Full text: 7.1952 (0007)

Saarbrücken 
7./8. Jahrgang 
Dez. /Jan. 52/53 
Nummer 14/1 
ORGAN DERIINREOEHMILTEN OER RRREITER, ANGESTELLTEN UND GERRITEN 
ISeceitfdiajl juc JohcesrornDe! 
FRIEDE - FREIHEIT - FORTSCHRITT 
Für diese Ziele kämpft die Gewerkschaft, 
haben die Funktionäre und die Mitglieder 
im vergangenen Jahre Kraft und Zeit ge 
opfert. 
Weihnachten und Neujahr sind Tage be- 
ia 
sonderer Besinnung und neuer Verpflich 
tung aber auch des Dankes und des Glück 
wunsches. 
Allen Mitgliedern der Gewerkschaft und 
ihren Familienangehörigen ein frohes 
Weihnachtsfest und ein glückliches neues 
Jahr! 
Landesvorstand der Einheitsgewerkschaft. 
Neutralität - eine Notwendigkeit 
Erhaltung der Schlagkraft - Verhinderung der Spaltung 
Je de 8 Jahr bringen Weihnachten und 
Neujahr eine Fülle von Hoffnungen, Wün 
schen, Anregungen und Versprechungen. 
Das wird immer so bleiben, und soweit 
dabei sinnige Betrachtungen nickt zu Illu 
sionen verleiten und das Gewissen derer, 
die so festlich sich uns zuwenden, keinen 
doppelten Boden besitzt, ist es gut so. Wir 
wollen hier nicht frivol das Wort ange 
wandt wissen: „Sie sagen Gott und mei 
nen Kattun.“ 
Wohl müssen wir hier und da miß 
trauisch sein, denn dazu zwingt uns die 
Erfahrung. Aber an Weihnachten wollen 
wir nicht zu streng denken. Wieviel Men 
schen sind ganz verliebt in dieses Fest, 
und man kann nur wünschen, daß die 
Freude nie ganz abhanden kommt; denn 
solche Freude gibt Kraft und Zuversicht, 
Sinn für neues Schaffen und Wirken, trotz 
kalter Winternacht. 
Aber es ist gut, daß wir auch an den 
Festtagen realistisch bleiben, daß wir kei 
ner Fata morgana von Silber streifen zum 
Opfer falleji. Es ist schon immer auffäl 
lig und ein Alarmzeichen gewesen, wenn 
vom Frieden im Uebermaß geredet wurde. 
Ein hartes Jahr liegt hinter uns. Da gab es 
Schlappen, aber es gab auch Erfolge trotz 
starken Widerstandes. Mit dem Erreichten 
können wir nicht zufrieden sein, doch fra- 
en wir uns ehrlich: Wo stünde die Ar- 
eitnehmerschaft angesichts der sie bedro 
henden Gefahren ohne gewerkschaftliche 
Organisation? Nach dem Zusammenbruch 
wurde Jahr für Jahr ein gut Stück Neu 
land gewonnen. Wir sind nicht rechtlos 
und nicht schutzlos dank der Organisation. 
Das Vorhandensein nicht erfüllter Forde 
rungen — so schmerzlich es auch ist — 
kann aber die Erfolge nicht entwerten. 
Wo stünden wir ohne gewerkschaftlichen 
Kampf am Ende dieses Jahres in der 
Frage der Löhne und Gehälter, dem Kampf 
um die Kaufkraft des Einkommens, der 
Revision verschiedener Konventionen, der 
Sozialversicherung, der Hüttenknapp 
schaft, der Arbeitskammer, mit manchen 
Tarifabkornmen, mit dem Problem der Ju 
gendlichen in den Betrieben und der 
Frauenarbeit? Die vielen gewerk 
schaftlichen Einzelaktionen, Eingaben, 
Proteste, sind gar nicht alle aufzuzählen. 
Was ist alles in dem oft zermürbenden 
Kleinkrieg der Tarifverhandlungen an 
Verbesserungen für die Arbeinnehmer er 
zielt worden. Weiter wurden in Hunder 
ten und aber Hunderten von Verhandlun 
gen vor den Arbeitsgerichten Millionenbe 
träge für die organisierte Arbeitnehmer 
schaft herausgeholt (im vorigen Jahre wa 
ren es 20 Mill. Frs.), ganz zu schweigen 
von den vielen täglichen Ratschlägen und 
Anregungen, die für unsere Mitglieder im 
Arbeitskampf von großem Nutzen gewesen 
sind. In der Sozialversicherung ist das 
überaus wichtige Problem der Zusatzver 
sorgung erneut mit stärkstem Nachdruck 
auf gegriffen worden. (Ueber die Neurege 
lung in der Saarhüttenknappschaft siehe 
an anderer Stelle.) Für das neue Jahr 
wurde das hohe Ziel gesteckt, eine Zusatz 
versicherung für alle Arbeitnehmer zu 
erreichen, damit jeder Schaffende einem 
einigermaßen sorgenfreien Lebensabend 
für sich und die Familie entgegensehen 
kann. 
