verstand sich von selbst. Es dürfte doch wohl
auch niemand Wunder nehmen, daß die Ar
beitnehmer den Vertröstungen auf ein Per
sonalvertretungsgesetz kaum noch Glauben
schenken und den Schwund ihres Vertrauens
in aller Öffentlichkeit verkünden.
Auch zu der Frage der Mitbestimmung
machte Kollege Langhans Ausführungen, die
alle Beachtung verdienen. Der Apparat der
Verwaltungsbütokratie mit seinen Ausstrah
lungen auf die Parlamente bedarf natumot-
wendig eines Gegenpols in den Vertretungen
des Personals, das die Dinge aas einer ande
ren Perspektive sieht und berechtigt sein muß,
seine Auffassung zut Geltung bringen zu kön
nen. Das ist ja überhaupt der tiefere Sinn
einer jeden Mitbestimmung, daß nur sie einen
vernünftigen Ausgleich in den nun einmal
bestehenden Gegensätzen bringen kann. Die
einstimmig angenommene Entschließung der
Ortsverwaltung Neunkirchen läßt über den
konsequenten Standpunkt des I. V. öffent
liche Betriebe und Verwaltungen in dieser
Frage, der auch von der gesamten Einheits
gewerkschaft geteilt wird, keine Zweifel auf-
iommen:
„Wir protestieren gegen die AusklamnIrrung
des öffentlichen Dienstes aus dem verab
schiedeten Betriebsverfassungsgesetz. Auch
hier müssen war mit Empörung die Ver
letzung des gleichen Artikels 47 der Ver
fassung feststellen. Wie können Regierung
und Landtag rechtlich und moralisch von
den Bürgern die Respektierung der Ver
fassung und der Gesetze verlangen, wenn
sie selbst fortgesetzt diesen Gesetzen zu
widerhandeln. W ir lehnen es ab, noch län
ger die systematische und verfassungswid
rige Aufsplitterung der Arbeitnehmerschaft
zu erdulden und uns weiterhin als Arbeit
nehmer und Bürger 2. Klasse Irehandeln
zu lassen“.
Zeitgemäßes Beamtengesetz, Besoldungsre
form, Erhöhung der Löhne und Gehälter, er
höhte Sicherung des Arbeitsplatzes, Erhöhung
des Plafonds in der Sozialversicherung seien
nur als bescheidene Auswahl der Fragen an
geführt, die auf dem Kongreß ventiliert und
in einer Fülle angenommener Anträge präzi
siert wurden. Der neuen Verbandsleitung wird
es in den nächsten 2 Jahren ihres Wirkens,
also an Aufgaben nicht fehlen und es wird
schon ihres ganzen Einsatzes bedürfen, aber
auch der vollen Unterstützung aller Mitglie
der, wenn sie der Verwirklichung dieser Ziele
näher kommen will. Diese Entschlossenheit
brachte der Kongreß zum Ausdruck und wir
glauben bestimmt keine Phrase zu gebrau
chen. wenn wir ihn als Markstein in der noch
jungen Geschichte des Verbandes bezeichnen.
Aus den industrieverbdnden
Industrieverband Bau- und Holzgewerbe
Der Industrieverband Bau- und Holzgewerbe
führt in Saarbrücken folgende Versammlungen
durch, auf die die Mitglieder schon heute Rin-
gewiesen werden:
28. 11. 1954
vorm. 10 Uhr im Lokal Treffpunkt, Saarbrücken 3,
Dudweilerstraße, Referent: Kollege Diehl.
19. 12. 1954
vorm. 10 Uhr im Lokal Antoni, Saarbrücken 2,
Lebacher Straße, Referent: Kollege Munari.
23. 1. 1955
vorm. 10 Uhr im Lokal Zur Tante, Saarbrücken 1,
Am Neumarkt, Referent: Kollege Diehl.
