Full text: 1946 (0001)

K SAAR-BERGBAU ^ 
Saarbergmann und Knappschaft 
Die Leistungen der fcnappschaft liehen Krankenversicherung 
von Knappschaftsdirektor Zimmer 
Die im Frühjahr des vergan¬ 
genen Jahres eingetretenen 
Ereignisse haben vielfach die 
Verbindung zwischen dem Saarberg¬ 
mann und seiner Knappschaft, der 
Saarknappschaft, abreißen und zum 
Teil die Auffassung aufkommen las¬ 
sen, die Knappschaft bestehe nicht 
mehr. Was wird nun aus meiner 
Rente, für die ich seit vielen Jah¬ 
ren Beiträge von meinem kärglichen 
Lohn gezahlt habe? Das sind damals 
it a. auch die Gedanken vieler 
Knappschaftsrentner, Witwen und 
Waisen gewesen. Auch die aktiven 
Bergleute machten sich berechtigte 
Sorgen um ihre Anwartschaft auf 
spätere Versorgung. Aber alle diese 
an sich berechtigten, pessimistischen 
Gedanken über den Weiterbestand 
der Saarknappschaft sind, wie die 
Folgezeit gelehrt hat, ivnberechtigt 
gewesen. 
Aufgrund einer tatkräftigen und 
wohlwollenden Förderung durch die 
Militärregierung konnte schon 
durch Verordnung des Re¬ 
gierungspräsidenten in Saar¬ 
brücken vom 4. Dezember 
19 4 5 (Amtsblatt des Regierungs¬ 
präsidiums Saar S. 61) zur Durch¬ 
führung der knappschaftlichen Ver¬ 
sicherung die Saarknappschaft mit 
dem Sitz in Saarbrücken als eine 
mit Rechtsfähigkeit ausgestattete 
Körperschaft des öffent¬ 
lichen Rechts neu errichtet 
werden. Nach den Vorschriften die¬ 
ser Verordnung ist die. Saarknapp- 
schaft Träger der knappschaftlichen 
Kranken- und der knappschaftlichen 
Rentenversicherung für alle bei den 
Saargruben und allen übrigen knapp- 
sehaft.liehen Betrieben des Saarge¬ 
bietes beschäftigten Personen. 
Bei der Saarknappschaft wurde 
ein vorläufiger Vorstand gebildet, 
unter dessen Führung die Verwal¬ 
tung weiterarbeitet und dem Berg¬ 
mann das rettet, was nach der 
finanziellen Lage möglich und für 
die soziale Versorgung des Berg¬ 
mannes, seiner Angehörigen und der 
Rentner und ihren Familien unbe¬ 
dingt notwendig ist. 
Die uns gebotene Gelegenheit des 
Erscheinens einer eigenen Gewerk¬ 
schaftspresse benutzen wir gerne, 
um den Saarbergmann laufend 
über die knappschaftlichen Dinge, 
die für ihn stets von besonderem 
Interesse gewesen sind, zu unter¬ 
richten. Diese unsere erste Ab¬ 
handlung soll Überblick darüber ge¬ 
ben, welche Leistungen aus der 
knappschaftlichen Krankenkasse zur 
Zeit gewährt werden. Ob und in¬ 
wieweit es in Zukunft möglich sein 
wird, die nachstehend dargestellten 
Leistungen der Krankenkasse der 
Saarknappschaft weiter aufrecht zu 
erhalten, hängt in erster Linie von 
der Frage ab, ob sich die Einnah¬ 
men und Ausgaben weiterhin dek- 
ken oder nicht; denn zunächst zeigte 
sich nach dem Zusammenbruch des 
Hitlerregimes ein starker Rückgang 
in den Beitragseinnahmen, der be¬ 
dingt war durch Verringerung des 
Lohnaufkommens, durch das Absin¬ 
ken der Versiehertenzahl und durch 
erhöhten Krankenstand. 
