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April 1950
.DIE ARBEIT“
Arbeitnehmer, die im Saarland 26 000 ba-
trage.
Kollege Munari schilderte die besonde
ren Schwierigkeiten, die sich für die Orga
nisation im Baugewerbe gegenüber ande
ren Verbänden ergeben. Zunächst seien
es die saisonbedingten Schwankungen der
Beschäftigtenzahl, dann die Vielzahl der
Betriebe (etwa 1600) und die Abwande
rung in andere Industriezweige und nach
Frankreich. Besonders im Baugewerbe
dürfe der Gewerkschaftler nicht alles Heil
von den Hauptfunktionären erwarten. Eins
rege gewerkschaftliche Tätigkeit von den
vielen einzelnen Stutspunkten aus sei un
erläßlich. Erhaltung des Arbeitsplatzes
und wirtschaftliche und soziale Verbesse
rungen, diese beiden Punkte stünden im
mer im Vordergrund. Die 10,5 Milliardär»
Franken, die von der Regierung für den
Bausektor im Jahre 1950 vorgesehen seien,
müßten endlich zur Verfügung stehen;
denn sogar jetzt im Frühjahr seien noch
Arbeitslose im Baugewerbe vorhanden.
Viele Arbeiter haben einen bedeutenden
Lohnausfall. Was die Ausgleichsunter
stützungen angeht, so komman manche
infolge der Karenzzeit und durch Entlas
sungen um diese Beträge. Die Pflicht zur
Abholung der Unterstützung in Saarbrüc
ken verursache manchem große Fahrtaus-
Jagen, die unbedingt den Arbeitern zu-
xückerstattet werden müßten.
Kollege Munari befaßte sich mit der
Höhe des Gewerkschaftsbeitragas. Man
müsse unbedingt über Mittel verfügen,
wenn man die kommenden Auseinander
setzungen bestehen wolle. Der Redner
verwies auf die Forderungen des Gewerk
schaftsausschusses, das allgemeine Exi
stenzminimum auf 19000 ffrs. festzusetzen
und forderte die endliche Zahlung des
Wartegeldes von 3000 ffrs., zumal dem
Baugewerbe von seiten der Regierung für
diese Auszahlung bereits entsprechende
Kredite zu gesagt seien.
Hierauf erstattete Kollege Diederich
den Kassenbericht. Auch er appel
lierte an den wahren Gewerkschaftsgeist,
zudem eine satzungsgemäße Zahlung der
Beiträge gehöre. Er faßte seine Gedanken
in die Worte r „Schafft stark» Kassen, dann
habt ihr gute Waffen!"
Diskussion
In der Diskussion kam zum Aus
druck, daß eine neutrale Gewerkschaft
am besten ist. Der. jetzige Stundenlohn
von 63 ffrs. für Hilfsarbeiter sei keine Exi
stenzgrundlage. Eine Aufbesserung müßte
unbedingt erfolgen. Für die Kassierung
der Gewerkschaftsbeiträge wurde vorge-
- schlagen, daß nicht die Industrieverbände
einzeln ihre Beiträge einziehen, wodurch
manchmal bis zu fünf verschiedene Kas
sierer bestimmt werden, die für alle Ver
bände gleichzeitig einkassieren sollen.
Aui die Bemerkung, wie es um das Be-
triebsrätegesetz stehe, bemerkte Kollege
Schäfer, daß di« Gewerkschaften weiter
drängen, um vorwärts zu kommen. Zu ei
ner weiteren Behauptung stellte er fest:
Die Einheitsgewerkschaft sei und bleibe
parteipolitisch und religiös neutral.
Nachdem unter lebhafter Zustimmung
aller Anwesenden gegen die immer noch
bestehende Ueberwachung der Gewerk
schaftsversammlungen durch Polizeiorga
ne protestiert und wie schon von anderen
Industrieverbänden die Gleichstellung der
Witwe des Arbeiters mit der des Ange
stellten und Beamten in bezug auf den
Rentenauszahlungstermin gefordert wur
de, nahm Ministerialdirigent P f a f f das
Wort zu einer Feststellung über die 3000
ffrs., die als Wartegeld auf die zu erwar
tende Lohnerhöhung bezeichnet werde.
