Dezember 1946
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C£!e Verwaltungskommission des Saarlandes spricht zu uns}
Der Direktor für
Arbeit und Wohlfahrt:
Das Jahr 1946 geht zu Ende. Es
war ein Jahr des Wiederaufbaues.
Mit viel Fleiß, Liebe und unter gro¬
ßen Opfern haben sich die Werk¬
tätigen in den Wiederaufbauprozeß
eingereiht. Dies gilt ganz besonders
von unseren Berg-, Hütten- und
Bauarbeitern sowie von den -Eisen¬
bahnern. Unter den ungünstigten
Verhältnissen taten sie ihre Pflicht,
um den Weg aus dem Abgrund, in
den uns der Hitlerismus gestürzt
hat, zu den lichten Höhen zu bauen.
Sie alle wissen — und handeln auch
dementsprechend —, daß nur in
zäher und unermüdlicher Arbeit
eine glückliche Zukunft geschaffen
werden kann.
Diesen Pionieren darf das Volk
nicht mit Worten Dank sagen, son¬
dern jnuß ihrer durch die Tat, die
berechtigte Anerkennung ihres hin¬
gebungsvollen Einsatzes, gedenken.
Es ist nicht zuletzt die hohe Auii-
RICHARD KIRN
gäbe der Verwaltungskommission
des Saarlandes, diese Anerkennung
unter Beweis zu stellen.
Was liegt darum näher, einen kur¬
zen Rückblick zu halten und da¬
rüber hinaus in wenigen Worten die
Zukunftspläne der sozialpolitischen
und arbeitsrechtlichen Betreuung
kurz zu umreißen.
Der Hitlerismus hat auch auf dem
Gebiete der Sozialpolitik eine totale
Katastrophe geschaffen; die Sozial¬
versicherung war restlos zerstört
worden und die aus den Sozialver-
sicherungs - Beiträgen geschaffenen
Reserven in den Dienst der Ver¬
nichtung geflossen. Trotzdem ist es
möglich geworden, die Knappachafts-
pensionen, Invaliden-, Unfall- und
Kriegshinterbliebenen-Renten sowie
Krankenkassenleistungen zu gewäh¬
ren. Rund 70 Millionen Reichsmark
zahlte die Regierungshauptkasse im
Jahre 1946 an die Versicherungs¬
träger zugunsten der Leistungs¬
empfänger.
Die Urlaubsgewähruhg wurde
ebenfalls geregelt, und zwar der¬
gestalt, daß in der Privätindustrie
der nicht gewährte Urlaub für die
Jahre 1944/45 nachgewährt wurde;
im Bergbau erfolgte die Nachzah¬
lung ab 1. April 1945. Für das
Kalenderjahr 1946 ist die volle Ur¬
laubsgewährung im Verordnungs-
wege garantiert worden. Den Kriegs¬
beschädigten mit mehr als 25 bzw.
mehr als 50 °/o wurde ein Zusatz¬
urlaub von drei bzw. sechs Tagen
zuerkannt. Darüber hinaus erfolgte
die volle Bezahlung für sechs gesetz¬
liche Feiertage.
Der Kriegsbeschädigten wurde
ebenfalls gedacht. Die Renten-
leislung ist garantiert. Außerdem
sind die Arbeitgeber verpflichtet
einen Kriegsbeschädigten einzustel¬
len. Infolge dieser Verordnung ha-
bep rund 12 000 Schwerkriegsbeschä¬
digte Arbeit und Brot finden können.
Die Verordnung über die Kranken¬
versicherung der Kriegshinterblie¬
benen wurde Wirklichkeit.
Arbeitsmarktpolitisch gesehen ist
eine ganz erhebliche Leistung voll¬
bracht worden. Die Zahl der Lohn-
und Gehaltsempfänger ist gewaltig
gestiegen. So z. B. im Bergbau von
8575 aiff mehr als 47 000; in der
Eisen- und Metallindustrie von 1500
auf rund 40 000; im Baugewerbe von
1300 auf 21 500. Die steigende Ten¬
denz dauert erfreulicherweise an.
Im Baugewerbe konnte den Ar¬
beitern eine Lohnangleichung ab 1.
Oktober 1946 zugestanden werden.
Die Lohnangleichung beträgt bis zu
mehr als 20 u/o.
Eine Reihe anderer Verbesserungen
sind ebenfalls durchgeführt worden,
die aber im Rahmen dieses Artikels
nicht alle aufgeführt werden können.
Die langersehnte Demokratisierung
der Wirtschaft nimmt durch die in
Kürze zu erwartende Einführung des
Betriebsrätegesetzes ihren Anfang.
Den Lohn- und Gehaltsempfängern
wird durch dieses Gesetz die Mög¬
lichkeit gegeben, ihre betriebs- und
arbeitsrecht!ichen Belange verteidi¬
gen zu können.
