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Die Arbeit
Juli 1946
I.
Was ist das Arbeitsrecht ?#
Wir verstehen unter Arbeitsrecht
das einheitliche Recht, das die Be¬
ziehungen der Arbeitnehmer regelt.
Betrachten wir im einzelnen, was
diese Begriffsbestimmung bedeutet.
Wir werden dann sofort in das In¬
nere des Arbeitsrechts eintreten.
1. Arbeitsrecht ist zunächst ein-
c heitliches Recht. Es umfaßt öf¬
fentliches und privates Recht. Die
beiden Arten des Rechts sind im Ar¬
beitsrecht nicht voneinander zu tren¬
nen, weil sie innerlich Zusammen¬
hängen. Darin drückt sich sein Dop¬
pelcharakter aus. Das Arbeitsrecht
hat es nicht nur mit privaten Inter¬
essen, die nur die einzelnen betref¬
fen, zu tun. Das Arbeitsrecht hat es
vor allem auch mit öffentlichen In¬
teressen, die die Gesamtheit betref¬
fen, zu tun. Wie mit der Arbeits¬
kraft des Volkes gewirtschaftet wird,
geht nicht nur Arbeitgeber und Ar¬
beitnehmer an. Die Arbeitskraft der
großen Masse des Volkes ist die
Volkskraft. Was mit dieser Volks¬
kraft geschieht, ist eine Sorge des
ganzen Volkes und des Staates, der
nichts anderes als die Organisation
des Volkes ist. Diese Sorge, die
nicht nur auf die Gegenwart, sondern
auch auf die Zukunft blickt, muß
Eich in Gesetzen äußern, die es ver-
Die Front des
2. Das Arbeitsrecht regelt die Be¬
ziehungen der Arbeitnehmer.
Das Arbeitsrecht ist keineswegs
identisch mit einem Recht der Ar¬
beit. Das Arbeitsrecht ist enger.
Das Arbeitsrecht hat es mit dem
Recht der Arbeit nur insoweit zu
tun, als die Arbeit von Arbeitneh¬
mern, das heißt von Personen, die
abhängige Arbeit leisten, in Frage
steht. Das Arbeitsrecht ist auch nicht
identisch mit dem Arbeiterrecht. Es
ist weiter ais das Arbeiterrecht Ar¬
beitnehmer sind nicht nur Arbeiter.
Arbeitnehmer sind auch die Ange¬
stellten, die Lehrlinge und die Be¬
amten. Alle diese Personen leisten
abhängige Arbeit. Das gilt insbe¬
sondere auch für die Beamten.
Wenn auch für sie besondere Be¬
ziehungen bestehen, so wurzelt ihr
Recht doch auch im Arbeitsrecht.
Damit hat sich das Arbeitsrecht be¬
reits von dem geschichtlichen Aus¬
gangspunkt entfernt, der für die
Entwicklung des Arbeitsrechts ma߬
gebend war. Das Arbeitsrecht ist
geboren worden aus der großen Ar¬
beiterbewegung, die zunächst nur
Grundfragen des Jrbeitsredils H. Sinzheimer f
hüten, daß mit dem höchsten Gut
des Volkes Raubbau getrieben wird.
Früher hat man das private und das
öffentliche Recht im Arbeitsrecht
voneinander getrennt. Es gab kein
einheitliches Arbeitsrecht, das so¬
wohl privates und öffentliches Recht
ist. Das Arbeitsrecht war auf der
einen Seite ein Kapitel des Rechts
der Schuldverhältnisse. Auf der an¬
deren Seite war es ein Kapitel des
Verwaltungsrechts. Heute hat man
erkannt, daß das Arbeitsrecht eine
Rechtsordnung für sich ist, deren
Sätze nicht in den verschiedenen
Gebieten des bürgerlichen und öf¬
fentlichen Rechts zerstreut sind, son¬
dern auf eigenem Grund beruhen.
Das Arbeitsreeht ist vor allem nicht
mehr nur ein Anhängsel des Ver¬
mögensrechts. Das Arbeitsrecht ist
ein eigenes, selbständiges Recht ge¬
worden, das seine eigenen Prinzipien
und seine selbständigen Formen hat.
Und so legt das Arbeitsrecht Bresche
in das überlieferte System des Rechts,
indem es auf seinem Gebiete den
Zwiesplat zwischen privaten und öf¬
fentlichem Recht aufhebt und neben
die Güterordnung eine eigene soziale
Personenordnung in, das Ganze des
Rechtes einführt.
