Full text: 1946 (0001)

Lohnaufbesserung 
tut not! 
Der totale Krieg hat eine totale 
Vernichtung und eine totale Ver¬ 
elendung nach sich gezogen. Beim 
Wiederaufbau der Wirtschaft musste 
daher dem Bergbau als Schlüsselin¬ 
dustrie das größte Interesse entgegen¬ 
gebracht. werden. Ohne Kohlen 
kein Wiederaufbau! Im In¬ 
teresse oller liegt eine Höchst- 
iörderung an Kohlen. Mehr Kohlen 
bedeutet die Ankurbelung anderer 
Wirtschaftszweige und damit die 
Möglichkeit der Erzeugung lebens¬ 
notwendiger Wirtschaftsgüter. Das 
bedeutet, aus der Notzeit heraus¬ 
wachsen wieder in normale Ver¬ 
hältnisse hinein. 
Die Zusatzverpflegung der Saar¬ 
bergarbeiter muß der Außenstehende 
in diesem Sinne zu verstehen versu¬ 
chen. Die Schwere der Bergmanns¬ 
arbeit verlangt einen Ausgleich für 
den enormen Kräfteverschleiß. Eine 
starke Belastung für den Bergmann 
war die noch nicht ausreichende Ver¬ 
pflegung seiner Familie. Durch die 
Einführung der Familienzusaizver- 
pfiegung wurde auch hier ein zweck¬ 
entsprechender Weg beschriften. Lei¬ 
der kann diese Maßnahme sich nicht 
ganz zum Vorteil einer besseren Lei¬ 
stung auswirken, weil man unver¬ 
ständlicherweise die Uebertagebeieg- 
schaft, ohne den Bergbau als ganzes 
zu betrachten, von der Familienson- 
derzuteilung ausgeschlossen hat. Die 
sonstigen Zuwendungen, die der 
Saarbergmann bekommt, sind eine 
Anerkennung der geleisteten Wieder¬ 
aufbauarbeit. Im Ruhrbergbau hat 
man sich zu diesen Zuwendungen 
nicht entschließen können — sehr 
zum Nachteil der Leistung. 
Jede geleistete Arbeit muß sich vor 
allem in einer gerechten Bewertung 
durch einen auskömmlichen Lohn 
niederseh lagen. Ein großer Teil der 
im Bergbau Beschäftigten verdient 
einen Schichtlohn, der unter sechs 
Mark liegt. Der im Gegensatz z u m 
Lohnstop nicht konsequent durch- 
geJuhrte Preisstop, hat zur Folge, 
daß der geringen Kaufmöglichkeiten 
der Lebensunterhalt vieler Berg¬ 
mannsfamilien unter den gegenwär¬ 
tigen Lohnverhältnissen nicht aus¬ 
kömmlich bestritten werden kann. 
Im Bergbau baut sich die Entloh¬ 
nung auf fachlichem Können auf, 
das nur nach längerer Anlaufzeit er¬ 
reicht wird. Alle Neubergleute er¬ 
halten jedoch eine gegenwärtige Ent¬ 
lohnung, die weit unter dem Ver¬ 
dienst ihrer früheren Tätigkeit liegt. 
Zu beachten ist weiterhin, daß kein 
Industriezweig unter einer so schar¬ 
fen Einsatzkontrolle steht wie der 
Bergbau. Hinzu kommt eine Mehr¬ 
arbeit von sechs .zw leistenden Sonn¬ 
tagsschichten im Interesse der Be¬ 
völkerung. 
In Anbetracht der starken Inan¬ 
spruchnahme der physischen Einsatz¬ 
fähigkeit ries Bergmannes wird man 
die Berechtigung der Forderung einer 
Lohnaufbesserung nicht bestreiten 
können. Diese nur kurz gestreiften 
Lohnverhältnisse im Bergbau haben 
keil, das zu lösen nicht zuletzt auch 
Sonntagsarbe 
Im vergangenen Winter hat der 
Saarbergmann für die frierende Be¬ 
völkerung, für Krankenhäuser und 
Altersheime freiwillig an zwei Sonn¬ 
tagen seipen Schweißkittel angezo¬ 
gen, ist in den Schacht gefahren und 
hat Kohlen gegraben. Der Dank der 
Bevölkerung — ein klein wenig An¬ 
erkennung hätte er erwartet — ist 
ausgeblieben. 
