S#lte 2
,Die Arbeit'
März 1947
auf engste Beziehungen der Gewerk¬
schaftsbewegung der Saar zu Frank¬
reich lege.
Herr Gouverneur Grandval
selbst wies anschließend darauf hin,
daß die Zusammenarbeit zwischen
der Militärregierung und den Ge¬
werkschaften eine sehr gute ge¬
wesen sei und zu beachtlichen Er¬
folgen im Aufbau der Saarwirtschaft
geführt habe. Persönliche Unstim-,
migkeiten müßten beseitigt werden.
Eine Zersplitterung der Gewerk¬
schaftsbewegung könnten sehr
schwere Folgen nach sich ziehen. Es
sei daher notwendig, Menschen, die
die demokratische Disziplin durch¬
brechen, auszuschließen.
• Der Generalsekretär der CGT,
Leon Jouhaux, erklärt^ zusammen-
lassend, daß die französische Regie-
xung keinesfalls einen politischen
Anschluß wünsche, da dieser eine
Angelegenheit der saarländischen
Bevölkerung selbst sei. Hingegen
müsse der wirtschaftliche Anschluß
recht bald erfolgen. .Er führte wei¬
ter aus, die französische Regierung
gäbe nach den Worten des Hertn
Ministerpräsidenten ihr volles Ein¬
verständnis dazu, daß die - Einheits¬
gewerkschaft das Recht erhalte, in
der gesamten Wirtschaft aktiv und
gleichberechtigt mitzuwirken.
Neben der Schaffung der Wirt¬
schaftseinheit Frankreich — Saar sei
für die Gewerkschaftsbewegung
oberster Grundsatz, die Einheit
der Gewerkschaftsbewe¬
gung mit alfen Mitteln zu
ew h a i t en.
Der Präsident der Einheitsgewerk¬
schaft, Kollege Wacker, dankte am
Schluß des Empfangs dem Minister¬
präsidenten für die freundliche Auf¬
nahme und für die zu beiderseitiger
Zufriedenheit Verlaufene Aus-»
spräche, die zum Ausdruck brachte,
daß die französische Regierung die
Arbeitnehmerschaft an der Saar als
absolut gleichberechtigt anerkenne,
Am folgenden Tag fand eine Aus¬
sprache. mit Generalsekretär Lgon
Jouhaux im Verwaltungsgebäude
des CGT statt, in deren Verlauf
Fragen interner gewerkschaftlicher
Natur, unter anderem auch die
Frage- der Gründung von christ¬
lichen Gewerkschaften besprochen
wurde. .
Mit aller Entschiedenheit brachte
Kamerad Jouhaux zum Ausdruck,
daß es nicht zu vertreten sei, heule, .
über den Weg der religiösen Ge¬
werkschaften, wieder Uneinigkeit in
die Reihen der Arbeiterschaft zu'
tragen. Die Einheitsgewerkschaft an
der Saar werde, falls die Einheit
bedroht sein sollte, die volle Unter¬
stützung des CGT finden..
Die Frage der - Nationalisierung
und Sozialisierung, der Aufbau einer
demokratischen Wirtschaft im Sinne
der Einheitsgewerkschaft des Saar-
"gebietes wurde von Generalsekretär
Jouhaux absolut gutgeheißen.
Dem Wunsche der saar¬
ländischen. Einheitsge¬
werkschaft um Aufnahme
in den Weltgewerkschafts¬
bund soll in kürzester
Frist mit voller. Unterstützung des
CGT entsprochen werden...
Der,letzte Tag ihres Aufenthaltes
in Paris gab der Delegation Gelegen¬
heit zu einer Aussprache mit den
Kollegen des Weltgewerkschaftsbun¬
des. Im Mittölpunkt der Erörterun¬
gen standen die Frage der Aufnahme
der Einheitsgewerkschaft des Saar-
gebietes in den Weltgewerkschafts¬
bund, die Entwicklung der gesamten
sozialen Gesetzgebung nach dem
wirtschaftlichen Anschluß des-Saar¬
gebietes an 'Frankreich sowie die
Frage der Nationalisierung und So¬
zialisierung 'von -Bergbau und'
Schwerindustrie an der Saar.
