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Dezember 1947
Da auf dem Gebiete des Lohnwe¬
sens z. Zt. noch große Unklarhei¬
ten herrschen, wird versucht, einen
kurzgefaßten Überblick über alle
Verordnungen zu geben, die hier¬
zu bisher ergangen sind. Wir be¬
schränken uns dabei auf allgemeine
Hinweise, für die wir die Unter¬
lagen dem bisherigen Verordnungs¬
text entnehmen. Der große Umfang
des Gebietes und die dadurch er¬
schwerte Übersichtlichkeit der Neu¬
regelung kann möglicherweise in
dem einen oder anderen Punkt noch
Verzögerungen und Berichtigungen
erforderlich machen.
I. Zu Grunde gelegt ist der gesam¬
ten Neuregelung des Lohnwesens
die Verfügung Nr. 123 über die
Festsetzung der Löhne und Gehäl¬
ter im Saarland vom 16. Novem¬
ber 1947. Gemäß dieser Verord¬
nung werden vom Délégué Su¬
périeur pour le Gouvernement
Militaire de la Sarre alle Ma߬
nahmen getroffen, um eine Anpas¬
sung aller Löhne und Gehälter an
die französischen Bezüge zu ver¬
wirklichen.
2. In der Verordnung über die Ver¬
gütung der über 40 Stunden wö¬
chentlich hinausgehenden Arbeits¬
zeit, vom 18. November 1947 wird
die Arbeitszeit für das Saarland
festgesetzt. Sie wird grundsätzlich
für beiderlei Geschlechter auf 48
Stunden festgelegt. Da die gesetz¬
liche Arbeitszeit in Frankreich aber
nur 40 Stunden wöchentlich beträgt,
wird bestimmt, daß die 40. bis
48. Arbeitsstunden mit einer 25-
prozentigen Lohnerhöhung ver¬
gütet wird. Erforderliche Arbeit,
die über 48 Stunden hinausgeht,
muß mit 50 Prozent vergütet wer¬
den.
8. Die im Amtsblatt Nr. 60, Heft 2,
Seite 707/8, veröffentlichte Ver¬
fügung über die Gebietsklassen
Im Lohnwesen besagt, daß die
Sitze der Arbeitsstätten in Zonen
aufgeteilt werden und Art. 2 der
Verordnung gibt die Prozentsätze
bekannt, um die die Tariflöhne in
den einzelnen Zonen gekürzt wer¬
den:
Zone I 10 % der Pariser Zone
Zone la 15 % der Pariser Zone
Neuregelung des Lohnwesens
Zone II 20 % der Pariser Zone
Zone III 25 % der.Pariser Zone
4. Eine weitere Verordnung über die
vorläufigen Löhne und Gehälter,
für die besondere Lohnordnungen
nicht ergangen sind, wurde am 18.
November 1947 veröffentlicht. Sie
verfügte, daß die Arbeitnehmer
für welche die neuen Löhne durch
eine Verfügung noch nicht festge¬
legt sind, vorläufig einen Lohn er¬
halten, dessen Höhe in Frs. minde¬
stens gleich ist dem Betrage der
früheren Entlohnung in Mark mul¬
tipliziert mit 35. Da sich
die Unzulänglichkeit dieses
Umrechnungskurses erwiesen hat,
wird bereits im Monat De¬
zember ein erhöhter Multipli¬
kator (1:45) zur Anwendung kom¬
men, wie durch einen Vertreter
der Militärregierung anläßlich
einer Besprechung der Gewerk¬
schaften mit der Militärregierung
bekanntgegeben wurde.
5. Von besonderer Bedeutung ist die
Verordnung über die Lohnergän¬
zungszulage vom 18. November
1947. Danach erhalten die Arbeit¬
nehmer, die einen Stundenlohn be¬
ziehen, der unter 42,50 Frs. liegt,
eine Entschädigungszulage, die als
Lohnbestandsteil gilt. Diese Ent¬
schädigung muß so hoch bemessen
sein, daß der Gesamtbetrag der
Entlohnung nicht unter 42.50
Frs. liegt (auf die Vergleichszone,
d. i. die Pariser Zone, bezogen) für
Zone I = 42.50 — 10 % = 38.25 Frs.
