Full text: 8.1954 (0009)

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Zehn Gebote 
eines schlechten Gewerkschaftlers 
1. Besuche keine Versammlungen. 
2. Wenn du kommst, komme zu spät. Dann 
gehe wieder fort, bevor du recht Platz ge 
nommen hast. 
3. Wenn das Wetter schlecht ist, so komme 
natürlich nicht. 
4. Wenn du auch keine Versammlung be 
suchst,' so schimpfe gleichwohl über die Be 
schlüsse und die Arbeit des Vorstandes. 
5. Nimm nie ein Amt an, da es leichter ist,’ 
zu kritisieren/ als selbst etwas zu leisten und 
mitzuarbeiten. 
6. Trotzdem sei aber gekränkt, wenn du 
nicht vorgeschlagen und in den Vorstand 
gewählt wirst.' Ist es aber doch der Fall/ 
dann gehe in keine Sitzung und demissioniere 
wieder so bald als möglich. 
7. Wenn dich der Präsident einmal um 
deine Meinung befragt, so sage/ du habest 
nichts zu bemerken. Nachher erzähle aber 
allen/ wie es hätte gemacht werden sollen. 
8. Tue nur das absolut Notwendige/ wenn 
aber andere Mitglieder jahrelang elbstlos 
.Zeit und Arbeit für die Sache einsetzen/ 
so klage über Cliquenwirtschaft. 
9. Bezahle deinen Beitrag möglichst spät 
und lasse dich zuerst einige Male mahnen. 
10. ' Kümmere dich überhaupt möglichst 
wenig um das/ was in den Statuten und im 
Gesamtarbeitsvertrag steht und lies die Ver 
bandszeitung nie. Ueberlasse dies lieber an-f 
deren und dann behaupte, es sei alles zu 
sammen nichts wert. 
Helvetische Typographia: 
IDieSAeatexqefneinde teilt mit: 
Weiteres Programm für die Spielzeit 1954 
Miete I Sonntag 
7. 2. 1954 Tiefland (Eugen d’Albert) 
21. 3. 1954 Hauptmann von Köpenick 
25. 4. 1954 Mignon (Ambroise Thomas) 
Miete II Montag 
25. 1. 1954 Friederike 
22. 2. 1954 Tiefland 
29. 3. 1954 Hauptmann von Köpenick 
Die »freundlichen« Sfrassenbahnwagen 
Verkehrssorgen im alten Saarbrücken um die Jahreswende 
Um anno 1890 hatten es die Saarbrücker 
zu einem Dampfbähnlein gebracht, das her 
vorragend auf der kurzen Strecke funk 
tionierte — solange der Kohlenvorrat reichte: 
Fauchend zog es seinen Weg von Saar 
brücken bis abwärts nach Luisenthal, und 
die Anwohner brauchten kaum einen Fahr 
plan/ denn sie sahen schon lange vor dem 
Schornstein die lange Rauchfahne. Den Rest 
besorgte das grelle Gebimmel.:: 
Ob sie sich rentierte? — Fast so gut wie 
die Rostwurststande in der Bahnhofsfraßei 
Wie wäre es sonst zu erklären, daß die 
Dampfbahngesellschaft sich bereits wenige 
Jahre später dazu gezwungen sah, kleine 
/.Anhänqer-Waggons'i einzusetzen, weil sonst 
der Verkehr nicht mehr zu bewältigen war. 
Da aber die Geschichte auf die Dauer doch 
nicht so klappte wie es sollte, und weil die 
Saarbrücker mit der Zeit gingen, stellten sie 
wieder ein paar Jahre später das Bähnlein 
auf Elektrizität um. 
Wie immer im menschlichen Dasein, so 
war es hier: was uns fehlt, das wünschen 
wir uns und was wir dann endlich haben/ 
wird bemeckerf und bekrittelt. Die elektrische 
Straßenbahn aber war nun da und die Bürger 
der Städte Saarbrücken und St. Johann hat 
ten alle Ursache sich zu freuen. 
