Full text: 1947 (0002)

Wahlsieg des Industrieverbandes Bergbau 
Die Interessenvertretung der Saarbergleute ist die Einheitsgewerkschaft 
Es wurden bis jetzt gewählt: 
259 Einheitsgewerkschaftler gegen 
98 Aktionisten. 
- Allen unchristlichen Methoden der 
'¡christlichen Aktionisten'4 zum Trotz 
bekennt sich die Mehrheit der Saar¬ 
bergarbeiter und Knappschaftsbe- 
diensteten zur Einheitsgewerkschaft. 
t In unchristlicher Weise, mit Lügen, 
Verdrehungen, Diffamierungen und 
Hetze glaubten die Gewerkschafts¬ 
spalter den Riß in der Saarbergar¬ 
beiterschaft bei den Betriebsrats¬ 
wahlen durch einen großen Wahl¬ 
erfolg noch vertiefen zu können. Die 
Katholiken in der Einheitsgewerk¬ 
schaft bedauern, daß auch einige 
Geistliche glauben den Bruderkampf 
verschärfen zu müssen, .-.-' — 
'rBeim Aufbau der saariändischen 
.Wirtschaft hat sich der Industrie¬ 
verband Bergbau gegebener Notwen¬ 
digkeiten nicht verschlossen, einer 
Wirtschaft, die auf dem Nullpunkt 
angelangt war, nicht zuletzt auch 
durch die Schuld derer, die heute 
•wiederum als „Afctionfstenführer“ 
.us dem Dunkel kommen. 
Es ist mit ein Verdienst der Ein¬ 
heitsgewerkschaft, wenn heute die 
saarländische Wirtschaft floriert und 
keine saarländische Fabrik auf der 
Demontageliste steht. Steigerung der 
Kohlenproduktion als erste Voraus¬ 
setzung des Wiederaufbaues, für die 
sich der Industrieverband Bergbau 
in aller Verantwortung einsetzte. 
Umsomehr auch, weil die Verstaat¬ 
lichung der Saargruben unsere ge¬ 
werkschaftliche Forderung ist. 
Mit diesen wirtschaftlichen Not¬ 
wendigkeiten wurden zielbewußt ge¬ 
werkschaftliche Forderungen ver¬ 
knüpft und auch erfüllt. Gewerk¬ 
schaftliche Erfolge, die von vielen 
Indifferenten als selbstverständlich 
hingenommen werden. Leider waren 
die Verhältnisse, sie sind es heute 
zum Teil noch nicht dazu angetan, 
die geleistete Gewerkschaftsarbeit zu 
popularisieren. Wahllos in den Mit¬ 
teln glaubten die 'Aktionisten auch 
den Unverstand in die Segel des Er¬ 
folges zu holen. Wir aber fragen, wo 
war ein großer Teil der Aktionisten, 
als es galt* den Karren aus dem 
Dreck des Zusammen- und Nieder¬ 
bruches zu ziehen? Entweder waren 
sie in die Mauselöcher verkrochen 
oder standen zuschauend abseits. 
i Kurz vor der Betriebsrätewahl im 
Saarbergbau ließ man in der „Saar¬ 
ländischen Völks2eitung" eine Wahl¬ 
ente schwimmen, der wir noch nach¬ 
träglich zur1 Charakterisierung das 
Schild anhängen: „Sfe lügen wie die 
Teufel und schwindeln aus Prinzip.“ 
Dieser erwähnte Artikel für dessen 
Verantwortung wohlweis¬ 
lich niemand zeichnet, war 
gehalten unter dem Motto: „Der 
Zweck heiligt die Mittel“. Was hier 
in der „Christlichen“ Volkszeitung 
gebracht wurde an Lügen und Ver¬ 
drehungen, war eine Meisterarbeit, 
man fühlte sich zurückversetzt in 
die Zeit, die knapp hinter uns liegt. 
Was eigentlich das Vorzeichen 
i,Christlich“ vor dieser neuen Ge¬ 
werkschaft zu bedeuten hat, wenn 
man. doch unchristlich handelt? 
