Full text: 23.1895 (0023)

~Ÿ J106 
ten, nur fort von Hauſe! Die stillen Vorwürfe der 
Mutter ſchienen ihm der Gipfel der Qual zu ſein. 
„Er fängt ſeine Duckmäuſereien langſam wieder an,“ 
dachte Lutz und suchte fich ihm aufzudrängen, wurde 
aber ſo energiſch abgewieſen, daß er es für am besten 
hielt, den kaum gewonnenen. Freund ſich ſelbſt zu über- 
aſsen. 
Nach langer Wanderung kam Hermann eines Tages 
mit sinkender Nacht nach Hauſe. Verheißungsvoll stand 
der Abendstern in mildem Glanze gerade über dem 
elterlichen Dach. O wenn ihn nur der Mutter Auge 
einmal wieder ſo friedlich anfunkeln möchte, wie jener 
Stern! JIn ſeiner Seele ſtieg ein heißes Verlangen 
nach Erlöſung, nach Ruhe auf. „Mutter, Mutter!“ 
ſchrie es in ihm, „daß Du mir doch helfen, daß Du 
mir die Pein vom Herzen nehmen könnteſtl“nn. 
Er stieß die Thüre auf. Es war kein Licht im 
Wohnzimmer, wie ſonst um dieſe Stunde. Hatte die 
Mutter vergeſſen, es anzuzünden? Er trat leiſen 
Schrittes in den dunklen Raum. Weder am Fenſter 
noch ſonst wo vermochten ſeine Augen die Geſuchte 
zu erſpähen. Scnderbar winſelnd ſchmiegte sich der 
Hund an ſeine Kniee, als wenn er ihm etwas zu klagen 
hätte und beſonders froh wäre, wieder bei ſeinem 
Herrn zu sein. i 
Hermann ſetzte ein Streichhölzchen in Brand. Die 
Lampe stand auf dem Tiſche bereit und daneben lag 
ein loſe zuſammengefaltetes Stück Papier. Jehyt 
hrouut des Licht, und neugierig nahm er das Blatt 
zur Hand. , 
„Strafbefehl,“ stand oben darüber. „Hermann 
August Schellenbuſch, Bergmann zu Grimborn, hat in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.