wil¬
helm IV., der mit seiner Gemahlin, einer bayrischen
Prinzessin, saaraufwärts reiste, von der Gemeinde
Kastei zum Geschenke gemacht. In Mettlach, wo
die hohen Herrschaften der Familie Boch einen Be¬
such abstatteten, wurde dem Kronprinzen der Leichnam
des Böhmenkönigs, der in dem Besitze Bochs war,
gezeigt. Sofort reiste in ihm der Euffchluß, dem
Könige ein würdiges Denkmal zu setzen, wenn ihm
bei Leichnam überlassen würde. Herr Boch ging bereit¬
willig darauf ein, und der Kronprinz beschloß, auf der
ihin geschenkten Klause seinem Ahnen eine würdige
Ruhestätte zu geben. Als Gegengeschenk für die Über¬
lassung des Leichnams erhielt Herr Boch einen eigens
für diesen Zweck angefertigten Springbrunnen aus
Gußeisen, dessen Bekrönung eine Bildsäule des Königs
Johann in voller Rüstung bildet. Im Bochschen
Parke zu Mettlach ist dieser Springbrunnen heute noch
zu sehen, und eine Inschrift an demselben besagt, daß
er ein Geschenk des Kronprinzen Friedrich Wilhelm
von Preußen ist. Die sofort in Auftrag gegebene
Kapelle auf der Klause wurde nach einem Plane
Schinkels errichtet und im Jahre 1838 fertig gestellt.
Feierlich wurde nun der Leichnam König Johanns in
Mettlach abgeholt und per Schiff nach Serrig gebracht,
von wo aus er von Jünglingen aus Serrig und Saar¬
burg den steilen Berg hinauf bis zur Kapelle getragen
und dort beigesetzt wurde. Die Leiche ruht in einem
Sarkophage aus schwarzem Marmor, aus welchen! in
lateinischer Sprache ein kurzer Lebensabriß des Königs
Johann angebracht ist, der in deutscher Übersetzung
lautet: „Johann, der einzige Sohn des römischen
Kaisers Heinrich VII., geboren 1297 nach Christi Ge¬
burt, durch Erbfolge von des Paters Seite Graf von
Luxemburg, seines Stannnes der Zwölfte; durch Erb¬
recht von seiten seiner ersten Gemahlin Elisabeth König
von Böhmen. Bei einem Zuge seines Vaters nach
Italien Reichsverweser, von einem durch hohes Alter
angesehenen Stamme entsprossen, selbst Stammherr
eines berühmten und ehrenwerten Geschlechtes, Vater
des römischen Kaisers Karl IV., Großvater der römischen
Kaiser Wenzeslaus und Sigismund und daher der
Ahnherr vieler der heute noch blühenden regierenden
Häuser. Sein Leben war durch mancherlei Schicksal
vielfach bewegt, der Gefahren voll und durch Taten
ausgezeichnet. In einem Zeitraum von 35 Jahren
focht er an vielen Orten, in vielen Schlachten mit, so
in Deutschland, Lithauen, Polen, Italien, Frankreich
und im Belgischen. Ihm, nicht durch Waffen über¬
wunden, brachte feindliche Arglist Gift bei, wodurch
er zwar nicht das Lebenslicht wohl aber das Augen¬
licht verlor. Seine Leibesstürke konnte geschwächt,
seine Seelengröße hingegen konnte nicht gebeugt werden.
Denn heldemnüng, obgleich blind, kam er auf gegebenes
Versprechen Philipp VI. von Valois, König von Frank¬
reich, gegen die Engländer zu Hülfe. In der be¬
rühmten Schlacht bei Creep, die im Jahre 1346 am
26. August geschlagen wurde, warf er sich mit seinem
Rosse, das zwischen zweien, von Edelknechten gerittenen
Rossen mit den Zügeln angeseilt war, mitten ins Ge¬
fecht und focht auf das heftigste mit dem Schwerte,
bis er endlich von der Masse der heftig Anstürmenden
bedrängt, dem Tode erlag, welcher seinem Leben ähnlich
und seiner Tapferkeit würdig war. Wie das Schicksal
ihn beim Leben, so wollte es ihn auch nach seinem
Tode hin- und herwerfen. Sterbend befahl er, daß er
in der Abtei Clairfontaine begraben werden solle.
Doch anders, als er gewollt, ist es geschehen. Denn
Eduard III., König von England, begleitete als Sieger,
des Besiegten Tapferkeit rühmlich anerkennend, mit
allen dem Ritter sowohl als dem Fürsten gebührenden
Ehren die Leiche nach Luxemburg und ließ sie dort in
der der hl. Jungfrau gewidmeten Hauptkirche zur Ruhe
bestatten. Von'da im Jahre 1582 ins Franziskaner¬
kloster übertragen, wurden die Gebeine im Jahre 1592
in der neuen, bereits genannten Kathedrale beigesetzt
und für dieselben vom Erzherzog Albert dein Öster¬
reicher 1613 ein prächtiges Grabmal errichtet. Als im
Jahre 1684 das französische Heer Luxemburg belagerte,
wurde zwar jenes heilige Gebäude zugleich mit zweien
Vorstädten durch Brand eingeäschert, die Leiche des
hochberühmten Mannes jedoch vor Vernichtung bewahrt.
Als gegen Ende des 17. Jahrhunderts das Kloster mit
der Kirche wieder hergestellt war, wurde den Gebeinen
abermals eine Stätte hinter dem Hochaltar ange¬
wiesen. Als aber im Jahre 1795 die Franzosen einen
wiederholten und verderblicheren Überfall machten,
wurde das Mönchkloster aufgelöst; was von dem be¬
rühmten Leichnam noch übrig geblieben, wurde durch
die Treue dcr Luxemburger des Feindes Wut ent¬
rissen und ferner aufbewahrt, bis endlich Friedrich
Wilhelm, Sohn Friedrich Wilhelm III., Königs von
Preußen und Kronprinz, mit seiner erlauchtesten Ge¬
mahlin Elisabeth Ludovika, kgl. bayrische Prinzessin,
den Überresten des ritterlichen Königs, mit dem Er im
17., Sie im 15. Grade verwandt sind, dieses Grab-
und Denkmal errichtet, gewidmet und verehrt haben."
So lautet die Inschrift, welche nicht besagt, wie die
Gebeine nach Mettlach gekommen sind. Darüber wird
folgendes erzählt: Als die republikanische Armee 1795
in Luxemburg eingezogen war, verbargen die Mönche
des obengenannten Klosters die Überreste des Königs
Johann, welche beim Volke in hohem Ansehen standen,
bei einem Bäcker, der in der Nachbarschaft wohnte
Da man die Gebeine dort aber auch nicht sicher glaubte.