*
I. V. Handel. Banken, Sparkassen
und Versicherungen
Der IV Handel, Banken, Sparkassen und Ver
sicherungen der Einheitsgewerkschaft hat an den
Herrn Arbeitsminister den schriftlichen Antrag
gestellt, den § 105 b) Abs. 2 der Gewerbeord
nung, Ausnahmegenehmigung für verkaufsoffene
Sonntage dahingehend abzuändem, daß im Jahre
nur 2 verkaufsoffene Sonntage, und zwar vor
Weihnachten genehmigt werden.
Unter dem 4. November 1954 teilt der Arbeits-
minister mit, daß er die Auffassung des Industrie
verbandes teilt:
,,Die Ausnahmebestimmungen über die grund
sätzlich vorgeschriebene Sonntagsruhe Im Han
delsgewerbe sind im § 105 b) Abs. 2 Gewerbe
ordnung festgelegt. Danach kann die örtliche
Polizeibehörde an 6 Sonn- und Festtagen und die
höhere Verwaltungsbehörde an weiteren 4 Sonn-
wnd Festtagen im Jahr eine Beschäftigung von
Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern im'«Handels
gewerbe zulassen. Sofern eine solche Regelung
von einer Ortspolizei- oder höheren Verwaltungs
behörde getroffen wird, dürfen auf Grund des
§ 41 a GO zwangsläufig die Verkaufsgeschäfte an
den betreffenden Sonn- und Festtagen geöffnet
sein. Aus dieser Sachlage geht hervor, daß nicht
das Arbeitsministerium, sondern die Ortspolizei
behörde bzw. das Innenministerium für Entschei
dungen über Anträge betr. die Freigabe von
Sonn- und Festtagen für den Geschäftsverkehr
zuständig ist.
Da ich Ihre Auffassung, daß nur 2 verkaufs
offene Sonntage vor Weihnachten genehmigt
4
werden sollen, teile, habe ich in verschiedenen
Schreiben den Herrn Minister des Innern ge
beten, sicherzusiellen, daß keineswegs mehr als
2 Sonntage vor Weihnachten für den Geschäfts
verkehr freigegeben werden.
Ich lege Ihnen nahe, Ihre Auffassung zu dem
Fragenkomplex sowie Ihre diesbezügl. Wünsche
und Ihre Anregungen hinsichtlich der Aenderung
des § 105 b) Abs. 2 GO auch dem dafür zustän
digen Herrn Minister des Innern unmittelbar zu
unterbreiten.
1. V. Verkehr und Transport
Unsere Klage wegen der Einbeziehung der Stra
ßenbahn in das Betriebsverfassungsgesetz wurde
in erster Instanz von dem Verwaltungsgericht ab
gewiesen. Die Angelegenheit wurde von uns in
zwischen vor dem Oberverwaltungsgericht an
hängig gemacht, dessen Entscheidung abgewartet
werden muß, ehe der Verband weitere Schritte
unternimmt. Vor Abschluß des Rechtsverfahrens
nehmen wir davon Abstand, eine Stellungnahme
in der Oeffentlichtkeit zu beziehen.
*
Berichtigung!
In der Nummer 10 der „Arbeit" ist bei der
Veröffentlichung der Lohnvereinbarung in
der Nahrungs- und Genußmittelindustrie des
Saarlandes ein Druckfehler unterlaufen.
In der Gruppe 6a) Handwerker aller Art
mit Lehrzeugnis bzw. Fachprüfung usw. muß
es heißen statt 132,72 ffrs. 155,72 ffrs.
Red.
SPITZENSORTE
250Gr. ?0. Frs.
irhäitlkb ln allin A$KQV*ft*ilunosst*ll*n d«s Saarland**
Juqendkcnzerle mit neuer Musik
Die Reihe der Jugendkonzerte in der Wart
burg wurde mit Hindemith’s sinfonischen Me
tamorphosen für Orchester über Themen von
Karl-Maria von Weber eröffnet.
