Full text: 1954 (0009)

Krankenversicherung des Saarlandes 
Weitere Sachleistungen: 7. Fortsetzung 
Brillen, Bruchbänder, kleinere und grössere Heilmittel, HiHsm Uel 
r Nicht immer werden die beiden wichtigsten 
Faktoren der Heilbehandlung, niimlieh ärzt 
liche Behandlung und Versorgung mit Arzneien 
ausreichen, um den Heilerfolg sieherzustellen. 
Oft sind auch — entweder durch körperliche 
Anlage oder den Verlauf der Krankheit be 
dingt — Heilmittel erforderlich, denen die 
Aufgabe zufällt, den Krankheitsverlauf zu mil 
dern oder auch eine Wiederherstellung der Ar 
beitsfähigkeit zu erreichen. 
Heilmittel namentlich mit der „Versorgung mit 
Brillen, Bruchbändern und anderen kleineren 
Heilmitteln“ festgelegt. 
Beim Vorliegen der versicherungsrechtlichen 
Voraussetzungen sind diese Sachleistungen den 
Mitgliedern als Regelleistung in vollem Um 
fange und für Familienmitglieder in Höhe 
von 50°/» der Kosten durch den Krankenver 
sicherungsträger zu gewähren. Darüber hinaus 
ist für Familienmitglieder die satzungsmäßige 
Erhöhung des Kostenanteils (als Mehrleistung) 
Der Gesetzgelrer hat den Umfang der im 
Rahmen der Krankenpflege zu gewälircnden 
gesetzlich zulässig. Die nachfolgende Über 
sicht möge dies verdeutlichen. 
Sachleistung 
Mitglieder 
Regelleistung 
Familienmitglieder 
Regelleistung: | Mehrleistung: 
Brillen, Bruch 
bänder einschL 
ihrer Instand 
setzung 
Volle Kosten der ärztl. ver 
ordneten Brillen od. Bruch 
bänder; ebenso etwaige 
Reparaturkosten in vollem 
Umfange 
Verordnungsblattgebühr: 
25.— Fr. 
50° »der Koster. | Bis zu 80*/a d. Kosten 
der ärztlich verordneten Brillen oder 
Bruchbänder; ebenso etwaige Reparatur 
kosten in gleicher Höhe 
Die gesonderte Aufführung der Brillen und 
Bruchbänder im Gesetz hat zur Folge, daß 
diese Kosten im Falle der begründeten Not 
wendigkeit ohne Rücksicht auf ihre Höhe zu 
übernehmen sind. Die beispielsweise für klei 
nere Heilmittel festgesetzte Wertgrenze spielt 
hierbei — wie noch festzustelfen sein wird — 
keine Rolle. 
In diesem Zusammenhang sei ein kleiner 
beherzigenswerter Hinweis gestattet. 
Während Bruchbänder im allgemeinen nicht 
den „modischen Erscheinungen“ unterworfen 
sind, weil sie eben zwangsläufig verborgen ge 
tragen werden müssen, kann dies von den 
Brillen leider nicht behauptet werden. Was da 
an Modetorheiten von den daran interessierten 
Kreisen — insbesondere für unser«; Damen 
welt — gekreiert wird, übersteigt schon fast 
das für einen normalen menschlichen Verstand 
Faßbare. (Siehe Sonnenschutzbrillen, um nur 
ein Beispiel zu nennen.) 
Wie oft wird erklärt: „Ja, die Kranken 
kasse, die zahlt ja als Kassenbrille nur ein 
Nickelgestell mit einfachen (!) Gläsern, gewis 
sermaßen eine Brille im 08,15-Format .... 
Und überhaupt, was die Krankenkasse schon 
liefert, das taugt ja doch nichts, weils nichts 
kosten darf!“ 
Wieviele derartige Kritiker haben sich aber 
in Wirklichkeit einmal in einem zur Kassen 
lieferung zugelassenen optischen Fachgeschäft 
diese vielgeschmähte „Kassenbrille“ vorlegen 
lassen? Sie würden jedenfalls überrascht sein, 
dabei feststellen zu müssen, daß bei dieser 
Brille die Gläser in Horn gefaßt und die Bügel 
in durchaus zweckmäßigem und geschmack 
vollem Nickel gehalten sind. Allerdings gibts 
auch im optischen Gewerbe Lieferanten, die 
aus begreifliehen Cründen das ihrige dazutun, 
um das „Kassengestell“ in dem Ansehen des 
Kunden herabzusetzen oder um seine Eitel 
keit zu wecken. Doch sind dies erfreulicher 
weise Ausnahmeerscheinungen. 
Es wurde früher schon einmal erwähnt, daß 
für den Leistungsumfang der Krankenversiche^ 
rung stets der Grundsatz bestimmend ist: 
Die Krankenpflege — und dazu gehören 
auch die Brillen — muß ausreichend und 
zweckmäßig sein, sie darf aber das Maß 
des Notwendigen nicht überschreiten. 
