AUFBAU UND WIRTSCHAFT
Wieder „Konsum
von Geschäftsführer Kiefer
Es gibt viele Arbeiterfrauen im
Saargebiet, die schon seit ihrer Mäd¬
chenzeit gewohnt waren, im Konsum
zu kaufen. Für viele Arbeiterhaus¬
halte war es eine Selbstverständlich¬
keit, zum Einkauf von Brot und all
den anderen Lebensmitteln regelmä¬
ßig — ja oftmals ausschließlich den
Weg in ihre Genossenschaft zu gehen.
Bei guten und besonders sparsam
veranlagten Familien war es im Lauf
der Jahre schon zur Tradition ge¬
worden, daß, wenn der Sohn oder
die Tochter heiratete, zum Heirats¬
gut auch das Konsumbuch für den
neuen Hausstand gehörte. So hat sich
die Notwendigkeit zum Sparen als
genossenschaftliches Gedankengut
bei vielen Familien unserer Heimat
von den Eltern auf die Kinder ver¬
erbt
Den Konsum, wie man ihn seit
Jahrzehnten im Saargebiet gekannt
hat, gibt es nicht mehr. Wohl sind
seine Verkaufsstellen noch da (d. h.,
wenn sie nicht unter den Trümmern
liegen), aber es fehlt die Genossen¬
schaft. Warum wohl? — wird sich
mancher frühere Genossenschaftler
schon gefragt haben. Bis zur Auf¬
lösung ihrer Betriebe bestanden im
Saargebiet 28 Konsumgenossenschaf¬
ten. Kein Genossenschaftsmitglied
hat auf die Frage nach den Gründen
der Auflösung eine wahrheitsgemäße
Antwort bekommen können, als die
DAF die Konsumgenossenschaften
zerschlug und sich ihr Vermögen an¬
eignete. Jetzt aber werden sie wie¬
derkommen. Die Militärregie¬
rung hat über die Einheits¬
gewerkschaft die Erlaubnis er¬
teilt, daß im Saargebiet sofort
zwei Konsumgenossenschaften wie¬
der gegründet werden können, und
zwar:
a) die Konsumgenoss e n -
schaft ASKOin Saar¬
brücken,
b) die Konsumgenossen¬
schaft Neunkirchen-
H e i n i t z.
Die Genossenschaft in H e i n i t z
übernimmt alle früheren konsum¬
genossenschaftlichen V erkaufsstellen
in den Kreisen Ottweiler,
St. Ingbert, St. Wendel und
Homburg sowie die Läden der
früheren Sevag-Neunkirchen.
Die Konsumgenossenschaft AS K O
Saarbrücken übernimmt alle
konsumgenossenschaftlichen Ver¬
kaufsstellen in den Kreisen Saar¬
brücken-Stadt, Saarbr.-
Land, Saarlouis und M e r z i g.
Kleinere Abweichungen bei den ge¬
bietsmäßigen Aufgliederungen sind
den Genossenschaften gestattet.
Die Gründung dieser zwei neuen
Konsumgenossenschaften soll mög¬
lichst bald erfolgen. Der Aufbau der
beiden Konsumgenossenschaften ge¬
schieht auf genosssenschaftlich-
demokratischer Grundlage, d. h. die
Mitgliedschaft ist freiwillig. Die
Selbstverwaltung und die Selbstver¬
antwortung sollen ihre Grundzüge
sein. In H e i n i t z hat die Grün¬
dungsversammlung bereits stattge¬
funden, die für Saarbrücken
wird in den nächsten Tagen folgen.
Die von der DAF aus dem Besitz
der früheren 28 saarländischen Kon¬
sumgenossenschaften gegründeten
zwei Betriebe, der Gemeinschafts¬
werk-Versorgungsring G. m. b. H.
Saarbrücken und Neunkirchen, sind
von der Militärregierung unter Se¬
quester gestellt worden. Mit der Se¬
if questerverwaltung hat die Militär¬
regierung erfreulicherweise zwei Ge¬
nossenschafter beauftragt. Diese ge¬
ben die Gewähr dafür, daß das ge¬
nossenschaftliche Vermögen, das sich
das Gemeinschaftswerk vor Jahren
aneignete, für die neu zu gründenden
Konsumgenossenschaften erhalten
bleibt.
Ein trauriges Kapitel def Genos¬
senschaftsgeschichte wird damit ab¬
geschlossen werden. Das Unrecht,
das man den Konsumgenossenschaf¬
ten des Saargebietes und ihren Mit¬
gliedern mit der zwangsweisen Auf¬
lösung ihrer Betriebe zugefügt hat,
wird von der Militärregierung durch
ihre Genehmigung zur Bildung neuer
Genossenschaften wieder gutgemacht.
In jahrzehntelanger, erfolgreicher
Tätigkeit haben sich die Konsum¬
genossenschaften des Saargebietes
im Dienst der Verbraucher
bewährt. In weiten Kreisen der ar¬
beitenden Bevölkerung sind sie des¬
halb noch in guter Erinnerung.
