Nr. в
„Dïe Arbeit*
Seit« T
in der Gewerkschaft
Der Neuaufbau unserer Wirtschaft
ist heute undenkbar ohne die tat¬
kräftige Mitwirkung der schaffenden
Frau. In dem vorwiegend schwer-
industriellen Saarland sind zur Zeit
60 000 Frauen beschäftigt, die damit
die große Aufgabe im Interesse des
Volksganzen übernommen haben, in
Industrie, Handel, Verkehr und
Landwirtschaft mitzuhelfen, eine ge¬
ordnete Friedenswirtschaft aufzu¬
bauen, damit wieder Wohlstand,
Freude und Glück in unsere so arg
zerschundene Heimat einziehen
kann. _ .
Die vergangene Periode hat uns
gelehrt, daß die Schlagworte, die die
Nazis in den ersten Jahren ihrer
Herrschaft gebrauchten, wie die
„Die Frau gehört ins Haus“, gerade,
von ihnen selbst , widerlegt, wurden
durch die Zunahme der Arbeit der
schaffenden Frau in der Rüstungs¬
industrie. Sie scheuten keine noch
so brutalen Mittel, um den Frauen
die schwersten Arbeiten aufzu-,
bürden. Waren bereits vor dem
Kriege über 5 Millionen verheiratete
Frauen in der Industrie, die größten-
, teils der Rüstung diente, beschäftigt,
'so waren, durch die totale Mobili¬
sierung weitere hunderttausende
Frauen zur Arbeit gezwungen wor¬
den oder wurden als Helferinnen
der Wehrmacht -und zu Schanz¬
arbeiten hcrangezogen. Der Einsatz
der Frau im Hitlerreich entsprach
in keiner Weise dem Einfluß der
Frau im öffentlichen Leben, in der
Wirtschaft und in der Politik, von
einer Gleichberechtigung gar nicht
zu reden. Nach der herrschenden
Auffassung hatte die Frau eine
untergeordnete Rolle ln diesen
Dingen zu spielen. Trotz dieser Tat¬
sache gelang es dem Nationalsozia¬
lismus, gerade die Frauen stark zu
beeinflussen und ihrer Propaganda
zu unterwerfen. Und dieses haben
sie schwer büßen müssen durch den
Verlust ihrer Söhne, Männer und
Brüder, die für den Hi tierwahn sinn
, sterben mußten.
Eine ganz andere Entwicklung
nahmen die Frauenbewegungen der
; demokratischen Länder. Frauen sind
Minister und Abgeordnete, Direk¬
toren, Techniker, Gewerkschafts¬
leiterinnen, Betriebsräte usw., sie
sind gleichberechtigt und mitbestim-
mend in Wirtschaft und Staat. Es
ist unerläßliches Gebot der Demo¬
kratisierung, daß auch bei uns im
Saarlande die Frauen gleichberech¬
tigt in den Gewerkschaften, in den
Betriebsräten, in den sozialen und
wirtschaftlichen Körperschaften ver¬
treten sein müssen. Bis jetzt sind
erst schwache Anfänge vorhanden.
Der Grund liegt vor' allem darin,
daß die Frauen in den Betrieben
und Kontoren heute immer noch
nicht die wirtschaftliche Gleichbe¬
rechtigung erlangt haben, die ihnen
zukommt, was bei ihnen Minder¬
wertigkeitskomplexe auslöst. Die
Unternehmer verstanden und ver¬
stehen immer noch die alten, über¬
lieferten Vorstellungen über die
untergeordnete Stellung der Frau
auszunützen. Heute kommt ihnen
der Lohnstop zu Hilfe, nachdem die
Tarife aus der Nazizeit beibehalten
werden sollen, Tarife, die von den
ehemaligen Wirtschaftsführem will¬
kürlich festgesetzt wurden, ohne die
Arbeitnehmerschaft zu fragen. Die
Gewerkschaftler betrachten diese
Tarife als ein großes Unrecht gegen
die arbeitende Frau. Nach einer
Kontrollratsverordnung sollen Un¬
gerechtigkeiten in Lohnfragen be¬
seitigt werden.
