Ein kläglicher Abgesang
Oie Feinde der Gewerkschaltseinheit lassen die Kalze aus dem Sack
Einige Verlautbarungen, die die Widersacher
der Einheitsgewerkschaft kürzlich in verschie
denen Wochenzeitungen veröffentlicht haben?
lassen ziemlich unverhohlen den Aerger da
rüber erkennen,' daß ihnen ihr Zerstörungswerk
I nicht gelungen ist. Vyar bisher der Deutsche
Gewerkschaftsbund ausschließlich das Ziel der
destruktiven Angriffe dieser '.'reise, so gie-i
ßen sie jetzt die Schalen ihres Zornes auch
über diejenigen aus, die sie sich mehr oder
I weniger als Bundesgenossen gedacht, deren
Verantwortungsbewußtsein der Arbeitnehmer
schaft gegenüber sie aber offenbar unter
schätzt hatten. Als „Christen” sind sie maß
los mißvergnügt, da'ß andere Christen — um
dies im Gewerkschaftsstreit mißbrauchte Wort
noch einmal zu verwenden — die christliche
Tugend der Versöhnlichkeit und der Verstän
digungsbereitschaft zu üben gewillt und ein
zumindest nicht unchristliches Gebot prak
tischer gewerkschaftlicher Vernunft anzuwen-t
den bemüht sind.
Inzwischen vergessen sie steh bei ihren
Wutausbrüchen in einer Weise, daß sie —
die Katze aus dem Sack lassend — ihre ge-
^Jneimen Gedanken und Pläne preisgeben. Vor
^/rjonaten und Wochen sprachen sie von der
mangelnden parteipolitischen Neutralität der
Gewerkschaften," redeten sie einer grund
sätzlichen Kursänderung und innerorganisatori
schen Reform das Wort. Heute zeigt es
sich,’ daß ihnen die angebliche Verletzung
der parteipolitischen Neutralität blosser Vor
wand, die Spaltung der Gewerkschaften aber
von vornherein alleiniges Ziel gewesen ist.
Die 7,Ketteier Wacht” ließ an Eindeutigkeit
nichts," alles aber an Ritterlichkeit zu wün
schen übrig,’ als sie am 1. Dezember schrieb:
7,Es waren Christen, die; ganz , gleich aus
welchen Motiven,' uns die Waffen aus den
Händen nahmen. Diese erschütternde Tatsache
aber gibt Anlaß zu ernster Sorge. Ist das
christliche Ideengut bei uns Menschen bereits
soweit verschüttet,' daß sie es opfern um den
Preis einer zweifelhaften Einheit?”* Weit un
genierter noch drückte sich am 11: Dezember
der „Rheinische Merkur'* aus: Sein Leitartikel
war ein einziges Klagelied darüber; daß die
Spaltung der Gewerkschaften „versungen und
vertan” sei. Durch „die Uneinigkeit des christ*
liehen Lagers” habe man sich des „wirk
lichen Druckmittels'* für Verhandlungen be-
^geben, nämlich: „des Austrittsultimatums.'i
^Auch das ist unmißverständlich genug.
Aber es ist beileibe noch nicht alles. Das
Blatt schrieb auch: „Ist schon die Unein
sichtigkeif gewisser Politiker erstaunlich, die
das Entstehen einer kräftigen und selbständi
gen christlichen Gewerkschaftsbewegung kurz
fristigen; taktischen Rücksichten opfern wol
len und die nicht begreifen, daß eine christ
liche Volkspartei auf die Dauer ohne den
Wurzelgrund einer starken christlichen Arbei
terbewegung nicht existieren kann, so ist es
erst recht kaum glaublich, wie so viele Chri
sten prinzipienschwach, ja prinzioienblind
genug sein können, um den weltanschaulichen
Charakter des Gewerkschaftskampfes zu ver-:
kennen.” Hier wird frank und frei erklärt/
cie Gewerkschaften müßten gespalten wer
den, damit „e'ine christliche Volkspartei'' den
Wurzelgrund einer starken christlichen Ar
beiterbewegung erhalte. Die Ausflucht einer
Verletzung der parteipolitischen Neutralität
und des Mangels religiöser Toleranz wird jetzt
über Bord geworfen und ungeschminkt ge
sagt: die Gewerkscliaffseinheit müßte beden
kenlos den Interessen „einer christlichen
Volkspartei” geopfert werden. Das ist des
Pudels Kern, das war der Sinn der letzt-
jährigen Angriffe bestimmter politischer Grup
pen gegen den Deutschen Gewerkschafts
bund. Dia Parteipolitik; die man dem DGB
unterschob? betreibt man selbst.
