Dezember 1953
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Leistet ein Schuldner einer ihn zur Zah
lung eines Geldbetrages verpflichtenden
gerichtlichen Entscheidung (Urteil) keine
Folge, so kann der Gläubiger mit Zwang
der Beamten, Vergütungen für Wettbe
werbsbeschränkungen u. ä.) nach Abzug
der Steuern und Sozialabgaben (Nettoein
kommen).
Pfandfrei bleiben des weiteren drei
Zehntel (3/10) des diese Beträge überstei
genden Mehrbetrages, d. i. die Differenz
zwischen den obigen Beträgen und dem
nach Abzug der unpfändbaren Beträge
nebst Steuern und Sozialabgaben verblei
benden Teil:
das Urteil vollstrecken, das heißt, die ihm
zugesprochene Forderung beitreiben lassen.
Man spricht dann von Zwangsvollstrek
kung.
Die Zwangsvollstreckung erfolgt in der
Regel durch Pfändung körperlicher Sachen
(z. B. Möbel, Maschinen, Kraftfahrzeuge
u. ä.) oder Forderungen (z. B. Lohnfor
derung) des Schuldners gegen Dritte.
liier sei auf die oft gestellte Frage ein-
gegangen, inwieweit ein Gläubiger den
Lohn eines Arbeitnehmers bei dessen Ar
beitgeber pfänden kann.
Rechtliche Grundlage der Pfändung von
Lohn ist die Verordnung zur einheitlichen
Regelung des Pfändungsschutzes für Ar
beitseinkommen — Lohnpfändungsverord
nung — vom 30. 10. 1940 — RGBl. I S.
1451.
Pfändbares Arbeitseinkommen sind nach
dieser Verordnung alle Vergütungen, die
dem Schuldner aus Arbeits- oder Dienst
leistungen zustehen ohne Rücksicht auf
ihre Benennnung oder Berechnungsart. (z
B. Arbeit- und Dienstlöhne, Provisionen,
Ruhegelder, Dienst- und Versorgungsgelder:
Rationalisierung -
sogar des Verdauungsprozeßes
L nsere Zeit mit ihrer Hast und ihrem Ge
triebe hat das Wort „Rationalisierung“ ganz
groß auf ihre Fahnen geschrieben.
Wir verschließen uns durchaus nicht gesun
dem menschlichem Fortschrittsstreben, das in
des Wortes ureigenster Bedeutung die gesell
schaftlichen Einrichtungen und den Ablauf des
gesellschaftlichen Lebens zu rationalisieren
sucht, wenn ihm Menschlichkeit natürliche
Grenzen zieht. Ganz entschieden wenden wir
uns jedoch gegen die Rationalisierung um jeden
Pr. is mit ihrer barbarischen Versachlichung des
menschlichen Daseins und wehren uns gegen je
nes Profitjagertum, das unter der Devise „Ra
tionalisierung“ selbst nicht vor den tiefsten In-
timbStcn des Menschen halt macht.
\\ as halten ijje; lieber Leser, beispielsweise
von Folgender Notiz in der „Frankfurter Alls!
gemeine Zeitung“ vom Mittwoch, dem 11. Nö»
vorüber 1953?:
Die Toiletten sollen umgebaut werden.
Rerlin, 10. November (UP). Das Ministe»
rinnt für Eisenbahnwesen in der Sowjetzond
hat zum 36. Jahrestag der russischen Oktcf*
berrevolution den Umbau der ToÜetten auf
neu Bahnhöfen Mitteldeutschlands nach sow*
jetischem Vorbild verfügt. Wie aus dem Büro
iir Erfindungsfragen im Ministerium verlaus!
Let, sollen künftig die Sitzbecken wegfalleqv
Die Benutzer müssen in Hockstellung gehen,“
wobei sie sich au Handgriffen festhalten und
ihre Füße in ausgebauten Fußstapfen abstüt*
zen können. „Außer einer erheblichen Mate*
i ialeinsparung wird durch die Umstellung von
Sitz- auf Hockstellung eine wesentliche Be
schleunigung bei der Verrichtung der Not
durft erzielt“, verspricht der erste Erfahr
rnngsbericht des Büros. Die durch die KniflW
beuge bedingte Kraftanstrengung nötige deß
Benutzer der Anlage, das „Oertchen“ so
schnell wie möglich wieder zu verlassen.