Die Vertreter der Einheitsgewerk¬
schaft nahmen von den Kollegen des
• Weltgewerkschaftsbundes» in ! dem
Bewußtsein Abschied, daß sie in all
diesen Fragen die uneingeschränkte
-Unterstützung des Weltgewerk¬
schaftsbundes " haben werden
22000 Metallarbeiter bekunden
ihren Willen zur Gewerkschaftseinheit
Generalversammlung des Industrleveibandes Metall in Völklingen
Am 1. und 2. März tagte in Völk¬
lingen in dem festlich geschmück¬
ten Saal der Turnhalle die erste
Generalversammlung des Industrie-
verbandes Metall der Einheitsge¬
werkschaft. Es waren 382 Delegierte
von 90 verschiedenen Betrieben an¬
wesend, die den Willen von 22 000
Metallarbeitern an der Saar vertra¬
ten. Der Leitgedanke der Tagung
war, entschlossen dafür sich einzu¬
setzen, die geschaffene Einheit unter
allen Umständen zu erhalten und zu
verteidigen. In diesem Sinne spra¬
chen auch alle Gastredner, die zu
der großen Willenskundgebung der
saarländischen Metallarbeiter er¬
schienen waren. -
Die Generalversammlung wurde
durch den Vorsitzenden des Indu-'
strieverbandes Metall, Kollege Flieg-
ler, eröffnet. Er begrüßte Delegierte
und Gäste, an ihrer Spitze die Herren
Alfons Rieth, als Vertreter des Herrn
Gouverneur Grandval, Major Dureau
und Leutnant Guieheau als Vertre¬
ter der Militärregierung, ferner die
-Mitglieder der Verwaltungskommis-
sion, Direktor Kirn, Direktor Danze-
brink.Regierungsdirektor Braß.Land-
rat Michely, Präsident Hub vom
I^andesarbeitsamt, Bürgermeister Dr.
Tinnes von Völklingen, Herrn
Schwöb vom Metallarbeiterverband
Lothringen, Präsident, Wacker von
der Einheitsgewerkschaft und die
Vorsitzenden und Vertreter der ein-
zelnenlndustrieverbände sowieRund-
funk und Presse. Im Anschluß an
die Totenehrung gab der Vorsitzende,
einen Rückblick auf Anfänge und
Entwicklung, der Gewerkschaftsbe¬
wegung Heute, nach der endgülti¬
gen Auflösung des Nazi-Systems,-sei
die Arbeitnehmerschaft erneut ange-
treten und sammle sich in der Ein¬
heitsgewerkschaft, um ihre Forde¬
rungen auf Menschenrechte geltend
zu machen und mitzuwirken. als
gleichberechtigter Faktor am Wie¬
deraufbau von Wirtschaft und Staat
zum Wohle der Gesamtheit.
. Den Reigen der Gastredner eröff-
nete Herr Rieth von der Militär¬
regierung. Er begrüßte den Kongreß
und dankte den Metallarbeitern für
ihre geleistete Arbeit am Wiederauf¬
bau der Industrie. Gewerkschaftliche
Probleme sollen in erster Linie vom
gewerkschaftlichen Standpunkt aus
behandelt werden ' ohne Befragung
der einzelnen Parteien. Als Beispiel
führte er das Betriebsrätegesetz an.
In seinen weiteren Ausführungen be¬
handelte der Redner den Krieg mit
seinem ungeheuren Aufwand an Ma¬
terialien und Opfern. Kein .Gefühl
des Hasses soll aufkommen, der Gou¬
verneur betone das immer wieder
und es sei sein Verdienst, daß die
saarländischen Kriegsgefangenen aus
Frankreich zurückkehren konnten.
Ihnen werden in Kürze die Kriegs¬
gefangenen aus England folgen. Der
Solidarität der Bergarbeiter sei der
bisherige Auftrieb der Wirtschaft an
der Saar zu verdanken. Im August
1945 betrug die Kohlenförderung
9 000 t Sie verbesserte sich bis zum
Januar 194# auf 22 bis 32 0001 Tages¬
förderung. / 7 886 865 t Kohlen im
Jahre 1946 ergibt einen Prozentsatz
von 65 bis 70 Prozent der Vorkriegs¬
zeit. Nur 15,76 Prozent der gesam¬
ten Kohlenproduktion werden nach
Frankreich abgeführt, die Frank¬
reich genau so wie die anderen Län¬
der oder Kohlenabnehmer in Dollar
bezahlen muß .