Aber in der heutigen Zeit des „inehr schei 
nen als sein“ will man ja garnicht mehr das 
Notwendige, nein, es muß etwas „besseres“ 
oder — um die sprachliche Mißgeburt zu ge 
brauchen - „etwas unnotwendiges“ sein. Schon 
ganz einfach aus dem Beweggründe, daß der 
Kollege X oder die Kollegin Y auch so eine 
„bessere Brille“ hat. Nach Möglichkeit will 
man dabei den lieben Mitmenschen durch eine 
noch luxuriösere Ausführung übertrumpfen. 
Selbst bessere Gläser werden heute vielfach — 
ohne die geringste medizmisdie Notwendigkeit 
— gefordert, schon deswegen um im Bekann 
tenkreis zum Beispiel in der Weise prunken 
zu können: „Ich habe mir Punktalgläser ma 
chen lassen, die „einfachen“ taugen ja doch 
nichts!“ Olme daß sich der oder die Betref 
fende über den Wert oder Unw ert von Punk- 
talgläsem für ihre eigene Person — von den 
technischen Unterschieden ganz zu schweigen 
— jemals Gedanken gemacht haben. 
In den wenigen medizinisch begründeten 
Fällen, die besondere Gläser erfordern, wird 
Mitglieder: 
Familien 
mitglieder: 
Regelleistung: 
Volle Kosten bis zu 
der ärztl. verordneten kleineren Heil- 
4 000.— Fr. 
mittel 
Verordn.-Blattgebühr 25.— Fr. 
Bei ansteckungsgefährlichen Geschlechts 
krankheiten entfällt die Verordnüngs- 
blattgebühr 
50 •/* der Kosten, höchstens 
2 000.— Fr. 
der ärztl. verordneten kleineren HeiT- 
mittel 
Bei ansteckungsgefährlichen Geschlechts 
krankheiten volle Kostenübernahme 
der Krankenversicherungslräger auch die Be 
zahlung dieser Brillengläser übernehmen. (Zum 
Beispiel: Kombinierte Nah- und Fernbrille 
(Doppelfocusgläser) für ganz bestimmte Be 
rufszweige. 
Wenn früher einmal ein Mensch mit dunk 
ler Brille auf der Straße erschien, so war dies 
etwas außergewöhnliches und ein jeder ver 
mutete, daß der Betreffende irgendeine schwere 
Augenerkrankung hatte. Doch heute — heute 
ist der Sonuenbrillenkult — sichtbar manife 
stiert in einer uniiberwmdlkhen Lichtscheu — 
ausgebrochen, der von der „verhinderten Greta 
Garbo über den Typ des männlichen Angebers 
bis hinab zum Kleinkind gehuldigt wird. (Bei 
den Kleinkindern sind uärHeb die be> 
sorgten, unvernünftigen Eiiena der schuldige 
Teil.) Entweder haben die Sonnenstrahlen eine 
derart verheerende Wirkung im Verhältnis zu 
unserem Augenlicht angenommen oder aber 
wir sind um eine Degenerationserscheinung — 
vornehmer ausgedrückt: Inaktivitätserscheinung 
— reicher geworden. Nichts gegen die Not 
wendigkeit von fjonnenschutzbrillen in be 
stimmten Berufszweigen, aber alles gegen ge 
wisse „Strandbaderscheinungen“ und der gl. 
mehr. 
Die Sache wird geradezu gesundheitsschäd 
lich, bedient man sieh bedenkenlos der im ein 
schlägigen Handel erhältlichen Sonnenbrillen. 
Würde zum Beispiel ein Arzt auf dem Bezept 
vermerken: Eine Arznei und die Auswahl der 
für den Patienten geeigneten dem Apo 
theker überlassen, so würde sich der Patient 
berechtigterweise hierüber bei seiner Kranken 
kasse he schwerem. Aber eine Sonnenbrille zu 
kaufen, das kann jeder selber erledigen, denn, 
es handelt sich ja „nur“ um seine Augen. 
Abgesehen von den möglicherweise eintreten 
den gesundheitlichen Schädigungen wird dann 
noch versucht, diesen Sonnenbrillenhunger auf 
Kosten der Krankenversicherung zu finanzieren. ‘ 
Vielleicht wird es einer späteren Generation 
Vorbehalten bleiben, über die jetzt grassierende 
Seuche mitleidig zu lächeln, dann, wenn der 
Wert des Sonnenlichts richtig erkannt und ge 
nutzt wird. An Ansätzen hierzu fehlt es schon 
heute nicht. 
Kleinere Heilmittel 
Hierunter faßen begrifflich alle die Heil 
mittel, die wertmäßig einen gewissen Betrag 
nicht übersteigen, w'ie Fußemlagen, Leibbin 
den, Gummistrümpfe, Krankenpfiegeartikel 
und dergl. mehr. Ein Heilmittel dient als 
Helfer dazu — w'ie das Wort schon sagt — 
um eine Krankheit zu heilen, zumindest zu 
mildem. 
Der Le ist ongsuinfang ist folgender; 
(Soweit es LVA und Eisenbahnbetriebskran 
kenkasse betrifft): 
Mehrleistung: 
8G 9 /* der Kosten, höchstens 
3 200.— Fr. 
der ärztl. verordneten kleineren 
mitte! 
Heil-
	        
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