Diesmal muß auf Anordnung des 
Kohlen-Kontrollrates in allen Berg¬ 
revieren an sechs Sonntagen gear¬ 
beitet weiden. Die am 13. Oktober 
1946 in Reden-Klinkthal versam¬ 
melten Funktionäre des Industrie¬ 
verbandes Bergbau der Einheitsge¬ 
werkschaft haben hierzu Stellung 
genommen und vertreten folgenden 
Standpunkt: 
„Wir Bergarbeiter sind uns be¬ 
wußt, daß der Wiederaufbau ab¬ 
hängig ist von der Kohlengewinnung. 
Wir sind auch realistisch genug um 
zu wissen, daß nur durch eine Koh¬ 
lenzuteilung die Bevölkerung vor 
dem Schlimmsten bewahrt werden 
kann. Wir Bergarbeiter fühlen uns 
aber auch verpflichtet herauszu¬ 
stellen: 
1. Keine Bcrufsgrnppe steht unter 
einer ähnlichen Ar beilsei nsalzkon- 
trolle wie der Bergarbeiter. 
2. Der Verschleiß unserer Arbeits¬ 
kraft, bedingt durch die Schwere 
unserer Arbeit ist weit größer als. die 
Zusatzverpflegung ausmacht. Durch 
die Mehrarbeit und durch das Feh¬ 
len eines Ruhetages wird noch viel 
mehr die Substanz des Körpers an¬ 
gegriffen. 
- Das gesamte deutsche Volk muß 
heute das verbrecherische Treiben 
. . . Ein Irrtum 
Alle sozialen Maßnahmen der Saar¬ 
gruben dienen vor allem dem Zweck, 
eine Steigerung der Kohlenförderung 
zu erzielen. So erhält der Bergmann 
beben der Schwer- bezw. Schwerst- 
arbeiterzulage auf dem Werk selbst 
zusätzliche Verpflegung, Rauchwa¬ 
ren, Anwesenheitsprämie, Kohlen¬ 
prämie u. dgl. Zuwendungen, die 
durch die Bedeutung dieses schwe¬ 
ren Berufes gerecht fertigt werden. 
Die neu eingeführte Familienzusatz- 
Verpflegung für die Unter!agebeleg- 
sehaft soll darüber hinaus den Berg¬ 
mann unter Tage von der Sorge um 
die Ernährung der Familie befreien. 
Es ist aber ein weitverbreiteter 
Irrtum, irn Bergbau nur die tech¬ 
nische Apparatur zu sehen und die 
Wirksamkeit eines lebendigen Orga¬ 
nismus außer Betracht zu lassen. Um 
^in Optimum an technischer und 
wirtschaftlicher Leistung zu erzielen, 
bedarf es eines reibungsfreien 
Betriebsablaufes mit gerecht 
bewerteten und froh schaffenden 
Menschen. Die Ausschaltung der 
Uebertagebelegschali von der Fami¬ 
lienzusatzverpflegung ist nicht ge¬ 
eignet, die Leistungshöhe im Bergbau 
zu halten. Es ist unverständlich, daß 
Familienmitglieder von neuangefah- 
renen betriebsfremden Bergleuten 
höher bewertet werden, als der Berg-c 
mann über Tage selbst. Es gibt zahl¬ 
reiche Uebertagcleute, die deshalb 
nicht unter Tage ein fahren dürfen, 
weil man ihren starken Arm, ihre 
betriebliche Erfahrung und Intelli¬ 
genz über Tage braucht. 
Wir Gewerkschaftler wissen, daß 
diese Anordnung von dem Kohlen- 
Kontrollrat in Berlin erlassen wor¬ 
den ist und nicht von der Militärre¬ 
gierung und der Saargrubenverwal¬ 
tung verantwortet werden kann. Im 
Interesse der Kohlenförderung wün¬ 
schen wir, daß alle in Frage kom¬ 
menden Stellen auf diese unter¬ 
schiedliche Behandlung aufmerksam 
machen. Al. Schm. 
sich zu einem Lohnproblem enlwik- 
im Interesse der Leistungssteigerung 
hegt. 
