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Die Teilnahme der deutschen
as Tragen von Waffen war bei den deutschen Berg¬
leuten in früherer Zeit allgemein üblich, weil die
Bergwerke vielfach in unwirtlichen, einsamen Ge¬
birgsgegenden betrieben wurden. Solange noch nicht
größere Ansiedelungen um dieselben herum stattgefunden
batten, war es nötig, daß die Bergleute sich selbst gegen
räuberische oder feindliche Überfälle schützten. Zu diesem
Zwecke umgaben sie nicht allein sehr häufig die Berg¬
werke und zugehörigen Hütten, sowie ihre Kolonien
mit Befestigungen, sondern sie gingen auch nur selbst be¬
waffnet zur Arbeit aus die Gruben, um jederzeit zur
Verteidigung bereit zu sein. Mit der Zeit scheint in¬
dessen durch die Bergleute vielfacher Mißbrauch von
den Waffen gemacht worden zu sein. Unr diesen Mi߬
brauch zu verhüten, wurden fast allenthalben Vor¬
schriften erlassen, nach welchen in den Städten, an
Sonn- und Feiertagen, sowie bei bestimmten Festlich¬
keiten die Bergleute nur unbewaffnet erscheinen sollten
und außerdem das Führen gewisser Waffen von der
Genehmigung des Bergmeisters abhängig gemacht
wurde.
Wenn schon das Tragen von Waffen ein Vorrecht
war, das die deutschen Bergleute der Vergangenheit
vor anderen Ständen voraushatten, so ist nod) bemer¬
kenswerter für die bevorzugte Stellung, welche jene
genossen, ihre Teilnahme am Kriegsdienste. Letz¬
tere war ursprünglich nur ein Recht des freien Mannes.
Der deutsche Bergmann aber war von jeher frei und
daher zog er auch mit in den Krieg, zumal er seinem
Landesherrn wegen der mannigfaltigen Vorrechte
zu ganz besonderer Treue verpflichtet war. Außerdem
war in jener Zeit häufig die besondere "Arbeit des
Bergmannes bei Belagerungen von festen Plätzen zum
Zwecke von Unterminierung der Wälle und Mauern
kaum zu entbehren. In der Geschichte des deutschen
Bergbaues finden sich zahlreiche Beispiele der hervor¬
ragenden Teilnahme, welche Bergleute an Schlachten
und Belagerungen genommen haben. Schon 1040 sollen
die böhmischen Bergleute „von der Eule" aus einem
Kriegszuge König Heinrichs mit ihren Holzäxten (Berg-
pärchen) große Mannheit bewiesen haben. Ebenso
wird ihre Tapferkeit hoch gerühmt, als sie 1220 gegen
die Polen gebraucht wurden. Besonders rühmlich stritt
1241 die Knappschaft von Goldberg und Löwenberg in
Schlesien, als durch den Einbruch der asiatischen Tar-
tarenhorden ihr Vaterland in Gefahr gekommen war.
Mit Aufbietung des 5. Mannes stellten sie über
500 Mann für ihren Herzog. In der blutigen Schlacht
bei Wahlstatt bildeten sie die erste Angriffslinie. Den
6000 Mann auf ihrer Seite stand die tartarische Schlacht¬
ordnung von 30000 Mann gegenüber. Dessenungeachtet
griffen die Bergknappen mutig an, schlugen den Feind
zurück und setzten ihm nach. Da sie aber nicht mit
Blechhauben bedeckt, auch sonst schlecht bewaffnet waren
— sie hatten nur Keilhauen, Grubenbeile und kleine
Bergparthen — wurden sie endlich von der Übermacht
umzingelt und nebst ihrem tapferen Führer sämtlich
durch den Pfeilhagel der Tartaren niedergestreckt.
Freiberger Bergleute zogen 1237 mit ihreni Markgrafen
Heinrich von Meissen gegen die heidnischen Preußen.