Das Erfindungsbüro verspricht Im Bereich
der Sowjetzonen-Reichsbahn eine Materialeift»
sparuug von jährlich acht Millionen Ost*
Mark. Hinzu komme der Wert der „einge
sparten“ Arbeitszeit für die Benutzer.
Gegen die Toilettenumbauaktion wäre viel»:
leicht an sich nicht einmal allzu viel einzig
wenden, sprechen doch gewisse Erwägungen
Hygiene durchaus dafür, aber die offizielle Be»
gründung: Materialeinsparung und Einsparung
von Arbeitszeit, ist sie nicht geradezu wider*
Reh belustigend!
Doch suchen wir nicht Splitter —- wenn auch
kräftige Splitter — in den Augen des Ostens/
in unsern eigenen finden wir Balken genug!
Auch hier ein Beispiel für viele.
Vom Industrieverband Leder und Bekleidung
wird uns geschrieben, daß, obwohl in diesem
Tndustriegruppe ein Großteil von Arbeitnefrf
mern unter dem Existenzminimum entlohnt
wird, man von den gleichen Arbeitnehmern
Höchstleistungen zu erpressen sucht. Nun, da|
kennen wir, was aber die Chefin eines Betriebern
in Herrensohr ihrer Belegschaft frank und frei
erklärt, das geht selbst über das Maß der dick»
•ten Gewöhnung hinaus:
..Keiner darf mehr während der Arbeitszeit
die Toilette benutzen, dazu ist die Pause da.“
Das sagt man zu einer Belegschaft von ca. 60
Arbeitnehmern, für die nur eine einzige Toilette
zur Verfügung steht. Die morgendliche Pause
beträgt ganze 10 Minuten.
Dieser Grad der Rationalisierung hätte uns
alle Worte verschlagen, wäre uns nicht unser
literarisch geschulter Setzerlehrling nach alt-
bcli-btem Muster zu Hilfe gekommen:
„Frau Chefin ist für neue Arbeitsformen,
läßt im Betrieb die Notdurft normen!
In einer Zeit von zehn Minuten
muß olles zur Toilette rennen,
da müßte seihst ein ..Fink“ sich sputen.“
Dick.
Unpfändbar sind jedoch:
1. zur Hälfte die für die Leistung von
Mehrarbeitsstunden gezahlten Teile des
Arbeitseinkommens;
2. die für die Dauer eines Urlaubs über dasi
Arbeitseinkommen hinaus gewährten Be
züge, Zuwendungen aus Anlaß eines be
sonderen Betriebsereignisses und Treu-
gelder, soweit sie den Rahmen des Ueb*
liehen nicht übersteigen;
3. Aufwandsentschädigungen, Auslösungs-
gelder und sonstige soziale Zulagen für
auswärtige Beschäftigung, das Entgelt
für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Ge
fahrenzulagen und ähnliche Bezüge, so
weit sie durch Gesetz oder Tarif-, Be
triebs- oder Diestordnung (Tarifver
trag, Betriebsvereinbarung) festgesetzt
sind oder den Rahmen des Ueblichen
nicht übersteigen;
4. Weihnachtsvergütungen bis zum Betrage
der Hälfte des monatlichen Arbeitsein
kommens, höchstens aber bis zum Be
trage von 22 050.— Fr.;
5. Heirats- und Geburtsbeihilfen |
6. Erziehungsgelder;
7i Sterbe- und GnadenbezügeiJ
Diese Beträge sind daher von dem Netto»;
Einkommen vor Berechnung des pfändba
ren Einkommens in Abzug zu bringen:
Von dem nach Abzug der, Steuern und
Sozialabgaben sowie der vorgenannten uH-
pfändbaren Bezüge verbleibenden Teil,
bleiben zur Zeit nach der 4* Verordnung
über die Erhöhung der Unterhaltsansprüchg
ünd sonstigen Beträge in gerichtlichen An
gelegenheiten vom 22. 2. 1952 —^ ABI. Sf
355 -2 pfandfrei:
Bei Auszahlung für Monate oder Bruch*’
teile von Monaten mtl. Fr: 19 110.—*
& Bei Auszahlung für Wochen wöchent»
lieh Fr. 4410.-^
ä Bei Auszahlung für Tage tägl. Fr. 735^
• •
Gewährt der Schuldner seinem Ehegat
ten, einem früheren Ehegatten, einem Ver
wandten (Kind) oder einem unehelichen
Kind Unterhalt, so erhöht sich der un-
pfändbare Teil des Mehrbetrages für jede
Person, der Unterhalt gewährt wird, um
ein weiteres Zehntel, mindestens um
2 205.— Fr. monatlich, 529.— Fr. wöchent
lich, 88.— Fr. täglich und höchstens um
7350.— Fr. monatlich, 1764.— Fr. wö
chentlich, 294.— Fr. täglich.