Die Anträge auf knappschaftliche 
Krankenkassenleistungen sind, so¬ 
weit sie immer schon an besondere 
Formalitäten gebunden waren, wei¬ 
terhin durch den zuständigen 
Knappschaftsältesten bei 
der Saarknappschaft einzureichen. 
Die Barleistungen, die bisher durch 
die Gruben gezahlt wurden, werden 
für Rechnung der Saarknappschaft 
auch weiterhin von ihnen ausge¬ 
zahlt. 
Aufgabe und Leistungsbereitschaft 
Die knappschaftliche Krankenver¬ 
sicherung hat — wie, die allgemeine 
Krankenversicherung — die Auf¬ 
gabe, im Falle von Krankheit und 
anderer körperlicher Hilfsbedürftig¬ 
keit dein Bergmann und seiner Fa¬ 
milie Hilfe zu gewähren. Im Hin¬ 
blick auf die schwere, gesundheits¬ 
gefährdende Bergmannsarbeit, sind 
die Leistungen in großzügiger Weise 
festgesetzt. 
Die Leistungen der knappschaft¬ 
lichen Krankenversicherung sind 
folgende Sach- und Bar-(Geld)-lei- 
stungen: 
Krankenpflege, 
Krankengeld, 
Krankenhauspflege, 
Hauspflege, 
Hausgeld, 
Wochenhilfe, 
Familienhilfe, 
Familienwochenhilfe, 
Sterbegeld. 
Für die meisten Barleistun¬ 
gen ist der Grundlohn maßgebend. 
Der Grundlohn ist das nach näherer 
Bestimmung der Satzung auf Grund 
von Löhn- oder Gehaltsstufen nach 
dem Verdienst der zwei Kalender¬ 
monate, die dem Vormonat der Er¬ 
krankung vorausgehen, errechnete, 
auf den einzelnen Kalendertag ent¬ 
fallende Arbeitseinkommen bis 
300,— RM. monatlich. 
Wer wird betreut? 
a) die versicherungspflichtigen Ar¬ 
beiter und Angestellten; 
b) die weiterversicherten Arbeiter 
und Angestellten; 
c) die selbsiversieherten Arbeiter 
und Angestellten; 
<J) die Empfänger einer Rente der 
Saarknappschaft (Rentner, Wit¬ 
wen und Waisen), sofern sie nicht 
aufgrund einer Tätigkeit ander¬ 
weitig gegen Krankheit versichert 
sind; 
e) die anspruchsberechtigten Fami¬ 
lienangehörigen . der Vorgenann¬ 
ten. 
Leistungen an Familienangehörige 
Leistungen der knappschaftlichen 
Krankenversicherung werden ge¬ 
währt für 
1. die unterhaltsberechtigt Ehefrau, 
2. die unterhalisberechtigten Kinder, 
und zwar 
a) die ehelichen Kinder, 
b) die für ehelich erklärten Kin¬ 
der. 
c) die an Kindesstatt angenomme¬ 
nen Kinder, 
d) die unehelichen Kinder eines 
männlichen Versicherten, wenn 
seine Vaterschaft festgestellt ist, 
e) die unehelichen Kinder einer 
Versicherten, 
f) die Stiefkinder und die Enkel, 
wenn sie vor Eintritt des Ver- 
sicherungsfalles von dem Ver¬ 
sicherten überwiegend unterhal¬ 
ten worden sind, 
g) die Pflegekinder, deren voller 
Unterhalt vom Versicherten be¬ 
stritten wird. 
Die Leistungen für Kinder werden 
grundsätzlich bis zum vollende¬ 
ten 18. Lebensjahr gewährt. 
Für Kinder, die sich in Schul¬ 
oder Berufsausbildung befinden oder 
die infolge körperlicher oder geisti¬ 
ger Gebrechen außerstande sind, sich 
selbst zu erhalten, werden Leistun¬ 
gen über das 18 Lebensjahr 
hinaus gewährt, solange die Schul¬ 
oder Berufsausbildung oder Ge¬ 
brechlichkeit besteht und der Ver¬ 
sicherte das Kind überwiegend 
unterhält, bei Schul- oder Berufs¬ 
ausbildung jedoch längstens bis zur 
Vollendung des 25. Lebensjahres. Bei 
Gebrechlichkeit ist Voraussetzung, 
daß das Kind mit dem Versicherten 
in häuslicher Gemeinschaft lebt. 