Nicht übersehen werden sollte aber die
Bemerkung vom ^weltanschaulichen Charakter
des Gewerkschaftskampfes”. Was in aller
Welt sind die Gewerkschaften anderes als
Organisationen zur Vertretung wirtschaftlicher
Interessen der Arbeitnehmer? Mit Welt
anschauung haben sie nichts zu tun. Diese
Tatsache bildet ja gerade die Voraussetzung
dafür; daß Einheitsgewerkschaften erfolgreich
gebildet werden konnten. Weil dies so ist
und weil es auch die Arbeitnehmer begriffen
haben; mußten bisher und werden auch in
Zukunft die Spaltungsversuche gewisser Kreise
zum Scheitern verurteilt sein.
Doch auch damit ist es noch nicht genug."
Die Gegner der Einheitsgewerkschaft scheuen
sich nicht; im 7,Rheinischen Merkur'* selbst
zum Mittel bösartiger Beschuldigung und Ver
dächtigung zu greifen. Sie erklären: 7,Wenn
im DGB alles beim alten bleibt, und nach
dem Hornberger Schießen muß damit ge
rechnet werden, dann wird in gar nicht fer
ner Zukunft eine neue Abwanderunqswelle
der Arbeiterschaft von der Kirche eintreten.”
Damit ist nicht weniger behauptet, als daß
der Deutsche Gewerkschaftsbund kirchen
feindliche Tendenzen verfolge. Es muß
schlecht um die Sache der Leute bestellt
sein, die sich solcher bewußt unredlichen
Mittel bedienen. Wann jemals hat der DGB
die Gewerkschaftsmitglieder zur Abwanderung
von der Kirche; zur religiösen Abstinenz auf
gefordert; oder auch sonstwie in Glaubens
dingen auf sie Einfluß zu nehmen versucht?
Als der achtbare Josef Görres vor rund 140
Jahren seinen ebenso achtbaren ersten „Rhei
nischen Merkur”* gründete, dauerte es nicht
lange; daß man ihn zum Demagogen stem
pelte; der vor seinen Verfolgern im Elsaß
Ab und zu soll man ruhig zum Friseur
gehen.
Einmal verlangt es der äußere Habitus eines
Mitteleuropäers; daß der mehr oder weniger
üppige Haarwuchs durch kunstgerechten
Schnitt von seinen Auswüchsen befreit wird;
dann aber kann man dort so manches er
fahren. Ob erfreuliches oder unerfreuliches?
jedenfalls trägt es ganz erheblich zur Be
lehrung bei.
Wenn der satte Bürger seinen Körper in
dem bequemen Polstersessel versinken läßt
und das äußere Ansehen unter den geschickt
ten Händen des Figaro zusehends gewinnt?
dann öffnet sich das Herz des also Behandele
ten und seine Zunge offenbart dem staunend
den Zuhörer; was besagtes Herz bedrückt:
Nicht nur? daß die Fußballspieler am letzten
Sonntag alle falsch gespielt haben und des-:
halb der fachmännische Totofip zum Teufel
ging? nein? selbst ,;Berufsgeheimnisse” werden
frei verkündet.
Man erfährt, daß die bösen Gewerkschaf
ten ihre Nase einfach in alle Dinge hinein-
sfecken," nicht etwa; um die Interessen der
Arbeitnehmer zu vertreten; sondern nur, um
die Daseinsberechtigung der Gewerkschafts-
sekrefäre zu beweisen.