Bei der Belagerung von Freiberg durch den Kaiser
Adolf von Nassau 1269 und 1297 verteidigten die
Bergknappen im Verein mit den Bürgern 16 Monate
lang aufs Tapferste die Stadt und machten erfolgreiche
Ausfälle. Wiederholt zogen sie in den späteren Jahren
Bergleute am Kriegsdienste.
mit ihrem Fürsten aus in den Kampf nach Böhmen
und Thüringen, manches Schloß und manche Burg
wurde von ihnen belagert und zu Fall gebracht, aber
auch Hunderte von ihnen fanden den Heldentod. Be¬
sonders mannhaft zeigten sich die Bergknappen Freibergs
zur Zeit des Hussitenkrieges, wo sie 1429 die sengend und
brennend ins Land eingefallenen Hussiten (Böhmen)
mutig angriffen, schlugen und gänzlich verjagten. "Auch
zum Türkenkriege stellten die Knappschaften von Frei¬
berg und von Annaberg in Sachsen mehrere Hundert
Mann. Als Kaiser Albrecht 1304 den König Wenzel II.
von Böhmen mit Krieg überzog, leisteten diesem die
Bergleute von Kuttenberg namhaften Beistand. Der
Kaiser verlangte die Abtretung Kuttenbergs und seiner
Bergwerke und rückte, da ihm dieses verweigert wurde,
mit großer Macht vor Kuttenberg. Sogleich aber rief
der König die Bergleute auf. Diese verschanzten sich
in Kuttenberg und leisteten sehr tapferen Widerstand.
Auch warfen sie Hüttenrauch und andere schädliche
Dinge in den Bach, so daß im feindlichen Lager Tau¬
sende von Menschen und Vieh starben. Der Kaiser
mußte abziehen. Als er später abermals mit einem
stärkeren Heere nach Kuttenberg kam und die Stadt
belagerte, machten die Knappen einen Ausfall, schlugen
die Feinde, verfolgten sie und kehrten, mit Beute be¬
laden, siegreich zurück. Auch im Jahre 1404 wurde die
Stadt noch einmal von den Bergleuten so tapfer ver¬
teidigt, datz es den Feinden nicht gelang, in dieselbe
einzudringen. Bereitwilligkeit zum Kampfe zeigten auch
die Mansfelder Knappen. "Als 1519 die Grafen von
Mansfeld den Bergleuten befehlen ließen, daß jeder
tnit seiner besten Wehre, wenn man ihn fordere, bereit
sein solle, erboten sie sich freudig und willig dazu. Ter
Bergvogt beschied sie hierauf zur Musterung und hielt
Heerschan über sie. Auch richtete man auf den Bergen
besondere Zeichen auf, damit zur Zeit der Not das
Bergvolk stets schnell zusammengerufen werden könne.
Bei Belagerung der Dasseburg ließ Heinrich der Löwe,
Herzog von Sachsen und Bayern, 1169 durch seine
sächsischen Bergleute einen Stollen gegen die Burg
treiben, wodurch die Wasser des Schloßbrunnens ab¬
gezapft wurden und die Burg sich ergeben mußte.
Heinrichs des Löwen Sohn nahm Bergknappen mit mid)
dem gelobten Lande, welche sich vor das feste Schloß
Choruti legten, dessen Felsen unter dem Schlosse aus¬
höhlten und durch Feuersetzen die Mauern einstürzen
machten. Herzog Otto von Bayern eroberte 1309
Schloß Neuburg bei Passau, nachdem die Bergleute die
Mauern untergraben und zum Einsturz gebracht hatten.
Graf Johann VI. von Nassau nahm den trierischen
Ort Elz mit Hilfe siegenscher Bergleute im Jahre 1456.
Bei der Belagerung Wiens durch die Türken 1529 gruben
Tyroler Bergleute unter den Mauen: hindurch Gegen¬
minen gegen die Belagerer, trafen deren Arbeiter,
töteten viele von ihnen und verschütteten die angelegten
Gänge der Türken, was wesentlich mit zur Rettung
der Stadt beitrug Kurfürst Moritz von Sachsen lies;
bei der Belagerung von Magdeburg im November 1550
Bergknappen von Freiberg als Schanzgräber kommen
und führte ditrch sie Gräben und Schanzen aus. Tyroler
Bergleute endlich waren es, welche wesentlichen Anteil
an der Schleifung der türkischen Festung Belgrad nahmen.
Aus der neueren Zeit kann man hierbei auch die
Verwendung einer großen Anzahl Saarbrücker
Kohlenbergtente zur Anlage der Feldeisenbahn von