Aus seinen Worten ergibt sich folgendes:
Vertreter des Baugewerbes erklärten, daß
sie in bezug auf die Zahlung der 3000 ffrs.
zahlungsunfähig seien (bei den niedrigen
Löhnen im Baugewerbe kommt dieses
Wartegeld für die übergroße Mehrheit in
Betracht). Daraufhin wurde regierungssei
tig ein sogenannter Ueberbrückungskredit
vorgesehen. Die Verpflichtung zur Zah
lung der 3000 ffrs. bestand für den 8. 3.
1950. Man einigte sich schließlich auf den
20. 3« 1950 als Auszahlungsterm in, weil
anzunehmen war, daß dann die Kreditver
handlungen abgeschlossen seien. Es
scheint jedoch, daß es nicht so schnell
geht. Die Verpflichtung zur Zahlung mit
dem Termin vom 8. 3. 1950 besteht jedoch
weiter und ist einklagbar. Andere An
sichten hierüber sind unrichtig.
Zum Tarifvertrag
Die Stellungnahme des I.-V. Baugewerbe
zum kommenden Tarifvertrag führt«
hieraul zu einer nützlichen Darlegung und
Aussprache. Jakob S c h äf e r, der die
ses Gebiet durch seine gewerkschaftliche
Tätigkeit besonders gut beherrscht, konn
te die Stellungnahme des Verbandes klar
heraussteilen. Im allgemeinen sind die
Bauarbeiter für eine kurze Kündigungs
frist und für wöchentliche Entlohnung und
zwar freitags. Da, wo 14iägige Entloh
nung erfolgt, soll an dem dazwischen lie
genden Freitag eine Vorschußzahlung er
folgen. Die Dauer eines Tarifvertrages für
das Baugewerbe soll möglichst nur ein bis
zwei Jahre betragen mit etwa dreimonati
ger Kündigungsfrist. Jemand, der nicht
den vertragschließenden Parteien ang«.
hört, soll auch keinen klagbaren Rechts
anspruch auf darin festgelegte Rechte gel
tend machen können. Die Unorganisierten
seien entsprechend aufmerksam zu ma
chen. Im Tarifvertrag, so betonte Kolleco
Schäfer am Schluß, wird sich di« Stärka
o^r Organisation zeiaan, auf ihn beruh«
die Eessenrag des Lebensstandard««.
Das Ringen um die Konventionen
Heinrich Wacker über die Voraussetzungen und das Ergebnis von Paris
Obwohl schon so vieles über die Pari
ser Konventionen gesprochen und ge
schrieben worden ist, zeigen sich den
noch Unklarheiten und täglich kommen
neue hinzu. Es scheint nun einmal nicht
jedermanns Sache zu sein, die Dinge klar
sehen und beurteilen zu können. Bei man
chen fehlt es vielleicht auch än der ent
sprechenden Einstellung, und eine andere
Wunschwelt verdeckt die Sicht. Es war
daher nur zu begrüßen, daß zu einer öf
fentlichen Versammlung der Einheitsge
werkschaft im Feierabendhaus in St.
Wendel Kollege. Wacker als Referent
erschienen war. So konnten auch in die
sem Kreise einmal di« Dinge beim Namen
genannt und klarer Wein einge s chenkt
werden. Kollege Wacker sah sich auch
gezwungen, sich energisch gehen die Dif
famierung seiner Person, die von gewis
sen Seiten weiterhin versucht wird, zu
wenden. , . ,
Vom Recht der Diskussion wurde viel
seitiger Gebrauch gemacht.
