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2. Jahrgang
Mai 1947
Nummer 5
Qin (Bclume der SaUdarltät
Eindrucksvolle-Kundgebungen zum Feiertag der Arbeit
Ein trübeT Morgen mit Regen
schien dem 1. Mai das Gepräge zu
geben. Grau hingen die Wolken am
Himmel und verdeckten die Sonne.
Mit bangen Herzen trafen sich zu
früher Stunde die Funktionäre des
Ortsausschusses Saarbrücken
und besprachen die letzten Vorbe¬
reitungen. Als gegen 11 Uhr der Re¬
gen aufhörte, hellten sich auch die
Gesichter der Funktionäre auf und
als man das Interesse der Saarbrük-
ker Bevölkerung an den Platzkon¬
zerten sah, welche von den Bergka¬
pellen Reden und Maybach am Rat¬
hausplatz und Schloßplatz veranstal¬
tet wurden, sagte sich jeder, daß der
Tag einen erfolgreichen Verlauf neh¬
men wird. Kurz nach Mittag strömten
die Werktätigen immer zahlreicher
zu den Sammelplätzen. Mit klingen¬
dem Spiel trafen die Belegschaften
der Haiberger und Burbacher Hütte
ein. Inzwischen hatten die Eisen¬
bahner und Postler vor dem Ge¬
bäude der Eisenbahndirektion Auf¬
stellung genommen. Auch die Mit¬
glieder der Hauptverwaltung be¬
merkte man unter den Teilnehmern.
Pünktlich wurde abmarschierf und
als an der . Trierer Straße die Ju-
1 gend an die Spitze trat, formierte
sich ein imposanter Demonstrations¬
zug, der sich mit Marschmusik in
Bewegung setzte. An der Spitze sah
• man die Vorstandsmitglieder des
Ortsausschusses und den Beauftrag¬
ten der Hauptverwaltung. An den
Straßen standen viele Menschen, die
bewundernde Worte für die große
Beteiligung und die gute, freiwillige
Ordnung der Zugteilnehmer fanden.
Am Schloßplatz, der von vielen
Tausenden umsäumt war, vollzog
sich in mustergültiger Disziplin der
Aufmarsch. Es mögen wohl Zehn¬
tausend gewesen sein, die der Kund-
* gebüng beiwohnten. Man sah auf
dem Platz vor der Rednertribüne
die Direktoren Kirn und Schulte,
zahlreiche höhere Offiziere Und Be¬
amte der Militärregierung und der
zivilen Verwaltung. Der vereinigte
Männerchor Schafbrücke-Fechingen
mit 150 Sängern leitete die Kundge¬
bung mit zwei Liedern von Sil eher
ein. Dann trat Kollege Härtel an
das Mikrophon. Er' führte u, a. aus:
Schaffende Frauen und Männer
von Saarbrücken, Kolleginnen und
Kollegen!
Im Aufträge der Hauptverwaltung
der Einheitsgewerkschaft und im
Namen des Ortsausschusses Saar¬
brücken . eröffne ich die Kundge¬
bung für die Großstadt Saarbriik-
ken. Wir sind uns bewußt, daß in
dieser Stunde in allen wichtigen Or¬
ten des Saargebietes die Werktäti¬
gen mit' uns gemeinsam für die
gleichen Forderungen marschieren
und darüber hinaus in allen Kultur¬
ländern der gesamten Welt heute
ein einheitliches Band alle schaf¬
fenden Menschen verbindet. Wenn
wir heute zum 2. Male nach dem
Zusammenbruch des Naziregimes
diesen Tag begehen, so danken wir
dieses den Männern, die durch
ihren Opfermut und ihre Einsatz-
freudigkeit die Voraussetzung dazu
geschaffen. haben. Wir danken ins¬
besondere dem Herrn Gouverneur
des Saarlandes sowie der Verwal¬
tungskommission, insbesondere dem
Direktor für Arbeit und Wohlfahrt,
Präsidialdirektor Kirn, den wir mit
Stolz als alten Gewerkschaftler be¬
grüßen, daß der heutige Feiertag als
gesetzmässiger Feiertag dem saar¬
ländischen, schaffenden Volke gege¬
ben worden ist. Wenn auch an die¬
sem Tage alle Räder still stehen
und jede berufliche' Tätigkeit ruht,
so ist dieser Tag doch ein Kampftag
im wahrsten Sinne des Wortes. Un¬
sere wichtigsten Forderungen, die
wir heute als verantwortliche Funk¬
tionäre stellen, sollen durch diesen
Aufmarsch ihre feierliche Bekräfti¬
gung erhalten.