• Wir Christen in der Einheitsge¬ 
werkschaft Sind-1’ entsetzt über die 
Anwendung Wirklich Unchristlicher 
Mittel,', um eines Erfolges willen. 
tMan gehe doch mit' dem Prädikat 
»christlich““ ehrfürchtiger' Tintt' ■ -"**■ 
t Die Wahl ist vorbei, der Zweck 
ist erfüllt, über die unlauteren Mit- ' 
tel machen sich die in Frage kom- „ 
inenden Aktionisten scheinbar keine’ 
Gewissensbisse,. Im Gegenteil,', da 
die Spaltung der Arbeitnehmerschaft 
.in dem gewünschten Sinne nicht er¬ 
reicht wurde, verhärmt man den 
Teilerfolg mit weiteren unwahren 
Behauptungen wie Terror, Dro¬ 
hungen und Druck seitens der Ein¬ 
heitsgewerkschaft bei ¿er stattge¬ 
fundenen Betriebsratswahl. Schlie¬ 
ßen wir diesen Abschnitt über die 
unfaire, unchristliche Handlungs¬ 
weise der „Patentchristen“, ■ . . 
Bei der Aufstellung der Kandi¬ 
datenliste hatten die Aktionisten 
mancherorts Schwierigkeiten in der 
Aufbringung genügender Kandida-’ 
ten für eine vollständige Liste. Un¬ 
beschwert, nur um eine vollständige 
Liste dem Wahlvorstand zuzuleiten, 
hat man Personen, auf die Liste ge¬ 
setzt ohne sie zu befragen, oder ihre 
Wählbarkeit war nach dem. Gesetz; 
unmöglich. Für manchen Unbefrag- 
ten war das unangenehm, sogar in 
manchen Fällen eine Beleidigung, es 
ist nicht jedermanns Sache ein 
„Spalter“ zu sein,. So kam es vor, 
daß Listen bei Ablauf der 10-Tage- 
frist unvollständig waren und nicht 
zur Wahl gestellt werden, konnten. 
Das löste ein. wenig Bewegung bei 
den Aktionisten aus, auch, hier wer¬ 
den wir Einheitsgewerkschaftler 
schuld sein. . ; ; 
Kollegen, es gilt nicht zu polemi¬ 
sieren, sondern viel wichtiger ist, 
die gewählten Betriebsräte zu akti¬ 
vieren, sie zu einem Instrument der 
Belegschaft zu machen. Wohl ist mit 
dem Betriebsrategesetz der Herr-im- 
Haus-Standpunkt im Betrieb ge¬ 
brochen. Es wäre aber nun falsch, 
anzunehmen, daß kampflos, ohne 
Wissen und Können der Betriebs¬ 
räte den berechtigten Forderungen 
der Belegschaft Rechnung getragen 
würde. Die , Reaktion beginnt* sich 
merklich von ihrem Schock zu er¬ 
holen und geht zielbewußt ihren 
Weg. Als Morgengabe hat sie der 
Arbeiterschaft die Gewerkschafts¬ 
spaltung beschert. 
-Um den praktischen Aufgaben der 
Betriebsräte gewachsen zu sein, muß 
das Betriebsratsmitglied sich Wissen 
aneignen. „Wissen ist Macht:’,: so 
sagte schon ein Arbeiterführer der 
Vergangenheit. Zu dem Wissen muß 
der Ehrgeiz und die Pflicht als Ein¬ 
heitsgewerkschaftler das Beste zu 
leisten kommen.. . 
Es ist Aufgabe des Industriever¬ 
bandes und der Gesamt-Einheitsge¬ 
werkschaft, die Voraussetzungen zu 
schaffen für eine klare, -zielbewußte 
Marschroute der Betriebsräte und 
ihre Aktivierung. • 
Lernen, lernen! Kämpfen, kämpfen! 
Gewerkschaftler werden die Träger 
'der Zukunft sein! 
* Aloys Schmitt. 
Wir fordern weiter 
Unbefriedigendes Ergebnis unserer Verhandlungen mit der Saargrubenverwaltung 
Als Antwort auf die am 16. und 
17. Juli stattgefundenen Verhand¬ 
lungen mit der -Saargruben-Verwal- 
tung und auf unsere Eingabe, er¬ 
hielten wir am 17.-. September 1947 
folgendes: Ergebnis mitgeteilt: 
1. Technische Angestellte unter Tage. 
a) Arbeitszeit: Nähere An¬ 
weisungen zwecks Reduzierung der 
Arbeitszeit werden an alle Stein¬ 
kohlenbergwerke erlassen. 
b) Kohlenprämie: Durch 
Note dTnformation vom 10. 9. 1947 
erhalten alle technischen Angestell¬ 
ten der Elektro- bzw. Maschinen¬ 
branche, welche mindestens 50 Pro¬ 
zent der Ihnen unterstellten Arbeiter 
in der Kohlenförderung beschäftigt 
habeft, 750 gr Fett und demzufolge 
auch die Kohlenprämienscheine (ein¬ 
schließlich -Schießsteiger).' ' .- 
c) Förderprämien: Es kön¬ 
nen nur diejenigen die lOOprozentige 
Abteilungssteigerprämie erhalten, die 
tatsächlich,, eine Abteilung führen. 
d) Fettverteilung: Wir. be¬ 
dauern,. dem von Ihnen unterbreite¬ 
ten Wunsch, 750 gr an Angestellte 
der Kohlenproduktion, 500 gr an alle 
anderen unter Tage Angestellten,. 