Der Industrieverband Bergbau der 
Einheitsgewerkschaft. die Int e ressen - 
Vertretung der Saarbergarbeiter, ver¬ 
tritt den Standpunkt, daß eine Lohn¬ 
erhöhung von 20% unumgänglich 
notwendig ist. 
Die Verbandsleitung hegt die Hoff¬ 
nung, daß dieser berechtigten For¬ 
derung Rechnung getragen wird. Ihre 
Erfüllung ist die beste Voraussetzung 
eines raschen und dauerhaften Wie¬ 
deraufbaues unserer Wirtschaft. 
Alois Schmitt. 
it im Ber<rb 
o 
ler Nazibanditen teuer bezahlen. Die 
Schuld der Bengarlreitcr ist aber nicht 
größer, als dieder andern Volksschich¬ 
ten. Wir fordern daher ähnlich drin¬ 
gende Aufbaumaßnahmen auch bei 
andern Berufsschichten. Der Bevöl¬ 
kerung fehlt es nicht nur an Kohlen, 
sondern auch an andern lebenswich¬ 
tigen Bedarfsgüter. 
Wir fordern auch die Instand¬ 
setzung der Bergarbeiterzüge. 
Alihilfe erwünscht 
Daß Bauern als Erzeuger von Nah¬ 
rungsmitteln hungern, dürfte ein 
schlechter Witz sein, daß aber Berg¬ 
arbeiter, die die Kohlen gewinnen, 
frieren, ist leider eine Tatsache. An 
sechs Sonntagen müssen die Berg¬ 
leute in den Schnobt einfahren, um 
im Interesse der Bevölkerung für 
Heizung und Lebenswichtigem Koh¬ 
len zu fördern. 
Der Weg zur Arbeit in den Berg¬ 
arbeiterzügen ist für die Bergleute 
eine Qual und ein Hohn. Um 4 Uhr, 
spätestens um 5 Uhr in der Nacht 
öffnen sich die Türen der Berg- 
roannshauser in den Dörfern und 
dann geht es zum Zug, der sie zur 
Arbeit bringt. Daß die Bergarbeiter¬ 
züge geheizt sind, wagt man ja nicht 
zu verlangen, daß aber da, wo Fen¬ 
ster sem sollen, eine gähnende Lucke 
klafft, könnte zumindesten durch 
einen Verschlag behoben werden. 
Durch diese Unterlassung sind die 
Bergleute der Kälte und der Zug¬ 
luft ausgesetzt. Vergessen wir nicht, 
diese Züge benutzt der Bergmann, 
wenn er am Sonntag im Interessi» der 
frierenden Bevölkerung zur Schicht 
fährt. 
Sehen wir von der menschlichen 
Bewertung des Bergmanns und von 
einer Dankbarkeit ihm gegenüber ab 
und betrachten die Angelegenheit 
nur von der wirtschaftlichen Seite. 
Wieviel Arbeitsstunden gehen dem 
Bergbau durch den Ausfall erkrank¬ 
ter Bergleute unter diesen Umstän¬ 
den verloren? Und welche Auswir¬ 
kungen hat dieser Notstand? Viele 
Tonnen der so notwendigen Kohlen 
können nicht gefördert werden. Vom 
Bergmann aber verlangt man Mehr¬ 
leistung durch Sonntagsarbcit. A.Soft. 
Soziale Mitteilungen 
Achtung Kriegsblinde! 
Sämtliche Kriegsblinde, die im Be¬ 
sitze eines Führerhundes sind, wol¬ 
len sieh sofort bei der orthopä¬ 
dischen Versorgungsstelle Herrn 
Obermedizinalrat Dr, Dünnebicr, 
Saarbrücken J, Wilhelm-Heinrieh- 
Slraße35, melden. Durch die ortho¬ 
pädische Versorgungsstelle werden 
sämtliche Führerhunde erfasst zur 
Abgabe von Futtermitteln durch das 
Landesernährungsamt. 