In Ergänzung zum Betriebsräte¬
gesetz erfolgt die Verwirklichung
der Arbeitsgerichts- und Schieds¬
gerichtsbarkeit. Diese Gesetzesm a߬
nahmen gewährleisten den Lohn-
und Gehaltsempfängern die Ver¬
teidigung ihrer arbeitsrechtlichen
Belange vor Speziajinslanzen. In
Gemeinsamkeit mit Arbeitsrichtern
und Arbeitnehmern wird der Rich¬
terspruch gefällt.
Von ganz erheblicher Bedeutung
Der Vorsitzende der Verwaltungs-
Kommission und Direktor der Justiz*.
Den Schaffenden des Saarfi
übermittele ich zum Weihnachlsfest die aufrichtigsten Grüße und Wünsche.
Die materiellen und auch die seelischen Voraussetzungen, unter denen wir
dieses zweite Weihnachtsfest nach der Beendigung des unseligsten Krieges
begehen werden, sind nicht zufriedenstellend.
Die materiellen Schwierigkeiten werden behoben werden. Dafür bietet
uns der in den vergangenen Monaten so vielfältig bewiesene Aufbauwille des
Saarvolkes den Beweis. Selbst die in den letzten Wochen infolge des unvor¬
hergesehenen Ausfalls der Lieferungen aus anderen Gebieten der französischen
Zone so schwierig gewordene Ernährungslage wird durch die im.
Rahmen des bevorstehenden wirtschaftlichen Anschlusses sich steigernden
Anfuhren aus Frankreich schon sehr bald bessern.
Unsere Magensorgen werden also bald behoben sein, aber noch fast
wichtiger erscheint mir — anläßlich dieses Festes der Besinnung und Ver¬
innerlichung — die Verhärtung unserer Herzen zu überwinden.
Die bewundernswerte Haltung, mit der der Mensch an der Saar die unge¬
heueren Strapazen des Krieges und die besonderen Entbehrungen der Nach¬
kriegszeit bestanden bat, unerschüttert durch Tod und Zerstörung, gibt ihm
das Recht und die Pflicht., an diesem Tiefpunkt hoßnungsfroh in die Zukunft
zu schauen. Der unwahrhaftige Volksgemeinschaftszwang der Vergangenheit
wird durch die verantwortungsbewußte Praxis der christlichen Gemeinschafts¬
idee durch jeden einzelnen von uns überwunden werden. So werden wir auch
auf der Suche nach der wahren Demokratie in gemeinsamer Arbeit die
richtige Form finden. Alle Menschen, „die guten W illens sind“,
seien sich der Verpflichtung zu dieser Mitarbeit bewußt. ' <
Arbeit, Frieden und Brot
werden dann gesichert sein.
ln diesem Sinne wünsche ich Ihnen auch für das Jahr 1947 ein herzliches
Glückauf
ERWIN MÜLLER
Der Direktor für
öffentliche Erziehung:
Die saarländische Arbeiterschaft
verleiht unserer wirtschaftlichen und
sozialen Struktur ihr Geprägt. Sie ist
damit Voraussetzung unseres mate¬
riellen Seins und sogleich dominie-
Dr. EMIL STRAUSS
render Faktor in unserem Gesell¬
schafts] eben.
In der Vergangenheit war sie stets
Beispiel einer fleißigen, hingehenden,
opferbereiten Gemeinschaft, selbst
unter Arbeitsbedingungen und äuße¬
ren Umständen, die mit unendlichen
Schwierigkeiten“ geladen waren. Das
patriarchalische System einer Slumm-
Hilgerschen Aera vermochte zwar
ihren politischen Ausdrucksvollen zu-
hemmen, jedoch niemals zu -unter¬
drücken.
In den vergangenen Jahren des
Nazi-Regimes war sie das Bollwerk
gegen die zersetzenden Tendenzen
auf politischem, wirtschaftlichem und
sozialer» Gebiet. Durch ihre gewerk¬
schaftliche Schulung war sie mit
Widerstandsgeist, geimpft und gegen
Radikalismus immunisiert. Sie hatte
nicht vergessen, daß ihre persönlichen
wie gesellschaftlichen Aufgaben, ihre
enge Teilnahme am Produktionsprozeß
und damit an der wirtschaftlichen
Entwicklung unserer Heimat nur auf
dem Boden der persönlichen Freiheit
und der selbstgewählten Vergesell¬
schaftung möglich sind. Für diese
mannhafte Haltung schulden wir ihr
besonderen Dank.
Schwer waren die Lasten der Ver¬
gangenheit. Die unendlichen Sorgen,
die das gegenwärtige Ernährung«- und
Wohnproblem verursachen, die Lö¬
sung der einfachsten Bedürfnisse des
täglichen Lebens, haben die Arbeits¬
freude, die Verpflichtung zur Prothik-
tionssteigerung im Interesse der All¬
gemeinheit nicht vermindert.