Ein großes Unrecht ist es ferner,
daß die Durchschnittslöhne in der
Bekleidungsindustrie seit einem hal¬
ben Jahre von 64 auf 48 Pfennige
gefallen sind, daß in der Holzver¬
arbeitungsindustrie und in der che¬
mischen Industrie Hungerlöhne ab
25 Pfennige Stundenlohn gezahlt
werden. Unrecht ist es, wenn sie bei
Drechslerarbeiten 20 Pfennig we¬
niger Stundenlohn bekommen als die
Männer, trotz gleicher Leistung.
Viele Unternehmungen haben den
Wert der Frauenarbeit eingesehen,
schätzen sie sogar manchmal höher
als Mannerarbeiten und würden
gerne helfen, einen Ausgleich zu
schaffen, wenn die Lohn- und
Preisstopfrage geregelt würde. Ein
großer Teil aber setzt sich diesen
Bestrebungen entgegen und möchte
die Unterordnung der Frau verewigt
wissen.
#
Aber nicht nur in Fabrik und
Bau, auch in den Kontoren und in
Bildungsstätten sind wir weit davon
entfernt, von einer Gleichberechti¬
gung sprechen zu können. Es wird
heute oft geklagt, daß es schwer ist,
Hausgehilfinnen zu finden. Wer
allerdings so unsozial denkt, daß eine
Hausgehilfin mit 40 Mk. im Monat
leben kann, ist nicht ‘ mehr wert,
seine Hausarbeiten selbst zu^ ver¬
richten. Es wird eine Aufgabe der
Gewerkschaft sein, auch diesen1
Zweig von Frauenarbeit zu über¬
nehmen, weil gerade er in der Ver¬
gangenheit eine Quelle der Ausbeu¬
tung bildete und in der Betreuung
stark vernachlässigt wurde. Die
Frau darf in Zukunft Ln keiner Art
und Weise durch die Zugehörigkeit
zu ihrem Geschlecht benachteiligt
werden. Kein Beruf, der ihrer kör¬
perlichen Eignung entspricht, darf
ihr verschlossen bleiben, keine Auf¬
stiegsmöglichkeit verhindert werden,
In den Betrieben, in denen Frauen
beschäftigt sind, ist es unumgäng¬
lich und unerläßlich, daß sie in den
Betriebsräten vertreten sein müssen.
In den Leitungen der Industrie-Ver¬
bände und ihrer Unterteilungen
darf es keine Gruppen geben, in
deren Leitung nicht die Frau nach
Maßgabe ihrer Beteiligung im Beruf
vertreten ist. Auch als Beisitzer bei
den Arbeitsgerichten und in den So¬
zialversicherungsvorständen müssen
sie Gelegenheit zur Mitarbeit haben.
Erst dann, wenn die wirtschaftliche
und gesellschaftliche Gleichberech¬
tigung der Frauen hergestellt, wenn
in ihr das Selbstbewußtsein erwacht
ist, wird demokratisches Denken in
das Bewußtsein der Frauen -ein-
dringen, werden alle Widerstände
der Reaktion gegen diese Gleich¬
berechtigung gebrochen werden
können.