Trotzdem meckerten sie. Der gute alte 
Professor R. f anno 1906 wohlachtbares Mit 
glied des Saarbrücker Stadtrates, tat eine 
Reise nach Trier. Was er dort sah und er 
lebte, rieb er hinterher seinen Stadtrats4 
kollegen in der Sitzung vom 13. September 
1906 unter die Nasen: 
In Saarbrücken, so sagte er, sei die Staub 
plage infolge der mangelnden Straßenreini 
gung kaum noch zu ertragen. Wege und 
Bürgersteige seien in einem höchst schauder 
haften Zustand, und der schönste Spazier 
weg nach dem Schwarzenberg sei kaum noch 
passierbar. Dagegen seien die Straßen in 
Trier i/hübsch’i — jawohl — instand gesetzt 
und es bestehe keinerlei Ursache mehr, künf 
tig noch von einem 7,schmutzigen” Trier 
zu reden. Dort seien die Wagen der Straßen 
bahn 7,freundlich”- und die Fahrt 7,gerauscht 
los” (Welch ein Rückschritt im Jahre 1950): 
Er selbst sei vor einigen Tagen (!) in Saar-- 
brücken mit der Straßenbahn gefahren, di« 
nur so ,,quietschte und stieß.” Außerdem 
habe er festgesf eilt, daß die Saarbrücker, 
Straßenbahn sich nicht nach der Bahnhof 
uhr, sondern nach dem Chronometer des 
Depots richte.:: 
Nichts gegen die um das Wohl ihrer Mitq 
bürger besorgten Stadtväter von Anno da-4 
zumal. Aber wir sehen, es war damals wie 
heute: wenn der Stoff zum Meckern aus 
ging, mußten die Radfahrer oder die Straßen-; 
bahn herhalten. Vönsl 
Die Konsumgenossenschaften 
und ihre Rückvergütung 
Ein Rückblick zum Jahresschluss 
Der Begriff der Waren-Rückvergüfung ist 
so alt wie die Genossenschaften selbst; Schon 
die erste Konsumgenossenschaft/ eine Grün-; 
düng von 28 armen Webern in dem Städtchen 
Rochdale in England/ zahlte die am Jahresende 
festgestellte Erübrigung an ihre Mitglieder 
zurück. In ihrem Laden hingen schon im 
Jahre 1844 Schilder/ die folgendes verkün 
deten: „Der Reinüberschuß wird unter die 
Mitglieder nach Maßgabe ihres Umsatzes ver- 
teilt.'i Dieser von den Gründern der ersten 
Konsumgenossenschaft aufgestellte Grundsatz 
hat uneingeschränkt auch heute noch Geltung; 
Jedes gesunde wirtschaftliche Unternehmen 
muß — wenn es Bestand haben soll — am 
Schlüsse des Jahres einen Betriebsgewinn aus- 
weisen: Diese Ueberschüsse werden bei allen 
Unternehmern an die Anteilseigner — die 
Besitzer des Unternehmens — verteilt. Das 
kann auch gar nicht anders sein/ denn Ziel 
und Zweck eines privaten Unternehmens ist 
es, Gewinne zu erwirtschaften. Diese werden 
dadurch erreicht/ daß die Warenverkaufs 
preise eine Verdienstspanne als Unternehmer 
gewinn enthalten. 
Ganz anders ist die Lage in einem ge 
nossenschaftlichen Unternehmen; Die Tätig 
keit einer Konsumgenossenschaft beispiels 
weise ist nicht auf die Erzielung von Ge 
winnen, sondern auf die Förderung der Haus 
wirtschaften der ihr angeschlossenen Mitglie 
derfamilien ausgerichtet. Die wirtschaftlichen 
Gegner der Genossenschaften werden nun 
vielleicht sagen: Ob die Ueberschüsse dem 
Unternehmer oder den Genossenschaftsmit 
gliedern zugute kommen, Gewinn ist Ge 
winn. — Dem ist aber nicht so. Die Konsum 
genossenschaften verkaufen ihre Waren ge 
mäß bewährten genossenschaftlichen Gründe 
säfzen zu den allgemein üblichen Tagespreise^ 
Dia Beträge/ die das private Unternehmen 
als Verdienstspanne dem Verkaufspreis hin 
zugeschlagen hat und als sein Gewinn ver 
bleiben/ fließen bei der Konsumgenossen-i 
schaff, die zwar auch eine Spanne anwen- i 
det,' in Form der Rückvergütung wieder an 
ihre Mitglieder zurück. Darin besteht der.-» 
entscheidende Unterschied. 
Manche Mitglieder einer KonsumgenosserH 
schaff werden sich fragen/ warum die RücM 
Vergütung erst am Jahresende und .»icht so4 
fort beim Einkauf ausgezahlt wird. Wer di« 
voraufgegangenen Zeilen aufmerksam ge 
lesen hat/ wird sich die Antwort selbst geben 
können: Die Rückvergütung ist ihrem Wesen
	        
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