Insbesondere beweist die werktä¬
tige Jugend einen aufgeschlossenen
Sinn, einen Bildungshunger und einen
Arbeitseifer, die als vielversprechende
Wahrzeichen einer neuen Zeit zu
deuten sind. Mit großer Befriedigung
sehe ich in den verschiedensten Schu¬
len Arbeitersöhne auf den ersten
Plätzen. Sie haben unsere besondere
Unterstützung, weil ihr spontanes
Bemühen, solider Ausdruck eines
gesunden BildungswiHens ist. Diese
Jugend scheint mir der beste Garant
für eine neue lobenswerte Zukunft,
die wir an der Saar ersehnen und.
schaffen wollen.
Das Weihnachtsfest steht vor der
Tür. Möge sein Symbol, „Friede auf
Erden“ besonders die saarländische
Arbeiterschaft in ein neues glück¬
liches Jahr begleiten.
ist die Neugestaltung der saarlän¬
dischen Sozialversicherung. Wie be¬
reits erwähnt, hat der Hitlerismus
die Basis der Sozialversicherung
völlig zerschlagen. Ein totaler Neu¬
aufbau ist notwendig. Die Verwal¬
tung wird vereinfacht und verbilligt
und zweitens die Sozialversicherung
auf eine neue Basis gestellt werden
Der Kreis der Versiehe:ten bedarf
dringend einer Erweiterung. Die
Gesetzgebung muß schließlich darau?
Bedacht, legen, daß die Leistungen
eine nicht unerhebliche Verbesserung
erfahren.
Die Frage der Freizeitgestaltung,
d. h. der bezahlte Urlaub, bedarf
ebenfalls einer Verbesserung. Außer¬
dem muß in Bälde ein allseiliger
Wunsch der Gewerkschaften Erfül¬
lung finden, der darin besteht, che
Schaffung einer Familien - Unter¬
stützungskasse zu verwirklichen
Aus dieser Unterstützungskasse sol¬
len die Arbeiter und Angestellten
das sogenannte Frauen- und Kinder¬
geld beziehen, sowohl im Falle der
Krankheit als auch in der Zeit wäh¬
rend der Beschäftigung.
Nicht zuletzt muß den Opfei'n des
Faschismus gedankt werden, d. h
denen, die Schaden an Gesundheit
und Leben infolge der nationalsozia¬
listischen Gewaltpolitik erlitten ha¬
ben. Diesen Kämpfern der Freiheit
und Demokratie muß Gerechtigkeit
auf dem Gebiete der rentnerischen
Betreuung widerfahren.
Die geschaffenen Verbesserungen
verdankt die schaffende Bevölkerung
des Saargebiets in erster Linie dom
sozialen Verständnis des Herrn Gou¬
verneurs Grandval. Die Bevölkerung
darf überzeugt sein, daß dieser Weg
auch im Jahre 1947 weiter beschrit¬
ten wird. Zu dem vollen Gelingen
ein herzliches
Glück a u f 1
Der Direktor ii?r
Inneres:
Zum Arbeitsgebiet der Abteilung
des Innern gehören zunächst,einmal
die allgemeinen Staatsvervvaltungs-
angelegenheiten, d. h. Dienstaufsicht
über die Landräte, Dienstaufsfcht
über die Kommunalverbände und
über sonstige Körperschaften des
öffentlichen Rechts (Zweck verbände)
Ferner gehört zum Arbeitsbereich
der Abteilung des Innern die Polizei
und die Gendarmerie, die Verwal¬
tungsgerichtsbarkeit, die Wiedergut¬
machung von Kriegs- und politischen
GEORG SCHULTE
Schäden, das Statistische Amt, das
Landesbesatzungsamt, die Ruhe-
gehaltskasse für Beamte, die Bear¬
beitung alter Angelegenheiten der
Presse, Kino und des Rundfunks.
Tn diesen Tagen ist die Abteilung
des Innern damit beschäftigt, eine
neue Organisation sowohl der saar¬
ländischen Polizei als auch der Gen¬
darmerie durchzuführen. Anstelle
der bisherigen kommunalen Polizei
tritt in Zukunft .eine einheitlich ge¬
führte verwaltete staatliche Polizei.
Die Polizei gliedert sich in Zukunft
in Polizeistationen, die hei d&n
Landkreisen eingerichtet sind, und
Polizcidienstslellen, die bei einzelnen
Städten, Acmtern oder Gemeinden
eingerichtet sind. Dabei ist es so,
daß Gemeinden mit über 7500 Ein¬
wohnern Polizei und Gemeinden mit
unter 7500 Einwohnern Gendarmerie
erhalten. Gehört eine Gemeinde mit
über 7000 Einwohnern einem Amts¬
verband an, so erhält der gesamte
Amtsverband Polizei, auch w«m cüa