Vor allem muß den Frauen jeder
Weg offen stehen zur Berufsausbil¬
dung und Bildungsmöglichkeit und
dabei darf nicht der Geldbeutel des
Vaters und die Verwandtschaft aus¬
schlaggebend sein, sondern das
Wissen und das Können. Den Ge¬
werkschaften und den Betriebsräten
erwächst die Aufgabe, dieses zu
überwachen. Ferner müssen sie die
Bedingungen der weiblichen Lehr¬
linge überprüfen und kontrollieren,
dabei vor allem darauf achten, daß
keine Arbeit verlangt wird, die der
Struktur des weiblichen Organismus
nicht entspricht. Zur Gesunderhal¬
tung der Frau sind alle nur mög¬
lichen Einrichtungen zu treffen und
Schutzmaßnahmen gegen Unfälle
vorzusehen. Durchführung der ge¬
setzlichen Bestimmungen des Mut¬
terschutzgesetzes, das in nächster
Zeit wieder im Saarland eingeführt
wird, müssen von den Gewerk¬
schaften und ihren Funktionären
kontrolliert werden. Um die arbei¬
tenden Frauen zu entlasten und um
ihnen die Sorge für den Haushalt
abzunehmen, müssen Kinderhorte
eingerichtet werden, denn die Er¬
fahrung hat uns gelehrt, daß heute
Arbeiterinnen ihr Brot verdienen
müssen, indessen die Kinder sich
selbst überlassen bleiben. Auch müs¬
sen diese Frauen bevorzugt werden
beim Einkauf, in Reparaturwerk¬
stätten, Waschanstalten usw., ebenso
in der Zuteilung von Berufskleidung.
Wiederholt wurden Beschwerden
von weiblichen Kolleginnen einge¬
bracht über Belästigungen. Hier
müssen die Betriebsräte und Ge¬
werkschaftskollegen sich schützend
einsetzen, damit keine Übergriffe
Vorkommen und besonders darauf
achten, daß aus der Weiblichkeit
kein Geschäft gemacht wird, wie es
beispielsweise im Gaststätten ge-
werbe früher vielfach in Erschei¬
nung trat. Vor allem werden die
Gewerkschaften und ihre Betriebs¬
räte auf die strenge Durchführung
der Lohnbestimmungen achten und
die Durchführung der gewerkschaft¬
lichen Forderung „Gleicher Lohn
für gleiche Arbeit“ vorbereiten
müssen.
Die neuen Gewerkschaften haben
aus der Erfahrung gelernt. Sie
wissen, daß nur eine Organisation,
die alle männlichen und weiblichen
Arbeitnehmer in sich vereinigt, zum
Ziele gelangen kann, und dieses
Ziel ist „Mitbestimmung in Wirt¬
schaft und Verwaltung, ausreichende
Ernährung, sozialer Fortschritt,
Gleichberechtigung der Frau, Völ¬
kerverständigung und Frieden.“
Kinderparadies in Tholey
Inmitten einer der schönsten
Landschaften unserer Heimat. be-
. findet sich das Kinderheim Tholey.
Es ist in den Räumen der Jugend¬
herberge eingerichtet, wo gegen¬
wärtig 40 ' Kinder von Gewerk¬
schaftsmitgliedern Im Alter von 8
his 14 Jahren Erholung finden. Un¬
ter der vortrefflichen Leitung von
Fräulein Rupp und Fräulein
Schneider ist eine muntere
Schar von Kindern allen Sorgen des
Alltages enthoben und kann sich
des Lebens erfreuen. Lichte, helle
Schlaf- und Aufenthaltsräume,
schöne überzogene JBetten* moderne
Brause-, Wannen- und Fußbäder
und vor allen Dingen eine sehr gute
Verpflegung machen den Aufent¬
halt angenehm. Jeden Tag 3 bis 4
Tassen Milch, Weißbrot, Fleisch,
Pudding, an Feiertagen Kuchen,
sind Dinge, die dem leiblichen Wohl
der Kleinen dienen. Die: Tagesein¬
teilung ist recht abwechslungsreich.
Um 8 Uhr. stehen die Kinder auf,
nach dem ' Waschen kommt der
Frühsport, dann gehen sie spazie¬
ren, lernen Dieder und -Tänze und
lernen sogar kleine Theaterstücke.
Nach dem Mittagessen wird nach
einer Mittagsruhe Sport getrieben,
spazieren gegangen und gespielt.
