Januar 1^54
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ren laufende Anpassung an den techni
schen Fortschritt der Wirtschaft. Der
Lehrling und auch der Erziehungsbe
rechtigte müssen das „Berufsbild“ und
die „Eignungs- bzw. Prüfnngsanforde-
rungen“ des entsprechenden Ausbil-
dungsherufes kennen. Das aber ist nur
mö' T H'*h. wenn sie in den Besitz eines
auf den neuesten Stand gebrachten
Exemplars gelangen können.
Wahrend in den Berufen der Indu
strie und des Handels im allgemeinen
genügend Exemplare von Berufsbil
dern verfügbar sind, herrscht im Hand
werk ein erschreckender Mangel an
fachlichen Vorschriften zur Regelung
des Lehilino-swesens. so daß häufig
nicht einmal die Meister über ein
Exemo!ar ihres eigenen Berufes verfü
gen. Dazu kommt noch, daß die vor
handenen Vorschriften zum Teil durch
die seit ihrem Druck 9 f attgefundene
Entwickung überholt 9ind.
Die Ausbildung im Betrieb
Zur F r age der Ausbildung in den Be
trieben kann sich d*e Kammer erst äu
ßern. wenn sie Gelegenheit hatte. In
den Betrieben selbst die Ansbildungs-
einrichtungen zu prüfen. Auf Grund
der Ergebnisse im praktischen Teil der
Lehrabschlußprüfungen kann man im
großen und ganzen die Ausbildung in
den B rt tri rt ben eis befriedigend bezeich
nen. In Zukunft muß jedoch der Tat
sache mehr Beec^^ng geschenkt wer
den, daß das Lehrverhiiltms ein Be
rufs e r z i e h u n g s Verhältnis ist. Der
Lehrherr hat hekannth'eh dem LehrPn.g
nicht nur die für den Beruf erforderli
chen Handgr’ffe beizubHngen, sondern
muß ihn im Rahmen seiner charakter
lichen und geisd'ren Anlagen zu einem
tüehHc-en Mitarbeiter im Betrieb he
ranbilden, der zur Arbe ; t die richtige
Einstellung und zu den Arbeitskame
raden und seinen Vorgesetzten das
rechte Verhältnis findet, ln Zukunft
müßte mehr darauf gesehen werden,
daß nur Personen das Recht zur Lelir-
lingshaltung zuerkannt wird die neben
dem Nachweis der berufsfachlichen
Voraussetzungen und de»” Kenntnis der
öffentlich-rechtlichen Bestimmungen
die Fähigkeiten besitzen, iunge Men
schen in diesem weiteren Sinne Lehr
herr und Meister zu sein.
Diese Forderung muß ihren N’eder-
schlag finden in den Stoffnlänen der
Vorbereitun*rskurse für d'cMei^ternrü-
fungen im Handwerk und in der Re
gelung der Voraussetzungen für Ge
werbezulassung.
Au'bildung in der Berufsschule
Bezüglich der Lage im saarländischen
ßerui&schulwesea verweisen wir auf die
von den Kammern der saarländischen
Regierung eingereichte Denkschrift
vom 28. 2. 1953. Wir geben der Ueber-
zeugung Ausdruck, daß die Regierung
nichts unterläßt, die im Berufsschul
wesen 9ich mehr und mehr abzeich
nende besorgniserregende Entwicklung
soweit als möglich zu verhindern.
Berufliche Fortbildung
Die Notwendigkeit der beruflichen
Fortbildung der Arbeitnehmer ist un
bestritten. Erfreulicherweise sind auf
diesem Gebiet in den letzten Jahren
bereits große Anstrengungen gemacht
und Fortschritte erzielt worden. Wir
denken hier z. B. an das kaufmänni
sche Berufsbildungswerk, die Techni
sche Abendschule und die Gewerbeför
derungslehrgänge im Handwerk. Eine
Frage bedarf einer baldigen befriedi
genden Klärung:
Die Teilnahme an den Einrichtungen
der beruflichen Fortbildung ist für den
Arbeitnehmer mit erheblichen Mühen
und zeitlichen und finanziellen Opfern
verbunden. Wir sind der Auffassung,
daß das so richtig ist und grundsätzlich
auch so bleiben soll, denn dadurch wird
eine gesunde Anslese getroffen. Ande
rerseits aber sollen finanzielle Schwie
rigkeiten dem wirtschaftlich schwach
gestellten Arbeitnehmer den Besuch
von Fortbildungskursen n ; cht unmög
lich machen. Wir halten es daher für
angebracht, daß die Regierung den
Trägerorganisationen der Fortbildungs
einrichtungen Mittel zur Verfügung
stellt, die diesen gestatten, in Härtefäl
len in angemessenem Rahmen Knrsus-
ge^ühren zu erlassen bzw. Fahrkosten
zu erstatten. In Anbetracht des Um
fanges der vom Staat für Mittel- und
höhere Schulen und die Universität
Jährlich zur Verfügung gestellten Mit
tel, dürfte es recht und billig 9ein, für
diesen Zweck iährlich etwa 8—10 Mil
lionen Frs. im staatlichen Haushalt be-
reitzu^llen. Im übrigen wird si'“h die
Kammer noch eingehend m ; t de»' Frage
der Begabtenförderung und der Schaf
fung von Aufstiegsmöglichkeiten für
tüf h f irre innge Arbeitnehmer befassen
und der Regierung zu gegebener Zeit
entsprechende Vorschläge unterbreiten.