Der hiernach unpfändbare Teil des
Mehrbetrages darf jedoch 9/10 des Mehr
betrages bis zu 14700.— Fr. monatlich,
3 528.— Fr. wöchentlich, 588.— Fr. täg
lich und 8/10 des weiteren Mehrbetrages
nicht übersteigen.
Handelt es sich bei einer mittels Lohn
pfändung beigetriebenen Forderung jedoch
um Unterhaltsansprüche, die Verwandten
(Kinder), Ehegatten, früheren Ehegatten
oder unehelichen Kindern kraft Gesetzes
zustehen, so ist das Arbeitseinkommen ohne
Rücksicht auf die vorgenannten pfand
freien Beträge pfändbar. Pfändbar sind in
diesem Falle weiter die oben cjiter 1. 2
und 4 genannten Bezüge (Mehrarbeitsver
gütung, Urlaubszuwendungen, Weihnachts-
Vergütungen). Auf alle Fälle ist dem Un
terhaltsschuldner jedoch soviel zu belas
sen, als er für seinen notwendigen Unter
halt und zur Erfüllung seiner laufenden
gesetzlichen Unterhaltspflichten gegenüber
den dem Gläubiger vorgehenden Berech
tigten oder zur gleichmäßigen Befriedi
gung der dem Gläubiger gleichstehenden
Berechtigten bedarf:
Das Amtsgericht als Vollstreckungs-
gericht kann jedoch dem Schuldner auf
Seinen Antrag wegen persönlicher oder be
ruflicher Sonderbedürfnisse oder um
fangreicher Unterhaltspflichten den un-
pfändbaren Teil seines Einkommens er
höhen.“ Ref. R.
Die Stellung der Gewerkschaften in der Verfassung
Von Jostff Kurth
Der Verfasse? bespricht in den „Ge
werkschaftlichen Monatshefte“- 4. Jahr
gang Nr. 8 vom August 1953, heraus
gegeben vom Bundesvorstand des Deut
schen Gewerkschaftsblindes, ein Urteil
des Landesarbeitsgerichts München, dai?
in seinem grundsätzlichen Ausführun
gen auch für das Saarland vollste! Ggl»
tung haben dürfte und besonders im
Zusammenhang mit dem Appell der
Einheitsgewerkschaft an dies Abgeord
neten des Landtage^ aufs höchste in«;
teressiert. (Siehe Resolution der Vor
stände der Industrieverbände vom 21:1
1953 imLokalg Hirsch zu Saarbrücken 1 }!
Das Landesarbeitsgericht München haj
gin Urteil gefällt, in dem festgestellt
tvird, daß die! Gewerkschaften mitten iä
der Verfassung stehen und das Recht ha
ben, politisch wirksam zu werden. Diese
Tatsache ist zwar nicht fieu, wird abeg
meist als ein Charakteristikum der frühe
ren Richtungsgewerkschaften betrachtet:
Wo das geschieht, mangelt es jedoch atf
geschichtlichen Kenntnissen:
Das Vereinsgesetz des Jahres 1908 ent«
hob die Gewerkschaften der Verpflichtung
zur Anmeldung ihrer Versammlungen’!
