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Dezember 1953
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Der Verbraucher will kein Rabatt-Gesetz
Seit einiger Zeit bringen unsere saarl. Zeitungen Artikel and An
zeigen, denen zu entnehmen ist, daß bestimmte Kreise des Einzel
handels sieh darum bemühen, das aus der Zeit der NS-Hago stammende
Rabattgesetz im Saarland wieder einzuführen. Wie man Kört, soll nun
ein Streit darüber im Gange sein, ob die Rabatte, welche die Einzel
händler ihren Kunden bisher gewährten, in der bisherigen Höhe wei
terhin erlaubt bleiben sollen. Der Handel möchte gerne das Rabattge
setz der Jahre 1933/35 wieder eingeführt sehen. Er greift dabei auch
die Rückvergütungen der Konsumgenossenschaften an, was ja doch
ziemlich unverständlich ist, denn was hat schließlich der Rabatt, den der
Einzelhändler seinen Kunden gewährt, mit der Waren-Rückvergütung
der Konsumgenossenschaften zu tun? Der Handel stellt nämlich die Dinge
so dar, als ob der Rabatt und die genossenschaftliche Rückvergütung ein
und dasselbe seien. Das stimmt aber nicht. Im Gegenteil! Rabatt und
Rückvergütung sind grundverschieden.
Schon unsere Großeltern, die Mitglieder einer Konsumgenossenschaft
waren, haben regelmäßig die Erübrigung aus dem genossenschaftlichen
Geschäftsbetrieb in Form der Rückvergütung zurückgezahlt erhalten.
Dieser Brauch der Konsumgenossenschaften bestand in allen Ländern,
und er besteht auch heute noch. In keinem Lande der Welt macht man
den Konsumgenossenschaften Schwierigkeiten bezüglich der Höhe der
Rückvergütung. Ueberall steht es den Konsumgenossenschaften völlig
frei, ob sie 4. 5 oder 7 Prozent Rückvergütung an ihre Mitglieder zah
len.
Asko Heinitz nimmt seinen Neubau in Betrieb
Dem saarländischen Einzelhandel ist die genossenschaftliche Rückvergü
tung anscheinend ein Dorn im Auge. Viele Einzelhändler gewähren
seit einiger Zeit Rabatte. Sie versuchen, damit eine alte genossen
schaftliche Gepflogenheit recht und schlecht nachzuahmen. Das scheint
aber manchen unter ihnen finanziell nicht gut bekommen zu sein, denn
auf einmal möchte man von dem Rabattrummel am liebsten gar nichts
mehr wissen. Das Werbemittel „Rabatt 44 stellte sich für sie im Preis
kampf mit den Konsumgenossenschaften offensichtlich zu teuer. Also,
sagen sich die Einzelhändler, was wir nicht können, sollen die Kon
sumgenossenschaften nicht dürfen. Und man greift nun nach einem
alten, verstaubten Rabattgesetz aus dem Dritten Reich, das seiner Zeit
im Vollzug des Parteiprogrammes der NSDAP erfunden wurde, um den
Konsumgenossenschaften das Leben schwer zu machen. Eine Kopie die
ses Gesetzes möchte der Einzelhandel bei uns an der Saar eingeführt
sehen. Demnach sollen alle Rabatte und Rückvergütungen über 3% un
möglich gemacht werden. Man setzt also Rabatt und Rückvergütung
fälschlicherweise gleich und versucht, die dem privaten Handel so un
bequemen Rückvergütungen d. Konsumgenossenschaften zu treffen.
Die Mitgliederfamilien der Konsumgenossenschaften wissen, daß Preis
bildung und Rückvergütung ihrer Genossenschaften ihnen eine Stütze
in ihrem harten Existenzkampf bedeuten.
Die Konsumgenossenschaften mit ihren 100000 Mitgliederfamilien leh
nen daher das vorgesehene Rabattgesetz entschieden ab. Sie betrachten
es als ein ungerechtfertigtes Ausnahmegesetz, mit dem eine nahezu
100jährige Gepflogenheit der Konsumgenossenschaften, die Ausschüt
tung der Rückvergütung, ernstlich getroffen werden soll, und das dar
über hinaus die gesamte Verbraucherschaft schädigt.