Ingendarbeitsschiitz
An die Arbeitskammer werden häu
fig Klagen herangetragen darüber, daß
die Jugendschut^hestimmungen von
den Arbeitgebern zu wenig beachtet
werden. Es hat sich als äußerst schwie-
rigerwiesen, den emzelnen FäMen na f *h-
zugfhen. weil die Jugendlichen in der
Regel hei den offiziellen Stellen keine
Beschwerde zu führen wagen. aus
Angst davor, ihre Arbeit»- bzw. Aus
bildungssteilen zu verlieren, oder weil
sie sonstige Nachteile befürchten. Um
einmal insgesamt einen Ueberblick zu
gewinnen, inwieweit gegenüber Jugend
lichen die arbeitsrechtlichen Bestim -
mungen eingehalten werden, beabsich
tigt die Kammer, bei den Jugendlichen
in den Berufsschulen eine Erhebung
durchzuführen, deren Ergebnis der
Kammer als Ausgangsbasis für even
tuelle weitere Schritte dienen soll. Die
Regierung wird gebeten, die Durchfüh
rung dieser Erhebung zu unterstützen.
Wir halten es für erforderlich, auf
den § 22 des Jugendarbeitssehutzgeset-
zes hinzuweisen, der die Bildung eines
Jugendarbeitsausschusses vorsieht, ihm
aber eine so passive Funktion zuweist^
daß er praktisch nicht arbeitsfähig ist.
Soweit wir informiert sind, ist der Aus
schuß, der durch die Ausführungsver
ordnung vom 10. 3. 1951 ins Leben
gerufen wurde, bis heute erst einmal '
zusammengetreten. Eine baldige Aen-
derung dieses Paragraphen erscheint
uns notwendig. Der Junendarbeitsaus« 4
schuß mußte u. E. das Recht erhalten, 4
aus eigener Initiative zusammenzntre-
ten und ihm richtig erscheinende For- 4
derungen den zuständigen Stellen zu
nnterbrePen. Die Au^führungsverord-f I
nung müßte dahingehend ergänzt wer**
den, daß die Arbeitskammer in dem
Ausschuß vertreten ist.
Berufswahl und Remf«mögliehketteii
der Jugendlichen
Während man in Wirtschafts- und
Arbeitsmarktberichten zur Zeit von
einer Vollbeschäftigung in unserem
Lande spricht, ist die Arheitsverwal-
tung nicht in der Lage, allen Jugend- j
liehen Bernfsanwärtern eine ihrer Nei-^J
gnng und Fignung entsprechende Aus- 1
hiMungsstelle zu vermitteln. Von den
8282 männlichen Schulabgängern des
vorigen Jahres, konnten z. B. bis An- j
fang Oktober noch nicht die Hälfte in
Aus^iHuno-sgtellen nntergebraebt wer
den. Da diese Berufsanwärter die Ar
beitnehmer von morgen sind, und die
mano-elnden Aus 4 iMuna^mö'r'i h’apen
sich zwangsläufig nachteilig auf die
spä + ere. soziale und wirtschaftliche La
ge diese** Arbeitnehmer auswirken
müss°n. sind rech tzeiRa-p Vorbeugungs
maßnahmen unerläßlich. Die Zahl der
.Tofr« n <tp/»be", die au f eine An^bildnngs-
stelle warten, wird sich in den kom
menden Jahren noch erhöhen. Die
Gründe für diese Entwicklung sind be
kannt nnd liegen offensichtlich weni
ger in der mangelnden A»•fn»hmet»e-
reitschaft der Wirtschaft oder in ei-
(Fortse.tzung Seite 12)