30 Hochöfen unter Feuer
Von den 30 Hochöfen im Saarland
waren bis zum Jahresende vier an¬
geblasen, die im Monat Dezember
1946 bereits eine Eisenproduktion
von 79 173 Tonnen ■ermöglichten. Die
Schuhindustrie schließt im Jahre
1946 mit einer monatlichen Produk¬
tion von 30 000 Paar Schuhen ab. Die
Erzeugung von Zement stieg von
4800 auf 8000 Tonnen. -
Nach den Potsdamer Beschlüssen
sollte die gesamte Eisenindustrie'
stillgelegt und ihre Maschinen abge-,
baut werden. Nur durch die klare
und zielbewußte Politik der Militär¬
regierung konnten diese Arbeits¬
stätten der Saarbevölkerung erhal¬
ten werden. Das ist die praktische
Bedeutung des Anschlusses, der eine,
reine wirtschaftliche Maßnahme dar¬
stellt und dem gegenüber die Ge¬
werkschaften 9ich nicht verschlie¬
ßen sollten. Sie haben im Aufbau
von Wirtschaft und Staat eine be¬
deutungsvolle Funktion auszuüben,
besonders in der Fragendes Mitbe¬
stimmungsrechtes. Das Betriebsräte¬
gesetz als Rückgrat der Kameraden
im Betrieb wird bald~endgültig ver¬
abschiedet werden. Wiederholt wur¬
den Anstrengungen gemacht, das Ge¬
setz in seiner jetzigen Gestalt zu
Fall zu bringen. Neben weitgehen¬
den Rechten der Arbeitnehmerschaft ^
verlangt es auch Pflichten und den
.Mut, Verantwortung zu übernehmen.
Die Wahlen sowie die Aufstellung
der Kandidaten unterliegen, der Kon¬
trolle der Gewerkschaften und das
ist sehr wichtig für die zukünftige
Entwicklung der Bewegung. 1
Zur Neuordnung'der sozialen Ge-
. setzgebung sei gesagt, daß «die Saar- '
fcüttenknappschaft ^zwei Millionen
Reichsmark vom Rcichsstock ver¬
langen mußte, um die bisherigen
Leistungen auszahlen zu können. Der
neue Plan wird ausschließlich das
Gesämtinteresse der yersicherten zu
wahren wissen. ' '
_. Die Arbeitnehmer in den Dreier¬
ausschüssen, der Handelskammer
und Handwerkskammer bieten die
ersten Ansätze einer demokratischen
Wirtschaft. Dadurch ist dem Arbeit¬
geber die Möglichkeit * genommen,
allein zu entscheiden und er ist auf
die praktische und loyale Zusam¬
menarbeit mit Techniker und Arbei¬
ter angewiesen.
Zum Schluß seiner Ansprache kam
der Redner auf den Jugendkongreß
in Sulzbach zu sprechen. Er lehnte
eine Erziehung in chauvinistischem
Sinne ab und wünschte, daß die
Menschen sich, gegenseitig verstän-,
. digen und lernen, das Gute vom
Schlechten zu unterscheiden.