Zone I a - 42.50 — 15 % = 36 12 Frs.
Zone II - 42.50 — 20 % = 34.— Frs.
Zone III - 42.50 — 35 % = 31.98 Frs.
6. Eine im nächsten Amtsblatt zur
Veröffentlichung kommende Ver¬
ordnung betreffs „Teuerungszu¬
lage" besagt, daß die von der fran¬
zösischen Regierung zugebilligte
Teuerungszulage von 7.50 Frs. pro
Stunde für die Pariser Zone hier
an der Saar 6.50 Frs. beträgt. Da¬
durch wird das Mindesteinkom¬
men, das bisher für Zone I 38.25
Frs. betrug, auf 45 Frs. erhöht. Für
die Angestellten beträgt die Zu¬
lage 1350 Frs. (1500 Frs. für die
Pariser Zone minus 10 Prozent).
' Die Errechnung der Teuerungszu¬
lage für Angestellte erfolgt für
eine Arbeitszeit von 173 Stunden
im Monat. Alle Arbeitsstunden,
die über diese Zeit hinaus gelei¬
stet werden, müssen als Überstun¬
den bezahlt werden.
In einer weiteren Abhandlung
wird In der nächsten Nummer über
Akkordlöhne, die Bezüge der Lehr¬
linge, Sonderbestimmungen für
Grenzgänger und über die Zuwider¬
handlungen gegen die Lohnregelung
und ihre Folgen gesprochen werden.
La.
Was wird aus dem
Landesstock?
Im Amtsblatt Nr. 62 vom 28. Nov.
1947 lesen wir u. a. in der Verfügung
47/140 Abschnitt V, Art. 13: „Die
Verwaltung des Landesstocks wird
einer besonderen bei der Landesver¬
sicherungsanstalt errichteten Abtei¬
lung übertragen." — Weiter heißt
es: „Die neu festzusetzenden Bedin¬
gungen werden durch eine spätere
Verfügung geregelt."
In derselben Verfügung heißt es
in Abschnitt VI, Art. 18: „Zwecks
Bildung eines Betriebsstockes wird
der Abteilung für Zahlung von Fa¬
milienzulagen eine Summe von 5
Millionen Mark aus dem Lan¬
desstock überwiesen, die zum gesetz¬
lichen Umtauschkurs in Franken
umzurechnen ist."
Es sei kurz bemerkt, daß es sich
im Landesstock um die Beiträge
handelt, die die Arbeiter und Ange¬
stellten zur Arbeitslosenversicherung
zahlten. Diese Arbeitslosenversiche¬
rung Ist eine Einrichtung, die sich
die Arbeitnehmerschaft im jahrelan¬
gem Kampfe im ersten Weltkrieg
1914—18 errang. Sie ist finanziell
überwiegend auf die Beiträge der
wirtschaftlichen Beteiligten, Arbeit¬
geber und Arbeitnehmer aufgebaut.
Demgemäß ist den wirtschaftlich
Beteiligten auch eine weitgehende
Mitverwaltung bzw. Selbstverwal¬
tung eingeräumt. Die Arbeitslosen¬
versicherung hat die Aufgabe, dem
Versicherten arbeitsfähigen, arbeits¬
willigen, also der unfreiwillig ar¬
beitslos wurde oder im Falle der
Kurzarbeit eine Unterstützung zu
gewähren, die Versorgung des Ar¬
beitslosen im Krankheitsfalle zu
übernehmen.