*
Geschäftsführer Wagner vom Orts
auschuß St. We al der Einheitsgewerk
schaft eröffnet« cua Versammlung mit der
Begrüßung der Erschienenen. Er hieß be
sonders den Sprecher des Abends, den
Prä-identen der Einheitsgewerkschaft» Kol
lege Wacker, willkommen. Unter den Gä
sten sah man u. a. Kreissyndikus Schmitt,
Stadtbürgermeister Fuchs u. a. m. Ausge
hend von der Entstehung der Einheitsge
werkschaft im Jahre 1945, sagte Wagner,
daß man damals keine neue Gewerk
schaftsbewegung geschaffen habe, son
dern nur ein neues Kapitel in der Ge
schichte derselben, und daß die Gewerk
schaften in der neuen Phase dieser Ge« ■
schichte eine andere Stelle in Staat, Wirt
schaft und Gesellschaft bezogen haben,
als sie sie bisher inne hatte. Die Einheits
gewerkschaft habe bislang nichts unver
sucht gelassen, dort entscheidend ein zu-
wirken, wo es galt, für die Schaffenden
der Saar und deren Familien eine Besser
stellung auf sozialem, wirtschaftlichem,
beruflichem und kulturellem Gebiet zu er
reichen Und vieles sei erreicht worden.
Auch die Pariser Verhandlungen sind mit
ein Fortschritt der gewerkschaftlichen Tä
tigkeit und bedeuten eine Besserstellung
und Weiterentwicklung der gesamten
Wirtschaft.
Um die Gleichberechtigung
Dann sprach der Präsident der Einheits
gewerkschaft, FWhrich Wacker, übe«
die Pariser Konventionen. Ausgehend von
den Verhältnissen nadht 1945 in Deutsch
land und insbesondere an der Saar, zeigt«
er in großen Zügen die Entwicklung bis
Paris aut und betonte, daß die erste Sorge
, der Einheitsgewerkschaft den Arbeitern
galt, ihnen Arbeit und Brot zu erhalt an,
Betriebe aufzubauen, Demontagen zu ver
hüten und die soziale Not zu mildern.
Heute noch seien ca. 100000 Rentner zu
versorgen. Der wirtschaftliche Anschluß
sei nicht ohne Reibungen verlaufen. Die
Einheitsgewerkschaft habe immer wieder
versucht eine absolute Gleichberechti
gung mit Frankreich an der Saar herzu
stellen. Und diese Gleichberechtigung für
die Konventionen in Paris war für die Ge
werkschaften Voraussetzung. Und man
habe erreicht, daß nach Festsetzung der
Befugnisse des Hohen Kommissars ein«
Zusammenarbeit beider Regierungen di
rekt erfolge. Konsularische Vertretungen
werden in den Ländern errichtet, in de
nen das Saarland Interessen zu vertre
ten hat. Die saarländische Polizei sei in
Zukunft allein berechtigt, Ruhe und Ord
nung im Saarland auf recht zu erhalten.
Der Redner gab Erläuterungen zu den
einzelnen Konventionen, insbesondere übe*
die Hoheitsrechte, die politische Konven
tion, Wirtschafts- und Niederlassungskon
vention, die wirtschaftlichen Interesses
der Saar in Lothringen und Frankreich, di»
Zuteilung von Rohstoffen, den Direktkauf
der saarländischen Industrie und des Han
dels beim Erzeuger in Frankreich usw. Di«
Niederlassungkonvention habe groß«
Schwierigkeiten verursacht. Oftmals muß
ten die Gewerkschaften in die Verhand
lungen eingreifen. Jetzt aber sei die saar
ländische Arbeitnehmerschaft in Frank
reich den französischen und die franzö
sischen Arbeitnehmer im Saarland den
saarländischen Arbeitnehmern gleichge
stellt in bezug auf alle sozialen Bestim
mungen. Die Einheitsgewerkschaft habe
den Wunsch, daß derartige Abkommen
mit allen Ländern der Welt getroffen wer
den sollten, sie seien der beste Weg zur
Verständigung.
Hieraut beleuchtete Kollege Wacker, di«
Taritangleichungen an die franz. Tarife,
die bisherigen Nachteile der pharmazeu
tischen Industrie an der Saar, die nun
mehr in die Lage versetzt sei, ihre Arznei-
artikel auch in Frankreich verkaufen zu
können, die Verhältnisse bei den Trans-
portuntemehmungen usw., um zu betonen,
daß man in Frankreich die gültigen Ge
setze des Saarlandes und im Saarland die
gültigen Gesetze Frankreichs respektiere.
