Seite 4
März 1954
Die Krankenversicherung des Saarlandes Mick in die, Weh
111. Oer Krankenschein
Vor Beginn der Behandlung ist — aus
genommen in Dringlichkeitsfällen — die
Ausstellung eines Krankenscheines bei
dem Arbeitgeber, der Dienststelle oder
auch der Kreisversicherungsanstalt zu be
antragen.
(Die Sonderregelung der Mitglieder der
Snarkr ;ppschaft und der Eisenbahn-Be
triebskrankenkasse wird hierdurch nicht
berührt).
Der Krankenschein gilt jeweils für das
Kalendervierteljahr, in dem er ausge
stellt wurde. Ausgenommen dann, wenn
die ärztliche Behandlung ab dem 20.
des letzten Monats eines Kalenderviertel
jahres beginnt (z. B. am 20.12., 20. 3., 20.
6., 20. 9. Tag der ersten ärztlichen Be
handlung). In diesen Fällen gilt der Kran
kenschein auch für das folgende Kalen
dervierteljahr, also der am 20. 12. 1953
ausgestellte Krankenschein gilt bis ein
schließlich 31. 3. 1954.
Für die Ausstellung des Krankenschei
nes wird eine Krankenscheingebühr erho
ben (§ 187 RVO). Sie beträgt:
a) für pflichtversicherte Mit
glieder ' 25 Fr.
b) für freiwillig versicherte Mit
glieder (versicherungsberech
tigte und weiterversicherte) 50 Fr.
c) für die anspruchsberechtigten
Angehörigen eines Versicherten 50 Fr.
Für Versicherte, deren ärztliche Be
handlung über das Ende des Kalender-
Vierteljahres hinaus notwendig ist, ist
solange keine Gebühr für den neuen
Krankenschein zu entrichten, wie die Er
krankung Arbeitsunfähigkeit bedingt und
es sich um denselben Versicherungsfall
(Erkrankungsfall) handelt.
Von der Entrichtung der Kranken
scheingebühr sind befreit:
1. Personen, die aus der Invaliden- oder
Angestelltenversicherung ein Invaliden-
oder Ruhegeld, oder aus der Unfall
versicherung oder nach dem Versor
gungsgesetz Rente als Schwerver
sehrte oder als Schwerbeschädigte be
ziehen.
2. Solche Tuberkulöse und Geschlechts
kranke, die von ihrer Fürsorge- oder
Beratungsstelle eine Bescheinigung über
ihre Bedürftigkeit beibringen.
3. Kriegsbeschädigte — Wehrdienstbeschä
digte —, die wegen ihres Versorgungs-
leidens Leistungen beanspruchen ohne
.Unterschied, ob sic leicht oder schwer
beschädigt sind.'
4. Personen, die an einer ansteckungsge
fährlichen Geschlechtskrankheit leiden.
5. Versicherte, die mindestens 4, Witwen,
die mindestens 3 leibliche eheliche oder
für ehelich erklärte Kinder haben oder
gehabt haben: Voraussetzung für die
Gebührenfreiheit ist, daß zu dem Haus
halt des Versicherten mehr als 2 unter
haltsberechtigte Kinder gehören, für
die nach § 205 Abs. 1—2 RVO Fa
milienhilfe gewährt wird. Die Befrei
ungsgründe sind glaubhaft nachzuwei
sen. Gebührenfreiheit besteht auch
dann, wenn die Kinder nach dem Tode
der Eltern oder eines Elternteils ge
meinsam im Haushalt von Großeltern
oder Pflegeeltern leben. Diese treten
an die Stelle der Eltern.
6. Körperbehinderte, deren Erwerbsmin
derung derjenigen eines anerkannten
Schwerkriegsbeschädigten gleichzustel
len ist. Die Erwerbsminderung ist durch
eine Bescheinigung der vertrauensärztii-
chen Dienststelle nachzu weisen. Schwer-
kriegsbeschädigt ist, dessen Erwerbs-
fähigkeit infolge Dienstbeschä:!igung um
50 vH. oder mehr gemindert ist.
7. Arbeitslose, sofern sie Arbeitslosenun
terstützung beziehen.
8. Kriegshinterbliebene, Empfänger von
Kriegshinterbliebenen-, Witwen- und
Waisenrenten; Elternrenten.
Darüberhinaus sind befreit: Versicherte
und anspruchsberechtigte Angehörige, die
an einer anzeigepflichtigen übertragbaren
Krankheit leiden.