Die Arbeiter und Angestellten sind
Stärkstens daran interessiert, daß
diese Einrichtung In keiner Form
eine Verschlechterung erfahren darf
und als selbständige Körperschaft
des öffentlichen Rechtes weiter be¬
stehen muß und die vorhandenen
Gelder des Landesstocks nur für die
Zwecke Verwendung finden dürfen,
für die sie die Versicherten einzahl¬
ten, nämlich zur Gewährung einer
Arbeitslosenunterstützung bei Ein¬
tritt der Arbeitslosigkeit des Ver¬
sicherten.
Bel der Überweisung der 5 Milli¬
onen Mark aus dem Landesstock
zwecks Bildung eines Betriebsstocks
für die Familienzulagen kann es
sich daher jedoch nur um ein Dar¬
lehn handeln.
Die Neuregelung und Verwaltung
des Landesstockes kann nach demo¬
kratischen Prinzipien nur mit Z u-
stimmung der Versiche¬
rungsträger vorgenommen wer¬
den.
Ausgehend von diesen Erwägungen
Ist wohl anzunehmen, daß hier lm
Interesse des Versicherten der saar¬
ländischen Arbeitnehmerschaft auf
diesem Gebiet bei der Neuregelung
keine Verschlechterung Platz grei¬
fen wird.
P. Obermeier
An alle Funktionäre
und Interessenten!
Der Industrieverband Bergbau der
Einheitsgewerkschaft gibt volkswirt¬
schaftliche Schulungsbriefe
heraus. Alle Interessenten wollen
sich an die Hauptgeschäftsstelle in
Saarbrücken .3, Brauerstraße 6—8,
wenden.
piechan. Arbeitsmittel, die Produk¬
tionstechnik. Die Handmühle ergibt
eine Gesellschaft mit Feudalherren,
die Dampfmühle eine Gesellschaft
mit industriellen Kapitalisten. Die
wirtschaftlichen Verhältnisse einer
&eit schufen bisher Klassen, die ein¬
ander bekämpfen. Die Klassen-
Kämpfe sind das Element des Fort¬
schritts, der die geschichliche Ent¬
wicklung vorwärts trägt. War das
Ziel jedes Klassenkampfes bisher die
wirtschaftliche und politische Befrei-
img der unterdrückten Klasse, so
st das Ziel des modernen politischen
lassenkampfes die Beseitigung aller
lassen. Sie wird erreicht durch
den Kampf der vereinigten Prole¬
tarier aller Länder. Die ökonomi¬
schen Verhältnisse bestimmen auch
alle rechtlichen, sittlichen, religiö¬
sen und philosophischen Anschau¬
ungen sowie alle familiären, sozia¬
len und politischen Einrichtungen.
Sind die ökonomischen Verhältnisse
gut, d. h. entsprechen sie dem so¬
zialistischen Ideal, dann ist auch
der Mensch gut, dessen Charakter
¡ebenfalls nur ein Produkt der wirt¬
schaftlichen Verhältnisse ist.
Der Mensch ist ein Produkt sei¬
ner Umgebung. Auch die christli¬
chen Arbeiter wissen, daß die wirt¬
schaftlichen Verhältnisse, das Mi¬
lieu, in das der Mensch hineinge¬
boren wird, in dem er lebt und
arbeitet, die Menschen, mit denen
er zu tun hat, stärkstens das Ge¬
sicht, die Anschauungen, den Cha¬
rakter, mit einem Wort, die Per¬
sönlichkeit formen und prägen.
Aber sie nicht allein. Im Menschen
selber stecken bestimmte Anlagen,
Fähigkeiten und Kräfte, und je
stärker die Einzelpersönlichkeit ist,
um so bestimmender werden diese
inneren Kräfte seine Entwicklung
beeinflussen. Veranlagung und Ei¬
genwille können das Milieu, die
wirtschaftlichen Verhältnisse, über¬
winden und den Menschen seinen
eigenen Weg gehen lassen. Inso¬
fern ist der Satz nur richtig: Der
Mensch ist das Produkt seiner Um¬
gebung und seiner selbst.
