April Mai 1953
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Haftet ein Arbeitnehmer für den Erfolg seiner Arbeit?
Ein sehr umstrittenes Gebiet wird hier
behandelt und gerade deswegen ist es in
teressant, zu sehen, wie anderwärts diese
Materie juristisch beurteilt wird, die bei
uns ebenso aktuell ist. Das Problem, das
nicht selten auftaucht, hat eine große
Bedeutung. In der Gewerkschaftsmonats
schrift des Ö.G.B. behandelt Dr. G. Wei-
ßenberg das Thema wie folgt:
Einem Arbeiter war gekündigt worden. Bei
der Gewerkschaft erfuhr er, daß ihm der Un
ternehmer bei der Endabrechnung zu wenig
Lohn ausbezahlt hatte. Eine Vorsprache beim
Unternehmer blieb ergebnislos, so daß die Ge
werkschaft für ihr Mitglied eine Klage gegen
den Unternehmer beim Arbeitsgericht einbrachte.
Während der Verhandlung stellte sich fol
gendes heraus: Der Unternehmer bestritt nicht,
zu wenig Lohn ausbezahlt zu haben, und er
wähnte, daß es ihm auf die paar hundert Schil
ling auch gar nicht ankäme. Da aber der Ar
beiter so „kleinlich“ gewesen war, auf diesen
Forderungen zu bestehen und sie einzuklagen,
sehe er sich veranlaßt, eine Gegenklage einzu
bringen, weil er ihm durch seine mangelhafte
Arbeit Schaden verursacht hatte.
Der Unternehmer war „großzügig“ genug, in
der Gegenklage einen mehrfach so hohen Be
trag, als er vom Arbeiter gefordert wurde, zu
verlangen. Der Arbeiter war zunächst sehr er
staunt, da er noch niemals von einer Gegenfor
derung des Unternehmers gehört hatte, und gab
folgendes hierzu an: Er wurde in dem Betrieb
als Schweißer aufgenommen, obwohl er aus
drücklich betonte, daß es nicht sein gelernter
Beruf sei und er auch keine besondere Qualifi
kation als Schweißer besitze; er wurde trotzdem
zu Schweißarbeiten verwendet und führte diese
dann tatsächlich so mangelhaft aus, daß ein
anderer Schweißer noch einmal dieselbe Arbeit
machen mußte. Der Unternehmer beschäftigte
den Arbeiter daraufhin in anderer Weise im
Betrieb noch durch einige Wochen, und spä
ter kam es dann zur Kündigung. Es war nie
mals die Rede davon, daß für die mangelhafte
Arbeit als Schweißer irgendein Ersatz gelei
stet werden sollte.
Eis hat sich anscheinend bei den Unterneh
mern die Methode eingeschlichen, wenn Arbei
ter nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses
ihre berechtigten Lohnansprüche anfordern,
darauf mit einer Gegenklage zu antworten, in
der wegen schlechter, mangelhafter Arbeitslei
stung Schadenersatzansprüche, die weit über die
Lohnansprüche hinausgehen, geltend gemacht
werden. Nicht selten gehen die Arbeiter unter
dieser Drohung auf Vergleiche ein, die zum
Verlust ihrer berechtigten Ansprüche führen.
In letzter Zeit —" offenbar wegen der sich
In der Oeffentliohkeit mehrmals über das Pro
blem der Schadenshaftung des Arbeitnehmers
häufenden Art dieser Prozesse — wurde auch
gegenüber dem Arbeitgeber gesprochen.
Was unsere Rechtsgelehrten dazu sagen.
Zu Beginn dieses Jahres beschäftigte sich eine
Rechtsreferententagung der Kammern und Ge
werkschaften mit dieser Frage, wobei die nach
stehende Auffassung vertreten wurde.
Leider ist im österreichischen Arbeitsr3cht
keine ausdrückliche Bestimmung enthalten, die
eine Aussage darüber geben würde, ob ein Ar
beitnehmer für den Erfolg seiner ^Leistung dem
Arbeitgeber haftbar ist. Zur Beurteilung dieser
Frage werden darum zunächst die Bestimmun
gen über die Gewährleistung (§ 922 ff.) und
über den Schadenersatz 1291 ff.), heranzu
ziehen sein.
Unter Gewährleistung versteht man nach §
922 des ABGB., daß jemand, der eine Sache auf
entgeltliche Art einem anderen überläßt. Ge
währ dafür leistet, daß diese die ausdrücklich
vereinbarten oder gewöhnlich dabei vorausge
setzten Eigenschaften habe und daß sie der
Natur des Geschäftes oder der getroffenen Ver
abredung gemäß benützt und verwendet werden
könne.