250 gr für alle über Tage Angestell¬ 
ten, nicht stattgeben zu können. Die 
Höhe der Zuteilungssätze ist auf An¬ 
ordnung der Militärregierung be¬ 
stimmt worden* und solange von 
dort aus keine anderen Rationen für 
die unter-Tage-Arbeiter, die nicht in 
der Produktion stehen, vorgeschrie¬ 
ben wird, kann eine Änderung nicht 
erfolgen. 
e) RP-Gutscheine: Dem von 
Ihnen unterbreiteten Wunsch,- der 
Errechnung .der RP-Gutscheine für 
unter-Tage-Angestellte den Kohlen- 
hauer-Durchschnittslohn statt des 
bisherigen. Durchsctfnittslohnes der 
Gruben, und für die über-Tage-An- 
gestellten den Höchstarbeiterschicht¬ 
lohn von SM 7.20 zix Grunde zu le¬ 
gen, wird entsprochen . 1 - . .. 
.f) Arbeitskleiduhg : Wir ha¬ 
ben leider nicht diè Möglichkeit, 
dem’ • von • ‘ " Ihnen unterbreiteten 
Wunsch, den aufsichtführenden Be¬ 
amten und Angestellten eine größere 
Zuteilung an Arbeitskleidung zu ge¬ 
währen, zu entsprechen. -• Eine bes¬ 
sere Qualität könnte im Rahmen der 
zur Verfügung stehenden Zuteilun¬ 
gen angewiesen, werden. 
2. Techn. Angestellte über Tage. 
a) Arbeitszeit: Wie bei den 
technischen Angestellten unter Tage. 
b) Sonntagsarbeit: Die 
Sonntagsarbeit wird nach den Be¬ 
stimmungen mit dem gesetzlichen 
Mehr2uschlag vergütet. 
c) RP-Scheine: Wie bei den 
technischen Angestellten unter Tage.. 
Die Ausfallschichten werden hiervon 
nur abgezogen, falls der Betreffende 
dadurch unter die Normalschichten¬ 
zahl . von 25 Schichten pro Monat 
kommt- ■* 
3. Technische Kokereiangestellte. 
a) Schwerstarbeiter¬ 
zul a g e : Wir bedauern, Ihrem 
Wunsche, den technischen Kokerei- 
angestellten die Schwerstarbeiter- 
zulage zu gewähren, nicht' entspre¬ 
chen zu können. 
b) RP-S cheine i Wir sind mit 
Ihrem Vorschlag einverstanden;' der 
Errechnung der RP-Scheine der An¬ 
gestellten der Kokereien und Kraft¬ 
werke den Höchstarbeiterschicht-, 
lohn (SM 7,09) zu Grunde zu legen. 
c) Rauchwaren: für Ange¬ 
stellte, welche Schwerarbeiterzulage 
bekommen: Die Tabakzufeilung wird 
weiterhin auf folgender Basis er¬ 
rechnet: Schwerstarbeiter 15 gr, 
Schwerarbeiter 10 gr pro Schicht. 
4. Kaufmännische Angestellte. 
a) Rauchwaren: Falls die Be¬ 
legschaft mit'einer entsprechenden 
Kürzung der ihr zustehenden. Ration 
einverstanden ist, sind, wir bereit, 
den Angestellten im ' Innendienst’ 
Tabakwaren in. Höhe yon 100 gr pro? 