Dabei sprechen gerade diese Kreise des Handels, die das Rabattgesetz
befürworten, immer gerne von freier Marktwirtschaft. Jedermann weiß,
daß man darunter das freie Messen der Kräfte innerhalb der Wirtschaft
'ersteht. Ausnahmegesetze zu Ungunsten eines Wirtschaftspartners ha
ben in der freien Marktwirtschaft keinen Platz.
Was aber versucht man bei uns im Saarland? — Ein Gesetz — 1 das Ra
battgesetz — einzuführen, durch welches die konsumgenossenschaftli
chen Verbraucherorganisationen einseitig benachteiligt werden sollen.
I nd warum versucht man das? — Weil manchen Leuten die scharfe
Luft der freien Konkurrenz nicht paßt und weil man sich dem preis
lichen Leistungswettbewerb entziehen möchte. Diese Leute vergessen
dabei eines: Daß die Wirtschaft nicht ihnen, sondern den Verbrauchern
/u dienen -hat. Darum unsere Empfehlung an den Einzelhandel: Legt
Euer verstaubtes Rabattgesetz wieder zu den Akten! Der Verbraucher
will es nicht!
Im übrigen sind wir der Meinung, daß unsere Regierungsstellen unter
allen Umständen eher bemüht bleiben müßten, die Lebenshaltungs
kosten für die große Masse der Lohn- und Gehaltsempfänger zu senken,
als vielmehr auf Umwegen — und das wäre das Rabattgesetz — einer
Verteuerung Vorschub zu leisten. Der von einer Interessentengruppe
propagierte Rabatt-Stopp würde sich aber gerade zum Schaden der Ver
braucherschaft auswirffen. Wenn also schon etwas zu stoppen wäre,
dann müßte man daran denken, für die Aktien-Gesellschaften den Divi-
denden-Stopp einzuführen und für die übrigen Großverdiener einen
allgemeinen Gewinn-Stopp. Diese beiden Dinge zusammen (Dividen
den- und Gewinn-Stopp) würden sicherlich zu einer allgemeinen Sen
kung der Preise und damit zu einer Gesundung unserer Wirtschaft bei
tragen.
Oie Lebenshaltungskosten im Monat Hosiembet 1953
Kurzbericht des Statistischen Amtes
Der Index der Lebenshaltungskosten in der
Stadt Saarbrücken hat sich von Mitte Oktober
bis Mitte November 1953 von 165.5 auf 165,3,
also um 0.2 Punkte oder 0,1 Prozent nur un-
ue.seiitlicb vermindert.
Im Nahmen der Ausgaben für die Ernährung
standen den Preissenkungen für Gemüse sowie
Miiidflris'h. Preiserhöhungen für Butter, Speck
un i Sehweinesehmalz gegenüber. Im Endergeb
nis haben sich die Ausgaben um 0,4 Punkts
oder 0,3 Prozent ermäßigt.
Die Kosten für Bekleidung, Wohnung, Hei
zung und Beleuchtung sowie Verschiedenes blie
ben unverändert.
Die Meßziffern der einzelnen Verbrauchs
gruppen sind aus der folgenden IJehersicht »u
ersehen.
Im Verlaufe der letzten Tage merkt man eine
sehr starke Belebung der Verkehrsstraße von
Neunkirchen nach Wellesweilcr. Ununterbro
chen fahren 32 LKW der Konsumgenossen
schaft auf dieser Straße hin und zurück. Der
Asko Heinitz hat nunmehr seinen großartigen
und imposanten Bau der neuen Betriebszentrale
in Benutzung genommen und die Ueberführung
der Lagerbestände aus seinen alten Lägern Hei
nitz und Reden besorgt. Wir haben nun Gele-
heit gehabt, diesen Neubau zu besichtigen.
Auf den ersten Blick ist ein langes Lagerge
bäude zu sehen, welches große Lagerhallen,
Kellerräume usw. umschließen muß. Die Länge
der Lagergebäude mit der Bäckerei beträgt al
lein 155 m mit einer Tiefe von 20 m. Die
Lagergebäude sind vollständig unterkellert und
umfassen außer den Kellerräumen noch drei
Stockwerke. Auch die Bäckerei ist unterkellert
und vier Stockwerke hoch gebaut.