Nachmittags gibt es Kaffee und
abends Abendessen und dazwischen
Spaziergänge, Tänze und Spiele. J)ie
Kinder haben eine Art Selbstver¬
waltung und sind in Gruppen ein¬
geteilt, die sich recht romantische
Namen zugelegt haben.
Abwechselnd sind Mädchen und
Buben Gäste des Kinderheimes und
es wäre. zu wünschen, daß noch
mehrere solcher Heime geschaffen
würden, um recht vielen Kindern
Freude und Erholung zu geben.
Bitte an unsere Gewerkschafts¬
mitglieder! -
Im Kinderheim in Tholey fehlt es
leider an guten Kinderbüchern,
Spielzeug und besonders an Bällen.
Wir bitten unsere Mitglieder, wenn
es möglich ist, diese Sachen dem
Verlag: „Die Arbeit", Saarbrücken,
Brauerstraße, zur Verfügung zu
stellen, damit sie dem Kinderheim
zugeleitet werden können. Besten
Dank im Voraus.
Kulturnotizen
In Erinnerung an den Wiener
Dichter, Kulturhistoriker, Essayisten,
Kritiker, Pamphletisten und Schau¬
spieler Egon Friedeil erschien im
Verlag Erwin Müller in Wien ein
¿Friedell-Brevier“. Friedell hat sich
beim Einmarsch d*r Deutschen in
Wien das Leben genommen.
Im Thomas-Verlag in Zürich er¬
schien Theodor Haeckers letztes
Werk, „Der Buckel Kierkegaards“.
Bekanntlich hatte der verstorbene
Herausgeber der Zeitschrift „Der
Brenner“ seine schriftstellerische
Tätigkeit mit dem Buch „Soeren
Kierkegaard und die Philosophie der
Innerlichkeit“ begonnen. In seinem
letzten Buch nimmt er kritisch
Stellung zur Existentialphilosophie.
•
Im Vita-Nova-Verlag in Zürich
erschien „Volk im Dunkel, die gei¬
stige Tragödie ödes deutschen Vol¬
kes“, von Eugen Guerster, der unter
dem Pseudonym Hermann Stein¬
hausen während der Nazizeit in der
Schweiz schriftstellerisch, tätig war.
Wieder Stenographenverein
Am Samst-.g, dem 17. Mai, fand
im Lokal Reuß, Saarbrücken, die
Gründungsversammlung des Steno-’
graphenvereins „Eintracht“ statt. Der
Verein hat sich die Aufgabe gestellt,
Stenografen aller Systeme weiter
fortzubilden. 'Auch Kurse für An¬
fänger sind vorgesehen, insbeson¬
dere auch für solche, die die fran¬
zösische Stenographie er¬
lernen wollen. Zum Vorsitzenden
wurde Stud.-Rat a. D. Dr. F. Si¬
mon gewählt, der auch Anmel¬
dungen entgegennimmt (Saarbrücken,
St. Arnual,. Rübenstr. 5, Tel. 6383).
Die Bildung von Untergruppen in
andern Orten des Saarlandes ist in
den Satzungen, die von der Mili¬
tärregierung genehmigt sind, vorge¬
sehen. (Genehmigung der Militärre¬
gierung vom 17. 4. 77. Nr. 5586'AG.J
Theafergemeinde
1. Juli: „Hansel und Gretel“ M. 3
7. Juli: „Professor Mamlock“ . M. 2
8, Juli: „Die lustigen Weiber“ M. 4
13. Juli: „Hänsel und- Gretel“ M. 1
Die Badezeiten sind iolxende:
.Montags Ftauenbad von 13—22 Uhr
Dienstags . Familienbad von 13—22 Uhr
Mittwochs Männerbad von 13—22 Uhr
Donnerstags nur für fran2.
Staatsangehörige von 13—22 Uhr
Freitags Familienbad von 13—22 Uhr
Samstags Familienbad von 13—22 Uhr
Sonntags Familienbad von »—22 Uhr