Was aber vor allen Dingen und erneut 
mit aller Energie in Angriff genommen 
wird, das ist jenes: ein neues Be 
triebsrätegesetz mit weitgehender 
Mitbestimmung und Mitverantwortung. Si 
cher sind zu einem Gesetz von weittragen 
der Bedeutung viele eingehende Verhand 
lungen notwendig; aber endlich muß damit 
auch einmal Schluß gemacht werden und 
ein fortschrittliches Gesetz zum Vorschein 
kommen. 
Dann ist das Tarifvertragsrecht 
für die noch ausstehenden Berufsgruppen 
zu erkämpfen, so im Bergbau und im öf 
fentlichen Dienst. Davon kann die Gewerk 
schaft nicht abgehen. Ferner steht ein 
neues Kündigungsschuttgesetz 
seit langem zur Debatte, und es ist höch 
ste Zeit, daß es im Sinne der Arbeitnehmer 
verabschiedet wird. 
Verschiedene Industrieverbände erstre 
ben Verbesserungen ihrer Ta rif ab - 
kommen, besonders auch für die Ange 
stellten. U. a. rückt der Kampf um 
V erkür tun g der Arbeitszeit, z. 
B. beim Bergbau aut f 1/j Stunden, in den 
Vordergrund. Daneben gibt es andere we 
sentliche Aufgaben. So steht der Verband 
der Graphiker in einer heftigen Ausein<- 
andersetzung mit der Regierung um die 
Zulassung von Lokalzeitungen. 
Dieser Kampf hat weit über die Landes 
grenzen starkes Echo geweckt. Nicht 
übersehen werden darf der soziale Woh 
nungsbau, der aufs engste mit dem 
Problem der Arbeit und der Arbeitskraft 
zusammenhängt. Auch im vergangenen 
Jahre wurden gute Fortschritte erzielt. 
Die Baufinanzierung läßt allerdings sehr 
zu wünschen übrig. Aber trotz der Schwie 
rigkeiten setzt sich die Gewerkschaft in 
tensiv für die Belange ihrer Mitglieder 
ein, und man wird auch im neuen Jahre 
nicht locker lassen. Auch das W ar n dt- 
r oblem kann in diesem Zusammen- 
ang nicht übergangen werden. 
Der Arbeitskammer, die nach 
provisorischem Beginn im Jahre 1951 nun 
in diesem Jahre offiziell zum Zuge kam, 
gilt das hervorragende Interesse der Ge 
werkschaften, und von einer engen, ver 
trauensvollen Zusammenarbeit wird viel 
für die Arbeitnehmerschaft abhängen. 
Die Kammer hat die Initiative ergriffen, 
um alsbald ein Schulungsheim zu er 
stellen. Ebenso ist die Schaffung eines 
Ferienwerkes auf freiwilliger Basis 
d'ir' li .die Azbcitskammer vorgesehen. 
Insgesamt betrachtet, wird es sich auch 
darum handeln, zu erreichen, daß die de 
mokratischen Grundrechte gewahrt wer 
den. Dabei ist auch an das Briefgeheim 
nis gedacht, das in eklatanten Fällen ge 
rade in letzter Zeit mißachtet worden ist. 
Auf der europäischen Ebene ist die 
Schaffung der Montanunion als wich 
tigstes Werk zu vermerken. Die Gewerk 
schaften werden ihren Einfluß hier ver 
stärkt in die Waagschale zu werfen haben. 
Eine weitere Produktionssteige 
rung auf allen Gebieten liegt in unser al 
ler Interesse, wobei natürlich wesentlich 
ist, welchen Anteil die Arbeitnehmerschaft 
an einer Steigerung haben wird. Die Frage 
der Investitionen und der Rationalisierung 
der Wirtschaft wird uns in dem neuen 
Jahre sehr beschäftigen. Hier können wir 
nicht einfach die Devise hinnehmen, die 
da lautet: „Entweder Vollbeschäftigung 
durch Aufrüstung oder Arbeitslosigkeit. 