Diese beiden Gebäude sind verkehrsmäßig
mit direktem Bahnanschluß verbunden; wStoct
auch noch die Möglichkeit geschaffen ist, per
LKW Güter aus den Waggons direkt zu über
nehmen und direkt in die Verteilungsstellen zu
verfrachten. Auf der Hofseite — also auf der
gegenüberliegenden Seite des Bahnanschlusses —
sind direkt an der Rampe der beiden Gebäu
de, die allein eine Länge von 100 m zeigt, neu
zeitliche Garagen durch die Verlängerung des
Rampendaches angebracht. Einige 40 LKW fin
den in diesen Garagen künftighin ihre Unter
kunft. Diese Garagen sind mit Kipptoren ver
sehen und heizbar. Auf der linken Seite dieser
beiden Hauptgebäude ist direkt zur Straße ein
Werkstättengebäude von drei Stockwerken in
einer Länge von 101,6 m angebaut. In die
sem Gebäude sind vor allem einmal die Hilfs
betriebe und einige Produktionsbetriebe unter
gebracht. An der Straße entlang stehen als
Abschluß des Werkstättengebäudes zwei Wohn
gebäude, die sieben Familien Unterkunft schaf
fen werden.
Zur Errichtung des Baues wurden nicht we
niger als
750 Tonnen Stahl,
600.000 Stück Backsteine,
180.000 Stück Klinkersteine
14-000 Tonnen Rheinkies.
4.500 Tonnen Zement
verbraucht und ein Stahlbetonbau von 12.000
m 3 errichtet. Der Erdnushub und Baureifma-
chung des ganzen Geländes erforderten nicht
weniger als eine Bewegung von rund 22.000 m 3
Erdmassen.
Die Ausrüstung des Gesamtbetriebes besieht
vor allem in zwei Lastaufzügen mit einer
Tragkraft von 1500 kg. Dieselben stellen die
Verbindung vom Kellergeschoß bis ins letzte
Obergeschoß her. In den Kellerrüumen ist eine
große Kühlanlage mit verschiedenen Kühl- und
Tiefkühlräumen vorhanden. Diese Tiefkühlan
lage wurde von der Firma Commercon herge-
stellt, die auch die modernsten Aggregate „Ate“,
besorgt hat. Die Weinkellerei ist mit einer
modernen Abfüllmaschine ausgerüstet, die in
einem Arbeitsgang automatisch die Flasche füllt,
verkorkt, verkapselt und etikettiert. Diese Ab
füllmaschine ist durch ein laufendes, rollendes
Band mit der Spülmaschine und auf der anderen
Seite mit den Lagerräumen der Flaschenweine
verbunden. Weiter sieht man in den Kellerrau
men eine maschinell ausgerüstete Butterabpak-
kerei mit einer Leistungsfähigkeit von 1000 kg
Lpro Stunde, eine Krauteinschneiderei, wo mo
mentan 50.000 kg Sauerkraut lagern, eine Oel-
abfüllerei, mit neuzeitlichsten Maschinen ist im
Aufbau begriffen, eine Räucherei für Speck und
Diirrfleiscb und andere Produktionsstätten.
Es gibt herrlich ausgestattete und abge
schlossene. Lagerräume für Wurst, Speck, Dürr
fleisch, Konserven, Käse, Flaschenöl, Geflügel,
Wild u. a. Neben dem Expeditionsraum, wo
bis zu 80 Vertcilungsstellen auf einmal zur Be
lieferung vorbereitet werden können, ist ein
Lcergulraum für Fässer, Kisten, Säcke usw.
vorhanden. Im ersten Stock befindet sich eine
modern ausgerüstete Kaffeerösterei mit Kaffee-
fthpackerei. Eine Retriehswerkstatt für LKW,
PKW und sonstige für den Betrieb notwendigen
Arbeiten, sowie eine Schreinerei und Malerei sind
ebenfalls in diesem Zentralbetrieb vorhanden.
Vom Gesichtspunkt des Arbeitsaufwandes und
Energieverbrauches, der in diesem Betrieb be
schäftigten Arbeiter und Angestellten, scheint
derselbe der modernste des ganzen Saarlandes
zu sein. In einem gesagt, sind hier an alle Ra
tionalisierungsmaßnahmen gedacht worden, die
jetzt nach der Inbenutzungsnahme zur Auswir
kung kommen werden.
Die Konsumgenossenschaft Heinitz ist heute
im östlichen Saarland wohl der größte und be
deutendste Wirtschaftsbetrieb. Sie umfaßt nicht
weniger als 160 Verteilungsstellen, wovon jede
einen monatlichen Dnrchschnittsumsatz von rd.