Gewährleistung ist zum Beispiel beim Kauf
eines Grundstücks die Garantie für die Zusage,
daß keinerlei Hypotheken darauf ruhen; oder
beim Kauf irgend einer Ware, daß diese sämt
liche Qualitäten, die zugesichert wurden, auch
besitzt. Beim Arbeitsverhältnis würde Ge
währleistung also bedeuten, daß der Arbeiter
dafür einstehen muß, auch immer eine ausge
zeichnete, fehlerlose Arbeit abzuliefern. Wäh
rend nun beim Kauf einer Sache eine solche
Gewährleistung möglich ist, liegt es aber beim
Arbeitsverhältnis doch etwas anders.
Auch der Gesetzgeber hat, als die Bestimmun
gen über den Dienstvertrag des ABGB behan
delt wurden, nicht daran gedacht, im Rahmen
des Arbeitsverhältnisses eine Gewährleistung zu
verlangen.
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Für die Unterscheidung zwischen Dienst- und
Werksvertrag wird auf den charakteristischen
Gegensatz der wirtschaftlichen Bedingungen und
Zwecke hingewiesen. Danach ist für den Dienst-
vertrag bedeutend, daß der Arbeitnehmer für
Sorgfalt in der Durchführung seiner Arbeiten
haftet, im übrigen aber der Erfolg oder Mißer
folg der Arbeitsleistung auf Rechnung des Ar
beitgebers zu gehen hat. Im Werksvertrag al
lerdings haftet der Uebernehmer nicht nur für
Sorgfalt, sondern auch für Gewährleistung bei
Mängeln der Arbeit, und er hat auch die Ge
fahr des Mißlingens einer Arbeit selbst zu über
nehmen.
Der Unterschied in der Behandlung zwischen
Dienst- und Werkvertrag findet vor allem seine
Begründung in der wirtschaftlichen Stellung,
da der Arbeitnehmer persönlich und wirtschaft
lich im wirtschaftlichen Organismus des Arbeit
gebers ein- und untergeordnet ist, während der
Uebernehmer im Werksvertrag wirtschaftlich
frei und selbständig bleibt.
Die Bedeutung der Probezeiten
Sowohl die gesetzlichen Bestimmungen als
auch die Praxis haben die Gewährleistung bei
Arbeitsverbältnissen durch die Einführung von
sogenannten Probezeiten ersetzt. Fast bei jedem
Beginn eines Arbeitsverhältnisses wird vorerst
eine bestimmte Probezeit vereinbart, die dem
Arbeitgeber die Möglichkeit gibt, die Verwend
barkeit des neu aufgenommenen Arbeitnehmers
zu überprüfen. Im übrigen besteht, abgesehen
von der Probezeit, in welcher sich der Unter
nehmer davon überzeugen kann, ob die angege
benen Qualitäten des Arbeitnehmers tatsächlich
vorhanden sind, nach Ablauf der Probezeit die
Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis entweder zu
kündigen oder bei grober Unfähigkeit sogar
Entlassungen durchzuführen. Auch die Lite
ratur über den Arbeitsvertrag vertritt die Auf
fassung, daß eine Gewährleistung aus dem
Dienstverhältnis nicht in Betracht kommt.
Zu überprüfen bleibt die Frage, wieweit ein
Arbeitnehmer bei Ablieferung einer schlechten
Arbeit nach den Bestimmungen über den Scha
denersatz ersatzpflichtig gemacht werden kann.
Keine gesetzliche Regelung.
Wenn vom Schadenersatz im Sinne des AB
GB gesprochen wird, muß grundsätzlich fest-
gestellt werden, daß ein solcher ein Verschul
den voraussetzt. Bei Verschulden gibt es ver
schiedene Grade desselben, und zwar Vorsatz,
Ich meine, wir müßten versuchen, etwas
zurückzuhalten, und könnten dadurch kulturell
auch sehr vieles erreichen. Etwas mehr an Ab
stinenz könnte man gebrauchen, und ich glau
be, daß es auch unsere Pflicht ist, hier mitzu
wirken.