Aus Kreisen der Versicherten wird
über die Entrichtung der Krankensehein-
gebühr oft Kritik geübt. Die Sonderauf
lage der Krankenscheingebühr entstand
in der Zeit nach der Inflation im Jahre
1923. Der Zweck war nicht der, etwa dem
Krankenversicherungsträger eine zusätz
liche Einnahmequelle zu verschaffen, son
dern die Gewährung der Krankenpflege
vor Mißbrauch zu schützen und ihre
Kosten in erträglichen Grenzen zu halten.
Die Gebühr für den Krankenschein soll
den Versicherten an die Pflicht erinnern,
die das Leben in der Versicherungsge
meinschaft mit sich bringt und ihn da
vor warnen, sich auf Kosten seiner „Mit
versicherten“ einen ungerechtfertigten
Vorteil zu verschaffen. Es ist übrigens
interessant zu wissen, daß Form und
Höhe des Versicherungsanteils an den
Kosten der Krankenpflege in den we
sentlichen Ländern Europas durchaus
keine unbekannte Erscheinung ist und
beispielsweise in der Schweiz, Frankreich
sowie auch in England bedeutend weit
gehender ausgeprägt ist als bei uns.
Vollbeschäftigung ist möglich
In einer Rundfunkrede, die ClO-Prä-
sident Walter Reuthcr in Detroit hielt,
wandte er sich gegen die Auffassung,
daß eine Wirtschaftskrise in den Ver
einigten Staaten unvermeidlich sei.
Reuther berief sich auf einen Artikel,
der in „Business Week“, einer führen
den Zeitschrift der amerikanischen In
dustrie, erschien, in dem es hieß: „Je
der erwartet eine Wirtschaftskrise; in
der Industrie- und Geschäftswelt
herrscht die Auffassung, daß es in die
sem Jahr zu einer Wirtschaftskrise
kommen könnte.“
Reuther nahm zu dieser Behauptung
in folgender Weise Stellung:
„Die amerikanische Gewerkschafts
bewegung verwirft die defaitistische
Haltung von der Unvermeidlichkeit ei
ner Wirtschaftskrise. Wir wenden uns
gegen die Kleingläubigkeit der Vertre
ter der Industrie, die die wirtschaft
liche Zukunft Amerikas so pessimi
stisch beurteilen. Die amerikanische
Gewerkschaftsbewegung ist entschlos
sen, es nicht zu einer Wirtschaftskrise
in Friedenszeiten kommen zu lassen.
Wir verfügen über die erforderlichen
technischen Kenntnisse und die wirt
schaftlichen Hilfsmittel, um ständig die
Vollbeschäftigung für all jene zu si
chern, die arbeiten wollen und die die
Güter hersteilen, die erforderlich sind,
um die unbegrenzten Bedürfnisse un
seres Volkes in Friedenszeiten zu si
chern.“
Reuther führte weiter aus: „Wenn es
Stellenausschreibung i
Bei der Verbandsgesdiäftsstelle ist die
Stelle eines Büroangestellten zu besetzen.
Geeignete Bewerber wollen ihr Bewer
bungsschreiben mit handgeschriebenen!
Lebenslauf bis 15. April 1954 an die Ver-
handsgeschäftsstelle, Saarbr. 3, Brauer
strabe 6-8, richten. Die Vergütung erfolgt
nadi den Vorschriften der T. O. A.
uns gelingt, die Vollbeschäftigung zu
sichern und die für unsere Verteidi
gung erforderlichen Waffen herzustel
len, so müssen wir auch in der Lage
sein, die in Friedenszeiten notwendi
gen Waren unter dem Zeichen der
Vollbeschäftigung zu produzieren.
Amerika weiß, auf welche Weise das
geschehen kann. Es ist absolut
erforderlich, die notwendige Kauf
kraft für die Arbeiter, Farmer, An
gestellten und andere Berufsschichten
zu schaffen, um ein wirtschaftliches
Gleichgewicht in den Vereinigten Staa
ten herzustellen. Wenn die amerika
nische Wirtschaftskapazität voll aus
genutzt wird, so können genügend Wa
ren produziert werden, um die Bedürf
nisse aller zu befriedigen und um
gleichzeitig eine positive Offensive im
Kampf gegen die Feinde der Mensch
heit zu starten: gegen Armut, Hunger,
önwissen und Krankheit.“
(CICG Nachrichten, September 1953)
ns