2,2 Millionen ffrs. erzielt; versorgt 43.000 Fa
milien mit den täglichen Lebensmitteln und Be
darfsgütern und beschäftigt 1178 Arbeiter und
Angestellte. Durch ihre preisregulierende Tätig
keit und Versorgung der Bevölkerung
litätsware ist der Umsatz ständig Im Steigen
begriffen. So ist festzustellen, daß
ffrs.
im Jahre 1948 ein Umsatz von 1.110.337.000
im Jahre 1952 ein Umsatz von 3.584.798.000
erzielt wurde. Im Jahre 1953 wird voraus
sichtlich ein Umsatz von 4 Milliarden ffrs. er
reicht werden.
Die Konsumgenossenschaft Heinitz ist eine
auf Selbsthife aufgebaute Genossenschaft und
verfolgt damit ausschließlich den Zweck, nur
den wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglied
schaft zu dienen. So hat sie in den vergange
nen fünf Jahren bis Ende 1952 zusammen nicht
weniger als 462 Millionen ffrs. Rabatt ausge
zahlt und für das Jahr 1953 werden höchst
wahrscheinlich 200 Millionen ffrs. an die Mit
glieder ausgeschüttet werden. Wenn man dabei
berücksichtigt, daß auch die Konsumgenossen
schaft Asko Saarbrücken mindestens ebensoviel
an Rabatt an ihre Mitglieder zurückgezahlt hat,
so bedeutet dies, daß die beiden Konsumgenos
senschaften tatkräftig mitgeholfen haben, den
Lebensstandard ihrer Mitglieder zu steigern und
im erweiterten Sinne mitgeholfen haben, das
Lebensniveau der Bevölkerung zu erhöhen.
Firmen, die am Neubau Wellesweilcr
beschäftigt waren:
Planieruugsarbeiten: Grube Krämer, Weiles-
weiler
Backsteine: Julius Müller, Wellesweilcr
Klinkersteine: Dampfziegelei Sötern
Viellochsteine: Litwinschu &' Ronk. Saar
brücken
Kies: Weigel & Roth Cie., La Wantzenau
Kies: Bell & Dehrand, Saarbrücken
Platten: Braun u. Baltes, Saarbrücken
Gleisanschluß: Heinrich Grimm, Sulzbach
Korkisolierung: Grünzweig u. Hartmann,
Saarbrücken
Kühlanlage: Commercon, Neunkirchen
Feuerlöschanlage: Willy Bentz, Saarbrücken
Slahlfrnster: Fürst u. Söhne. Homburg
Schlosserarbeiten: Lissmann. Neunkirchen
Klempnerarbeiten: W. Gartenhof, Homburg
Gipserarbeiten: J. Juen, Neunkirchen
Daeheindeckung: Fr. Ecker jun., Neunkirchen
Kipptore: Krummenauer, Neunkirchen
Heizung: Hoff mann-Bauer. Neunkirrhen.
Saarbrücken
Elektro-Arbeiten: C. Braun. Neunkirchen
Elektro-Arbeiten: Gehr. Mehrle. Saarbrücken
Elektro-Arbeiten: Ballgesellschaft, Saarbr.
Sanitärelnstallation t Hollemeyer Julius, Neun-
kirchen
Blitzsehutzanlage: Elektro Schmoll. Saar
brücken
Neon Beleuchtung: .laues u. Schorr, Lands-
wciler
Rohglas: G. W. Steuger, Saarbrücken
Plat*onarbeiten: Hellrie.gel u. Holzer, Elve.rs-
berg
Maurer- und Betonarbeiten: F. Albert, Neim-
Idrchen ,
Div. Arbeiten: Gebr. Hoppstädter, Spiesen
Architekten: Heinz Ruckert, Neunkirchen
Architektent August Haussier, Spiesen.
Meßziffern über die Entwicklung der Kosten für
(Januar 1948 = 1fKV)
Mona| Ernährung Bekleidung Wohnung Heizung u. Ver- Indexziffer der
Beleuchtung schi- denes gesamten Le
benshaltungs
kosten
September
142.4
157,0
>31,8
179,0
213,7
164,7
Oktober
144,1
157,0
331,8
179,0
212.6
165.5
November
143.7
157.0
3.31.8
179.0
212.6
165.3