— 80 - -
gegönnt, nicht wahr, Martin?" Sie weinte leise und
auch er kaute so sonderbar und verzog so merkwürdig
sein Gesicht. „Hätt' ich das gewußt!" dachte er.
Sprechen konnte er nicht, er drückte ihr die Hand,
setzte unbemerkt eine Flasche Wein auf den Tisch und
schlich hinaus.
Jetzt stand er vor seinem Hause. Wie wird's
drinnen wieder aussehen? Aber das Gefühl, seiner
Frau gestern in einem Puncte Unrecht gethan zu haben,
stimmte ihn sanft und nachsichtig. „Muthig hinein!
Stell' Dir's so schlimm wie möglich vor, dann ist's
immer noch etwas bester. Du willst nicht wild werden.
Du willst sie mit Geduld bessern — es ist wahr, sie
hat ein gutes Herz."
Aber was ist das? Er bemerkt es mit Staunen.
Der kurze Weg von der Straße bis zur Treppe, und
die Treppe selbst ist sorgsam vom Schnee reingefegt,
mit Sand bestreut! Und dennoch klopft er die Füße
ängstlich ab, als er in den Flur tritt, so sauber hat
er ihn seit Jahren nicht gesehen! Kopfschüttelnd öffnet
er die Thür des Zimmers: wie glänzt das erst im
hellen Scheine der Wintersonne, die lustig durch die
spiegelblanken Scheiben bricht! Die Dielen des Fu߬
bodens sind so weiß gescheuert, daß man davon essen
könnte, der schwarze Ofen strahlt eine behagliche Wärme
aus und auf dem Tische prangt ein glitzerndes Christ¬
bäumchen. — Und da stehen die beiden Bübchen in
ihrem Sonntagsstaat, gewaschen und gekämmt, die
Wänglein so rund und voll und frisch und roth, man
hätte hzueinbeißen mögen, und Martinchen trommelt,
und Paul reißt wie toll an der Schnur, daß sein
Hampelmann die verrücktesten Bewegungen macht!