Ueberhaupt die Arbeitnehmerl Arbeiten wol
len sie überhaupt nichts mehr, verlangen
ungerechtfertigte Löhne, statt dem Brötchen-
auf französischem Boden Zuflucht nehmet
mußte. Weit entfernt; in die Fußstapfen des
Meisters zu treten, wandelt der heutige
'„Rheinische Merkur”, auf den Pfaden seiner
Gegner und er wird dabei mehr und mehr
zum Blatt übler Demagogie:
Wahrlich, es ist kein männlicher Abgesang?
mit dem die Feinde der Gewerkschaftseinheit
in diesen Tagen von ihrem Zerstörungswerk
vorerst Abschied nehmen. Indessen: ihre
;,Uhl” ist der auf den Erhalt der Gewerk
schaffseinheit nachdrücklichst bedachten Ar
beitnehmerschaft ;,Nachtigall 1 ' und Segen;
und nicht nur der Arbeitnehmerschaft; wie
manche Einsichtige inzwischen erkannt haben
dürften. Den Grund ihres mehr als verdienten
Mißerfolges haben die Feinde der Gewerk-
schaffseinheit allein bei sich selbst zu suchen;
denn ihre Absicht war schlecht und die
Mittel; mit denen sie ihre Pläne glaubten
verwirklichen zu können; waren und sind es
nicht minder.
(Informationsdienst des DGB 110/53 vorq
16. Dezember 1953).
* :
Jakob Kaiser
sprach vor dem Bundesausschuss des DGB
Am Freitag; dem 11. Dezember 1953; sprach
Bundesminister Jakob Kaiser im Hans-Böckler-/
Haus in Düsseldorf vor dem Bundesausschuß
des Deutschen Gewerkschaffsbundes über ak4
fuelle Gewerkschaftsfragen. An der Diskussion
beteiligten sich neben dem Bundesvorsitzen-:
den Walter Freitag eine große Anzahl ded
Vorsitzenden der einzelnen Gewerkschaften/
In dem ausgiebigen und freimütigen Ge*i
dankenaustausch kam allerseits ein uneinge4
schränktes Bekenntnis zur EinheifsqewerM
schaff zum Ausdruck. Meinungsverscnieden4
heifen wurden kollegial und in Verständnis^
voller Aussprache erörtert. Ein Vorschlag de*
Ministers Kaiser fand Annahme; nach dem
der Bundesausschuß des DGB in einiger Zeit
zu einer weiteren Aussprache eingeladen wer^
den soll: - J
geber dankbar zu sein," daß er sich über^
haupt ihrer Arbeitskraft bedient.
Dia Jugend ist auch nicht mehr so wl«[
früher. Die Lehrlinge erhalten dicke Bezüge?
wollen nur noch Freizeit haben und — man
stelle sich vor —' verlangen sogar das; wai
ihnen gesetzlich zustehtl
Daß an den verkaufsfreien Sonntagen ju4
gendliche Arbeitnehmer nicht beschäftigt weH
den durften; war natürlich auch wieder null
so eine verrückte Marotte des Arbeitsminisferi^
ums? und die Gewerkschaften haben sich
für die Beschränkung der verkaufsfreien
Sonntage nur eingesetzt," um sich draußen
wichtig zu machen.
Entrüstet klingt es unter dem sahnigen
Seifenschaum heraus? daß man es sogar g«4
wagt hat, ein Strafmandat zu verhängen?
weil man an den verkaufsfreien Sonntagen
entgegen dem bestehenden Verbot Jugendd
liehe beschäftigt hat.
Der Blumenhändler aus der Bahnhofstraß«
sagt es garnicht durch die Blume; daß ihn
dies alles aber letzten Endes nicht erschüt-*
fern kann; Verbot oder nicht, der Jugend-/
liehe wird beschäftigt! und; muß man be-j
zahlen, berappt es eben der Kunde.
Auch ein Dienst am Kunden!
Ich gehe jetzt öfter zum Friseur: Einmal?
weil mein Aeußeres es erfordert, dann abeil
auch; weil ich wirklich wißbegierig bin. Vie*-
leicht erfahre ich dort noch mehr. Dick:
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Friseur-Gespräche