Das Fürsorgeabkommen sehe vor, daß ein
Saarländer, der in Frankreich arbeitet und
krank wird, die Fürsorge der Franzosen
genieße, umgekehrt der Franzose im Saar
land nach saarländischen Für&orgebe-
stimmungen behandelt werde. Bei den Ei
senbahnen des Saarlandes werden di«
führenden Stellen wieder von Saarlän
dern besetzt sein, «ine Koordinierung der
Eisenbahn nach Ost und West werde kom
men, bessere Verhältnisse werden an den
Grenzbahnhöfen zu erwarten sein. AU*
Abreden wurden unter der Voraussetzung
getroffen, den Bestimmungen des Frie
dens Vertrages nicht vorzugreiflen.
Die Grubenkonvention
Bezüglich der Grubenkonvention gab es
Zwischenruf« im Saale, so daß der Ver
sammlungsleiter ««ingriff. Man habe bei
den Verhandlungen die Interessen von
270 000 Menschen zu vertreten gehabt, be
tont» der Referent. Die Grubenkonvention
sei sehr stark umstritten. Die französisch*
Regierung hatte einen Entwurf vorgelegt,
den man zuvor nicht kannte und der Sr
die Gewerkschaftsvertreter unannehmbar
war. Mett» sei aber nicht nach Paris ge
fahren, um ein Diktat entgegenzunehmen.
Die Verhandlungen waren schwierig. Ein
Memorandum des Industrie verbandes
Bergbau ‘ _ wurde
ausgearbeitet, auf das man sich einigt«.
Tag für Tag hätten Verhandlungen statt
gefunden, und die Franzosen wollten hart
näckig an ihrem Entwurf festhalten, aber
Minister Kim habeesi dann ab gelehnt,
weiter zu verhandeln. Erst nach 12tägi-
gem Kampf konnte paritätisch verhandelt
werden.
Dann schilderte der Redner die genü
gend in der Presse bekanntgegebenen Er
gebnisse der Grubenkonvention, um zu ■
betonen, daß die Aufrechterhaltung der
oa. 70 000-Mann-Belegschaft vom Absatz
abhänge; es sei versichert worden, daß
kein Abbau erfolge. Durch Herabsetzung
der Kohlenpreise werde man konkurrenz
fähig werden müssen, und auch dis eisen
schaffende Industrie könne auf dem Welt
markt konkurrenzfähig werden. Frank
reich sei ein Kohlenimportland und durch
den Abschluß der Konvention sei der Boh
lenabsatz-des Saarlandes gesichert.
Zum Schlüsse seines Referates sagt»
Kollege Wacker, daß man an der Saar
alle Möglichkeiten ausnutzen müsse, da
mit di* Saareinwohner nicht wieder ins
Verderben geführt werden. Eine Verteidi
gung seiner Person selbst bezüglich der
Pariser Verhandlungen habe er nicht not
wendig, denn die nahe Zukunft werde be
weisen, ob die Handlungsweise richtig
war.
Die anschließende Diskussion wurde
dann recht lebhaft geführt, und die einzel
nen Sprecher befaßten siah teils mit den
zur Debatte stehenden Fragen, teils aber
beleuchteten sie persönliche Unzufrieden
heit. Zum Schluß der Veranstaltung ver
las der Versammlungsleiter eine Entschlie
ßung, die eine Vertrauenskundgebung fü*
den Präsidenten Wacker war und von der
Versammlung gegen acht Stimmen ange
nommen würde. Sein Schlußappell war
der, die Einigkeit und Einheit der Einheits
gewerkschaft zu wahren und mitzuarbei
ten, die gesteckten Ziele zu erreichen.