Wir müssen alle wieder lernen, echte Fest«
zu feiern, und das ist sehr schwer. Organisie
ren und Feiern ist schwer, aber das müssen wir
lernen. Eis ist für die Gewerkschaften sehr
wichtig und gehört mit zu den Aufgaben unse
rer Kulturarbeit. Ich habe die Zuversicht, daß
die Jugend es lernen wird; was wir dazu brau
chen, ist ein starker Glaube. Es wird nichts
bewegt und vollbracht, ohne den Glauben. Der
Mensch muß über seine kleinen persönlichen
Dinge hinaus mit geistigen Impulsen verbunden
sein, solchen, die ihn mit dem Allgemeinen ver
binden. Wenn ich vom Glauben spreche, so
meine ich nicht ein Glaubenssystem, sondern
grobe und leichte Fahrlässigkeit. Bei einem vor
sätzlichen oder grob fahrlässig herbeigeführ
ten Schaden wird wohl nur in besonders gele
genen Ein/.clfällen der Standpunkt vertreten
werden können, daß er nicht von dem Verur
sacher ersetzt werden sollte. Anders liegt j s
jedoch, wenn es sieh um leichte Fahrlässigkeit
bandelt.
Zunächst sei nochmals darauf hingewiesen,
daß eine gesetzliche Regelung über Schaden
ersatz bei schlechtem Arbeitserfolg nicht vor
handen ist.
Es muß darum versucht werden, aus den vor
handenen allgemeinen gesetzlichen Bestimmun
gen den Ausschluß der Schadenersatzpflicht bei
leichter Fahrlässigkeit abzuleiten. Viele Ent-
scheidungen weisen darauf hin, daß es ohne
weiteres möglich sit, im Vertragswege die Haf
tung für lei'hles Verschulden ohne böse Absicht,
auszuschließen. Aus dem Wesen des Arbeits
vertrages, der, wie schon erwähnt, vor allem
in der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Ar
beitnehmers, seiner persönlichen und wirt
schaftlichen Unterordnung in den Organismus
des Arbeitgebers charakteristisch ist, kann
zweifellos abgeleitet werden, daß es gar nicht
erst besonders vertraglich vereinbart werde»
müsse, sondern bereits der Natur des Arbeits
vertrages entspricht, daß eine Sehadenhaftimg
für leiehte Fahrlässigkeit nicht gegeben ist.
Das Unternehmerrisiko
Es liegt im Unternehmerrisiko, den Erfolg
und Mißerfolg des Arbeitnehmers zu tragen.
So wie der Unternehmer an der ausgezeichne
ten Leistung eines Arbeiters profitieren kann,
muß er auch in Kauf nehmen, daß ab und zu
eine Arbeit mißlingt.
Im übrigen wäre wohl kaum ein Betrieb auL
rechtzuerhalten, wenn jeder Arbeiter das Risiko
vor sich hätte, bei leichter Fahrlässigkeit für
den Schaden verantwortlich zu sein. Es müß
ten darunter das Tempo und der Produktions-
erfoig des Betriebes wesentlich beeinträchtigt
werden.
Zusaanueiifassend kann gesagt werden, daß
Arbeitnehmer für den Mißerfolg ihrer Arbeits
leistung dann haften, wenn dieser vorsätzlich
oder grob fahrlässig verschuldet wurde, wobei
das Verschulden vom Arbeitgeber nachgewie
sen werden muß. Gelingt dieser Nachweis
nicht, gilt die Vermutung, daß ein Schaden
ohne Verschulden entstanden sei, so daß der
Arbeitnehmer dafür auch nicht einzustehen hat.
den Glauben, daß die Menschheit noch Große«
vollbringen w ird, daß es vorwärts geht und auf
wärts, denn sonst kann keiner leben. Die große
Krise, in der wir uns befinden infolge de« Man
gels an Perspektiven, müssen wir überwinden.
Es ist notwendig, den Glauben an gewisse
Werte zu wecken, zu erhalten. Die Gewerk
schaftsbewegung ist notwendig, und die neue
Gesellschaft muß bei uns zugleich di; Basis
bilden für den Glauben, daß das, was wir tun,
gut und notwendig ist.
Den Glauben wecken.
Wir müssen den Menschen den Glauben er
halten und ihn wecken, wobei es immer wieder
welche geben wird, die sagen, es hat ja doch
keinen Zweck. Aber es wird auch immer wie
der Menschen geben, von denen man weiß, daß
Gehörtes, in ihnen weiterwirkt und sie beschäf
tigt, und diese Menschen zu gewinnen', gehört
zu den Kräften der Geschichte, die bedeutend
SAARBRÜCKEN
Kultutatbeit dei Geweckschaften
(Schluß)
das den ganzen Tag herumtollt,
spielt und auch den Anforde
rungen der Schule gewachsen
sein soll, braucht kräftige vita
minreiche Nahrung.- Besonders
Vitamin A fördert sein Wachs
tum und Vitamin D gibt ihm feste
Knochen und Zähne.