Lebensmittelzulage für 
Schwerbeschädigte Die Ver- 
einigung der Kriegsbeschädigten und 
Kriegshinterbliebenen des Saarge¬ 
bietes hat an das Mitglied der Ver- 
waltungskommission des Saargebie¬ 
tes, Herrn Regierungsdireklor N e u- 
f a n g , den Antrag gerichtet, im Er¬ 
werbsleben stehende Schwerbeschä¬ 
digte und erwerbsunfähige Kriegs¬ 
beschädigte in die nächsthöhere 
Kategorie • der Lebensmittelkarte 
einzustufeh, falls nicht schon eine 
höhere Einstufung auf Grund eines 
ärztliche^ Gutachtens erfolgt ist. 
Die Vereinigung macht besonders 
darauf aufmerksam, daß sowohl bei 
den Amputierten als auch bei den 
auf Grund ihrer Verletzung diesen 
gleichstehenden Beschädigten und 
bei den innerlich kranken Kriegs¬ 
beschädigten eine ausreichende Er¬ 
nährung die hauptsächlichste Vor¬ 
aussetzung dafür ist, daß in dem 
Zustand dieser Beschädigten eine 
weitere Verschlimmerung verhütet 
wird. Wir geben der Hoffnung Aus¬ 
druck, daß die Verwaltungskom¬ 
mission dem Anträge der Vereini¬ 
gung stattgeben wird. 
Zusatzurlaub für Sch we r- 
beschädigte. Die Oberpost¬ 
direktion teilt uns mit, daß in ihrem 
Bereich der Zusatzurlaub zusätzlich 
zu dem Urlaub auf Grund der Ver¬ 
ordnung des Regierungspräsidiums 
Saar gewährt wird. .Wir nehmen mit 
Genugtuung davon Kenntnis und 
hoffen, daß auch die anderen Be¬ 
hörden und Dienststellen (Stadtver¬ 
waltung Saarbrücken) dieses Bei¬ 
spiel befolgen werden. 
Rechtsschutz 
Die Einheitsgewerkschaften sehen 
eine ihrer Hauptaufgaben darin, die 
arbeitsrechtlichen und sozialen Be¬ 
lange der Arbeitnehmerschaft wabr- 
zunehmen. Um diese Aufgaben auch 
so durchzuführen, wie es im Inter¬ 
esse der Mitglieder geboten erscheint, 
wurde folgende organisatorische Re¬ 
gelung getroffen: 
Die Zentralstelle für Arbeitsrecht 
und Sozialpolitik der Einheitsgewerk¬ 
schaft ist Saarbrücken, Brauerstr. fi—Ö, 
Ge wer ksi haftshau«. Sprechstunden 
sind: Montags — Mittwochs — Frei¬ 
tags, vormittags von 8 bis 12 Uhr, 
nachmittags von 2 bis 4 Uhr. 
Beratungsstellen des Rechlsschulz- 
büros sind vorerst wie folgt vorge¬ 
sehen: 
St. Wendel: Montags von 9 bis 12 
Uhr im Betriebsam! der Eisenbahn, 
Mumssli aße. 
Neunkirchen: Montags von 14 bis 17 
Uhr, Lokal Müller, Wellesweiierslraße. 
Saarlouis: Dienstags von 9 bis 12 
Uhr, Alle Brauerslruße. 
Völklingen: Dienstags von 14 bis 1? 
Uhr, Poslstraße 21. 
Homburg: Mittwochs von 9 ins 12 
Uhr, Denisstraße !. 
St. Ingbert: Mittwochs von 14 bis 17 
Uhr, Kaiserstraße 43. 
Dudweiler: Donnerstags von 10 b>d 
12 Uhr, Lokal Kopp, Büchelslraßg. 
Sulzbarh: Donnerstags von 14 bis 12 
Uhr, Volkshaus. 
Riegel,-berg: Samstags von 9 bis 12 
Uhr. Lokal GobrieL
	        
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