(Fortsetzung Seite 2) 
Mitglieder, Funktionäre, Betriebsräte, sic 
alle zeigen ein starkes Interesse an der Auf 
klärung und Klärung schwebender aktueller 
Fragen. Manche Probleme stehen besonders 
stack im Brennpuukt, und es gehört dann 
zur Pflicht der Organe, cieh auf sachlich > 
Art im Gesamtinteresse mit den Dingen 
auseinanderzusetzen. Eine sehr ersprieß 
liche Auseinandersetzung ergab sich bei dem 
kürzlich erfolgten Besueh mehrerer Be 
triebe, wobei mit den Betriebsräten alle we 
sentlichen Fragen eingehend besprochen 
werden konnten. Da di« Besprechungen 
durchweg überall auf derselben Ebene la 
gen, sei eine davon als maßgeblich für alle 
andern hier näher dargelegt, und zwar die 
Besprechung mit dem Betriebsrat der Dil- 
Itnger Hütte. Die mannigfaltigsten betrieb 
lichen, sozialen und arbeitsrechtlichen Fra 
gen wurden Im einzelnen erörtert und 
praktische Resultate erzielt. Anschließend 
kam dann auch der Ausschluß Kutscbs zut 
Sprache. Im Zusammenhang damit legte 
uns der 1. Beauftragte des Betriebsrates. 
Kollege Rhoden, eine Reihe Frag*« vor und 
bat um eine grundsätzliche Stellungnahme. 
Diese Unterhaltung, die für alle anderen 
Betriebsräte von Bedeutung ist, geben wir 
im Wortlaut wieder. Sie diene zur Auf 
klärung aueh in andern Betrieben. 
Rhoden : Sie können sich vorstellen, daß, 
nachdem sich Rundfunk und Presse mit der 
Ausschlußangelegenheit Kutsch reichlich be 
schäftigt haben, auch unsere Mitglieder im 
Betriebe sich diskussionsmäßig darüber un 
terhalten. Selbstverständlich gibt es bei diesen 
Unterhaltungen Für- und Gegenstimmen. Wir 
hätten nun gerne einmal die offizielle Stel 
lungnahme unseres Verbandes dazu kennen 
gelernt. 
Wir: Zunächst muß zu dieser Angele 
genheit etwas Grundsätzliches gesagt werden, 
damit wir für die Beurteilung dieser Sache 
den richtigen Ausgangspunkt finden. 
Die Einheitsgewerkschaft besteht aus 13 In 
dustrieverbänden, die sich nach § 2 der EG.- 
Satzung zu einer Dachorganisation zusammen 
geschlossen haben. Dieser Dachorganisation ist 
die Aufgabe gestellt, alle Gewerkschaften zu 
einer Einheit zum Zwecke der Wahrung der 
gesamten wirtschaftlichen, sozialpolitischen 
und geistigen Interessen der Arbeiter, Ange 
stellten und Beamten zusammenzufassen. Alle 
13 Industrieverbände haben hiernach ihre 100- 
prozentige Selbständigkeit behalten. 
Rhoden: Was ergibt sich nun hieraus 
in dem Fall Kutsch für uns? 
Wir: Zunächst einmal die Tatsache, da 
Kutsch Bergbauangestellter und Bergbau Vor 
sitzender war, daß diese Ausschlußangelegen 
heit eine ganz interne Sache des Bergbaues 
ist und daß nur die Bergleute allein, bzw. 
ihr Verband darüber zu urteilen und zu ent 
scheiden haben. Für uns bedeutet das, daß 
wir mit dem Ausschluß Kutsch als I. V. 
Metall überhaupt nichts zu tun haben und 
daß wir auch kein Recht haben, in diese 
interne Angelegenheit einzugreifen. Es han 
delt sich also hier um einen ausgesprochenen 
Familienstreit im Bergbau, der auch inner 
halb der eigenen Familie -wieder bereinigt 
werden muß. 
Rhoden : Ich bin in diesem Falle aber 
nun etwas anderer Meinung, und zwar der, 
daß uns die Sache insofern etwas angeht, als 
Kutsch ja zugleich auch Präsident der ELn- 
heitsgewerkschaft war. 
Wir: Das ist schon richtig. Hier be 
rührt uns vom I, V. Metall die Sache auch. 