Wortlaut der Entschließung:
„in der am Samstag, dem 25. 3. 1950, im
Feierabendhaus zu St. Wendel stattgefuh-'
denen öffentlichen Gewerkschaftsver
sammlung der. Einheitsgewerkschaft, Orts
ausschuß St. Wendel, haben die versam
melten Arbeiter, Angestellten und Beam
ten den Bericht des Kollegen Wacker über
die in Paris stattgefundenen Verhandlun
gen mit größter Aufmerksamkeit entge
gengenommen. Sie sprechen dem Kolle
gen Wacker für seine bisherige in der
Einheitsgewerkschaft getestete Arbeit und
ganz besonders für seine Tätigkeit und
sein korrektes Verhalten in Paris ihren
Dank und ihr vollstes Vertrauen aus.
Die Versammelten weisen die bisher
von bestimmter Seite auftretenden Diffa
mierungen gegen die Kollegen Wacker,
Kirn und Weiter aufs schärfste zurück.“
Ortsjugendgruppe St. Wende!
Die Gewerkschafts jugendgruppe der
Einheitsgewerkschaft, Ortsausschuß St.
Wendel, führte am Mittwoch, dem 22. 3. 50,
im Lokal Tholey eine Mitgliederversamm
lung durch.
Nach der Eröffnung durch den 1. Vor
sitzenden, Koll O. Schmitt, konnte Kolleg«
C. Wagner in einem Rückblick auf die Ent-
Entwicklung der Gewerkschafts - Jugend-
gruppe sowie di» zukünftige Gestaltung
der gewerkschaftlichen Jugendarbeit ein
gehe n. Im Verlauf seiner weiteren Aus
führungen behandelte W. ganz besonders
di* Notwendigkeit des gewerkschaftlichen
Zusammenschlusses der Jugendlichen bei
derlei Geschlechts in der Einheitsgewerk
schaft.
Anschließend wurde di* Neuwahl des
Vorstandes vorgenomroen, in dem ver
schiedenen Berufsgruppen angehörend®
Jugendliche vertreten sind. Wa.
Reif zur Entscheidung
(Fortsetzung)
Di« dem alten Tarifrecht bekannte
Möglichkeit der Einwirkung des Staates
auf den Tarifvertrag aus Gründen des
Gemeinwohles muß bei «ii^er Neurege
lung dieses Rechts gebiete« im Saarland
abgelehnt werden. Diese Auffassung fin
det ihre Berechtigung in der Tatsache,
daß eine solche Einwirkung dem Prinzip
des freien Tarifvertrages widerspricht.
Will der Staat eine bestimmte Lohnpolitik
beschreiten, so mag er das auf dem
Wege über den Gesetzgeber tun. Ist
eine gesetzliche Regelung jedoch nicht
erfolgt, bleibt die Gestaltung der Löhne
allein Sache der Kollektivvertragsparteien
und dem Staat muß jede Möglichkeit der
Einwirkung genommen bleiben.
Die Ausschaltung deT staatlichen Be-
einflußung des freien Tarifrechtes findet
jedoch in einem Punkte eine natürlich«
Begrenzung und zwar durch die soge
nannte Allgememverbindlicherklärung,
aut die trotz aller gegenteiligen Argu
mente nicht verzichtet werden kann. Aber
auch si« darf sich nicht zu einem Macht
instrument staatlich gelenkter Lohnpoli
tik entwickeln, sondern sie darf nur als
Ausnahme in zwingenden Fällen in Er
scheinung treten und dann auch nur,;
wenn sie von einer Tanfvertragspartei
beantragt wird.
Wenn die zuvor kurz aufgezeigten Leit
sätze für die Gestaltung des neuen, saar
ländischen Tarifrechtes in gebührender
Weise berücksichtigt werden, dann dürfte
nach unserer Auffassung der Weg zu
einem freien, autonomen Tarifrecht ge
ebnet und damit auch di» letzten Ueber-
reste der durch den Krteg bedingten
staatlich gelenkten Lohnpolitik beseitigt
sein.
Zu diesem Thema wurden aus der Ver
sammlung Angaben über Mißbräuche in
einigen Betrieben laut, so die unzulässi
gen Schießpausen bei Hartsteinwerken.