Aktive Sozialpolitik
Direktor Kirn unterwarf in sei¬
ner Gastrede einige Paragraphen
aus dem Belriebsrätegesetz, insbe¬
sondere die Bestimmungen über
Einstellungen und Entlassungen
einer scharfen Kritik und zog eine
Parallele mit dem Gesetz vom Jahre
■1920, das jedoch weit weniger Rechte
und Vorteile enthielt. Übergehend
zum Arbeitsgerichtsgesetz betonte er,
daß weitgehende demokratische
Rechte den Gewerkschaften zuge¬
standen wurden, einschließlich das
Vorschlagsrecht der zu ernennenden
Arbeitsrichter.. Das Gesetz soll in
Kürge verabschiedet werden. Der
Redner entwickelte anschließend ein
Zahlenbild und gab bekannt, daß
wir in den nächsten Monaten 20 bis
25 000 Arbeitskräfte zu wenig haben
werden. Wir zählen an der Saar
rund 45 000 Gefallene, 50 000 Kriegs¬
beschädigte, von denen 20 000 schwer¬
beschädigt sind. 1945 waren IT Mil¬
lionen Mark für Kriegsrenten vor¬
gesehen und ab 1. April d. J. sind
61 Millionen Reichsmark erforder¬
lich. Die Wohlfahrts Unterstützung,
durch die gehobene Fürsorge neu
geregelt,, sieht keine .-Rückzahlung
mehr vor und erfordert einen,Auf¬
wand von 12 Millionen. Für " die
Opfer des Faschismus wird ebenfalls
ein Gesetz geschaffen, das' alle sozi¬
alen Leistungen in sich einschließt..
Zum Schutze der Kriegsbeschädigten
und Opfer des Faschismus, die körper¬
liche Schäden erlitten, haben, besteht
eint Verordnung, wonach die Ver¬
pflichtung besteht,1 daß auf je\10 Be¬
schäftigte ein Beschädigter einzu¬
stellen ist. Von 20 000 Schwerbeschä¬
digten sind noch 10 000 in den Ar¬
beitsprozeß , einz.ureihen. Alle diese
Maßnahmen wurden unter Mitwir¬
kung der Gewerkschaften und Unter¬
stützung des Herrn Gouverneurs zum
Wohle der Schaffenden an der Saar
getroffen. ^
Mitbestimmung uriti Gleichberechtigung
'Anschließend ergriff der Präsident
-der Einheitsgewerkschaft, Kollege
Wa cker, das Wort. Errarti zunächst-
auf das Chaos zu sprechen, das der
Nationalsozialismus hinterlassen hat
Im Gleichschritt mit - dem Wieder¬
aufbau der Industrie vollzog sich,
der Neuaufbau der Einheitsgewerk^
Schaft.. 900 Kollegen der Métallindu-,
strié schritten im Dezember 1945 zur
Gründungsversammlung, um nach
einem Jahr 22 000 Mitglieder regi¬
strieren zu können. Von zwei Ge¬
walten der Welt, dem Schwert und
der Idee, -hat letztere' sich als die
stärkere erwiesen. Die Aufgaben» der
■Gewerkschaften, die sich bislang auf
Lohnfragen, Fragen der Arbeitszeit,
Urlaub und Sozialpolitik erstreckten,
haben sich durch neue Zielsetzungen
wesentlich erweitert. Mitarbeit, Mit¬
bestimmung und Gleichberechtigung
in Wirtschaft und Verwaltung' ist
die Losung unseres kommenden Ein¬
satzes. Beseelt von dem Verantwor¬
tungsgefühl, das diese Neuordnung
voraussetzt, soll der Verband seine
Mitglieder schulen, ihnen Kenntnisse
vermitteln; um dadurch dem Wohl«
der Gesamtheit dienen-zu können..
Nach kurze» Begrüßungsworten
des Landrates Michely, Regierungs-
direktors Braß, Präsidenten Hub und
des Bürgemeisters Tinnes ergriff der
Vertreter der. lothringischen Ge¬
werkschaften, , Kollege Schwöb,
das Wort. Er brachte die Verbunden¬
heit der lothringischen Kollegen mit
den. saarländischen Gewerkschaften
. zum Ausdruck und vermittelte dem
Kongreß ein eindrucksvolles Bild
von der Versorgungslage in Frank¬
reich. ' . .' \
Nach einer zweistündigen Mittags¬
pause wurde vom Kongreß zunächst
ein Antrag auf Abänderung der Ta¬
gesordnung mit Stimmenmehrheit
abgelehnt. Hierauf erstattete der
Vorsitzende F 1 i e g 1 e r seinen • Ge¬
schäftsbericht: Er ging aus von der
St. Ingberter Konferenz,- • die . den
Grundstein legte für eine einheitlich
geschlossene Organisation aller Ar¬
beitnehmer auf dem System der In¬
dustrieverbände unter Ausschluß
• aller parteipolitischen lind weltan-