Wir dürfen hier aber nicht vergessen, daß 
der Landeskongreß der EG. sich eine eigene 
Satzung gegeben hat und daß er im Rah 
men dieser Satzung die Entscheidung für 
solche Fälle bereits getroffen hat. In § 8 
der EG. Satzung heißt es unter Ziffer 4: 
„Funktionäre der Einheitsgewerkschaft 
verlieren ihr Mandat mit sofortiger Wir 
kung, wenn sie aus der Gewerkschaft aus 
treten oder ausgeschlossen werden.“ 
Kollege Rhoden, soweit wir uns erinnern, 
war die Dillinger Hütte mit einer erheblichen 
Anzahl von Delegierten, Teilnehmer des Lan 
deskongresses. Sie haben also die Satzung 
selbst mit beschlossen. 
Dem Landesvorstand und dem Gewerk 
schaftsausschuß der EG. blieb also in diesem 
Falle nichts anderes übrig, als festzustellen, 
daß Kutsch infolge seines Ausschlusses beim 
Bergbau nach dieser Satzungsbestimmung kein 
Präsident der EG. mehr sein konnte. 
Stellen Sie sich einmal vor, Kollege Rho 
den, wir hätten sonst den grotesken Fall, 
daß ein Unorganisierter Präsident der EG. 
wäre. Daß so etwas nicht geht, wird ja wohl 
jeder vernünftige Mensch ein'-’-n müssen. 
Rhoden: Gut, ich sehe jetzt ein, daß 
uns die Sache als Metall überhaupt nichts 
angeht, da uns die Sache nicht berührt und 
da wir kein Recht haben, in die internen 
Verbandsangelegenheiten des I. V. Bergbau 
hinein Zureden. Hieraus ergibt sich, daß wir 
diese Angelegenheit ausschließlich dem Berg 
bau zur Bereinigung überlassen müssen. 
Wir: Wir stehen also in dieser Sache 
vollkommen neutral und können weder für 
die eine noch für die andere Richtung Partei 
ergreifen. 
Rhode n : Welche Gründe waren denn 
eigentlich für den Ausschluß Kutschs maß 
gebend? Im einzelnen sind wir darüber nicht 
informiert. 
Wir: In den Zeitungen und in Flugblät 
tern werden dem Kollegen Kutsch mehr als 
ein Dutzend Vorwürfe gemacht. Darunter 
hauptsächlich der Vorwurf der Verletzung 
der parteipolitischen Neutralität der Gewerk 
schaft. Das Schiedsgericht des I. V. Bergbau 
hat in den beiden letzten in der „Arbeit“ er 
schienenen Veröffentlichungen und in dem 
Wahlaufruf in der Bergbauzeitung, die Ver 
letzung der Neutralität erblickt und hierauf 
gestützt hat die Schiedsstelle des I. V. Berg 
bau den Ausschluß ausgesprochen. Insbeson 
dere wurde von den Mitgliedern im Berg 
bau der Wahlaufruf als Verletzung der par 
teipolitischen Neutralität angesehen, in dem 
im letzten Absatz die Anregung zur Abgabe 
weißer Stimmzettel enthalten war. 
Rhoden : Ich bin und damit auch der 
größte Teil unserer Belegschaft der Meinung, 
daß die parteipolitische und religiöse Neu 
tralität der Gewerkschaft unter allen Um 
ständen gewahrt bleiben muß und daß jeder. 
INDUSTRIEVERBAND GRAPHIK-SAAR 
Ar» Sonntag, dem 22. März 1953: vormittags 9.00 Uhr, findet im Lokal 
„Zum Hirsch“, Saarbrücken, Saargemünder Straße 11 (Straßenbahn - 
Haltestelle — Christ-König-Kirche — Linie 5), der 
5. VERßANDSTAG 
statt, 
Tagesordnung: 
1. Eröffnung des Verbaudstages 
2. Wahl der Leitung des Verbandstages und der Kommissionen 
3. Genehmigung des Protokolls des 4. Verbandstages 
4. Geschäfts- und Kassenbericht 
5. Genehmigung des Kassenberichtes und Entlastung des Vor 
standes 
6. Tarifliches 
7. Beratung der eingegangenen Anträge und Beschlußfassung all-; 
gemeiner Natur 
8. Neuwahl des Verbands Vorstandes 
9* Festsetzung der Diäten zum Verbandstag 
10.’ Bestimmung des Ortes und des Zeitpunktes des nächsten Ver 
bandstages 
Der Verbandsvorstand. 
Wir verweisen unsere Mitglieder und die Vorstände der Ortsvereine 
auf die diesbezüglichen Bestimmungen unserer Satzung gemäß der §§ 
13 und 14.‘
	        
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