Erfolge, die die Einheitsgewerkschaft in
manchen Betrieben erzielt hat, fanden Er
wähnung. Ein Redner forderte, man müsse
es ablehnen, in Zukunft mit Unorganisier
ten zusammenzuarbeiten, und ein andere*
vertrat den Standpunkt, daß Baufirmen,
die Unorganisierte beschäftigen, keine öf
fentlichen Kredite erhalten dürften. Nie
mand dürfe Ueberstunden leisten, solange
es Arbeitslose und Kurzarbeiter gäbe. Die
40-Stunden-Woche wäre wirtschaftlich
durchaus tragbar bei gleicher Bezahlung
wie die 48-Stunden-Woche, wenn nur «sei
Friede rsproduktkxn in Frage kam3. Die
Entlohnung der Bauarbeiter soll nur auf
der Dienststelle und zwar innerhalb der
Arbeitszeit erfolgen. Keinesfalls dürf
ten Auszahlungsstellen in Gastwirtschaf
ten eingerichtet werden. Die vorgesehen«
Zuschußaktton der Regierung müsse bald
auf dem Baumarkt in Erscheinung treten.
Es mute so an, als wollten gewisse Kreis«
die Bauaktion hincruszögem, bis der Tarif
vertrag abgeschlossen ist, um durch di»
ungünstige Lage für die Unternehmer Vor
teile herauszuschlagen. Ferner sei es not
wendig, darauf aufmerksam zu machen,
daß Tariflöhne immer Mindest löhne sein
müßten.
In einer Debatte übeT die Einzelqualifi
zierung der im Baugewerbe Beschäftigtem
ergaben sich zweifellos einige Auffassun
gen, die einer einwandfreien Kritik nicht
ganz standhalten können. Das Prüfungs
wesen, der Wert des Leistungsprinzips,
wurden nicht von allen Seiten mit der er
forderlichen Klarheit betrachtet. Im Vor
dergrund muß aber doch immer die Forde
rung stehen, daß der Hilfsarbeiter ei«
wichtiges Glied ist, das unentbehrlich ist
und daß sein Existenzmrnimum unter allen
Umständen gewährleistet werden muß.
Zu dem vorgelegten Satzungsentwurf
wurden einig* Abänderungsvorschläge er
örtert. Im großen und ganzen fand der
Entwurf Zustimmung. Die neuen Satzun
gen werden ab 1. Mai 1950 in Kraft treten..
Der neue Vorstand
Hieraut erfolgte die Wahl des Vor
standes.
Zum 1. Vorsitzenden wurde Kollege Ja
kob Schäfer gewählt, 2. Vorsitzender
wurde Bernhard Munari.
Der Übrige Vorstand setzt sich wie folgt
zusammen:
1. Kassierer: Günter Diedench
2. Kassierer: Peter Heiser
1. Schriftführer: Heinrich Gimbel
2. Schriftführer: Emst Bier
Jugend Vertreter: Siegfried Göbel
Beisitzer: Peter Blum, Ludwig Sander,
Nikolaus Hartmanh, Ernst Bora.
Die Generalversammlung endete mit ei
nem wannen Appell an die Delegierten
und an die Mitglieder zur weiteren ge
meinschaftlichen vertrauensvollen Arbeit
in der Gewerkschaft. Die Anwesenden
waren überzeugt, daß die Generalver
sammlung die Einheit gestärkt und die
Ziele des I.-V. Baugewerbe klar vorge
zeichnet hat. Man weiß, was man sich
und was man der Gewerkschaft und was
man dem Gesamtwohl schuldig ist, erwar
tet aber, daß auch die Unternehmer und
die Regierung sich den Notwendigkeiten
nicht verschließen werden. Denn von die
ser Einsicht wird es abhängen, ob der
weitere Kampf um Recht und sozialen
Fortschritt sich im allseits gewünschten
Rahmen vollziehen kann. In Erwartungen
ist mancher allerdi~gs schon oft getäuscht
worden. Es wäre leichtfertig, sich irgend
welchen Illusionen hinzugeben. Auf der
Generalversammlung kam es auch klar
zum Ausdruck: Nichts kann mehT impo
nieren als die Geschlossenheit, die eigen*
StärfPe und der Mut zur Tat.