Arbeitsrechts
eine Bewegung der eigentlichen Ar¬
beiter, der Fabrikarbeiter usw. war.
Die Kräfte, die heute hinter dem Ar¬
beitsrecht stehen, sind viel umfas¬
sender als die Kräfte, die zuerst auf
das Arbeitsrecht hindrängten. Die
Front des Arbeitsrechts — das ist
heute die Front des ganzen arbeiten¬
den Volkes, das heißt der großen
Masse, die ihre Existenz in der Ver¬
wertung ihrer Arbeitskraft sucht
und findet. Seitdem die abhängige
Arbeit ein Lebensberuf geworden ist,
seitdem der „Geselle“ nicht mehr nur
ein Uehergang zum selbständigen
Meister ist, seitdem der Arbeitsver¬
trag für Millionen unserer Volksge¬
nossen das alleinige persönliche
Wertpapier geworden ist, von dem
ihre Existenz im Verlauf ihres gan¬
zen Lebens abhängt, seitdem ist das
Arbeitsrecht das wirkliche, die Wur¬
zel der menschlichen Existenz er¬
greifende Volksrecht. Darum steht
auch heute als eine der größten Ge¬
setzgebungsaufgaben die Schaffung
eines einheitlichen Arbeitsrechts vor
uns, dessen Bestimmung es ist, für
alle Arbeitnehmer zu gelten.
3. Das Arbeitsrecht regelt alle
Beziehungen der Arbeitnehmer.
Wenn man früher von dem Arbeits¬
recht sprach, so dachte man immer
ausschließlich nur an den Arbeits¬
vertrag. Heute noch steht ein großer
Arbeitsvertrag und
Wenn wir von den Beziehungen
sprechen, die das Arbeitsrecht regelt,
müssen wir den Arbeitnehmer in
einer doppelten Gestalt vor uns
sehen. Die eine Gestalt des Arbeit¬
nehmers wird dadurch bestimmt,
daß er in Beziehungen zur Arbeit¬
geberseite steht. Die andere Gestalt
des Arbeitnehmers wird dadurch be¬
stimmt, daß er einer bestimmten
Klasse angehört. Als Angehöriger
einer Klasse kann man Arbeitnehmer
sein, auch wenn keine Beziehungen
zu einem Arbeitgeber bestehen. Auch
der arbeitslose Textilarbeiter ist Ar¬
beitnehmer, ebenso der invalide Berg¬
arbeiter, für den die Leistung ab¬
hängiger Arbeit nicht mehr in Frage
kommt. Das Arbeitsrecht hat des¬
wegen nicht nur diejenigen Bezie¬
hungen zu regeln, die zwischen
Arbeitnehmern und Arbeitgebern
bestehen. Das Arbeitsrecht nat
auch diejenigen Beziehungen zu
regeln, die daraus folgen, daß
der Arbeinehmer als Angehö¬
riger einer bestimmten Klasse be¬
stimmte konkrete Bedürfnisse hat.,
deren elementare Befriedigung die
Aufgabe eines sozialen Rechts ist,
das nicht nur von der abstrakten
Vorstellung der „Person“, sondern
von der konkreten Erscheinung des
bedürftigen Menschen ausgeht. Des¬
wegen gehört das Arbeitsbeschaf-
fungs- und Arbeitsversicherungsrecht
usw. ebenso zum Arbeitsrecht wie das
Arbeitsvertragsrecht. Auf der an¬
deren Seite erschöpft der Arbeits¬
vertrag keineswegs die Beziehungen
zwischen Arbeitnehmern und Arbeit¬
gebern. Die soziale Bewegung hat
in der Arbeitnehmerschaft den Trieb
geweckt, nicht mehr nur Objekt der
Wirtschaft zu sein, sondern auch
Subjekt der Wirtschaft zu werden.
Die Wirtschaft wird aufgefaßt als
ein Inbegriff aller in ihr wirkenden
Kräfte. Die Kräfte, die in der Wirt¬
schaft wirken, sind nicht nur die
Kräfte des Kapitals, sondern auch
die Kräfte der Arbeit. Solange daher
ein Privatkapital besteht, werden die
Träger der Wirtschaft nicht nur die
Kapitalseigner, sondern auch die Ar-
Teil unserer wissenschaftlichen Lite¬
ratur auf dem Standpunkt, daß di©
Grundsäuie des Arbeitsrechts der
Arbeitsvertrag sei. Aber der Arbeits¬
vertrag ist nur eine Beziehung, di©
das Arbeitsrecht regelt. Die Be¬
ziehungen der Arbeitnehmer, die das
Arbeitsrecht zu regeln hat, sind nicht
nur Arbeitsvertragsbeziehungen. *—*
Arbeitsverfassung
beitskräfte sein. Die Arbeitskräfte
sind deswegen nicht nur dienende
Glieder der kapitalistischen Betriebe.