Als Haushaltsführerin ist 
der Ehefrau grundsätzlich gleichge¬ 
stellt diejenige weibliche Verwandte 
oder Verschwägerte des Versicher¬ 
ten, die an Stelle der durch Tod 
oder Scheidung weggefallenen oder 
der zur Führung des Haushalts dau¬ 
ernd unfähigen Ehefrau den Haus¬ 
halt führt und von dem Versicher¬ 
ten überwiegend unterhalten wird. 
Leistungen für die Haushaltsführerin 
werden erst gewährt, wenn diese 
als solche der Knappschaft drei Mo¬ 
nate lang gemeldet ist. 
Leistungen der knappschaftlichen 
Familienhilfe werden an Angehörige 
nur dann gewährt, wenn sie nicht 
anderweit einen gesetzlichen An¬ 
spruch auf Leistungen der Kranken¬ 
versicherung haben. 
Was ist Krankenpflege? 
Die Krankenpflege umfaßt die 
zeitlich unbegrenzte Gewährung von 
ärztlicher, fachärztlicher und zahn¬ 
ärztlicher Behandlung, von Arznei 
sowie Brillen und Bruchbändern 
und anderen kleineren Heilmitteln 
an die Versicherten und ihre an¬ 
spruchsberechtigten Familienangehö¬ 
rigen. Eine Aussteuerung gibt 
es hier nicht, d. h.: die Leistun¬ 
gen werden zeitlich unbegrenzt ge¬ 
währt. 
Für die Versicherten, auch für 
Witwen und rentenberechtigte Wai¬ 
sen, werden Arznei und kleinere 
Heilmittel in voller Höhe be¬ 
zahlt, bei kleineren Heilmitteln 
jedoch nur bis zum Höchstbetrag 
von. 30,— RM. Der Versicherte hat 
die Verordnungsblatt-(Rezept-)Ge- 
bü'hr von 0.50 RM. — jedoch nicht 
mehr als die tatsächlichen Kosten 
der Verordnung — selbst zu entrich¬ 
ten, sofern nicht die Arznei und 
Heilmittel erst nach zehntägiger 
Arbeitsunfähigkeit verordnet wer¬ 
den. Für die Familienangehörigen 
werden die Kosten für Arznei und 
kleinere Heilmittel ebenfalls voll 
übernommen. 
Für größere Heilmittel der 
Versicherten wird eine; Beihilfe bis 
50,— RM. jährlich gewährt; Ver¬ 
sicherte, die vier oder mehr Kinder 
erzogen haben oder wenigstens drei 
Kinder noch erziehen, erhalten für 
sich und für ihre Angehörigen eine 
Beihilfe bis zu 100,— RM. jährlich. 
Für Hilfsmittel bei Verunstaltung 
oder Verkrüppelung zur Erhaltung 
oder Wiederherstellung der Arbeits¬ 
kraft beträgt der Zuschuß aus der 
Krankenversicherung bei den Ver¬ 
sicherten bis zu 100,— RM. jährlich. 
Wann besteht Anspruch auf Krankengeld ? 
Krankengeld wird in Höhe des 
halben Grundlohnes vom 4. Tag der 
Arbeitsunfähigkeit an für jeden Ka¬ 
lendertag bis zu einem Jahr 
gezahlt, sofern das Arbeitseinkom¬ 
men fortgefallen ist. Für Ehegatten 
und Kinder werden im Zuge der 
Sanierungs-Maßnahmen Zuschläge 
zum Krankengeld einstweilen nicht 
mehr gewährt. 
Wann wird Krankengeld versagt? 