wenn es sich um die Erörterung „voll
Abreden und Vereinigungen zum Behufg
der Erlangung günstiger Lohn- und Ar
beitsbedingungen“ handelte. In der No
velle zum Vereinsgesetz vom Jahre 1916
war diese Befreiung für Versammlungen
der Gewerkschaften wie auch der Ge
werbetreibenden für den Fall erweitert
worden/ „daß diese Vereine nur auf solche
Angelegenheiten der Sozial- und Wirt
schaftspolitik einzuwirken bezwezken, die
mit Erlangung günstiger Lohn- und Ar
beitsbedingungen oder mit der Wahrung
und Förderung wirtschaftlicher oder ge
werblicher Zwecke zugunsten ihrer Mit
glieder oder mit allgemeinen beruflichen
Fragen im Zusammenhang stehen“. Da
mit wurden die politischen Aufgaben der
Gewerkschaften durch die Gesetzgebung
weitestgehend anerkannt. Und das geschah
inmitten des ersten Weltkrieges.
Diese neue Rechtslage hatte damals
keine wesentlichen Auswirkungen. Sie war
mehr die Anerkennung einer Tatsache, die
sieh aus dem Bestehen großer sozialer
Gruppen ergeben "hatte. Die Verfassung
von Weimar führte sodann die eilige-
Schlagene Linie fort. Der Art. 165 be
stimmte: „Die Arbeiter und Angestellten
sind dazu berufen, gleichberechtigt in
Gemeinschaft mit den Unternehmern an
der Regelung der Lohn- und Arbeitsbe
dingungen sowie an der gesamten Ent
wicklung der produktiven Kräfte mitzu
wirken. Die beiderseitigen Organisationen
und ihrg Vereinbarungen werden aner
kannt.“
(Siehe auch Verfassung des Saarländer
Artikel 56:
Die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung
Und Förderung der Arbeits- und Wirt-
schaftsbedingungen ist für jedermann und
für alle Berufe gewährleistet.
Das Streikrecht der Gewerkschaften ist
im Rahmen der Gesetze anerkannt. Streiks
dürfen erst dann durchgeführt werden,
wenn alle Schlichtungs- und Verhand-
iungsmöglichkeiten erschöpft sind.
Artikel 57:
Zur Wahrung der allgemeinen wirt
schaftlichen und sozialen Interessen wir
ken die Arbeitgeberorganisationen und die
anerkannten Gewerkschaften auf der
Grundlage der Gleichberechtigung zusam
men.
Die: anerkannten Berufsorganisationen
der Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind
ausschließlich zur Wahrnehmung beruf
licher, wirtschaftlicher und sozialer Inter
essen berufen. Hierzu werden nur Ge
werkschaften anerkannt, die unabhängig
vom Arbeitgeber sind. Das Nähere regett
das Gesetz.
Artikel 58 i
Die Vereinigungen der Arbeitgeber und
Arbeitnehmer wirken auf der Grundlage
der Gleichberechtigung in Wirtschaftsge
meinschaften zusammen. Sie haben die
meimamen Angelegenheiten ihres Berei
ches zu behandeln, sind mit der Wahr
nehmung der Interessen ihres Wirtschafs
zweiges in der Gesamtwirtschaft betraut
und von der Regierung zu allen wirt
schaftlichen und sozialen Maßnahmen von
grundsätzlicher Bedeutung zu hören.
Eine staatliche Wirtschaftslenkung kann
nur über die Wirtschaftsgemeinschaften
durchgeführt werden. Das Nähere be»
stimmt ein Gesetz.
=== FRAU KLUGE, ==
unsere Stammkundin, rät Ihnen:
Jetzt auch Lebensmittel
im
Dillinger Kaufhaus
Zur Vertretung im Betrieb und zum
Zwecke der Wahrung ihrer wirtschaftli
chen und sozialen Interessen wählen die
Arbeitnehmer einen Betriebsrat. Das Nä
here regelt das Betriebsrätegesetz.)
Artikel 9 des Bonner Grundgesetzes
war nach dem Ende der nationalsoziali
stischen Diktatur nur die logische Fort
setzung der bisherigen Entwicklung, die
auch nicht dadurch beeinträchtigt wirc^
daß die Einheitsgewerkschaften heute „po
litisches neutral“ sind und besonders ihre
„parteipolitische Neutralität“ betonen.
