5. Jahrgang
Saarbrücken, April 1954
Nummer 4
Feiertag der Arbeit
Organ I. V. Öffentliche Betriebe und Verwaltungen der Einheitsgewerkschaft
Am 14. Juli 1954 jährt es sich zum 65.
Male, daß in Paris Arbeitervertreter aus
fast allen Ländern zum 100. Gedenktag
der franz. Revolution zusammenkamen,
um über die Lage und den Kampf der
Arbeiterschaft zu beraten. Sie forderten
damals die Einführung des 8-Stunden-
Tages, gerechte Löhne, Urlaub, Beseiti
gung der Kinderarbeit, Mutterschutz,
Arbeitsschutz, Respektierung der Men
schenrechte und der Menschenwürde.
stellten und Beamten aus aller Welt
wissen, daß sia in einem Kriege immer
die größten Opfer zu bringen haben,
und erheben deshalb die Forderung
nach Frieden in aller Welt zu ihrer
Hauptforderung.
Wenn auch aus dem Kampftag 1. Mai
heute ein gesetzlicher Feiertag gewor
den ist, so bedeutet das noch lange
nicht, daß unsere Mai-Forderungen rest
los erfüllt sind. Es ist ganz selbstver
ständlich. daß mit der fortschreitenden
wirtschaftlichen Entwicklung, der Tech
nisierung, immer mehr von der mensch
lichen Arbeitskraft verlangt wird, daß
immer neue Bedürfnisse entstehen. So
sind zu den Forderungen von damals,
soweit sie nicht schon erfüllt sind, neu»
Forderungen getreten, denn die bisheri
gen Erfolge reichen nicht aus zur Le
in unserer schnellebigen Zeit wird leider
auch vieles schnell vergessen, zu schnell
vergessen. Der 1. Mai, Feiertag der
Schaffenden in «Iler Welt, dürfte der
richtige Zeitpunkt sein, um einmal un-
sere Erinnerungen aufzufrischen, und
vor allem die Erinnerungen all derer,
die heute wieder glauben, ohne eine
starke Gewerkschaft auskommen zu
können.
Aus der kleinen Gruppe von damals sind
Millionenheere geworden, die sich in
ihren Gewerkschaften organisierten. Seit
diesem Jahre hat die Arbeitnehmerschaft
alljährlich am 1. Mai ihre Forcierungen
zur Verbesserung ihrer Lebenslage er
hoben. Es war ein langer dornenvoller
und blutgetränkter Weg von jenem 14.
Juli 1889 bis heute. Vieles ist erreicht
worden, was jenen als höchste Erfüllung
vorseh webte. Zum Teil ist es heute schon
zur Selbstverständlichkeit geworden.
Wir dürfen aber nie vergessen, daß alles
Erreichte nur durch Kampf erreicht
wurde, durch einen harten und zähen
Kampf, der genug Opfer gekostet hat.
Deshalb ist der 1. Mai für uns auch zu
einem Gedenktag geworden. Wenn wir
der Opfer des Kampfes der Arbeiter
schaft und zugleich der Opfer zweier
sinnloser Weltkriege gedenken, dann
wollen wir uns geloben, nicht zu ruhen
und zu rasten und alles zu tun, um den
Weltfrieden zu retten und zu er
halten. Millionen von Menschen sind
nach all dem Leid, das sie erfahren ha
ben, erfüllt von der Sehnsucht nach
Ruhe und Frieden. Die im Internatio
nalen Bund freier Gewerkschaften (IBFG)
zusammengeschlossenen Arbeiter, Ange-
Ehret die Arbeit!
Wer den wuchtigen Hammer schwingt,
Wer im Felde mäht die Ähren,
Wer ins Mark der Erde dringt,
Weib und Kinder zu ernähren,
Wer stroman den Nachen zieht,
Wer bei Wol! und Werg und Flachse
hinterm Webestuhl sich müht,
dass sein blonder Junge wachse.
Jedem Ehre, jedem Preis!
Ehre jeder Hand voller Schwielen!
Ehre jedem Tropfen Schweiss,
der in Hütten fällt und Mühlen!
Ehre jeder nassen Stirn
hinterm Pfluge ! — Doch auch dessen,
der mit Schädel und mit Hirn
hungernd pflügt, sei nicht vergessen!
Ferdinand von Freiligrath
benssicherung der arbeitenden Men
schen und sie haben in Wirtschaft und
Gesellschaft noch nicht die Stellung er
reicht, die ihnen in einer demokratischen
Staatsordnung zukommt. Deshalb er
neuert auch der Verband der öffentlichen
Betriebe und Verwaltungen in der Ein
heitsgewerkschaft der Arbeiter, Ange
stellten und Beamten seine bisher un
erfüllten Forderungen:
Mitbestimmung in Wirtschaft und Ver
waltung durch ein fortschrittliches
Betriebsverfassungsgesetz,
Tarifvertragsfreiheit fiir die Ange
stellten und Arbeiter des öffent
lichen Dienstes,
Reform der Besoldungsordnung,
Anpassung der Löhne und Gellälter
an die Lebenshaltungskosten,
Sicherung des Arbeitsplatzes durch
Verabschiedung eines zeitgemäßen
Kündigungsschutzgesetzes,
Verabschiedung eines fortschrittlichen
Beamtengesetzes,
Selbstverwaltung und Neuordnung
der Sozialversicherung und Ver
besserung der Sozialleistungeil,
Reform der Zusatzversorgung,
Reform der Beihilfegrundsälze,
Neufassung der Laufbahnvorschriften,
Vereinheitlichung des Ausbildungs-
wesens,
Mitspracherecht der Berufsorganisa
tionen bei alten die Arbeiter, Ange
stellten und Beamten berührenden
Fragen.
Um das Erreichte zu sichern und unsere
berechtigten Forderungen durchzusetzen,
ist eine starke und einige Gewerkschaft
notwendig. Deshalb, Beamte, Angestellte
und Arbeiter des öffentlichen Dienstes,
lernt aus der Vergangenheit und werdet
zu aktiven Kämpfern für bessere Ar
beite- und Lebensbedingungen im ge
samten öffentlichen Dienst und werdet
mit den übrigen Schaffenden aus allen
Berufen und Ländern zu Kämpfern für
den Frieden, für Freiheit und Gerech
tigkeit. E. L.