Wir sind eine Einheit, ob Arbei¬
ter, Angestellter oder Beamter, ob
parteipolitisch orientiert oder par¬
teilos, jugendlichen oder gereiften
Alters, Frau und Mann, und durch
diese Einheit sind wir eine kraft¬
volle Bewegung geworden, die nie-
Mit Leib und Seele habe ich mich bemüht,
Euch aus dem Nichts herauszuziehen"
Gouverneui Grandval sprach zu den Gewerk*-chaiten
: Der Herr Gouverneur hielt wäh¬
rend eines Banketts, das er präsi¬
dierte und das die Hauptverwal-
- tun# der Einheitsgewerkschaften
aus Anlaß des Feiertages der Ar¬
beit am 3- Mal in der Wartburg zu
Saarbrücken für die Vorstände der
Industrieverbände veranstaltete,
eine bedeutsame Rede, ln der er
' nach Worten des Dankes für die
Einladung u. a.“ folgendes aus¬
führte:
„Meine Freude wäre noch größer,
wenn Ich die Gewißheit hätte, daß
diese Einladung sich weniger an den
Gouverneur des Saarlandes richtete,
als an den Mann, der während 20
Monaten sich mit Leib und Seele da¬
rum bemüht hat, Euch aus dem
Nichts herauszuziehen. Dank Eurer
und unserer Bemühungen ist die
Saar heute nicht mehr vergleichbar
mit der Saar von damals.
Ich will mich besonders bedanken
und die Arbeiter, Bergleute, Eisen¬
bahner und alle Arbeiter beglück¬
wünschen, welche zu diesem Erfolg
beigetragen haben.
Gleichlaufend mit diesen Be¬
mühungen haben wir alles getan,
um den Saarländern die Ausführung
der Bestimmungen des Kontrollrates
zu ersparen. Es ist heute kein Ge¬
heimnis mehr, daß die Werke Röch¬
ling, Neunkircher Eisenwerk, Ehr¬
hardt & Sehmer u. a. für Reparatio¬
nen vorgesehen waren und abmon¬
tiert werden sollten. Trotzdem sind
die Werke immer noch da und. pro¬
duzieren. Wir haben sogar erreicht,
daß Maschinen und Ausstattungen
eingeführt werden/ um an der Saar
neue Industrien zu errichten, die.
wenn sie arbeiten, jede Arbeitslosig¬
keit im Saargebiet verhindern werd-
den.
Unsere andere große Sorge galt
der Ernährung, deren Schwierigkei¬
ten Sie ja kennen. Die Saar, die
selbst wenig produziert, ist umgeben
von Ländern, die ebenfalls eine nur
geringe landwirtschaftliche Erzeu¬
gung haben. Wir haben Höhen und
Tiefen kennen gelernt, aber Sie wer¬
den alle zugeben müssen, daß der
Monat April gut vorbeigegangen ist,
und ich kann Ihnen sagen, daß die
750 g Fett, welche während dieses
Monats verteilt worden sind, eine
höhere Ration darstellen als die der
französischen Bevölkerung.