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Wachstum-Vita min
750 EINHEITEN VITAMIN D
Sannen-Vitamin
wertvoller sind als die großen Kriege. Und des
halb ist unsere Gewerkschaftsarbeit keine Si
syphusarbeit, wenn sie irgend etwas Wertvolle«
zum Leben erweckt.
Ich möchte noch einige Worte über die Aus
gestaltung gerade unserer Festabende sagen.
Wir sollten versuchen, unsere Kollegen und
die Jugend dazu zu erziehen, daß sie die Sa
tire pflegen, das gibt Stoff zum Denken und ist
gerade in einer Zeit wie der heutigen sehr not
wendig. Außerdem ist- es notwendig, das Ethos
der Freiheit und Sachlichkeit zu entwickeln.
Eis i«t interessant, wenn wir die Arbeiterbewe
gung beobachten, können wir auf der einen
Seite eine gewisse Anarchie der Auffassungen
feststellen und auf der anderen Seit« eine sehr
puritanische Tendenz. Diese Tendenz hat ihre
großen Schwächen, weil sie sich unter dem
Druck eines Staates vollzieht. Auf der anderen
Seite enthält diese Tendenz aber auch sehr ge
sunde Elemente, die einen Protest darstcllen
gegen alles, was Werte vernichtet und besei
tigt hat. Die puritanische Tendenz ist ganz
von selber wach geworden, und sie hat etwas
«ehr Starkes und sehr Wertvolles in sich.
Ich werde jetzt fünf Punkte anführen, di,e
ein gewisser Leitfaden sein sollen., wie wir un
sere Kulturarbeit aufbauen wollen.
1. Es gehört zu unseren wichtigsten Aufgaben,
einen stabilen Kern innerhalb der Organi
sation herauszubilden. Noch keine Massen
bewegung war etwas wert, wenn sie nicht
einen solchen Kern von zuverlässigenFunk-
tionären und Avantgardisten gehabt hat.
Die Menschenpflege gehört zu den wich
tigsten Aufgaben, wir sollten mit guten
Funktionären behutsam umgehen.
8. Wir müssen verstehen, unsere Mitglieder
an die Bewegung und die Organisation da
durch zu binden, daß wir eine neue Skala
der Werte entwickeln. Das ist etwas Gro
ßes und Schönes. Wir haben diese Werte
in derTradition der Arbeiterbewegung, nur
müssen wir diese Werte stärker als bisher
heraussteilen und sie den Mitgliedern ver
ständlich machen, wir müssen ihr Lebens
gefühl erhöhen und ihr Selbstbewußtsein
stärken. Vor 1914 hatte man auf der Seite
der Arbeiterschaft ein stark ausgeprägtes
Selbstbewußtsein. Jeder Arbeiter wagte
aufzutreten und auch Opfer auf sich zu
nehmen. Diese Leute fehlen uns heute.
Durch Betriebsausflüge usw. verhindern
wir, daß der Arbeiter eine klare und schar
fe Stellung einnimmt, wobei nichts im V£ ege
steht, gegenüber vernünftigen Unterneh
mern anders aufzutreten. V iele Unterneh
mer haben bereits verstanden, daß die Ar
beiter- und Gewerkschaftsbewegung etwas
Notwendiges ist, leider sind sie noch seilen
in Deutschland. Eis ist notwendig, daß das
Selbstbewußtsein stärker betont und ent
wickelt wird.
8. Wir müssen ferner die Perspektiven er
weitern über das private Schicksal und
über die Berufs- und Landesgrenzen hinaus.
Man sollte allüberall vermeiden, begrenzte
Nationalisten zu sein.
4. Wichtig ist ferner die Heranbildung von
Persönlichkeiten, die in jeder Situation
ihren Mann stellen können. Das gilt
selbstverständlich auch für die Frauen. I ns
fehlen solche Persönlichkeiten, und wir
müssen sie unbedingt haben, um eine ge
sunde Bewegung aufbaüen zu können, weil
wir uns nicht auf das Spiel zwischen ei
nem Apparat und einer großen Masse be
schränken wollen, sondern wir wollen ein
organisch gefestigtes Ganzes schaffen.-
5. Die Gewerkschaften haben ein Recht und
die Pflicht, die Arbeiter, Arbeiterinnen und
Angestellten nach drei Grundsätzen zu er
ziehen: Solidarität, Humanität, Individua
lität.