Reallohnvergleich so durchgeführt, daß die in
die Berechnung des Index für die Kosten der
Lebenshaltung einbezogenen Waren und
Dienstleistungen einmal in Franken, einmal
V m DM ausgedrückt und die sich ergebenden
Franken- und Markbeträge gleich gesetzt wer
den. Zur Zeit ergibt sich auf diese Weise
zwischen dem Saarland und der Bundesre
publik eine Kaufkraftparität von etwa 108
Franken =1 DM. Mittels dieses Kaufkraft-
Umrechnungskurses können die Löhne ge
meinsam in der einen oder anderen Währung
ausgedrückt und so verglichen werden.
Die Kaufkraftparität von 108 Franken für
1 DM gilt jedoch nicht unbeschränkt. Das
ergibt sich daraus, daß die in die Berechnung
des Lebenshaltungskostenindex einbezogenen
Waren und Dienstleistungen von dem üb
lichen Verbrauch einer Arbeiterfamilie mitt
leren Einkommens ausgehen. Soll die er-
rechnete Parität auch für höhere Ein
kommenschichten gelten, so muß vorausge
setzt werden, daß die Preise der Güter des
„gehobenen Bedarfs“ in den Vergleichsge
bieten in einem ähnlichen Verhältnis zuein
ander stehen wie die Preise des „Massenbe-
darfs“. Dies trifft im Vergleich zwischen dem
französischen Wirtschaftsraum und der Bun
desrepublik jedoch nicht zu, da im franzö
sischen Wirtschaftsraum die Spanne zwischen
den Preisen für die Güter des Massenbe
darfs und des gehobenen Bedarfs relativ grö
ßer ist. Eine Beschäftigungsgruppe, die bei
spielsweise im Saarland 60 000 Franken mo
natlich bezieht, ist Einkomuiensempfängem
von 555 D-Mark (= 60 000 : 108) nur inso
weit gleichgestellt, als sie Güter des Massen
bedarfs bezieht. Für die überschießenden An
schaffungen Ist sie jedoch weniger gut ge
stellt. Lohneinkommen in der Bundesrepu
blik und im Saarland sind also nur bei Be
schränkung auf die unteren und mittleren
Einkommensschichten auf diese Weise in
ihrer Kaufkraft voll vergleichbar zu machen.
Sollen nicht nur die Verdienste in be
stimmten Berufssteilungen verglichen werden,
sondern repräsentative Zusammenfassungen,
wie etwa der Lohn im Durchschnitt für alle
Industriearbeiter in verschiedenen Ländern,
so ist zu bedenken, daß die Zusammensetzung
der Industrie in diesen Ländern oft recht un
terschiedlich sein wird, und daß das Ergeb
nis zwar über das effektive Arbeiter-Eipkom-
men etwas aussagen wird, nicht aber über
das Lohnniveau. Beispielsweise ist der durch
schnittliche Lohn für alle Industriearbeiter
in dem extrem-scbwerindustriellen Saarland,
in dem die Löhne der Hüttenarbeiter, die ne
ben den Bergleuten an der Spitze der Lohn
hierarchie stehen, stark ins Gewicht fallen,
nur unvollkommen vergleichbar mit dem
Durchschnittslohn für alle Industriearbeiter
der Bundesrepublik oder selbst Nordrhein-
Westfalens, wo die niedrigen Löhne in der
ausgedehnten Textilindustrie den Lohndurch
schnitt drücken. Die Voraussetzungen eines
exakten Vergleiches des Lohnniveaus sind
stets nur bei gleicher Industriestruktur gege
ben.
Trotz aller Schwierigkeiten werden jedoch
Lohnvergleiche angestellt werden müssen. Es
PAPST PIUS XI
Jedem soll also sein Anteil zukommen;
im Ergebnis muß die Verteilung der
Erddngüter, die heute durch den ungeheu
ren Gegensatz von wenigen Überreichen
und einer unübersehbaren Masse von
Eigentumslosen aufs schwerste gestört ist
— keiner, der das Herz am rechten Fleck
hat, kann sich darüber einer Täuschung
hingeben — wieder mit den Forderungen
des Gemeinwohls bzw. der Gemeinwohl
gerechtigkeit in Übereinstimmung gebracht
werden. (Quadragesimo anno)
Die Gesdiidile hat eindrucksvoll erwie
sen, daß die elementaren Belange der
Gemeinsdiaft in einem Zustand radikaler
Marktwirtschaft nicht gewahrt, sondern
vielmehr in folgenschwerster Weise ge
stört werden. Marktfreiheit als Doktrin
ist Unfug! Den Traum einer ,,Ordre na-
turel“ kann kein Vernünftiger mehr als
realen Lebensplan der Gesellschaft ver
folgen.
