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Januar 1954
Mit dem Tod des Arbeitnehmers en-
dei das Arbeitsverhältnis stets.
5. Durch Erreichung des Zweckes,
wenn ein Arbeitnehmer für die Ver
richtung einer bestimmten Arbeit ein
gestellt wurde (Beseitigung der Trüm
mer eines Hauses).
6. Durch Streik
Die weit verbreitete Ansicht, ein
Streik würde das Arbeitsverhältnis
ohne weiteres aufheben, ist falsch. Der
Streik kann zwar eine beharrliche Ar
beitsverweigerung und damit einen
wichtigen Grund zur fristlosen Entlas
sung bedeuten.
7. Durch Kündigung
Da in der nächsten Ausgabe unseres
Verbandsorganes mit einer Fortset
zungsfolge über Kündigungsrecht und
Kündigungsschutz begonnen wird, ver
zichten wir hier auf nähere Ausführun
gen. E. L.
Kündigung während des Urlaubs
Eine interessante Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in Wien
Zwei Arbeitnehmerinnen eines österrei
chischen Textilbetriebes wurde das Be
schäftigungsverhältnis während des Ur
laubs mit Zustimmung des Betriebsrates
gekündigt. Die Kündigungsfrist lief 2 Tage
nach Urlaubsende ab. Die beiden Arbeit
nehmerinnen nahmen ihre Arbeit nach
Beendigung des Urlaubs für 1/2 Schicht
wieder auf und benutzten die restlichen
11/2 Tage zur Arbeitssuche. Der Unter
nehmer zahlte für diese Zeit den Lohn
weiter. Die Arbeiterinnen forderten jedoch
darüberhinaus die Zahlung einer Kün
digungsentschädigung in Höhe von 2 Wo
chenlöhnen. Gegen die Entscheidung des
Arbeitsgerichts wurde Berufung und ge
gen das Urteil des Landesgerichts für
Zivilrechtssachen (entspricht unserem Lan-
desarbeitsgerieht — die Redaktion) Revi
sion eingelegt, sodaß sich der Oberste
Gerichtshof in Wien mit der Klage be
fassen mußte.
Der Oberste Gerichtshof gab in sei
nem Urteil der Klage der Textilarbeite
rinnen statt. In seiner Entscheidungsbe-
grüudung führte er u. a. aus, daß einem
Arbeiter nur dann zuzumuten sei, sei
nen Urlaub während der Kündigungszeit
zu nehmen, wenn der Hauptzweck des
Urlaubs — die Erholung — nicht verhin
dert werde. Eine Kündigung während des
Urlaubs dürfe ebenfalls nur unter Be
rücksichtigung dieses Gesichtspunktes aus
gesprochen werden. Da es sich in vor
liegendem Falle um Arbeitnehmerinnen
handelt, für die eine Kündigungsfrist von
14 Tagen gilt, überschritt die Kündigungs
frist den Urlaub nur um 2 Tage. In
folge dieses Umstandes waren die Ar
beitnehmerinnen gezwungen, wollten sie
nicht nach ihrem Urlaub erwerbslos sein,
während des Urlaubs auf Arbeitssuche zu
gehen. Durch das Bemühen um eine neue
Arbeitsstelle und die damit verbundenen
Existenzsorgen ist der Erholungszweck
vereitelt worden.
Das höchste österreichische Gericht ver
tritt mit diesem Urteil die Auffassung,
daß bei kurzen Kündigungsfristen das
Verlegen noch zustehenden Urlaubs in
die Kündigungszeit oder eine Kündigung
wahrend des Urlaubs nur dann zulässig
sind, wenn der Erholungszweck des Ur
laubs durch Kündigung nicht ver
eitelt wird. Es kann wohl mit Recht an
genommen werden, daß dies in der Re
gel durch die mit einer Auflösung des
BeschäftigungsVerhältnisses für den Ar
beitnehmer verbundenen Sorgen um Ar
beit und Brot geschieht. Trotzdem die Ur-
laubVerteilung während der Kündigungs
frist und die Kündigung in der Urlaubs
zeit auch in Oesterreich nicht ausdrück
lich durch Gesetz verboten sind, verstößt
eine derartige Handlungsweise gegen die
Absicht des in Oesterreich geltenden Ge
setzes über den Erholungsurlaub.
Der Oberste Gerichtshof schränkt seine
Entscheidung allerdings insoweit ein, als
er nur bei kurzen Kündigungsfristen eine
Verhinderung des Urlaubsz weckes aner
kennt. Er geht davon aus, daß bei Jan-
geren Kündigungszeiten die Erholung des
Arbeitnehmers nicht beeinträchtigt wird,
da in derartigen Fällen der Arbeitnehmer
erst längere Zeit nach seinem Urlaub aus
dem Unternehmen ausscheidet un<J so
mit nicht unmittelbar von einer Arbeits
losigkeit bedroht ist Er hat nach dem
Urlaub noch genügend Zeit, einen an
deren Arbeitsplatz zu suchen.