Monat züzuerkennen. (Bern.: Dieses' 
wurde durch Zustimmung der Ein¬ 
heitsgewerkschaft, I.V. Bergbau, er¬ 
reicht, ist alsb nicht, wie ver-1 
breitet wurde, durch die Spal-’ 
tergewerkschaft erzielt worden.)- 
b) R P S c h e i n e : Die RP-Scheine 
können nicht gewährt werden, da 
nach den bestehenden Bestimmun¬ 
gen diese nur Angestellte bekommen, 
soweit sie als Aufsichtspersonen an¬ 
erkannt und ihnen ständig Arbeiter 
unterstehen, die RP-Scheine erhal¬ 
ten." 
vc) Bürogehilfen: Bürogehil¬ 
fen, welche früher im Angestellten- 
verhältnis waren, sind zum weitaus 
größten Teil auch weiter Ins Ange¬ 
stelltenverhältnis übernommen wor¬ 
den. 
d) Deputate: Sämtliche ledige 
Angestellte, welche gemäß Betriebs¬ 
ordnung nicht als Haupternährer an 
erkannt werden können, erhalten 
Förderkohlen zum verbilligten Preis 
in folgenden. Mengen: nach ein¬ 
monatiger Dienstzeit bei den Saar¬ 
gruben 500 kg, nach dreimonatiger 
Dienstzeit bei den Saargruben jähr¬ 
lich 1000 kg unter Anrechnung der 
vorerst gewährten 500 kg, nach drei¬ 
jähriger Dienstzeit 1500 kg."’ 
^ Straßenanzüge; Wir be¬ 
dauern, Ihrem, Wunsche' nicht ent¬ 
sprechen zu können. 
5. Angestellte des Bau- und Ver- 
■ ; messnngswesens., - 
,RP-Scheine: Die Zuteilung 
von. RP-Scheinen erfolgt, soweit 
diese Angestellten in ihrer Eigen¬ 
schaft als aufsichtführende Personen 
ständig Arbeiter beaufsichtigen, 
welche RP-Scheine erhalten. 
6. Fördermaschinisten. 
a) Seife: Außer der für über- 
Tage-Arbeiter und Angestellten vor¬ 
gesehenen Zuteilung von 300 gr 
Kernseife erhalten die Förder¬ 
maschinisten zusätzlich 150 gr Hand¬ 
reinigungspaste bzw. Schmierseife, 
je nach Vorhandensein. 
b) Sonntagsarbeit: Es ist 
nicht möglich/ für Fördermaschi- 
sten die Sonntagsschichten in Weg¬ 
fall kommen zu lassen. Auf der an¬ 
deren Seite ist es jedoch wünschens¬ 
wert,- daß jeder Förderma schinist 
pro Woche.über einen Ruhetag ver¬ 
fügt. Demzufolge werden die Sonn¬ 
tagsschichten der Fördermaschinisten 
mit. dem hierfür gesetzlich vorge-. 
schriebenen Mehrzuschlag vergütet 
werden. 
c) RP-Scheine: Wie bedauern, 
den Fördermaschinisten im Ange¬ 
stelltenverhältnis RP-Scheine nicht 
gewähren zu können, da auf sie 
nicht die vorgeschriebenen Bedin¬ 
gungen zutreffen. . .'. 
7. Angestellte der Hauptverwaltung. 
a) Straßenanzüge: s.. kauf¬ 
männische Angestellte..; 
b) Schwerarbeiterzulage, 
für Amtsboten: Diese Angelegenheit 
wurde kürzlich, durch Bewilligung 
der Schwerarbeiterzulage an ver¬ 
schiedene Amtsboten, erledigt. 
c) RP-Scheine: siehe kaufm. 
Angestellte.'- 
8. Allgemeine Wünsche. 
a) Der Fahrgeldrück¬ 
erstattung an Angestellte bis zu 
einem Einkommen von SM 300.— 
kann, nicht entsprochen werden.. 
b) RP-Scheine für alle Ange¬ 
stellten des Saarbergbaus: Dieses 
Anliegen müssen wir ablehnen, da 
hierfür die > vorgeschriebenen "Be¬ 
dingungen nicht zutreffen. : ' • 
c) Zwei Kategorien anzu¬ 
erkennen, unter und über Tage: Wir 
bedauern, Ihrem Wunsche nicht ent¬ 
sprechen zu können. 
Dieses Ergebnis hat die Angestell¬ 
tenschaft nicht zufriedengestellt und 
besonders bei den Fördermaschi¬ 
nisten und kaufmännischen Ange¬ 
stellten . eine gewisse Entrüstung 
hervorgerufen. Aus diesem Grunde 
haben wir um eine neue Verhand¬ 
lung nachgesucht und diese am 28.. 
Oktober-, bei. der Militärregierung, 
unter Anwesenheit der Vertreter der 
Saargruben-Verwaltung, geführt.
	        
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