Der christliche Arbeiter setzt an
den Anfang nicht die Materie, aus
der als höchstes Produkt der Geist
sich entwickelt, sondern er stellt
den Geist, die Idee an den Anfang.
Das Nachdenken darüber, wie er
sich die Güter dieser Welt nutzbar
machen, wie er zweckmäßig wirt¬
schaften müsse, formte die wirt¬
schaftlichen Verhältnisse. Nicht
aber entstand erst aus den wirt¬
schaftlichen Verhältnissen das Ur¬
bild, die Idee. Da^ Urbild, die Idee,
das Geistige, der Geist schlechthin
stand am Anfang ihrer Entwick¬
lung, und diesen geistigen Ur¬
sprung alles Seins, diesen Anfang
nennt der Christ Gott. Der christ¬
liche Arbeiter steht nicht auf dem
Boden des Monismus (es gibt nur
eine Ursache alles Seins, aller Be¬
wegung, alles Lebens, nämlich die
Materie), sondern er anerkennt
einen Dualismus. Geist und Mate¬
rie bewirken das Sein, das Leben,
die Bewegung. Am Anfang der
Entwicklung steht der Geist, der
reine Geist, der Nurgeist, Gott, die
ewige Einheit und Ruhe. Und am
Ende der Entwicklung steht wieder
Gott, die ewige Einheit und Ruhe.
Von ihm ist alles Leben, alle Be¬
wegung ausgegangen und zu ihm
wird alles Leben wieder zurück¬
kehren.
Leben, Bewegung aber entsteht
aus dem Dualismus, aus dem Zwei¬
sein von Materie und Form, von
Stoff und Geist, von männlich und
weiblich, von Idee und Wirklich¬
keit. Der Mensch besteht aus Leib
und Seele, und diese Zweiheit fin-‘,
den wir überall wieder: Mann und
Frau, Mensch und Natur, Mensch
und Mensch, d. h. Person und Ge¬
meinschaft, Bewußtsein und Gegen¬
stand, Subjekt und Objekt, Mensch
und Gott, Natur und Kultur, gei¬
stige Anschauungen und materiel¬
les Leben, Kapital und Arbeit. Und
diese Zweiheit strebt zur Einheit.
Das ergibt Spannungen wie zwi¬
schen zwei Polen, die mit positiver
und negativer Elektrizität geladen
sind, Spannung aber ist Energie,
Arbeitsleistung. Je größer die
Spannung, desto größer die Ar¬
beitsleistung. Wird die Spannung
überstark, so entlädt sie sich, d. h.
die in Spannung stehenden Kräfte
verlieren das Gleichgewicht. Das
Schreiten, das Fortschreiten kommt
zustande durch eine Fallbewegung
des Körpers. Das Gleichgewicht
muß durch eine entgegengesetzte
Fallbewegung wieder hergestellt
werden. Die ständige Aufeinander¬
folge von Spannung und Entspan¬
nung durch Bewegung bewirkt das
Fortschreiten, den Fortschritt.
Diese Spannung ist ein Lebens¬
gesetz der Menschen und der
Menschheit. Wer den Versuch un¬
ternimmt, die Spannungen und Ge¬
gensätze aufzuheben und eine uni¬
formierte Einheit zu schaffen, geht
an diesem Widersinn zugrunde.
Hören die Spannungen auf, hört
die Bewegung, hört das Leben auf,
das zur ewigen Ruhe, zur ewigen
Einheit, zu Gott, der nur Geist ist,
dem Urgeist, zurückkehrt, von dem
es seinen Ausgangspunkt nahm
und in dem alle Spannung, alle Un¬
ruhe ihre Erfüllung findet. Der
Geist, die Seele des Menschen,
kehrt zum Urgeist zurück, seine
materielle Form, sein Leib, zur Ur-
materie, zur Erde. Fortsetzung folgt.
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