Es war gut, daß Dr. Michl dieses Konzert
an den Anfang stellte. Es befreit den Zu- 1
körer durch seine mitreißende Spielfreudig- j
fceit von jeder gekünstelten Zurückhaltung, ]
wie sie die Atmosphäre des Konzertsaales
leicht verbreitet, nimmt die falsche Ehrfurcht
und auch ihr Gegenteil, den Hochmut des
Kenners und schafft damit die Vorurteils
losigkeit, die für das Aufnehmen der moder
nen Musik unerläßlich ist.
Hindemith’s Musik ist reine Freude am
Spiel der Töne und der Instrumente. Der
Rückgriff auf die Themen des Romantikers
Weber und die Wandlung, Gestaltung und
Anpassung dieser Themen im neuen Gewand
zeigen, daß Hindemith die große Tradition
fortsetzen will, ohne aber auf die reizvolle
Neuartigkeit des zeitgenössischen Klangbildes
zu verzichten. An keiner Stelle hätte man
sagen können, das sei schon irgend einmal
dagewesen, man hätte bei irgendeinem ande- j
ren Komponisten ähnliches gehört. Aber
wesentlicher:, als die Eigenart des Kompo
nisten ist die Schönheit seiner Musik. Meister- ^
hafte Beherrschung aller technischen und kom- •
positorischen Möglichkeiten, gepaart mit siche
rem Gefühl für künstlerisches Gleichgewicht
und der unerschöpfliche Reichtum der musika
lischen Inspirationen lassen diese Musik unter
den zeitgenössischen Werken „klassisch“, das
heißt vorbildlich erscheinen.
Das Violinkonzert von Alban Berg, das der
junge, ungewöhnlich begabte französische
Geiger Christian Ferras spielte, bildete eine
Vertiefung des musikalischen Erlebnisses.
„Requiem für Marion" bat der Komponist
sein Werk übersthrieben. Es zeugt von tiefer
Innerlichkeit, die auch durch das technische
Mittel der Zwölf-Ton-Musik nicht abgegrenzt
wird. Wer glaubt, daß die moderne Musik
lediglich ein Ausdruck der verworrenen Zeit
läufe sei und die Rast- und Heimatlosigkeit
ausdrücke, muß nach den Werken Hinde
mith’s und Alban Berg’s bekennen, daß auch
in der Musik unserer Zeit alle Werte enthal
ten sein können, die ein Kimstwerk zeitlos
machen. Der im Violinkonzert ein geflochtene
Bach’sche Choral zerriß das Gefüge der Zwölf- ^
Ton-Musik durchaus nicht und zeigte, daß
sich die neue Musik ihrem Wesen nach wenig
von der überlieferten abhebt. Der Geiger
vergaß während des Spieles die technischen
Schwierigkeiten seiner Partie und interpre
tierte Dank seines musikalischen Vermögens
das Konzert eindringlich und überzeugend.
Es wird nicht vermessen sein, diesem jungen
Manne eine große Zukunft als Geiger voraus
zusagen.
Die Sinfonie Nr. 2 von Alexander Borodin
beschloß das Konzert. Es stand in keinem un
mittelbaren Zusammenhang zu dem vorher
gehörten und darf, ohne daß damit ein Wert
urteil ausgesprochen sei, als eine Konzession
an das Publikum betrachtet werden.
Die Begegnung mit Werken zeitgenössischer
Musik,, junger Musik, die dem Namen „Jugend
konzert“ eine glückliche zweifache Auslegung
gestattet, wird im nächsten Konzert fortge
setzt: Von Boris Blacher die „Konzertante
Musik“ und von Heinrich Konietzny ein
Violinkonzert. Da es zu den dankenswerten
Gepflogenheiten bei der Aufführung in der
Wartburg gehört, daß Dr. Michl jedes Werk
eingehend erläutert, beschränken wir uns auf