Ich muß aber darauf aufmerksam
machen, daß von den 750 g Fett 350
Gramm das Resultat der Be¬
mühungen der Bergarbeiter des
Saargebietes sind. Ich nehme diese
Gelegenheit wahr, um ihnen gleich¬
zeitig zu danken für ihren Entschluß,
abermals'Sonntags zu arbeiten. Sie
kennen ja den Mangel an Bereifung.
Die Produktion dieser Feiertags¬
schicht wird bestimmt sein für den
Ankauf von 8000 Reifen, die aus¬
schließlich für die saarländische
Wirtschaft reserviert werden. Ich
danke nochmals den Bergleuten, die
man der ganzen Welt als Beispiel
darstellen kann und bitte um ein
dreimaliges Hoch . zu Ehren der
Bergarbeiter. '
Aber auch im Monat Mai werden
wir mit einer Schwierigkeit zu
kämpfen haben. Sie kennen alle das
Mißgeschick, das einen großen Teil
(Fortsetzung auf Seite 2)
mand übersehen kann. Wir wollen
heute diese Kraft durch unseren
Aufmarsch kund tun und unsere
Forderungen hinausrufen ln alle
Welt Und wir sind gewiß, daß die
Werktätigen in aller Welt unsere
Forderungen unterstützen werden*
Es lebe die Einheit aller Schaffen*
den.
Ich gebe nun unserem Freunde,
Heinrich Wacker das Wort.*4
„Wieder feiern wir den l. Mai.
Zum 2. Male demonstrieren die Ge-»
werkschaf ten des Saarlandes, Ar-*
beiter, Angestellte, Beamte, Mittel-
stän-der, Intellektuelle und Bauern
mit uns zusammen die Werktätigen
der ganzen Welt für Demokratie,
für demokratischen Neuaufbau von
Wirtschaft und Staat, für interna-*
tionale Verständigung, für Frieden.,
für Brot, Kleidung und Wohnung,
für eine bessere Zukunft.
Darüber hinaus aber bringen wie
durch unsere Kundgebung den ein¬
mütigen Willen und die Bereitschaft
zur friedlichen internationalen Zu¬
sammenarbeit mit allen Völkern der
Welt zum Ausdruck. Gemeinsam
gedenken wir an'diesem Tag all der
Kameraden, die als Opfer unserer
Idee ihr Leben lassen mußten und
nicht mehr unter uns weilen.**
Kollege Wacker erinnerte an di«
Jahrhundertfeier, der französischen
Revolution in Paris am 14. Juli 1889
und an die Kämpfe der Arbeiter¬
schaft. Dann fuhr er fort: „Mit Ab¬
scheu und Groll gedenken wir Jener*
Feiern, die von gewissenlosen Macht¬
habern des- Hitler-Reiches in Szena
gesetzt wurden und zu denen dio
Werktätigen mit Gewalt zur Teil¬
nahme gezwungen wurden. Sie-
haben die Menschenrechte entwür¬
digt, statt Völkerversöhnung, Völ¬
kerhaß gepredigt und den großen
versöhnenden Maigedanken zu
einem Zerrbild entartet.
Am heutigen Tage feiern wir un¬
seren Maientag wieder aus eigenem;
Recht und aus eigener Kraft. Tau¬
sende und aber Tausende von Män¬
nern und Frauen sind unter dem
Banner der Einheitsgewerkschaft
heute im Saarland- auf marschiert.
Sie kommen aus den Schachten des
Bergbaus, den Hüttenbetrieben, den
Werkstätten, den Büros und den
Verwaltungen. Sie sind alle gekom¬
men ohne Zwang und ohne Kom¬
mando, aber, sie sind gekommen ln
dem Bewußtsein, daß alle jene, die
heute noch zögernd an den Fenstern
und Straßen stehen, in Zukunft ihren
Platz in den Reihen der Einheitsge¬
werkschaft finden werden
Unsere heutige mächtige Kundge¬
bung ist ein Beweis erneuter
Kampfbereitschaft der Einheitsg#*