Im Zusammenhang mit der Entschei
dung des Obersten Gerichtshofes in Wien
ist noch etwas unerfreuliches zu erwäh
nen, Wenn schon die Zustimmung des
Betriebsrates zum Wirksam werden einer
Kündigung erforderlich ist, hätte der Be-!
triebsrat im Falle der beiden Textilarbei
terinnen seine Zustimmung verweigern
sollen. Wenn hiergegen triftige Gründe
Vorlagen, mußte die Belegschaftsvertre
tung zumindest die Bedingung stellen.}
den Arbeitnehmerinnen dürfe erst
ihrer Rückkehr vom Urlaub gekünd 1
werden. Der Betriebsrat hat in diesem
Falle so gehandelt, wie er unter keinen
Umständen handeln durfte.
Im übrigen können wir dem Urteil des
Obersten Gerichtshofes in Wien nur zu
stimmen. Wir hoffen, daß es sich auch
auf unsere Arbeitsgerichte befruchtend
auswirkt.
Wie lange dar! ein Probearbeitsverhältnis dauern?
Im Hinblick auf das kommende KQndi-
gungsschutzgesetz ist der nachstehende
Artikel, den wir der Zeitschrift „Der
Funktionär“ entnehmen, von Interesse.
Oft geht der Anstellung auf unbestimmte
Zeit ein Probearbeitsverhältnis voraus, da*
dem Arbeitgeber Gelegenheit geben soll, zu
ß rüfen, ob der neue Mitarbeiter sich für die
urchführung der ihm übertragenen Auf
gaben eignet. Hierbei entsteht oft die Fra
ge, ob gesetzliche Bestimmungen darüber
bestehen, wie lange ein solches Probear
beitsverhältnis ausgedehnt werden darf.
Gesetzliche Bestimmungen über die Dauer
der Probezeit bestehen lediglich für das
Lehrverhältnis sowie für die Beschäftigung
von Schwerbeschädigten.
Nach § 77 des Handelsgesetzbuches, §
25 der Handwerksordnung und § 127 b der
Gewerbeordnung gilt für kaufmännische
und gewerbliche Lehrlinge, daß die Probe
zeit nicht mehr als drei Monate betragen
darf. Das Lehrverhältnis kann währenddes
ersten Monats bzw. der ersten vier Wo
chen jederzeit ohne Einhaltung einer Kün
digungsfrist, also durch einseitigen Rück
tritt, aufgelöst werden. Nach Ablauf die
ser Zeit ist jedoch eine fristlose Kündigung
nicht mehr möglich, wenn der Lehrherr
die Ungeeignetheit des Lehrlings während
dieser Zeit erkannte, wie das Landesar-
beitsg^richt Stuttgart in einer Entscheidung
vom 8. Oktober 1951 (III Sa. 71/71) ent
schieden hat.
Nach § 19 Abs. 2 des Schwerbeschädig
tengesetzes ist die Zustimmung der Haupt
fürsorgestelle zur Auflösung eines Probe
arbeitsverhältnisses nicht erforderlich.
Hierbei spielt es keine Rolle, ob def
Schwerbeschädigte im Rahmen der Pflicht
zahl eingestellt worden ist oder ob er dar
über hinaus beschäftigt wurde. Das Pro
bearbeitsverhältnis des Schwerbeschädigten
darf jedoch nicht länger als drei Monate
andauern.
A
Außerdem können Tarifverträge, Tar
Ordnungen oder Betriebsordnungen Bestim
mungen über die Dauer des Probearbeits
verhältnisses enthalten, die im einzelnen zu
beachten sind. Diese Regelungen schrei
ben meist die Zeit vor, bis zu der höch
stens ein Probearbeitsverhältnis vereinbar!
werden darf. Sie sehen als Höchstdauer ei
nes Probearbeitsverhältnisses meist drei
Monate vor. Die Vertragspartner kön
nen innerhalb dieses Rahmens die Dauer
der Probezeit vereinbaren, Hierzu hat in
jüngster Zeit hat das Landesarbeitsgericht
Stuttgart in einem Urteil vom 28. Augus!
1953 (II Sa. 124/53) entschieden, daß eine
solche Begrenzung der Dauer eines Probe
arbeitsvernältnisses durch Tarifordnung
eine Verbotsvorschrift strikten Inhalts isi
die im einzelnen Fall die Anwendung voi
Billigkeitsgesichtspunkten im Wege rich
terlicher Nachprüfung nicht zuläßt. Ein
Arbeitgeber darf also in derartigen Falles
die Höchstdauer des Probearbeitsverhält-
nisses, wie sie in Tarifverträgen. Tariford
nungen oder Betriebsordnungen vorge