Sie sind auch Mitberechtigte inbezujf
auf die Ausübung der wirtschaft¬
lichen Verfügungsgewalten. Daraus
ist die Idee der Arbeitsverfassung
entstanden, das heißt derjenigen
Ordnung, die die Arbeitnehmer auf
den durch Gesetz oder Vereinbarung
bestimmten Gebieten zur Mitaus¬
übung der früher den Arbeitgebern
ausschließl. zustehenden Verfügungs¬
gewalten. Daraus ist die Idee der
Arbeitsverfassung entstanden, das
heißt derjenigen Ordnung, die die
Arbeitnehmer auf den durch Gesetz
oder Vereinbarung bestimmten Ge¬
bieten zur Mitausübung der früher
den Arbeitgebern ausschließlich zu¬
stehenden Veriugungsrechte beruft.
Neben dem Arbeitsvertrag
steht deswegen heute gleich¬
berechtigt die Arbeitsver¬
fassung. Arbeitsvertrag und Ar¬
beitsverfassung sind die beiden
Grundbeziehungen, die in dem Ver¬
hältnis zwischen Arbeitnehmern und
Arbeitgebern zu regeln sind. Das
Arbeitsrecht ist deswegen das voll¬
ständige Recht der Arbeitnehmer.
Es ergreift den Arbeitnehmer im
ganzen, in allen seinen Beziehungen,
soweit er Arbeitnehmer ist.
(Fortsetzung folgt).
Der Mensch, der einen Herrn nötig hot,
ist ein Tier; sobald er Mensch wird, hat
er keines eigentlichen Herrn mehr nötig;
im Begriffe des Menschen liegt der Begriff
eines — ihm nötigen Despoten, der auch
Mensch sei, nicht. Jener muß erst schwach
gedacht, damit er eines Beschützers, un¬
mündig, damit er eines Vormundes, wild,
damit er eines Bezähmers, abscheulich, da¬
mit er eines Strafengels nötig habe. Sowie
es nur ein schlechter Vater ist, der sein
Kind erzieht, damit es lebenslang unmün¬
dig, lebenslang eines Erziehers bedürfe;
wie es ein böser Arzt ist, der die Krank¬
heit nährt, damit er dem Elenden unent¬
behrlich werde, so mache man die An¬
wendung auf die Erzieher des Menschen¬
geschlechts, die Väter des Vaterlands und
ihre Erzogenen. HERDER
Reise ins Weltall
Weltraumschiff mit Atomenergie¬
antrieb — eine französische Er¬
findung
In der Pariser Wochenschrift „Car-
refour“ gibt der 24jährige franzö¬
sische Physiker Prof. Alb. Ducrocq,
zugleich ein Spezialist auf dem Ge¬
biet der Erforschung der Atom¬
energie, eine Beschreibung des von
ihm konzipierten Weltraumschiffes,1
dessen Düsenmotor mit Atomenergie¬
antrieb er :t' allen Ländern der Welt
zum Patent angemeldet hat.
Das projektierte interplanetarische-'
Luftschiff würde nicht weniger als
3000 Tonnen wiegen. An den in
ärodynamischer Form gebauten
Schiffskörper sind drei Düsenmotore
angebaut, die in riesigen Stahl-
zyiindem von je 400 Tonnen Gewicht
untergebracht sind. Im Rücksto߬
getriebe der einzelnen Zylinder wer¬
den nicht wie in den früheren Er¬
findungen Gase zur Explosion ge¬
bracht, sondern Plutoniumkerne, wo¬
durch eine tausendmal größere Ge¬
schwindigkeit erzeugt werden kann
als bei den bisherigen Raketenflug¬
zeugen. Die durch die Explosionen
hervorgerufene Hitze erfordert eine
gewaltige Kühlanlage, und dies ist
der Grund für die riesigen Dimen¬
sionen und das große Gewicht der
einzelnen Molore. Der theoretische
Treibstoffverbrauch für eine Reise
von der Erde zum Mars würde etwa
3 Tonnen Plutonium für jeden ein¬
zelnen Motor betragen. Die Brem¬
sung und die Landung erfolgt durch
Gegen-Reaktion.