Die Anwendung des Wortes „Neutrali
tät“ entspringt in diesem Zusammen
hang einem begrifflichen Irrtum. „Neu
tralität“ bedeutet Nichtbeteiligung, an
teillos, parteilos. Können aber die Gewerk-j
schäften am politischen Leben, am Wir
ken der politischen Parteien unbeteiligt
sein? Aus ihren Aufgaben heraus kön
nen sie dies — mit oder ohne gesetzliche
oder verfassungsmäßige Beteiligung —
nicht. Vor allem können sie dies nicht ge
genüber der Politik im allgemeinen, die
die Aufgabe hat, die Daseinsbedingungen
der einzelnen Menschen oder der Völ
ker untereinander zu beeinflussen. Die
Gewerkschaften vermögen nur ihre Un
abhängigkeit gegenüber den politischen
Parteien zu betonen, nicht aber ihre Neu
tralität. Damit würden sie das Recht
aufgeben, die Interessen ihrer Mitglie
der nach jeder Seite hin zu wahren. Dort,
wo die der Politik innewohnenden Pro
bleme nicht erkannt werden oder er
kannt werden sollen, läßt diese Unab
hängigkeit einer fruchtlosen Kritik auf
breitem Raum freien Lauf. Wo aber de
ren Ernst bewußt wird, zwingt sie zu
Auseinandersetzungen.
Das Urteil des Landesarbeitsgerichts
München besagt nicht mehr und nicht
weniger, als daß ein politisches Verhal
ten der Gewerkschaften ein diesen aus
dem Bonner Grundgesetz ganz selbstver
ständlich zustehendes Recht darstellt, so
weit es sich auch um die Wahrung wirt
schaftlicher Interessen handelt. Daß die
ses Urteil den Zeitungsdruckerstreik als
eine rechtswidrige Handlung bezeichnet,
ändert nichts an seiner fundamentalen Be
deutung. Es stellt die folgenden bedeut
samen Gesichtspunkte heraus: „Die Ge
werkschaften sind nach ihrer Entwick
lungsgeschichte und nach den von ihnen
selbst in Willensfreiheit bestimmten Auf
gaben nicht nur sogenannte sozialpoli
tische Verbände als Sozialpartner im Sinne
des Art. 9 Abs. 3, sondern auch soge
nannte wirtschaftspolitische Verbände auf
der Rechtsgrundlage des Art. 9 Abs. 1
GG. Ihre Aufgaben sind also nicht nur
die der Sozialpartner im verfassungsrecht
lichen Prinzip der sozialen Selbstverwal
tung, sondern erfassen darüber hinaus
auch das Gebiet der wirtschaftspolitischen
Interessenvertretung der Arbeitnehmer
schaft gegenüber Staat, Gesetzgeber und
anderen Interessenverbänden. Deshalb steht
ihnen auch das hier nach Art. 9 Abs. 1
begründete Recht der Einflußnahme, Ein
wirkung und Demonstration zu.“
Das Urteil befaßt sich in weiteren sechs
Punkten mit der „Kollektivaktion“ als
Oberbegriff und dem „Streik“ als Teil
begriff und deren rechtlicher Bedeutung,
auf die hier nicht eingegangen werden
soll. Uns interessiert die allgemein ge*
werkschaftspolitische Bedeutung des Ür*
teils.
„Die Gewerkschaftsbewegung, mochte
sie in ihrer Entstehung auch eine reing
Interessenvertretung von zunehmender Dy*
namik zur Emanzipation der Arbeiter
schaft sein, ist mehr und mehr nicht nur
der Förderer, ja der Träger dieser Eman
zipation bis zur heutigen demokratischen
Freiheit geworden, sondern dieses Ziel
konnte im sozialpolitischen und sozial-
rechtlichen Leben überhaupt nur durch
dynamische Kampfkräfte, also durch
Kampf und Druck erreicht werden. Wie
sehr heute das Recht der Parität von
Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden
im Rahmen der sozialen Selbstverwaltung
gleichartiger und glgichhgfaohtigte* ko^>