Freunde und Förderer des Genossen¬
schaftsgedankens sind nun mit dem
Neuaufbau der saarländischen Kon¬
sumgenossenschaften beschäftigt.
Ihre in langjähriger Genossenschafts¬
arbeit erworbenen Erfahrungen stel¬
len sie jetzt wiederum in den Dienst
der Gemeinschaft. Sie sind bestrebt,
den guten Ruf der Konsumgenossen¬
schaften wieder herzustellen, dessen
sie sich einstmals erfreuen konnten.
Verbraucher aller Kreise, Menschen
aller Anschauungen waren früher in
unseren Konsumgenossenschaften
zusammengeschlossen. So soll es
auch künftig wieder werden.
Alle früheren Mitglieder der Kon¬
sumgenossenschaften rufen wir zur
Mitarbeit auf. Aus den schon bisher
eingegangenen zahlreichen Anfragen
über die Neubildung der Konsum¬
genossenschaften läßt sich schließen,
daß dieser Ruf zur Mitarbeit mit
Freude gehört wird und man ihm
gerne Folge leistet. Die Verwaltungen
der beiden neuen Konsumgenossen¬
schaften werden sich dieser Mitarbeit
um so lieber annehmen, weil sie wis¬
sen, daß es nur in gemeinsamer Ar¬
beit möglich sein wird, aus den
Trümmern des Zusammenbruches
den geplanten Wiederaufbau
unserer Betriebe zu verwirklichen.
Mit einem gesunden Optimismus
gehen wir dann ans Werk zur Er¬
neuerung unserer Genossenschaften.
Sie sollen und werden wieder groß
und leistungsfähig werden, damit sie
ihre Aufgaben in der Zukunft erfül¬
len können,
Die Arbeitsmarktlage
Hohe Kräfteaiiforderungen
Das Landesarbeitsamt Saar teilt mit:
Bei den Arbeitsämtern waren Ende
Juni 1266 männliche Personen als
verfügbare Arbeitssuchende
gemeldet. Hierbei handelt es sich um
Arbeitskräfte, die im Zuge ihres Ar¬
beitsplatzwechsels, ihrer Entlassung
aus der Kriegsgefangenschaft oder
der Wiedererlangung ihrer vollen
Arbeitsfähigkeit bei den Arbeits¬
ämtern kurzfristig als Arbeits¬
suchende registriert worden sind; sie
bilden also keine Arbeitsreserve.
Dagegen sind bei den Arbeitsämtern
noch rund 5000 nicht voll arbeits¬
fähige männliche Personen regi¬
striert die nur für leichte Arbeiten,
z. T. nur für eine sitzende Tätigkeit
geeignet sind. Für diesen Personen-
kreis werden sich die Beschäftigungs¬
möglichkeiten erst bei Belebung des
Groß- und Kleinhandels und einer
stärkeren Ingangsetzung der Ferti¬
gungsindustrie bessern. Zweifelsohne
wird auch eine Besserung in der Er¬
nährungslage dazu beitragen, einen
größeren Teil dieser Personen wie¬
der bei mittelschweren Arbeiten zu
verwenden.
Die Kräfteanforderungen bei den
Arbeitsämtern sind unverändert
hoch geblieben. Ende des Monats
waren noch 7528 offene Stellen zu
besetzen. Nach Berufsgruppen und
Wirtschaftszweigen gegliedert ergab
sich folgender Kräftebedarf
am 30,
Juni:
Offene
Zu-
Stellen Weisung
Bergbau
1181
866
Baugewerbe
2 409
820
Baustoffindustrie
102
34
Hütten- u. Mstallind.
779
1 389
Sonstige Wirtschafts
-
zweige
3 057
3 853
zusammen:
7 528
6 962
Dieser hohe Krättebedarf kann erst
allmählich und bei zahlenmäßig
stärkerer Rückkehr von Arbeitskräf¬
ten aus der Kriegsgefangenschaft ab¬
gedeckt werden, wobei von den Ar¬
beitsämtern noch die bevorzugte
Beschaffung von zirka 600 Arbeits¬
kräften für die Großaktion zur
Entminung des Saargebietes und
die fortdauernde Verstärkung der
Grubenbelegschaft zu berücksich¬
tigen sind.
Schließlich fordert auch der loth¬
ringische Bergbau eine ver¬
stärkte Zuweisung von Saarland!-»
sehen Arbeitskräften für die an¬
grenzenden Gruben. Diese -Arbeits¬
kräfte werden als Grenzgänger auf
den lothringischen Gruben arbeiten,
wie dies vor dem Jahr 1935 der Fall
war.