Die größte Aufmerksamkeit mußte
bei dem Entwurf des Weltraum¬
schiffes mit Atomenergieantrieb da¬
rauf verwandt werden, daß die dem
Düsenmotor zugeführten Plutonium¬
mengen bei ihrer Explosion nicht den
gesamten Treibstoffvorrat auf einmal
„verpulvern“ und daß damit das
Weltraumschiff nicht zu einer Atom¬
bombe wird. Auf vereinfachte Weise
erklärt, mußte die gleiche Sicherheit
erreicht werden, die es verhindert,
daß ein Benzinmotor, während er
sich in Gang befindet, den Benzin¬
tank zur Explosion bringt. Ducrocq
sieht ein ganzes System von Siche¬
rungen und starken Panzerungen
vor, die alle Einzelteile des Welt¬
raumschiffes voneinander trennen.
Die zweistöckige Passagierkabine ist
mit allem Komfort und den modern¬
sten Apparaturen ausgestattet. Blei¬
panzerungen verhindern die gefähr¬
lichen Einflüsse der radioaktiven
Strahlen, die bei der Atomexplosion
entstehen, und für die Regulierung
eines gleichmäßigen Luftdrucks sind
alle Vorkehrungen ins Auge gefaßt.
Die Bedienung und die Steuerung
der Düsenmotoren geht automatisch
vor sich. Die Entfernungen zwischen
dem Weltraumschiff und der Erde
oder dem anzufliegenden Planeten
können jederzeit mit Hilfe von Ra¬
dar-Apparaten gemessen werden.
Die wichtigste Frage, nämlich die,
wieviel Zeit noch vergehen wird,
bevor eine interplanetarische Reise
mit einem solchen Weltraumschiff zur
Wirklichkeit werden kann, beant¬
wortet der Erfinder sehr optimistisch.
Er sagt, daß wir weder 50, noch 30
Jahre darauf warten müssen, aber
vielleicht 15 oder sogar nur 5 Jahre.
Auf jeden Fall sei -der Zeitpunkt
dieses größten Abenteuers, das die
Menschheit je gewagt hat, sehr nahe
gerückt. Ducrocq gibt weiterhin
seiner Ueberzeugung Ausdruck, daß
im Hinblick auf die großen Fort¬
schritte der französischen Wissen¬
schaft in dieser Frage mit Bestimmt -
heit angenommen werden kann, daß
die erste Reise ins Weltall von fran¬
zösischen Boden aus vorgenommen
wird. (AEB)
Auf 100 km nur 5 Liter
Französischer Leichtmetallwagen er¬
obert die Welt
Ein französischer Automobilkon¬
strukteur, J. Grégoire, hat während
des Krieges die Pläne für einen
Personenwagen aus Leichtmetall ent-
wTorfen, der für vier Personen Platz
bietet, fünf Liter Benzin pro 100 Km
verbraucht, eine Höchstgeschwindig¬
keit von 90 km erreicht und ein Leer¬
gewicht von 500 kg hat. Die be¬
kannten französischen Automobil¬
werke Simca und Panhard treffen
jetzt die Vorbereitungen zur serien¬
mäßigen Herstellung dieses Wagens*
der in Zukunft sicherlich von sich
reden machen wird. Der Erbauer
der Liberty-Schiffe, Kaiser, und sein
Teilhaber, Fraser, der Vater des
Jeeps, haben die Lizenz für die Her¬
stellung des Wagens in den Ver¬
einigten Staaten gekauft, und die
Grantham-Werke in England haben
das Fabrikalionsreebt für England,
das britische Reich und die Dominions
erworben. (AEP)
Telegramme durch Bildfunk
Erst jetzt werden Einzelheiten einer
Erfindung bekannt, die der verstor¬
bene Engländer J. L. Boird, einer
der Pioniere des Bildfunkwesens,
ausgearbeitet hat Und die das ge¬
samte Telegraphenwesen zu revolu¬
tionieren geeignet ist. Während Tele¬
gramme heute Buchstabe für Buch¬
slabe übermittelt werden, sollen sie
nach dem System von Boird, photo¬
graphiert und mit Hilfe von
Ultrakurzwellen durch Bild¬
funk weitergegeben werden
/