Ebenso ist in der westlichen Welt die
Vorstellung als illusionär abgetan, daß
Staat und Wirtschaft in eins verschmel
zen sollten. In dieser Erkenntnis werden
die Menschen im Westen nodi bestimmt
von dem, was sie an Erfahrung in den
Sowjetgebieten zu erleben glauben, ob
wohl die selbstgefällige Gleichgültigkeit,
der Mangel an einem tieferen Interesse an
den östlichen Erscheinungen den Anspruch
auf ein Urteil stark mindert.
In der sozialistischen Bewegung, der
maßgeblidien politischen Repräsentation
der Industriearbeiterschaft ringen seit
Jahrzehnten revisionistische und orthodoxe
Strömungen miteinander, Gruppen und
Anschauungen, denen die allgemeinen
menschlidien Inhalte das Entscheidende
sind, mit soldien, die für die Verwirkli
chung des Ziels der sozialen Befreiung und
Befriedung eine feste doktrinäre Vorstel
lung hatten. Die enge Bindung der inhalt
lichen Grundsätze an ein Entwicklungs
bild, das zeitbedingt entstanden und mit
geradezu übermenschlicher Intensität for
muliert war, hat die Bewegung immer
und immer wieder in den tiefsten Zwie
spalt mit den Anforderungen des prakti
schen Lebens gebracht. Der Prozeß der
ist dabei in jedem Falle erforderlich, daß
vorher die technischen Voraussetzungen der
Anpassung der verschiedenen Lohnkonstruk
tionen. und des glichen Lohnumfanges her
gestellt werden. Der Betrachter aber muß
sich stets der Fragwürdigkeit bewußt bleiben
die einem Reallohnvergleich zwischen Ge
bieten mit verschiedenen Lebens- und Ver-
brauchsgwohnheiten mangels eines absoluten
Maßstabes anhaftet, der erlaubt, die Höhe
des durch den Nominallohn erreichten Le
bensstandards festzustellen. Vergleiche globa
ler Lohndurchschnitte werden darüber hinaus
häufig wegen der verschiedenen Zusammen
setzung der verglichenen Aggregate nach
'konstitutiv hoch oder niedrig entlohnten Er
werbszweigen irreführend sein.
Desillusionierung erreicht in unserer Zeit
offenbar ihren Höhepunkt mit d< Gefahr,
daß die inneren Absichten, die moralischen,
menschlichen und sozialen Antriebe, denen
man häufig in zu doktrinärer Form
diente, sich auflösen. Das wäre nicht nur
für die Organisationen der Arbeiterschaft
eine Gefahr.
Es würde eine Periode ebenfalls un
fruchtbarer Auseinandersetzungen einlei
ten. Der Bereitschaft zu sozialem Realis
mus „von links*“ würde ein Laisser-faire-
Doktrinarismus „von rechts“ gegenübe; -
treten. Viele Merkmale in der Diskussion
um die Marktwirtschaft zeigen ziemlich
deutlich solche Anzeichen programma ri
scher Verhärtung. So, wenn in sturer-
Weltanschaulichkeit die wirtschaftliche
Betätigung öffentlicher Körperschaften
auch dort bekämpft wird, wo klare Vor
aussetzungen natürlicher Monopole gege
ben sind oder der gemeinwirtschaftliche
Wohnungsbau pauschal angegriffen wird.
Darüber hinaus bemühen sich Kräfte dok
trinärer Programmatik, eine naive Gläu
bigkeit zu suggerieren, gegen die die Ar
beiterschaft sich entschieden wehren muß.
In unserer Gegenwart muß es darauf an
kommen, ein zeitgemäßes Optimum so
zialer Organisation zwischen den weltan
schaulichen Extremen zu finden.
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Gemeinwirtschaft in der Marktwirtschaft
Blosser Wechsel der Doktrinen ist kein Fortschritt
Von W. Vollmer
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