Konsultative Aktivität
Der mit Genehmigung des Herrn
Gouverneur Grandval und auf Ini¬
tiative der Hauptverwaltung der
Einheitsgewerkschaften ins Leben
gerufene Landesernährungsausschuß
hat sich seit seiner Gründung in
wiederholten Sitzungen mit den vor¬
dringlichsten Fragen der Volks ver¬
sorg ung befaßt und in seiner Eigen¬
schaft als beratendes Organ der mit
der Erfassung und Verteilung der
Naihrungsgüter beauftragten Dienst¬
stellen, in Anregungen und Vor¬
schlägen die Diskussion über die
Ernährungslage aus dem Bereich
unkontrollierter Erörterungen auf die
Ebene einer ernsthaften und von
Sachkenntnis getragenen Kritik ge¬
führt. Der weitgefaßte Rahmen der
im Ausschuß vertretenen Ämter und
Organisationen, hat sich in den leb¬
haften und aufschlußreichen Debat¬
ten wiedergespiegelt. Die Teilnahme
der führenden Emährungsoffiziere
der Militärregierung bestätigt die
Bedeutung, die die höchsten Instan¬
zen unseres Gebietes der Arbeit des
Ausschusses auch für ihre eigenen
Entscheidungen im Interesse der
Verbesserung unserer Ernährungs-
lage zuzuerkennen bereit sind. Die
Wirksamkeit seiner Tätigkeit wird
sich nicht unmittelbar in den Erlas¬
sen und Maßnahmen der zustän¬
digen Behörden niedersehlagen, viel¬
mehr ist es nach seinem Pro¬
gramm Aufgabe seiner Beratungen,
auf Mißstände hinzuweisen und Ver¬
besserungen vorzubereiten, so u. a,
über die Bildung von Bauernaus-
schiissen Erzeugung und Erfassung
zu intensivieren, der Unsitte wilder
Kompensationen entgegenzutreten
und in einer verschärften Kontrolle
des Groß- und Kleinhandels die
schwarzen Märkte zu beseitigen, um
jegliche Fehlleitung und Verwirt-
schaftung auszuschalten. Es gehört
weiter zu seinen Aufgaben, alle
Werks-* und Betriebsküchen seiner
Kontrolle zu unterstellen, ihre zu¬
sätzliche Versorgung zu fördern und
sich vor allem der Prüfung der Ver¬
teilungssysteme mit dem Ziel ihrer
Umgestaltung auf der Grundlage dea*
Berufstätigkeit und der besonderen
sozialen Bedürfnisse zu widmen.
Es wäre verfrüht, jetzt schon die
Arbeit des Ausschusses einer kriti¬
schen Betrachtung zu unterziehen.
Sein besonderer Wert aber darf selbst
bei dem konsultativen Charakter, der
ihn zwangsläufig auf bestimmte
Aufgabengebiete beschränkt, nicht
unterschätzt werden. Denn in seinen
Mitgliedern begegnen sich Verwal¬
tung und Bevölkerung zu einer
freien Diskussion um die Ernäh¬
rungsprobleme, die, im Interesse
einer raschen Lösung den Vorzug
der Ursprünglichkeit und Unmittel¬
barkeit besitzt.
Wirtschafts nach rich ten
Der Kredit der Export-Import-Bank
an Frankreich
(A.EP) Im französisch-amerikanischen
Finanzabkommen war bekanntlich
vorgesehen worden, daß Frankreich
außer den von den Vereinigten Staa¬
ten selbst zugestandenen Summen
auch noch einen Credit von der in¬
ternationalen Ex- und Importbank in
Höhe von 650 Millionen Dollar erhal¬
ten sollte. Dieser Kredit ist nunmehr
von der Bank eingeräumt worden.
Davon sollen verwendet werden: 470
Millionen Dollar für den Ankauf von
Material und 100 Millionen Dollar für
den Ankauf von Rohstoffen. Die übrig
bleibenden 800 Millionen Dollar wer¬
den zur Deckung der durch diese Ab¬
schlüsse entstehenden Kosten ver¬
wendet.
Französisch-beilgisch-Iuxemburgische«
Handelsabkommen
(AEP) Der belgische Außenminister
Spaak hat seine Zustimmung zu dem
kürzlich in Paris zustandegekom¬
menen Handelsabkommen zwischen
Frankreich, Belgien und Luxemburg
erteilt. Das Abkommen sieht einen
gegenseitigen Warenaustausch im
Werte von lÖ1/2 Milliarden für die am
1. Juli 1946 beginnende Laufzeit von
12 Monaten vor.
Die Gewerkschaftszeitung „Die
Arbeit“ beabsichtigt einen Inse¬
ratenteil einzurichten, der sich
mit besonderer Aufmerksam¬
keit dem Arbeitsmarkt zuwen¬
den wird. — Stellenange¬
bote od. Stellengesuche
können bereits für die nächste
Ausgabe an die Geschäftsstelle
der Zeitung „Die Arbeit“, Saar¬
brücken 3, Brauerstraße 6 — 8
od. an „Union-Reklame“, Saar¬
brücken 3, Passage-Kaufhaus,
gerichtet werden. — Der Preis
für den 4mal gespaltenen Mil-
iimeterraum beträgt 1.— RM„
Reklame - Anzeigen 2.— RM.
Herausgeber: Hauptverwalt, der Einheits¬
gewerkschaften, Saarbrücken 3, Brauer¬
straße 6— 8. — Verantwortlich für den
Gesamtinhalt: H. W a c k e r. — Druck:
Saarländische Verlagsanstalt u. Druckerei
(Sequester), Saarbr. 3, Kön.-Luisen-Str. 1.
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