Das Krankengeld wird versagt* 
wenn die Versicherten 
a) die Saarknappschaft durch eine 
strafbare Handlung geschädigt 
haben, die mit dem Verlust der 
bürgerlichen Ehrenrechte be¬ 
droht ist, für die Dauer eines 
Jahres nach der Straftat, 
b) sich eine Krankheit vorsätzlich 
oder durch schuldhafte Beteili¬ 
gung bei Schlägereien oder 
Raufhändeln zugezogen haben, 
für die Dauer dieser Krankheit, 
c) trotz schriftlichen Hinweises 
auf die Folgen der Vorladung 
zum Vertrauensarzt ohne wich¬ 
tigen Grund nicht nachkom- 
men. bis zur Dauer von vier 
Wochen für jeden Fall der 
Niohtbefolgung. 
Umfang des Anspruches auf 
Krankenhauspflege? 
Kostenfreie Krankenhauspflege 
wird für Versicherte bis zu einem 
Jahr gewährt. Die Krankenhaus¬ 
pflege für Versicherte ist grundsätz¬ 
lich in Knappschaftskrankenhäusem 
in Anspruch zu nehmen. 
Für Familienangehörige 
besteht Anspruch auf Krankenhaus¬ 
pflege bis zur Dauer von 26 Wochen. 
Dabei werden von der Kranken¬ 
kasse der Saarknappschaft getragen 
a) die vollen Kosten bei Behand¬ 
lung in Knappschaftskranken, 
häusem. 
b) 70 Prozent der Kosten bei Be¬ 
handlung in Vertragskranken¬ 
häusern. 
c) 50 Prozent der Kosten bei Be¬ 
handlung in anderen (fremden) 
Krankenhäusern. 
Das Hausgeld bei Krankenhaus¬ 
pflege 
Hausgeld wird bei Krankenhaus¬ 
pflege in Höhe von 25 Prozent 
Kalendertag nach Wegfall des Lohn- 
des Grundlohnes für jeden 
einkommens, jedoch frühestens vom 
4. Tage der Arbeitsunfähigkeit an, 
einem Versicherten gezahlt, der bis¬ 
her Angehörige ganz oder überwie¬ 
gend unterhalten hat Für den zwei¬ 
ten und jeden weiteren Fami¬ 
lienangehörigen wird ein-Zu¬ 
schlag von 2 v. H. des Grund¬ 
lohnes gewährt. Der Gesamtbe¬ 
trag von Hausgeld und Zuschlag 
darf den Betrag nicht übersteigen, 
der als Krankengeld zu gewähren 
wäre. 
Versicherte, die keine Angehörigen 
unterhalten und keinen Anspruch 
auf Weiterzahlung des Arbeitsein¬ 
kommens haben, erhalten das früher 
übliche Taschengeld nicht mehr. 
Wenn sie aber einen eigenen Haus¬ 
halt haben, erhalten sie ein Viertel 
des Grundlohnes als Hausgeld. Die 
Berechtigungszeit beim Hausgeld be¬ 
trägt auch höchstens ein Jahr. 
Wer erhält Wochenhilfe ? 
1. die weibl. Versicherten (Pflicht¬ 
versicherte, freiw. Versicherte), 
2. die Ehefrauen sowie solche Töch¬ 
ter, Stief- und Pflegetöchter der 
Versicherten (Familienwochen- 
liilfe), welche mit diesem in 
häuslicher Gemeinschaft leben, 
wenn 
a) sie ihren gewöhnlichen Aufent¬ 
halt im Inland haben und 
b) ihnen ein Anspruch auf Wo¬ 
chenhilfe auf Grund eigener 
.Versicherung nicht zusteht 
und 
c) die Versicherten in den letz- 
> ten zwei Jahren vor der Nie¬ 
derkunft mindestens sechs 
Monate hindurch für den 
Fall der Krankheit gesetzlich 
versichert gewesen sind. 
Die Leistungen der Wochenhilfe 
sind: 
a) bei der Entbindung oder bei 
Schwangerschafts - Beschwerden 
Hebammenhilfe, Arznei und 
kleinere Heilmittel sowie, falls 
Fortsetzung Seite 6
	        
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